Urteil vom Amtsgericht Münster - 3 C 2811/10
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 399,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.06.2010 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5 € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 399,00 € festgesetzt.
1
Entscheidungsgründe:
2(Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
3Die zulässige Klage ist begründet.
41.
5Die Klägerin hat einen Vergütungsanspruch in Höhe von 399,00 € aus § 611 Abs. 1 BGB.
6a.
7Zwischen den Parteien ist ein Vertrag über die Veröffentlichung der Daten des Unternehmens des Beklagten auf dem von der Klägerin betriebenen Internet-Portal geschlossen worden.
8Der Beklagte hat das von der Klägerin als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Schreiben unstreitig erhalten, wobei es dahinstehen kann, ob es ihm als Faxschreiben oder auf dem Postwege zugegangen ist. Dieses Schreiben ist entgegen der Auffassung des Beklagten nach seinem objektiven Erklärungsgehalt als Angebot auf den Abschluss eines entsprechenden Vertrages zu verstehen. Es ist bereits mit der Überschrift "Eintragungsangebot" versehen. Im Fließtext wird die monatliche Vergütung von 35 € genannt. Zudem wird im Fettdruck hervorgehoben mitgeteilt, dass es sich um ein privates und damit behörden- und kammerunabhängiges Portal handelt.
9Dieses Angebot hat der Beklagte angenommen, indem er es unterzeichnet zurückgefaxt hat. Dies konnte aus dem Empfängerhorizont der Klägerin nur so aufgefasst werden, dass der Beklagte die Annahme ihres Angebotes erklären wollte.
10b.
11Der Vertrag ist auch nicht aufgrund einer Anfechtung des Beklagten nichtig gemäß § 142 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob die Kündigung des Beklagten vom 25.05.2010 als Anfechtungserklärung auszulegen ist. Der Beklagte hatte bereits kein Anfechtungsrecht:
12aa.
13Zunächst besteht kein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB.
14Der Beklagte ist nicht von der Klägerin getäuscht worden. Zwar kann eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung auch darin bestehen, dass Tatsachen entstellt werden, etwa wenn ein Angebotsschreiben durch seine Aufmachung den Eindruck eines behördlichen Schreibens oder einer Rechnung vermitteln soll. Dies ist aus den vorstehenden Gründen jedoch bei dem Angebotsschreiben der Klägerin nicht der Fall: Für einen objektiven Empfänger ist ohne größere Anstrengungen erkennbar, dass es sich um ein Angebot eines privaten Auskunftsportals handelt. Dies wird hier nicht in einem Fließtext versteckt oder auf andere Art und Weise verschleiert, sondern sogar mit Fettdruck hervorgehoben. Die Fehlvorstellungen des Beklagten wurden insofern nicht durch eine Täuschung der Klägerin hervorgerufen, sondern sind darauf zurückzuführen, dass der Beklagte das Schreiben lediglich überflogen haben will, bevor er es unterzeichnete. Ein objektiver Empfänger hätte das Schreiben jedoch zumindest teilweise gelesen.
15bb.
16Der Beklagte kann auch nicht gemäß § 119 Abs. 1BGB wegen eines Erklärungsirrtums anfechten.
17Zwar hat der Beklagte die Annahmeerklärung, die seinem Antwortfax zu entnehmen ist, tatsächlich nicht abgeben wollen. Zur Anfechtung berechtigt jedoch nur die unbewusste Unkenntnis: Wird eine Urkunde ungelesen unterzeichnet, hat der Unterzeichnende kein Anfechtungsrecht (vgl. Palandt-Ellenberger, 68. Auflage 2009, § 119 BGB, Rnr. 9 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch, wenn der Erklärende sich mit dem Inhalt eines Angebotes nicht hinreichend vertraut gemacht hat (vgl. OLG I, Urteil vom 08.05.2008, Az. 28 U 1/08 – zitiert nach juris).
18c.
19Der Vertrag ist auch über die sich aus den AGB der Klägerin ergebende Mindestlaufzeit geschlossen worden. Diese AGB sind wirksam in den Vertrag mit einbezogen worden, wobei dahinstehen kann, ob sie der Rückseite des Angebotsschreibens aufgedruckt waren. AGB werden dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn der Verwender die andere Vertragspartei auf sie hinweist und ihr die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Art und Weise von ihnen Kenntnis zu nehmen. Bei Verträgen zwischen Unternehmern ist es hierfür nicht erforderlich, dass die AGB übersandt werden. Der Hinweis auf eine Veröffentlichung im Internet ist ausreichend.
20d.
21Der Vertrag ist auch nicht nichtig gemäß den §§ 134, 138 BGB.
22Es ist nicht ersichtlich, gegen welches gesetzliche Verbot der Vertrag verstoßen sollte.
23Der Vertrag ist auch nicht sittenwidrig. Zwar kann ein Vertrag auch dann sittenwidrig sein, wenn ein außergewöhnliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Ein solches Missverhältnis hat der Beklagte jedoch nicht dargelegt. Der Gegenwert einer Veröffentlichung auf einem Auskunftsportal ist nicht von dem damit verbundenen Aufwand abhängig, sondern im Wesentlichen davon, wie stark dieses Portal frequentiert wird. Hierzu hat der Beklagte nichts vorgetragen, auch nicht dazu, mit welchen Kosten eine Veröffentlichung auf vergleichbaren Seiten verbunden gewesen wäre.
242.
25Der ausgeurteilte Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hat weiterhin einen Anspruch auf den Ersatz der Kosten ihrer Mahnschreiben als Verzugsschaden gemäß § 286 Abs. 1 BGB. Die Höhe dieser Kosten wird vom Gericht in Anwendung des § 287 ZPO auf 5 € geschätzt.
263.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es bestand keine Veranlassung, gemäß § 511 Abs. 4 ZPO, die Berufung zuzulassen.
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