Beschluss vom Amtsgericht Mosbach - 146/10 BHG

Tenor

Die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten vom 24.01.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Das Gericht hat am 29.03.2010 nach Antrag der Antragstellerin einen Berechtigungsschein für die Angelegenheit „Widerspruchsbegründung gegen den Bescheid der N-Behörde vom 09.03.2010 (zusätzliche Leistungen für Möbel)“ erteilt. Aufgrund des am 11.03.2010 eingelegten Widerspruchs änderte die N-Behörde ihren Bewilligungsbescheid am 24.06.2010 teilweise ab; es wurde im Änderungsbescheid ausgesprochen, dass ein Viertel der entstandenen Kosten bzw. Aufwendungen übernommen würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin machte gegenüber der N-Behörde mit Kostenrechnung vom 19.08.2010 seine Wahlanwaltsvergütung in Höhe von 309,40 EUR geltend. Die N-Behörde erstattete anteilig die Vergütung in Höhe von 77,35 EUR (1/4).
Mit Antrag vom 14.12.2010 begehrt der Antragsteller die Festsetzung der vollständigen Beratungshilfevergütung in Höhe von 99,96 EUR.
Der Antragstellervertreter vertritt die Auffassung, dass die von der N-Behörde erhaltenen Zahlungen zunächst auf die Wahlanwaltsvergütung zu verrechnen seien. Da die Wahlanwaltsvergütung trotz Zahlung der N-Behörde nicht vollständig gedeckt sei, wäre vorliegend die Beratungshilfevergütung in voller Höhe zu erstatten. Hierbei bezieht sich der Antragstellervertreter auf einen Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 08.04.2009 (BeckRS 2009, 10463).
Der Vertreter der Staatskasse ist mit Stellungnahme vom 03.01.2011 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg (Beschluss vom 16.01.2009; 4 W 141/08) entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 19.01.2011 hat das Gericht die aus der Staatskasse zu zahlende Beratungshilfevergütung auf 22,61 EUR festgesetzt. Der hiergegen eingelegten Erinnerung vom 24.01.2011 hat das Gericht mit Beschluss vom 24.02.2011 nicht abgeholfen.
Die Erinnerung ist gemäß §§ 55 Abs. 4, 56 Abs. 1 RVG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung vom 19.01.2011 verwiesen.
Bezüglich der Frage, inwieweit Zahlungen des Gegners an den Rechtsanwalt in einem Beratungshilfemandat auf die aus der Staatskasse zu zahlende Beratungshilfevergütung angerechnet werden muss, werden zwei Auffassungen vertreten.
So vertritt das Landgericht Saarbrücken (Beschluss vom 08.04.2009 - 5 T 172/09, Beck RS 2009, 10463) die Auffassung, dass die Zahlungen des Anspruchsgegners auf die Anwaltsvergütung erst dann gem. § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Rechtsanwaltsvergütung angerechnet würden, wenn der dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit gesetzlich zustehende Vergütungsanspruch voll befriedigt sei. Zur Begründung führt das Landgericht Saarbrücken aus, dass § 58 Abs. 1 RVG restriktiv dahingehend auszulegen sei, dass nur die Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten habe, auf die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung angerechnet werde, die den gesetzlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalt übersteige. Dagegen würde die Staatskasse dann nicht von ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Wahlanwalt des Beratungsantragstellers befreit, wenn der Rechtsanwalt durch die Kostenzahlung des Anspruchsgegners noch nicht voll befriedigt sei. Diese Handhabung der Anrechnung ergäbe sich zweifelsfrei aus § 58 Abs. 2 RVG. Hiernach seien Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten habe, zunächst auf Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht bestehe. Dementsprechend seien Zahlungen eines Dritten auf die Rechtsanwaltsgebühr nur dann und erst dann auf die Verpflichtung der Staatskasse anzurechnen, wenn die dem Rechtsanwalt entstandene Gebührenforderung vollständig getilgt sei. Auch die Gesetzessystematik, nämlich § 59 Abs. 3 RVG, der die Anwendung des § 59 Abs. 1 auch für die Beratungshilfe vorsehe, ergäbe, dass der mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf die Staatskasse von Gesetzes wegen übergegangene Erstattungsanspruch nicht zum Nachteil des Rechtsanwalts geltend gemacht werden dürfe. Diese Regelung könne nur so verstanden werden, dass der Rechtsanwalt