Urteil vom Amtsgericht Mönchengladbach - 3 C 262/12
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 661,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 00.00.0000 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 163,03 EUR als Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 00.00.0000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
1
Tatbestand
2Die Kläger begehren die Erstattung von Bearbeitungsgebühren, die die Beklagte im Rahmen eines Darlehensvertrages berechnet hat.
3Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 00.00.0000 einen Darlehensvertrag zu Darlehensnummer 00000000 über 22.787,46 EUR ab. Die Beklagte berechnete den Klägern gemäß II. des Darlehensvertrages eine „Bearbeitungsgebühr 3,5 %“ von 661,30 EUR.
4Hinsichtlich der Einzelheiten der vertraglichen Regelung des Darlehensvertrages wird auf die zur Akte gereichten Anlage L1 verwiesen.
5Die Kläger sind der Ansicht, dass die Regelungen betreffend die Bearbeitungsgebühr unwirksam seien. Sie machen einen Anspruch auf Rückzahlung der 661,30 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % gemäß § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB für die Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000, konkret 44,68 EUR geltend. Die Kläger forderten die Beklagten mit Schreiben vom 00.00.0000 zur Rückzahlung auf.
6Die Kläger beantragen,
7die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 705,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie 163,03 EUR Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Regelung über die Bearbeitungsgebühr nicht zu beanstanden sei. Es handele sich insoweit um eine Preishauptabrede, nicht um eine Preisnebenabrede.
11Die Klage ist der Beklagten am 00.00.0000 zugestellt worden.
12Entscheidungsgründe
13Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil des Zinsanspruchs begründet.
14Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 661,30 EUR gemäß § 812 Abs. 1 S.1 1. Alt. BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Die Kläger haben im Rahmen des streitgegenständlichen Darlehnsvertrages 661,30 EUR als „Bearbeitungsgebühr“ an die Beklagte gezahlt. Ein Rechtsgrund für die Zahlung bestand nicht, da die entsprechende Klausel über die Zahlung einer Bearbeitungsgebühr gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist.
15Bei der Klausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten gemäß § 305 Abs. 1 BGB, mit der diese einseitig für die Bewilligung eines Privatkredites eine laufzeitunabhängige „Bearbeitungsgebühr“ nach einem Regelsatz von 3,5 % des ursprünglichen Kreditbetrages festsetzt. Denn unstreitig wurden die Vertragsbedingungen nicht einzeln zwischen den Parteien ausgehandelt, sondern von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. Der Umstand, dass der konkrete Betrag für die Bearbeitungsgebühr nicht von vorneherein feststand, ändert hieran nichts, denn dieser wird lediglich entsprechend der Höhe des Darlehens errechnet.
16Die hiernach gemäß § 307 BGB eröffnete Inhaltskontrolle entfällt nicht deshalb, weil dem Kunden das Entgelt bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend klar vor Augen geführt wird, so dass davon ausgegangen werden kann, dass er es bei seiner Abschlussentscheidung berücksichtigt hat. Lässt eine Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den Kunden hinreichend deutlich erkennen, so wahrt sie damit zwar die Anforderungen des Transparenzgebotes gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB; dies allein lässt jedoch weder die Möglichkeit noch das Bedürfnis, die Klausel darüber hinaus einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu unterziehen, entfallen (BGH WM 2011, 263). Dieses Bedürfnis besteht allein deshalb, weil der Kunde - auch wenn er eine Klausel zur Kenntnis genommen hat - bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die inhaltliche Ausgestaltung der Regelungen keinen Einfluss nehmen kann (BGH a.a.O.).
17Zwar beschränkt § 307 Abs. 3 Satz1 BGB die Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB auf solche Bestimmungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (BGH NJW 2011, 2640). Hierunter fallen weder Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung regeln, noch solche, die das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (BGH a.a.O., m.w.N.). Hat die Regelung hingegen kein Entgelt für eine Leistung, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht wird, zum Gegenstand, sondern wälzt der Verwender durch die Bestimmung allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, auf den Kunden ab, so ist sie kontrollfähig (BGH a.a.O.). Solche (Preis-)Nebenabreden werden durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle entzogen (BGH a.a.O., m.w.N.).
