Urteil vom Amtsgericht Mönchengladbach - 4 C 354/14
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 218,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Juni 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu 42 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verfolgt mit der Klage die Rückerstattung des Eintrittspreises für Heimspiele des C N Zug-um-Zug gegen Herausgabe der Original-Eintrittskarten.
3Der Kläger war – nach Beendigung einer früheren Mitgliedschaft – seit dem Sommer 2013 Mitglied des C N und bezog regelmäßig für sich und seine Freunde Eintrittskarten für Heimspiele der in der 1. Fußball-Bundesliga spielenden Mannschaft der Beklagten.
4Unter anderem erwarb der Kläger die streitgegenständlichen vier Eintrittskarten á 54,50 EUR für das Spiel 8 gegen den T, zwei Eintrittskarten á 38,50 EUR für das Spiel 9 gegen den X sowie vier Eintrittskarten á 54,50 EUR für das Spiel 10 gegen den CE.
5Der Ticketerwerb erfolgte auf elektronischem Wege und unter Einbeziehung der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB, Anlage B1, Bl. 25 ff. der Akte) der Beklagten.
6Dort ist unter § 7 geregelt:
7Zur Vermeidung von Gewalttätigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Stadionbesuch, zur Durchsetzung von Stadionverboten, zur Unterbindung des Weiterverkaufs von Tickets zu überhöhten Preisen und zur Trennung von Anhängern der aufeinander treffenden Mannschaften während eines Fußballspiels liegt es im Interesse des Clubs und der Sicherheit der Zuschauer, die Weitergabe von Tickets einzuschränken. Der Verkauf der Tickets erfolgt daher ausschließlich zur privaten Nutzung. Dem Ticketinhaber ist es insbesondere untersagt,
8a) Tickets bei Internetauktionshäusern zum Verkauf anzubieten;
9(…)
10Auf Verlangen des Clubs ist der Kunde im Falle einer Weitergabe des Tickets dazu verpflichtet, Name, Anschrift und Geburtsdatum des neuen Ticketbesitzers mitzuteilen. Wird ein Ticket für die vorgenannten unzulässigen Zwecke verwendet oder verstößt der Ticketinhaber in sonstiger Weise gegen diese ATGB, so wird das Ticket ungültig. Der Club ist in diesem Fall berechtigt, das Ticket – auch elektronisch – zu sperren und dem Besitzer des Tickets entschädigungslos den Zutritt zum Stadion zu verweigern bzw. ihn des Stadions zu verweisen. Für jeden Verstoß gegen die vorgenannten Untersagungen kann der Club von dem Kunden zudem die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von bis zu 2.500 EUR verlangen. (…).
11Da der Kläger Berufssoldat mit wechselnden Einsatzzeiten- und orten ist, ist es ihm nicht immer möglich die Karten selbst zu nutzen.
12Da er an dem Wochenende des Spiels Nr. 8 verhindert war, versuchte er die vier von ihm erworbenen Tickets über eBay zu veräußern. Daraufhin mahnte die Beklagte den Kläger ab und verlangte die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 250,00 EUR. Zudem sperrte sie die vier Eintrittskarten.
13Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 (Mittwoch) wies der Kläger die Forderung der Beklagten zurück und forderte diese auf, spätestens bis zum 9. Oktober 2013 zu erklären, die vier Tickets für das Spiel 8 sowie die zwei Tickets für das Spiel 9 gegen Erstattung des regulären Kaufpreises zurückzunehmen.
14Die Beklagte antwortete mit Faxschreiben vom selben Tag um 12:23 Uhr, dass die sechs Tickets im Gegenwert von 295,00 EUR storniert wurden und die nach Abzug der Vertragsstrafe verbleibenden 45,00 EUR erstattet werden. Die Erstattung erfolgte mit Überweisung vom 7. Oktober 2013 (Anlage B3, Bl. 31 der Akte). Zugleich forderte die Beklagte den Kläger auf, ihr bis zum 4. Oktober 2013 15:00 Uhr Name, Anschrift und Geburtsdatum der drei Personen zu nennen, welche mit dem Kläger das Spiel Nr. 10 am 5. Oktober 2013 besuchen werden.
15Das besagte Fax-Schreiben wurde an die Faxnummer des Klägervertreters gesendet und ging dort sieben Minuten vor Büroschluss ein. Mittwochs nachmittags ist das Büro des Klägers nicht besetzt.
16Auch an dem Wochenende des Spiels Nr. 10 war der Beklagte dienstlich verhindert und hatte die Karten daher an seinen Arbeitskollegen zum Originalpreis verkauft. Dieser und seine Begleiter wurden jedoch nicht in das Stadion der Beklagten eingelassen, weil die Eintrittskarten als gestohlen vermerkt waren und eingezogen wurden.