einen gesetzlich garantierten Befriedigungsvorrang vor der Staatskasse habe. Erst dann, wenn er von dem Erstattungspflichtigen die ihm zustehenden Gebühren und Auslagen in voller Höhe vergütet erhalten habe, gehe ein evtl. darüber hinaus gegen die Partei oder gegen einen ersatzpflichtigen Gegner bestehender Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts auf die Staatskasse über. Dieser Befriedigungsvorrang des Rechtsanwaltes müsse sinnvoller Weise auch bei der Anrechnung der Zahlungen gelten, die ein ersatzpflichtiger Gegner auf die Vergütungsforderung des Rechtsanwalts leistet. Eine Anrechnung dieser Zahlungen habe nur und erst dann zu erfolgen, wenn der Rechtsanwalt wegen der ihm gesetzlich zustehenden Gebühren und Auslagen vollständig befriedigt sei.
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Die entgegengesetzte Auffassung wird vom Oberlandesgericht Bamberg (Beschluss vom 16.01.2009; 4 W 141/08; zitiert nach Juris) vertreten. Das Oberlandesgericht Bamberg vertritt die Auffassung, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 58 Abs. 1 RVG Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten habe, auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung anzurechnen sei. Gemeint seien damit grundsätzlich alle Zahlungen nach § 9 BerHG, auch wenn sie nicht den vollen Vergütungsanspruch eines Wahlanwalts erreichten. Eine davon abweichende Auffassung ist nach dem Zweck der §§ 58 Abs. 1 RVG, 9 BerHG nicht gerechtfertigt. § 9 BerHG will eine Begünstigung des Gegners durch die Mittellosigkeit des Rechtssuchenden verhindern. Die Bestimmung begründe aber keinen Anspruch des Rechtsanwalt darauf, die Vergütung eines Wahlanwaltes in voller Höhe zu erhalten, sei es vom Gegner oder aus der Landeskasse. § 58 Abs. 1 RVG will im Gegenteil zur Entlastung der Landeskasse erreichen, dass der Rechtsanwalt keine Zahlungen mehr erhält, wenn ihm die nach § 44 RVG zustehende gesetzliche Vergütung bereits zugeflossen sei. Die Beratungshilfe will dem Rechtsanwalt einer mittellosen Partei eine Mindestvergütung sichern, mehr nicht. Die nur den beigeordneten Rechtsanwalt betreffenden Absätze 2 und 3 des § 58 RVG können daher auch nicht analog herangezogen werden.
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Das Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung des Oberlandesgerichtes Bamberg an.
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Der Wortlaut des § 58 Abs. 1 RVG in Verbindung mit § 9 BerHG ist eindeutig. Dem in einem Beratungshilfemandat tätigen Rechtsanwalt soll eine Mindestvergütung gesichert werden. Der in einem Beratungshilfemandat tätige Rechtsanwalt soll zwar im Verhältnis zum Gegner seines Mandanten nicht schlechter gestellt werden, allerdings muss er sich im Gegenzug nach § 58 Abs. 1 RVG auch Zahlungen auf die zu erhaltende Mindestvergütung anrechnen lassen. Aus dem Gesetz ist eine Bevorzugung des Rechtsanwalts auch gegenüber der Staatskasse auch aus dem Sinnzusammenhang der §§ 58,59 RVG nicht zu entnehmen. Im Übrigen sind die § 58 Abs. 2 und 3 RVG, die den beigeordneten Rechtsanwalt betreffen, vorliegend nicht anwendbar.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts Saarbrücken erschließt sich auch eine aus der Gesamtzusammenschau der § 59 Abs. 1 und Abs. 3 RVG erfolgende restriktive Auslegung des § 58 Abs. 1 RVG nicht. Hiernach geht der gegenüber einem Dritten bestehende Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts soweit die Staatskasse geleistet hat, auf diese über. Der Übergang kann allerdings nicht zum Nachteil des Rechtsanwalt geltend gemacht werden. In Beziehung auf die Beratungshilfe bedeutet dies lediglich, dass auch in einem Fall des Forderungsübergangs dem Rechtsanwalt eine Mindestvergütung nämlich aus dem Beratungshilfemandat verbleiben muss, es folgt aber entgegen der Auffassung des Landgerichts Saarbrücken nicht, dass eine Anrechnung von Zahlungen des Gegners auf die Beratungshilfevergütung erst dann erfolgen kann, wenn quasi die Wahlanwaltsvergütung vollständig beglichen ist.
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Das Verfahren über die Erinnerung ist gem. § 56 Abs. 2 RVG gebührenfrei.

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