18Für die Bestimmung, ob einer geforderten Gebühr eine echte Gegenleistung des Verwenders gegenübersteht, ist allein entscheidend, ob es sich bei der in Rede stehenden Gebühr um die Festlegung des Preises für eine vom Klauselverwender angebotene vertragliche Leistung handelt (BGH a.a.O.). Grundsätzlich ist hierbei der Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges frei, er kann also insbesondere das Entgelt für seine Leistung auch in mehrere Preisbestandteile aufteilen (BGH a.a.O.).
19Ob eine konkrete Entgeltregelung eine solche Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn, ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (BGH a.a.O.).
20Die streitige Bearbeitungsgebühr stellt sich danach nicht als ein Entgelt, das zur Abgeltung einer konkreten vertraglichen Gegenleistung der Beklagten erhoben wird, und daher nicht als Preisabrede dar. Die Bearbeitungsgebühr kann nicht in dem Sinne verstanden werden, dass damit die Kreditgewährung bzw. Kapitalüberlassung durch die Beklagte abgegolten werden soll.
21Gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Darlehensnehmer aufgrund des Darlehensvertrages verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehenskapital zurückzuerstatten. Beim Darlehensvertrag stellt daher der Zins die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Kapitalbelassungspflicht des Darlehensgebers stehende Hauptleistung des Darlehensnehmers und mithin den Preis für die Kapitalnutzung dar (BGH a.a.O.).
22Bei der streitgegenständlichen Bearbeitungsgebühr handelt es sich um ein einmaliges Entgelt für die Bearbeitung eines Antrags auf Gewährung eines Privatkredites. Die dabei anfallenden Kosten sind allgemeine Geschäftskosten, deren Erstattung das Gesetz nicht vorsieht. Diese Geschäftskosten fallen durch einen Aufwand der Beklagten an, den sie im Rahmen ihrer Angebotsprüfung vor Abschluss eines Vertrages betreibt, um sich entweder für oder gegen einen Vertragsschluss zu entscheiden oder um sich darüber klar zu werden, unter welchen Konditionen sie sich für einen Vertragsschluss entscheiden will (vgl. OLG Düsseldorf Urteil vom 24.02.2011, I-6 U 162/10, 6 U 162/10, zitiert nach juris). Dieser Aufwand besteht insbesondere in einer Bonitätsprüfung des Kunden sowie der von ihm zu stellenden Sicherheiten, ggfls. einer Vertragserstellung, der Auszahlungskontrolle oder der Sicherstellung der Darlehensvaluta (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Da es sich hierbei weder um Hauptleistungspflichten der Beklagten noch um von ihr angebotene Sonderleistungen handelt, stellt die Bearbeitungsgebühr der Beklagten eine sogenannte "Preisnebenabrede" dar, die der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB unterliegt.
23Die Erhebung einer solchen Gebühr durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ist nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unzulässig, da sie den Kunden unangemessen benachteiligt (OLG Düsseldorf a.a.O.). Mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen sind Entgeltklauseln nicht vereinbar, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es vorwiegend im eigenen Interesse wahrnimmt, da nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGH NJW 2011, 2640). Durch diese Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden des Verwenders bereits indiziert (BGH a.a.O.).
