Urteil vom Amtsgericht Mönchengladbach - 5 C 260/08
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.302,59 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.043,77 Euro seit dem 09.02.2008 sowie aus 258,82 Euro seit dem 02.05.2008 sowie weitere 608,57 Euro zu zahlen.
2.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizu-treibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand und Entscheidungsgründe:
2Der Kläger unterhält bei dem Beklagten eine Krankenversicherung. Er verlangt mit seiner Klage die Kosten einer Behandlung, die zum Ziele hatte, den Versuch eine extrakorporlaen Befruchtung im Wege der In-vitro-Fertilisation, in Verbindung mit einer Intracytoplasmatischen Spermien-Injektion zu unternehmen. Bei dem Kläger liegt eine Fertilitätsstörung vor, nicht jedoch bei seiner Ehefrau. Auf die Gesamtkosten des Klägers in Höhe von 9.619,87 Euro steht der mit der Klage noch geltend gemachte Betrag offen.
3Der Kläger beantragt,
4wie erkannt.
5Der Beklagte beantragt,
6die Klage abzuweisen.
7Er wendet ein:
81. Die Klageforderung sei nicht fällig, gemäß § 11 Abs. 1 VVG seien Geldleistungen erst fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen. Der Kläger habe jedoch nicht sämt-liche Unterlagen vorgelegt, insbesondere fehle das Stimulationsprotokoll.
92. Der Kläger müsse in Höhe der Leistungspflicht der Krankenkasse der Ehefrau die sowohl unmittelbar am Körper der Ehefrau vorzunehmenden Behandlungsteile als auch die sogenannten extrakorporalen Behandlungen herausnehmen, da insofern ein Kostenerstattungsanspruch seiner Ehefrau vorliege. Außerdem habe der Kläger gemäß § 62 VVG im Wege der Schadensminderungspflicht dafür zu sorgen, dass die Kosten, die die gesetzliche Krankenversicherung seiner Ehefrau erstatten müsse, in Abzug gebracht werden könnten, notfalls durch Abtretung der entsprechenden Ansprüche.
103. Der Anspruch der Ehefrau gegen ihre Krankenkasse sei in Abzug zu bringen.
114. Auch die Kosten der privatärztlichen Behandlung der Ehefrau seien in Abzug zu bringen, dies seien Kosten Dritter.
125. Die Rechnung über 611,23 Euro ovarieller Hyperstimulation seien nicht erstattungs-fähig, da es sich dabei um Behandlungen wegen therapiebedürftiger Komplikationen im Rahmen der Behandlung gehandelt habe.
136. In Höhe von 160,06 Euro, weitere 80,79 Euro, 25,41 Euro und 2,56 Euro Kosten für "Assisted hatching" seien Aufwendungen aufgrund nicht medizinisch notwendiger Heilbehandlung entstanden, und daher nicht erstattungsfähig.
14Wegen des Parteivortrags im einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
15Der Beklagte ist aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Krankenversicherungsvertrag und nach § 1 Abs. 1 der dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegenden Bedingungen verpflichtet, dem Kläger die mit der Klage geltend gemachten Aufwendungen für eine Heilbehandlung zu erstatten.
16Wie sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2004 zum AZ. IV ZR 25/03, die der Kläger im Rechtsstreit eingereicht hat und dem Beklagten daher bekannt ist, ergibt, sind die streitgegenständlichen ärztlichen Heilbehandlungen sowohl was den Behandlungsteil des Klägers betrifft als auch den Behandlungsteil seiner Ehefrau von der Privatversicherung des Klägers zu erstatten. Dies insbesondere deshalb, weil die Behandlung an beiden Personen als eine einheitliche Heilbehandlung anzusehen ist. Auf die Gründe des Urteils des Bundesgerichtshofs wird, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen. Das Gericht schließt sich diesen an. Damit ist dem Beklagten der Einwand verwehrt, der Kläger könne allenfalls die Kosten für seinen Behandlungsteil erstattet verlangen.
17Der Kläger ist auch nicht nach § 62 VVG verpflichtet, im Rahmen der Schadensminderungspflicht oder nach § 242 BGB in der Weise Rücksicht auf den Beklagten zu nehmen, dass er dafür sorgt, dass ein Teil der Kosten von der Krankenversicherung seiner Ehefrau übernommen wird oder sich die Ansprüche abtreten zu lassen. Dies bereits deshalb nicht, weil nicht erkennbar ist, ob die Krankenversicherung der Ehefrau des Klägers die Kosten übernehmen würde. Es würde auch den Grundsätzen des zitierten Urteils des Bundesgerichtshofs widersprechen, wenn der Privatversicherer von seiner Eintrittspflicht auf diesem Umweg befreit würde. Auch soweit die Ehefrau des Klägers eine privatärztliche Behandlung im Rahmen der Gesamtbehandlung erhalten hat, sind diese, da sie Bestandteil der Heilbehandlung des Klägers sind, von dem Beklagten zu ersetzen. Es handelt sich dabei nicht um Behandlungskosten für Dritte.
18Die Klageforderung ist auch der Höhe nach begründet. Soweit der Beklagte Einwendungen wegen fehlender medizinischer Notwendigkeit erhebt, sind diese Einwendungen unsubstantiiert. Der Beklagte hat nichts konkretes dazu vorgetragen, woraus sich das Fehlen der medizinischen Notwendigkeit ergeben sollte. Grundsätzlich ist diese aber aufgrund der entsprechenden Heilbehandlung und der korrespondierenden Rechnungen belegt und auch konkretisiert, sodass es Sache des Beklagten gewesen wäre, substantiierte Einwendungen mit entsprechender nachvollziehbarer Begründung zu erheben. Dies betrifft die Einwendungen zu Ziffer 5 und 6 des obigen Tatbestands. Insbesondere die ovarielle Hyperstimulation ist nicht etwa deshalb nicht medizinisch notwendig ge-wesen, weil sich eine Komplikation eingestellt hat, denn diese ist einer Heilbehandlung immanent.
19Der Anspruch des Klägers ist auch fällig.
20Zum einen hat der Kläger, letztlich unwidersprochen mit Schriftsatz vom 19.06.2008 die Anlagen K 33 und K 34 eingereicht, wobei es sich um das Stimulationsprotokoll handeln soll. Dem ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Dies war aber die einzige Beanstandung des Beklagten bezüglich der einzureichenden Unterlagen des Klägers für die Feststellung des Versicherungsfalles. Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn der Beklagte hat mit Schreiben vom 15.10.2007, Bl. 61 der Gerichtsakte, Anlage K 31 eine grundsätzliche Zusage der Übernahme der Kosten erteilt und hierzu sogar ausgeführt, dies geschehe aufgrund der Unterlagen die er ausgewertet habe. Diese Zusage hat lediglich unter einer anderen Bedingung bestanden, nämlich der Heranziehung des Krankenversicherungsanteils der Ehefrau des Klägers, nicht aber unter der Bedingung der Einreichung weiterer Unterlagen. Daher ist nunmehr Fälligkeit eingetreten.
21Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 ff. BGB, Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 ZPO.
22Richter am Amtsgericht
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.