Urteil vom Amtsgericht Mülheim an der Ruhr - 23 C 1522/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 9.200,00 € festgesetzt.
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Die Klage wird abgewiesen.
2Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € vorläufig vollstreckbar.
4Der Streitwert wird auf 9.200,00 € festgesetzt.
5Tatbestand:
6Die Klägerin fordert von den Beklagten die Räumung und die Herausgabe der Mietsache, da das Mietverhältnis der Parteien durch fristlose Kündigung vom 13.4.2011 durch sie gekündigt worden sei.
7Der Beklagte zu 2 habe für die Beklagten bereits mit Schreiben vom 1.12.2010 die Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen.
8Ungeachtet dessen sei das Mietobjekt unstreitig nach wie vor bewohnt und von den Beklagten nicht geräumt worden. Mit einigen Dingen sei der Beklagte zu 2 unstreitig zu der nun im Rubrum angegebenen Anschrift verzogen, im Übrigen habe er unstreitig das Mietobjekt nicht geräumt. Die Beklagte zu 1 lebe unstreitig nach wie vor im Objekt und verweigere ihr jeglichen Zutritt zu dem Objekt.
9Das Mietverhältnis habe unstreitig am 1.9.2009 begonnen, und sei unstreitig für die Dauer von 5 Jahren geschlossen worden, die Mieter hätten sich unstreitig weitere Optionsrechte zur Verlängerung des Vertragsverhältnisses ausgebeten. Vor der Anmietung durch die Beklagten habe es sich unstreitig um ein Gaststättenobjekt gehandelt. Den Beklagten sei unstreitig bei der Anmietung des Objektes bekannt gewesen, dass dieses zu Wohnzwecken umfunktioniert werden müsse. Auf der Basis der zu erwartenden Arbeiten hätten die Beklagten mit ihr einen niedrigeren Mietzins vereinbart. Im Zuge der Nutzung sei unstreitig 2010 ein Kamin durch die Beklagten eingebaut worden. Insoweit sei der Vertrag dann im Juni 2010 abgeändert und der Einbau des Kamins sei unstreitig gestattet worden.
10Ab dem Monat Januar 2011 seien unstreitig keine Mietzahlungen erfolgt. Die Beklagten befänden sich daher mit mehr als 2 Monatsmieten in Rückstand. Bereits zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs mit Schreiben vom 13.4.2011 habe ein Mietrückstand in einer Höhe von mehr als 2 Monatsmieten bestanden.
11Die Klägerin beantragt,
121.
13die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im Haus G-baum 85 45481 Mülheim an der Ruhr, bestehend aus den ehemaligen Gasträumlichkeiten der Gaststätte „G“ dieses wiederum bestehend aus
14im Erdgeschoss : Saal, Schankraum, Wintergarten, Toilettenanlagen für Damen und Herren, Küche, Vorratsraum, Vorraum zur Treppe,
15in der 1. Etage: Schlafzimmer, Wohnzimmer sowie Badezimmer
16und im Dachgeschoss: ein großer Raum sowie ein Duschraum mit Toilette
17sowie der Außenanlage (ehemaliger Biergarten vor und neben dem Gebäude)
18zu räumen und an sie herauszugeben,
192.
20die Beklagte gesamtverbindlich zu verurteilen, sie freizustellen von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 775,64 €.
21Die Beklagte zu 1 beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte zu 2 beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Der Beklagte zu 2 macht geltend: Er habe aus dem Mietverhältnis ausscheiden können. Er habe ein Gutachten, dass die Lebensgefährlichkeit, dort zu wohnen, bestätige und er habe einen 16-jährigen Sohn. Insoweit bestätige die Klägerin unstreitig, seine Kündigung angenommen zu haben.