24Der der Beklagten durch die Bearbeitungsgebühr abzugeltende Aufwand stellt keine Dienstleistung gegenüber dem Kunden dar, sondern dient vielmehr vordringlich der Wahrung eigener Interessen der Beklagten. Denn diese möchte mit dem zu Vertragsbeginn zu tätigenden Aufwand - etwa durch die vorherige Prüfung von Bonität und Sicherheiten - zum einen prüfen, ob sie mit dem Kunden in eine Vertragsbeziehung treten will und zum anderen - etwa durch die Vorbereitung eines unterschriftsfähigen Vertrages, die Sicherstellung einer eigenen Refinanzierung und die Darlehensauszahlung - eine eigene ordnungsgemäße Vertragserfüllung sicherstellen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die üblicherweise durchgeführte Prüfung von Bonität und Sicherheiten des Kunden in dessen Interesse durchgeführt wird und damit eine Leistung an ihn darstellt (OLG Düsseldorf a.a.O.). Sie erfolgt vielmehr im Vermögensinteresse der Bank, die dem Kunden gegenüber gerade nicht dazu verpflichtet ist, diesen unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit seiner Kreditaufnahme zu beraten (OLG Düsseldorf a.a.O.). Auch eine Antragsbearbeitung im Sinne einer Aufarbeitung der Vermögensverhältnisse eines Privatkreditkunden erfolgt im eigenen Geschäftsinteresse des Kreditgebers, eine echte Dienstleistung liegt hierin nicht (OLG Düsseldorf a.a.O.).
25Die Entgeltklausel ist auch nicht im Hinblick auf § 6 PAngV angemessen. Denn § 6 PAngV verhält sich nicht über das Recht des Kreditinstituts zu einer Entgelterhebung. Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 PAngV regelt als formelles Preisrecht bzw. Preisordnungsrecht nicht die Zulässigkeit von bestimmten Preisen, sondern allein die Art und Weise der Preisangabe im Verkehr (BGH NJW 2011, 2640; OLG Düsseldorf a.a.O.).
26Die streitgegenständliche Bearbeitungsgebühr entspricht hinsichtlich der maßgeblichen Frage einer Preisabrede auch nicht der von einem Bausparer zu entrichtenden Abschlussgebühr, die gemäß § 307 BGB als wirksam angesehen wird. Beim Bausparen kommt ein stetiges Neukundengeschäft - anders als in einem bilateralen Austauschvertrag - gerade nicht nur dem Unternehmer zu Gute, sondern unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft, so dass die Bausparkassen mit dieser durch die Abschlussgebühr zu vergütenden Tätigkeit auch kollektive Gesamtinteressen wahrnehmen (BGH a.a.O.). Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte Zuteilung der Bausparsumme ist dadurch unmittelbar mit der Entwicklung der zur Verfügung stehenden Zuteilungsmittel verknüpft, so dass es dem gesetzlichen Leitbild des Bausparens nicht widerspricht, wenn die Kosten, die für die Anwerbung neuer Kunden anfallen, von den neu in die Gemeinschaft eintretenden Bausparern zu tragen sind (BGH a.a.O.). Eine entsprechende Situation, bei der das Neukundengeschäft unmittelbar der „Gemeinschaft der Darlehensnehmer“ zugutekommt, besteht bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht.
27Da die Klausel in den streitgegenständlichen Vertrag über die Erhebung von Bearbeitungsgebühren mithin unwirksam ist, ist die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages in Höhe von 661,30 EUR verpflichtet.
28Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Zinsen aus diesem Betrag gemäß den §§ 291, 288 BGB ab Rechtshängigkeit, die am 00.00.0000 eingetreten ist.
29Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % gemäß § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB für die Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000, konkret 44,68 EUR. Eine gezogene Nutzung im Sinne der genannten Vorschrift ist von den Klägern nicht schlüssig dargetan. Ebenfalls ist kein Zinsanspruch aus Verzug insoweit schlüssig dargelegt.
30Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den §§ 280, 286 BGB. Nach dem Aufforderungsschreiben der Kläger haben diese ihre Prozessbevollmächtigten beauftragt. Die Höhe der Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem VV RVG aufgrund einer Geschäftsgebühr von 1,5 gemäß Nr. 2300 bei einem berechtigten Gegenstandswert von 661,30 EUR in Höhe von 97,50 EUR zuzüglich Erhöhung gemäß Nr. 1008 von 19,50 EUR zuzüglich Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 von 20,00 EUR und Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 von 26,03 EUR, das ergibt insgesamt 163,03 EUR.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
33Streitwert: 705,98 EUR.
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