Beschluss vom Amtsgericht Mannheim - Se 5 XVII 1257/10; 5 XVII 1257/10 Se

Tenor

Als Betreuerin wird entlassen:

...

als Ersatzbetreuer werden entlassen:

... und ...

zur neuen Betreuerin wird bestellt:

... als Berufsbetreuerin.

Gründe

 
I.
Für den damals in …, also in …, wohnhaften Betroffenen wurden mit Beschluss des Amtsgerichts L. vom … die Beteiligte zu 4 zur Betreuerin bestellt und die Beteiligten zu 5 und 6 zu einzelvertretungsberechtigten Ersatz-/Verhinderungsbetreuern. Die Betreuerbestellung erfolgte aufgrund einer schizoaffektiven Psychose. Der Betroffene befand sich damals im Krankenhaus … - Abteilung für Psychiatrie - in …. Die Auswahl der Betreuer entsprach dem Vorschlag der Betreuungsbehörde der Stadt …, die mitteilte, dass der Betroffene keine besonderen Wünsche zur Betreuungsperson gehabt habe. Die Beteiligten zu 4 bis 6 sind …, dessen Anerkennung (§ 1908 f BGB) in … angenommen werden kann. Sie wurden als Vereinsbetreuer bestellt (§ 1897 Abs. 2 BGB). Der Beteiligte zu 6 ist zugleich Geschäftsführer des Vereins.
Seitens des Krankenhauses war eine Verlegung des Betroffenen in ein Pflegeheim in … vorgesehen (Bl. 7 d.A.). Nach Mitteilung der Betreuungsbehörde der … (Bl. 24 d. A.) war ein Umzug zumindest vorübergehend, alternativ aber auch auf Dauer in das Pflegeheim … (…) … vorgesehen, weil die Verlegung in die … nicht möglich gewesen sei, auch aufgrund landesrechtlicher (heimrechtlicher) Vorgaben.
Herr … zog dann kurz darauf in das Pflegeheim … (ebenfalls …) in … ein.
Das Betreuungsverfahren wurde mit Beschluss vom 23.09.2010 hierher übernommen.
Nachdem sich am Aufenthaltsort des Betroffenen seither nichts geändert hat und der Lebensmittelpunkt des Betroffenen mehr und mehr in … zu verorten war - so fanden auch die stationären Behandlungen dann im hiesigen … statt - wurde die Akte durch die Rechtspflegerin vorgelegt zur Prüfung eines Betreuerwechsels angesichts der fehlenden Anerkennung des Betreuungsvereins in ….
Die Betreuungsbehörde der Stadt … wurde zur Stellungnahme und Abgabe eines Betreuervorschlags aufgefordert, sie kam dem mit Schreiben vom 20.12.2013 (Bl. 156 d.A.) nach. Den übrigen Beteiligten wurde ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme im Sinne des gebotenen rechtlichen Gehörs gegeben, wovon auch Gebrauch gemacht wurde. Dem Betroffenen wurde die Beteiligte zu 2 als Verfahrenspflegerin zur Seite gestellt, da behauptet worden war, der Betroffene wünsche den Betreuerwechsel nicht und es sich um eine rechtlich schwierige Fragestellung handelt.
Die Beteiligten zu 1-6 wurden am 15.04.2014 richterlich im Pflegeheim … angehört.
Für die Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die bisherigen Betreuer sind zu entlassen, da ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 BGB), nämlich die für … fehlende Anerkennung nach § 1908f BGB ihres Arbeitgebers, des Betreuungsvereins … .
10 
Ein solcher (anderer) wichtiger Grund ist nicht nur in einer Handlung oder Nichthandlung des Betreuers zu sehen, wie der Beteiligte zu 6 in Verkennung der diesbezüglichen Rechtslage vorträgt (Bl. 136 d. A.), die das Wohl des Betreuten gefährdet, sondern kann auch in objektiven Umständen liegen. Klassisches Beispiel hierfür ist § 1897 Abs. 3 BGB - eine enge Beziehung des Betreuers zu der Einrichtung, in der ein Betreuter wohnt. Besteht eine solche, ist der Betreuer i.d.R. zu entlassen - auch ohne Vorliegen einer konkreten Gefährdung des Wohls des Betreuten (vgl. AG Bremen FamRZ 2012, 1753). Auch die in … fehlende Anerkennung eines Betreuungsvereins nach § 1908f BGB stellt - jedenfalls bei absehbar dauerhafter Betreuung - einen solchen Grund dar.
11 
Dass, wie der Betreuungsverein einwendet, insoweit die Rechte des Betroffenen übermäßig beschnitten würden und dies den Grundzügen des Betreuungsrechts widersprechen würde, ist nicht zutreffend und keine Grundlage, die Regelung des §1908f Abs. 2 BGB infrage zu stellen.
12 
Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Betroffene mit dem Betreuerwechsel einverstanden ist, sich jedenfalls nicht dagegen wendet. Die andere Sichtweise der Betreuer ist nicht nachvollziehbar, nachdem der Betroffene sich klar und deutlich und sachgerecht selbst hierzu eingelassen hat (Bl. 156 d. A., Bl. 177 ff. d. A.).
13 
Die Entlassung der Beteiligten zu 4-6 müsste ohnehin auch erfolgen, wenn sich der Betroffene dagegen aussprechen würde.
14 