26Die Beklagte zu 1 trägt vor: Der Klägerin stehe gegen sie kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mietsache zu, insbesondere befinde sie sich nicht in Zahlungsverzug. Zutreffend sei, dass die Klägerin, die sich als Eigentümerin des Objekt am G-baum 85 bezeichnet habe, mit ihnen einen Mietvertrag geschlossen habe, nach dem die vormals überwiegend gewerblich genutzten Räume derzeit ca. 2 Jahre leer gestanden hätten. Der Vertrag sei mit beiden Beklagten zunächst mündlich, beginnend mit dem 1.9.2009, geschlossen worden. Anstelle der vorausgehend gezahlten gewerblichen Pachtzinsen von 1.000,00 € habe die Klägerin von ihnen 800,00 € monatlich verlangt. Viele Wochen nach Beginn des Mietverhältnisses sei ihnen selbst nach vielfacher Anmahnung noch immer kein schriftlicher Mietvertrag zur Verfügung gestellt worden. Erst als die Beklagte zu 1 persönlich vom Haus- & Grundbesitzer Verein insgesamt vier Mietvertragsformulare auf ihre Kosten erworben habe, sei der Vertrag zu einem nicht mehr erinnerlichen Datum Ende 2009 schriftlich geschlossen und auf den 29.9.09 zurückdatiert worden. Die Klägerin habe mit beiden Beklagten einen Mietvertrag für die Dauer von zunächst 5 Jahren mit Verlängerungsoption geschlossen. Sie habe ein der Klägerin ausgehändigtes Exemplar auch unterschrieben. Mitte 2010 habe die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 erklärt, sie habe ihr Vertragsexemplar verbummelt und habe in dem Wissen, dass die Beklagte zu 1 insgesamt 4 Vertragsformulare besorgt gehabt habe, um Überlassung eines neuen Formulars gebeten. Daraufhin seien die verbliebenden zwei Leerexemplare erneut ausgefüllt und wegen Ortsabwesenheit der Beklagten zu 1 sodann nur von dem Beklagten zu 2 zugleich in Vollmacht der Beklagten zu 1 unterzeichnet worden. Die Gaststättenräume hätten sie auch ohne Umbau nutzen können und insoweit nur Schönheitsreparaturen durchführen müssen, während sich in der ersten Etage und im Dachgeschoss überwiegend nicht nutzbare Räume befunden hätten. Die Außenanlagen neben dem Gebäude seien nicht mit vermietet worden, dort befinde sich Eselweide der Klägerin. Bei Vertragsschluss sei bekannt gewesen, dass in der ersten Etage einzig der Schlafraum nach Renovierung nutzbar gewesen sei. Das dort befindliche Wohnzimmer verfüge nicht über einen Fußboden, von dort hätte man einen freien Fall in das Erdgeschoss. Das in der ersten Etage befindliche Badezimmer sei ein nicht ausgebauter Raum mit offenem Mauerwerk, Staub und Dreck ohne jede Sanitäreinrichtung gewesen. Sie wären bereit gewesen, nach und nach umfängliche Investitionen zu tätigen, wenn sie nicht im Verlaufe des Mietverhältnisses mit einer Vielzahl von verdeckten Mängeln und damit einhergehender Untätigkeit und Weigerung ihrer Beseitigung durch die Vermieter ausgesetzt worden wären. Zudem hätten diese mit großer Selbstverständlichkeit die Beklagte zu 1 für eigene Zwecke in Anspruch nehmen wollen. Eine Vielzahl von Arbeiten hätten sie durchgeführt. Im Einzelnen dargestellte Kosten hätten sie aufgewandt. Nachdem ein unbekanntes Unternehmen im Auftrag einer Brauerei den Gaststättentresen im Erdgeschoss mit- samt der Schankanlage sowie der Anschlüsse abgebaut habe, werde das gesamte Erdgeschoss beginnend mit dem Frühjahr 2010 bei Starkregen jedes Mal überflutet. Wasser drücke durch die Fußbodenfliesen, fließe aus einer Wand ins Erdgeschoss, laufe vom Flur in Richtung Haustür in die gesamte Küche, von dort aus in den Flur zum Treppenaufgang nach oben. Teppichläufer, Vorleger und Möbelstücke mit Holzbeinen seien zerstört worden. Der belassene Fliesenfußboden des von der Beklagten zu 1 neu ausgestatten Bades im Dachgeschoss gebe seit Januar 2010 stetig nach. Die Fliesen brächen, an den Bruchstellen trete unerklärbarer brauner Schlamm aus. Im Erdgeschoss laufe seit April 2011 im Vorraum zu den Gästetoiletten die unter Strom stehende Deckenlampe voll Wasser, der Glaskörper sei aufgrund des Gewichtes des Wassers inzwischen von der Decke gefallen. Die anliegende Wand habe begonnen zu schimmeln. Im Treppenhaus habe sich Schimmel gebildet. Auf der Außenseite der betroffenen Wand befinde sich ein defektes Regenrohr, dessen Erneuerung ihnen mehrfach zugesichert worden sei, ohne dass eine Reparatur erfolgt sei. Beginnend mit dem Winter 2009 / 2010 sei die Heizung mehrfach für drei bis vier Tage, zweifach auch für die Dauer von 1,5 Wochen ausgefallen. Im Winter 2010 / 2011 sei es wiederum zu Ausfällen gekommen von drei Tagen, dann von einer Woche und dann erneut von zwei Tagen. Ab dem 3.3.11 könnten die Mieträume nicht mehr beheizt werden. Wärme könne nur mittels des auf eigene Kosten erbauten Kaminofens geschaffen werden. Die Winter verbringe sie im Bett mit zwei Strickjacken, drei Decken und einer Mütze. Sie sitze mit Handschuhen am Computer und könne häufig Schreiben nicht ausdrucken, weil die Druckertinte zu kalt sei. Im Zuge zeit- und kostenintensiver Ermittlungen hätten sie nach enormen Rechnungen des RWE rausgefunden, dass die Verkabelung so sei, dass sie sämtlichen Strom des großen Gesamtobjekts zahlen müssten, also auch den Strom der Heizungspumpe, den Stromverbrauch der kleinen Kläranlage, der Abwasserpumpe, der Abwasserbelüftung usw. Wie gewohnt, habe sich auch insoweit klägerseits nichts getan. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.3.11 seien unter anderem die bis dahin bekannt gewordenen verdeckten Mängel nochmals aufgelistet worden. Es sei zur Abhilfe aufgefordert worden und wegen der gravierenden Mängel.