17Der Kläger erstattete seinem Arbeitskollegen daher den Betrag in Höhe von 218,00 EUR zurück.
18Der Kläger ist der Ansicht, dass die seitens der Beklagten gesetzte Frist bis zum 4. Oktober 2013 zu kurz gewesen sei.
19Der Kläger beantragt mit der am 4. Juni 2014 zugestellten Klage,
201. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 513,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 sowie 147,56 EUR unverzinsliche Nebenkosten nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.10.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe der vier Original-Eintrittskarten Nr. 6876, 6877, 6878 und 6879 für das Spiel 8 2013/14 gegen T sowie der zwei Original-Eintrittskarten Nr. 3913 und 3914 für das Spiel 9 2013/14 gegen X.
212. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vier Original-Eintrittskarten Nr. 6876, 6877, 6878 und 6879 für das Spiel 8 2013/14 gegen T sowie die zwei Original-Eintrittskarten Nr. 3913 und 3914 für das Spiel 9 2013/14 gegen X in Verzug befindet.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte ist der Ansicht, dass hinsichtlich der Eintrittskarten für die Spiele 8 und 9 keine Ansprüche des Klägers mehr bestehen, da diese durch Überweisung der 45,00 EUR erledigt seien.
25Hinsichtlich des Spieles 10 ist sie der Ansicht, dass die gesetzte Frist, vor dem Hintergrund, dass das Spiel bereits am 5. Oktober 2013 stattfinden sollte, angemessen gewesen sei.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
28I.
291.
30Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 218,00 EUR gemäß §§ 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB zu.
31Zwischen den Parteien kam es unstreitig zu einem Kaufvertrag über die streitgegenständlichen vier Eintrittskarten á 54,50 EUR für das Spiel 10 gegen den CE.
32Ein Besuch des Spiels durch die Inhaber der Karten war jedoch nicht möglich, da die Karten bei der Einlasskontrolle durch die Beklagte eingezogen wurden.
33Die Einziehung der Karten war auch vor dem Hintergrund des § 7 der ATGB nicht berechtigt. Zwar ist dort geregelt, dass die Beklagte bei Weitergabe der Tickets an Dritte vom Kunden Auskunft über Name, Anschrift und Geburtsdatum dieser Personen verlangen und das Ticket bei Zuwiderhandlung sperren kann.
34Ein entsprechendes Auskunftsverlangen wurde gegenüber dem Kläger jedoch nicht erklärt. Das Fax-Schreiben, in dem um Mitteilung der Kontaktdaten gebeten wurde, wurde vielmehr an die Faxnummer des Klägervertreters gesendet.
35Zwar beinhaltete das entsprechende Schreiben der Beklagten eine Antwort auf das anwaltliche Schreiben des Klägervertreters vom 2. Oktober 2013, welches sich über die Eintrittskarten der Spiele 8 und 9 verhielt, sodass die Beklagte möglicherweise davon ausging, dass der Klägervertreter auch bezüglich des Spieles 10 seitens des Klägers informiert und vorsorglich mandatiert und damit empfangsbevollmächtigt war.
36Hiervon durfte die Beklagte jedoch nicht ohne weiteres ausgehen. Allein der Umstand, dass es sich von ihrer Seite aus bei dem Vorgehen gegen den Kläger um einen einheitlichen Vorgang handelt, bedeutet nicht, dass sich der Kläger auch bezüglich sämtlicher nunmehr streitgegenständlicher Spiele anwaltlich vertreten lassen wollte. Entsprechendes trägt die Beklagte auch bereits nicht vor. Dies hat zur Folge, dass eine etwaige Aufforderung zur Herausgabe der Kontaktdaten gegenüber dem Kläger persönlich hätte erklärt werden müssen.
37Sofern durch den Postlauf eine Verzögerung bei der Erfüllung dieser aus § 7 der ATGB folgenden Verpflichtung zu besorgen war, wäre es der Beklagten unbenommen gewesen, ein entsprechendes Aufforderungsschreiben dem Kläger per Boten zukommen zu lassen, da ihr die Adresse des Klägers ausweislich des Schreibens vom 19. September 2013 bekannt war.
38Eine Fristsetzung seitens des Klägers war vorliegend zudem gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, da in dem Einziehen der Karten und dem verweigerten Einlass in das Stadion eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen ist.
39Da die entsprechenden Eintrittskarten zu dem Spiel 10 bereits bei der Einlasskontrolle am Spieltag durch die Beklagte eingezogen wurden, sind diese nicht mehr gemäß § 346 Abs. 1 BGB herauszugeben.
402.