Zwar ist das Betreuungsrecht in der Tat geprägt davon, dass nach Möglichkeit den Wünschen der Betreuten Rechnung getragen wird, jedoch findet auch dieser wichtige Grundsatz seine Grenzen - in tatsächlicher Hinsicht wie auch in rechtlicher Hinsicht. Hätte man auch in … oder der näheren Umgebung des aus … stammenden Betroffenen kein geeignetes Heim gefunden, wäre sicherlich auch aus tatsächlichen Gründen ein Betreuerwechsel ebenfalls durchzuführen gewesen und die Beteiligten zu 4-6 hätten ihre Entlassung nach § 1908b Abs. 2 BGB verlangen können, da die Betreuung ihnen nicht mehr zuzumuten wäre.
15 
Aus rechtlichen Gründen muss ebenfalls immer wieder ein Betreuerwechsel durchgeführt werden, auch wenn dies für die Beteiligten manchmal schwierig zu verstehen und auch persönlich bedauerlich sein kann.
16 
Andererseits darf jedoch auch nicht verkannt werden, dass gerade die wie hier professionell und entgeltlich (berufsmäßig) geführte Betreuung zurecht rechtlichen Schranken unterliegt und es nicht berechtigt wäre, davon auszugehen, dass die Beibehaltung der Betreuung in der einmal gewählten Konstellation nahezu garantiert wäre. Die Vereinsbetreuerin wäre beispielsweise auch alleine auf Antrag des Vereins auszutauschen, wenn dieser als Arbeitgeber dies so als notwendig erachten würde oder das Arbeitsverhältnis bspw. beendet würde (§1908b Abs. 4 BGB) . Dem Betreuungsverein ist so (von Gesetzes wegen) ein Weg eröffnet, die Entlassung seiner Mitarbeiterin aus dem Betreueramt zu erreichen, wenn diese bspw. für andere Belange benötigt wird (BT-Drucks. 11/4528, Seite 154). Auch wenn dies hier derzeit grundsätzlich nicht zu erwarten wäre, zeigt es doch, dass der Betroffene (oder ein anderer Beteiligter) aufgrund der Vorgaben des Gesetzes gerade nicht sicher sein kann, eine einmal durch ein Gericht bestellte Vereinsbetreuerin als gesetzliche Vertreterin zu behalten. Ein solcher - hier nicht einmal ersichtlicher - Wunsch des Betroffenen könnte auch nicht zu einer Umgehung der gesetzlichen Anerkennungsvoraussetzungen führen, die jedes Bundesland im Rahmen der rechtlichen Vorgaben selbst gestalten kann (BT-Drucks. aaO.)
17 
Keiner näheren Erörterung bedürfen in diesem Zusammenhang die Privilegien der Betreuungsvereine und die diesbezüglichen näheren Hintergründe wie die besondere Bedeutung der Betreuungsvereine in der Betreuungslandschaft ("besonderer Status", BT-Drucks 11/4528, S. 157) etwa in Hinblick auf die Querschnitts- und Netzwerkaufgaben, die der Betreuungsverein …. in … oder … eben nicht wahrnimmt (er ist ja auch nicht in den örtlichen oder regionalen Gremien vertreten). In diesem Verfahren dürfte darüber hinaus zu befürchten sein, dass die Möglichkeit, einen ehrenamtlichen Betreuer (vgl. § 1908b Abs. 1 Satz 3 BGB) für Herrn … zu finden, erschwert werden würde bei Beibehaltung der bisherigen Konstellation, da eine (belohnende) Förderung des (hier nicht anerkannten) Vereins durch das Land (bzw. die Länder) angesichts der gesetzlichen Regelungen ausgeschlossen sein dürfte.
18 
Dass es grundsätzlich zu Änderungen kommen kann, ergibt sich bereits zwingend aus der Vorschrift § 295 Abs. 1 FamFG, wonach bei der Verlängerung der Betreuung (die hier in knapp drei Jahren geprüft werden muss) die Regeln für die Erstbestellung gelten. Die Vereinsbetreuerin könnte auch dann nicht weiter bestellt bleiben.
19 
Angesichts der professionellen Führung der bisherigen und der künftigen Betreuung kann auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass mit einer neuen Betreuerin ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. So war es in den bisherigen vergleichbaren Fällen stets.
20 
Bereitschaft der Beteiligten zu 4 zur ehrenamtlichen oder freiberuflichen Übernahme der Betreuung besteht nicht (§ 1908b Abs. 4 Satz 2 BGB).
21 
Mit einer Anerkennung des Vereins in Baden-Württemberg ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Es wurde diesbezüglich nichts veranlasst und § 3 AGBtG … stünde dem entgegen.
22 
Es wurde eine lange Übergangsfrist für den Betreuerwechsel eingeräumt.
23 
Es ist daher gemäß § 1908c BGB eine neue Betreuerin zu bestellen.
24 
Bei der Auswahl der Betreuerin ist das Gericht dem bedenkenfreien Vorschlag der Betreuungsbehörde der Stadt … gefolgt. Der Betroffene hat sich hiermit in seiner richterlichen Anhörung einverstanden erklärt. Es wurde eine bedachtsam vorgehende, für ihr freundliches Wesen bekannte und ebenso qualifizierte Betreuerin ausgewählt. Die Bestellung eines Ersatzbetreuers ist nicht erforderlich.

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