27Mit Schreiben vom 10.3.2011sei unstreitig eine Minderung des Mietzinses um 60 % erklärt worden. Sie erkläre die Aufrechnung mit gutgläubig im Vertrauen auf den für die Dauer von mindestens 5 Jahren geschlossenen Mietvertrages vorgenommenen Investitionen und den infolge der völligen Untätigkeit der Klägerin aufzubringenden weiteren Kosten von minimal 15.000,00 €. Die Klägerin habe sie unstreitig öffentlich herabgesetzt. Mit Schreiben vom 31.5.2011 sei der Klägerin erneut erläutert worden, aus welchem Gründen der geminderte Mietzins weiterhin nicht ausgezahlt, sondern eingefroren bleiben müsse. Sie habe sämtliche Mieten in dem geminderten Umfang gesondert zurückgelegt.
28Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage ist unbegründet.
31Die Klägerin hat gegen die Beklagten, obwohl die nutznießende Beklagte zu 1 seit Januar 2011 keinen Mietzins gezahlt hat, nicht den verfolgten Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Hauses „G-grenze“ nach den §§ 535, 543 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3. a) oder b), 546 Abs. 1 BGB.
32Weder der neue Prozessbevollmächtigte noch die zunächst beauftragte Prozessbevollmächtigte der Klägerin noch die Klägerin selbst haben je rechtsgestaltend die fristlose Kündigung erklärt. Dass der von der Klägerin mit Nachdruck beschriebene Sachverhalt eine fristlose Kündigung begründet hätte, worüber mit Darlegungen zu vielen Schauplätzen streitig verhandelt worden ist, trägt für sich genommen, den Räumungsanspruch nicht.
33Das von der Klägerin mit der Klageschrift vom 12.07.2011 vorgelegte Schreiben des Beklagten zu 2 vom 01.12.2010 ist nicht einmal von ihm unterschrieben. Eine Kündigung auch der Beklagten zu 1 ist nicht feststellbar. Sie will das überlassene Objekt solange wie möglich nicht aufgeben.
34Zur mit der Klageschrift vom 12.07.2011 in Bezug genommenen fristlosen Kündigung mit anwaltlichem Schreiben vom 13.04.2011 liegt nach der Rüge der fehlenden Kündigungsvollmacht durch die Vertreterin der Beklagten zu 1 vom 17.04.2011 (Bl.13 d.A.) das klarstellende Schreiben der Klägervertreterin vom 18.04.2011(Bl. 12 d.A.) vor. Darin steht, sie habe lediglich den Ausspruch der fristlosen Kündigung gegen die Beklagte angekündigt nicht jedoch ausgesprochen. Die denkbare Argumentation, die Klägervertreterin habe sich hier nur auf ihr Schreiben vom 13.04.2011 an die Beklagtenvertreterin und nicht auf die Schreiben an die und den Beklagten persönlich bezogen, verfängt nicht. Die Beklagtenvertreterin hat ihr Schreiben vom 17. 04.2011 namens der Beklagten zu 1 verfasst, um die Wirkungen nach § 174 BGB auszulösen, und dies hat sie erfolgreich getan.Den Ausspruch einer fristlosen Kündigung enthält auch nicht die Klageschrift vom 12.07.2011.
35Ebenso wenig enthält der Schriftsatz des neu eingetretenen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 19.10.2011 eine Kündigung. Die Darlegung, der Beklagte habe mit Schreiben vom 01.12.2010 das Mietverhältnis zum 10.01.2011 aufgekündigt, die Klägerin habe zwar zunächst die Kündigung nicht angenommen, allerdings sei eine konkludente Annahme in der späteren Kündigung durch die Klägerin zu sehen, nur eben nicht auf den genannten Zeitpunkt des 31.01.2011, führt nicht zur Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses.
36Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 08.12.2011 bezieht der Klägervertreter sich auf seine mit Schreiben vom 20.10.2011 erklärte fristlose Kündigung. Diese hat er gegenüber der Vertreterin der Beklagten zu 1. erklärt. Das reicht nicht. Er hätte die fristlose Kündigung auch gegenüber dem Beklagten zu 2 erklären müssen, um diese gegenüber den Gesamtschuldnern wirksam werden zu lassen.
37Die Klägerin hat den Beklagten zu 1. ohne Zustimmung der Beklagten zu 1 nicht aus dem Mietverhältnis entlassen können und die Darlegungen des Klägervertreters, der Beklagte zu 2 sei nicht Vertragspartner geworden, haben nach der Verhandlung am 17.11.2011 auf einer Fehlinformation beruht. Die Klägerin hat das Original des Mietvertrages vorgelegt. Dieses trägt drei Unterschriften. Der Beklagte zu 2 hat trotz seiner entgegenstehenden Interessen bestätigt, das sei seine Unterschrift.Zudem hat die Klägerin den Beklagten zu 2 bis zum Eintritt ihres Neuen Prozessbevollmächtigten als Mitmieter behandelt.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 ZPO.
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