Beschluss vom Amtsgericht Münster - 009 K 88/07
Tenor
Die vorbezeichneten Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3, 4 und 7 werden der Meistbietenden T G geb. G1., geb. ##.##.##, T1. ##, ##### N für den durch Zahlung zu berichtigenden Betrag von
711.500,00 Euro ( i.B. siebenhundertelftausendfünfhundert Euro )
unter folgenden Bedingungen zugeschlagen:
1.
Es bleiben die im Grundbuch eingetragenen Rechte wie folgt bestehen:
a) Abt. II lfd. Nr. 1: lastend auf dem Grundstück lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses:
Beschränkte persönliche Dienstbarkeit der Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) des Inhalts, dass diese berechtigt ist, die Grundstücke mit elektrischen Hochspannungsleitungen zu überspannen und Leitungsmasten aufzustellen. Der Eigentümer hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand, die Unterhaltung und den Betrieb der Anlagen gefährden oder stören. Innerhalb eines Schutzstreifens sind die Grundstücke Nutzungsbeschränkungen unterworfen;
b) Abt. II lfd. Nr. 2: lastend auf dem Grundstück lfd. Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses:
Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für die Stadt N1.;
c) Abt. II lfd. Nr. 6: lastend auf dem Grundstück lfd. Nr. 7 des Bestandsverzeichnisses:
Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Druckrohrleitungsrecht) für die Stadt N1..
2.
Die im Grundbuch von N1. Blatt ##### in Abteilung II unter der lfd. Nr. 4 auf dem Grundstück lfd. Nr. 7 des Bestandsverzeichnisses eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) für D. I1. (geb. ######) erlischt gem. § 9 Abs. 2 EGZVG durch Zuschlag. Sie bleibt auch nicht außerhalb des Geringsten Gebotes bestehen.
3.
Der durch Zahlung zu berichtigende Betrag des Meistgebots (abzüglich der geleisteten Sicherheitsleistung in Höhe von 53.000,00 Euro) ist von heute an mit 4 % zu verzinsen und mit diesen Zinsen bis zum Verteilungstermin an das Gericht zu zahlen.
4.
Die Kosten dieses Beschlusses fallen der Ersteherin zur Last.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.
5.
Die am 17.12.2010 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 22.12.2010 von Seiten der Frau I und von Seiten des Herrn D I1. gestellten Vollstreckungsschutzanträge gem. § 765a ZPO werden kostenpflichtig zurückgewiesen.
1
Gegen diese Zuschlagsentscheidung kann binnen 2 Wochen sofortige Beschwerde sowohl beim Amtsgericht Münster als auch beim Landgericht Münster eingelegt werden. Die Frist beginnt für alle im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienenen bzw. vertretenen Beteiligten mit dem heutigen Tag, für die übrigen Beteiligten mit der Zustellung dieser Entscheidung.
2Gründe:
3Teil A:
4Aufgrund des Antrages der E GmbH vom 19.10.2007 und 27.11.2007 wurde das Zwangsversteigerungsverfahren wegen der dinglichen Ansprüche aus den Rechten der Abteilung III lfd. Nr. 4, 5, 6, 7 und 8 in die Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3, 4, 6 und 7 des Bestandsverzeichnisses von Münster Blatt ##### durch Beschluss vom 28.12.2007 angeordnet. Durch Schreiben vom 15.5.2008 wurde sodann der Versteigerungsantrag bzgl. des Grundstücks lfd. Nr. 6 des Bestandsverzeichnisses (N3. Flur ### Flurstück ##) zurückgenommen. Insoweit erging entsprechender Beschluss am 23.5.2008. Im Übrigen blieb die Beschlagnahme der Grundstücke bestehen.
5Das Versteigerungsverfahren wird nur noch in die Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3, 4 und 7 betrieben.
6Wie sich aus dem Grundbuch weiter ergibt, sind die Grundstücke teils unterschiedlich belastet. So lasten die Rechte Abt. III Nr. 4 und 5 nicht auf dem Grundstück lfd. Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses. Aus Sicht der Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 4 und 7 betreibt die Gläubigerin aus dem Recht Abt. III Nr. 4 bestrangig. Hinsichtlich des Grundstücks lfd. Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses wird bestrangig aus dem Recht Abt. III Nr. 6 betrieben.
7Der bestrangig betreibenden Gläubigerin gehen die im Grundbuch von N3. Blatt ##### in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 (lastend auf dem Grundstück BV 4) und lfd. Nr. 2 (lastend auf dem Grundstück BV 3) eingetragenen Rechte im Range vor.
8Bei dem Recht Abt. II Nr. 1 handelt es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für die Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen); bei dem Recht Abt. II Nr. 2 handelt es sich um ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle für die N1..