41Der Zinsanspruch folgt vorliegend aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
42Der Kläger hat die Beklagte unstreitig nicht zur Rückzahlung der 218,00 EUR für die Karten für das Spiel gegen den CE aufgefordert, sodass insoweit kein Verzug der Beklagten eingetreten ist.
43Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb sich ein Zinsanspruch vorliegend aus unerlaubter Handlung ergeben sollte. § 823 BGB ist insoweit keine taugliche Anspruchsgrundlage, da Vermögensinteressen vom Schutzzweck dieser Vorschrift gerade nicht erfasst sind.
44II.
45Der Anspruch des Klägers auf Erstattung weiterer 295,00 EUR gemäß §§ 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB Zug um Zug gegen Herausgabe der Originaleintrittskarten ist hingegen unbegründet.
46Insoweit war die Stornierung der vier Eintrittskarten á 54,50 EUR für das Spiel 8 durch die Beklagte vor dem Hintergrund des § 7 ATGB berechtigt.
47Der Kläger hat unstreitig versucht, die genannten Eintrittskarten auf dem Internetauktionsportal eBay weiterzuverkaufen und damit gegen § 7 a) ATGB verstoßen.
48Die ATGB wurde insgesamt unstreitig durch „Anklicken“ beim elektronischen Ticketkauf Vertragsbestandteil.
49Die Klausel des § 7 ATGB ist auch wirksam, da keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darin zu sehen ist, dass dem Käufer von Eintrittskarten für Fußballspielen aus Sicherheitsaspekten diverse Pflichten auferlegt werden.
50Es ist allgemeinbekannt, dass gerade Fußballspiele der 1. Fußball-Bundesliga ein erhöhtes Gefahrenpotential aufweisen, dem nur dann wirksam begegnet werden kann, wenn hinsichtlich des Ticketverkaufs eine gewisse Kontrolle stattfindet. So sollen Anhänger der gegnerischen Vereine möglichst getrennt voneinander platziert werden und Personen, denen bereits Stadionverbote erteilt wurden, kein Einlass gewährt werden. Dieser Schutzzweck würde durch eine unkontrollierte Weitergabe der Tickets unterlaufen, weshalb es ein berechtigtes Interesse der Beklagten ist, einen Weiterverkauf möglichst zu verhindern.
51Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 19. Juni 2007, Az. 20 U 154/06) ist auf den hier zu entscheidenen Fall nicht übertragbar und führt dementsprechend nicht zu einer anderen Beurteilung der Wirksamkeit der ATGB. Im Gegensatz zu der vom OLG Düsseldorf zu entscheidenden Konstellation ist vorliegend ein Verstoß gegen § 7 a) ATGB und nicht gegen § 7 b) ATGB zu beurteilen, der zudem personalisierte Tickets betrifft. Ferner hat das OLG Düsseldorf die Frage der Wirksamkeit der ATGB offen gelassen, da nicht festgestellt werden konnte, ob diese überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.
52Durch die Zuwiderhandlung gegen § 7 a) ATGB hat der Kläger die Vertragsstrafe in Höhe von 250,00 EUR verwirkt, § 339 Satz 2 BGB.
53Dieser Betrag konnte zu Recht von der Beklagten vom Gegenwert der sechs Eintrittskarten für die Spiele 8 und 9 in Höhe von 295,00 EUR, die die Beklagte aus Kulanz bereit war gegen Erstattung des Kaufpreises zu stornieren, abgezogen werden. Der verbleibende Restbetrag in Höhe von 45,00 EUR wurde dem Kläger unter dem 7. Oktober 2013 überwiesen, sodass kein Anspruch des Klägers auf weitere Erstattung besteht.
54III.
55Mangels Anspruchs auf Erstattung des Gegenwertes der Eintrittskarten für das Spiel 8 und 9 Zug um Zug gegen Herausgabe der Original-Eintrittskarten, besteht auch kein Anspruch auf Feststellung eines etwaigen Annahmeverzuges der Beklagten.
56IV.
57Dem Kläger steht schließlich aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR zu.
58Ein solcher folgt zunächst nicht aus Verzug. Der Kläger trägt insoweit bereits nicht vor, dass er vor der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe die Beklagte selbst zur Rückerstattung aufgefordert habe. Insoweit war das Schreiben des Klägervertreters vom 2. Oktober 2013 verzugsbegründend.
59Ein Anspruch des Klägers folgt zudem nicht aus Schadensersatzgesichtspunkten. Insoweit fehlt es bereits an Vortrag, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe notwendig und erforderlich war. Im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um einen einfach gelagerten Fall handelt, war es dem Kläger durchaus zumutbar, sich zunächst selbst mit der Beklagten in Verbindung zu setzen.
60V.
61Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
62VI.
63Die Berufung ist nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO.Der Streitwert wird auf 513,00 EUR festgesetzt.
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