9Entsprechend der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen sind diese vorgehenden Rechte bereits kraft Gesetzes gem. § 52 Abs. 1 ZVG in das Geringste Gebot als bestehenbleibende Rechte aufzunehmen.
10Im Übrigen stellt sich die Belastungssituation in Abteilung II des Grundbuchs wie folgt dar:
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Abt. II Nr. 3 | lastend auf den Grundstücken BV lfd. Nr. 6 und 7 | Grunddienstbarkeit (Wegerecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks N3. Flur ### Flurstück ## (Eigentümer von N3. Blatt #####; hier die Bundesrepublik Deutschland (Bundeswasserstraßenverwaltung, vertr. durch das Wasserstraßen-Neubauamt E1.) |
Abt. II Nr. 4 | lastend auf den Grundstücken BV lfd. Nr. 6 und 7 | Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) für D. I1, geb. ##.##.#### |
Abt. II Nr. 5 | lastend auf BV lfd. Nr. 6 und 7 | Auflassungsvormerkung für die N. GmbH |
Abt. II Nr. 6 | lastend auf BV lfd. Nr. 7 | Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Druckrohrleitungsrecht) für N1. |
Abt. II Nr. 8 | lastend auf BV lfd. Nr. 1,2,3,4, 7 | Zwangsverwaltungsvermerk |
Abt. II Nr. 9 | lastend auf BV lfd. Nr. 1,2,3,4, 7 | Zwangsversteigerungsvermerk |
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(Erläuterung: BV = Bestandsverzeichnis)
13Entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen gem. § 52 ZVG wären diese Rechte grundsätzlich nicht in das Geringste Gebot aufzunehmen und würden – soweit sich die Versteigerung auf die belasteten Grundstücke bezieht - erlöschen.
14Im Hinblick auf die Auflassungsvormerkung ist anzumerken, dass sich der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch wohl nur auf die Grundstücksfläche BV 6 bezieht; insoweit wurde der Versteigerungsantrag zurückgenommen. Die N. GmbH wurde vom Gericht im Vorfeld des Termins auf das Erlöschen durch Zuschlag bzgl. des Grundstücks BV 7 hingewiesen. Einwände bzw. Anträge mit dem Ziel des etwaigen Bestehenbleibens wurden hier nicht gestellt.
15Soweit die im Grundbuch eingetragenen Rechte auch das Grundstück lfd. Nr. 6 betreffen ist nochmals klarzustellen, dass das Versteigerungsverfahren hier nur noch in die im Grundbuch von N3. Blatt ##### unter lfd. Nr. 1, 2, 3, 4 und 7 eingetragenen Grundstücke betrieben wird. Etwaige auf dem Grundstück lfd. Nr. 6 bestehende Belastungen werden von dem Versteigerungsverfahren und dem Zuschlag nicht berührt.
16Die Berechtigten der Rechte Abt. II Nr. 3 und Abt. II Nr. 6 wurden von gerichtlicher Seite ebenfalls darauf hingewiesen, dass ihr Recht im Rahmen der Zwangsversteigerung aufgrund gesetzlicher Vorschriften ggf. untergeht. Gleichzeitig wurden die Berechtigten auf die Möglichkeit der Beantragung abweichender Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG mit dem Ziel des Bestehenbleibens hingewiesen. Es wurde allerdings auch darauf hingewiesen, dass grundsätzlich ein Doppelausgebot aufzustellen ist, wenn nicht im Vorfeld unter Berücksichtigung von § 59 Abs. 3 ZVG die möglichen Beeinträchtigten der abweichenden Form zustimmen. Das Gericht hatte im Vorfeld des Termins versucht, die einzelnen Zustimmungserklärungen aller möglichen Beeinträchtigten einzuholen.
17Die Berechtigten der Rechte Abt. II Nr. 1 und 2 haben keine Zustimmung abzugeben, da diese Rechte nicht auf den Grundstücken lfd. Nr. 6 und 7 lasten und auch gem. § 52 ZVG bestehen bleiben; eine Beeinträchtigung kann insoweit ausgeschlossen werden.
18Mit Schreiben vom 13.3.2008, 7.5.2009 i. V. m. dem Schreiben vom 6.7.2010 beantragte die Berechtigte des Rechtes Abt. II Nr. 3 abweichende Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG mit dem Ziel des Bestehenbleibens des Rechtes. Ein entsprechender Antrag wurde von der N1. als Berechtigte des Rechtes Abt. II Nr. 6 mit Schreiben vom 5.5.2010 auch für deren Recht gestellt.
19Im Übrigen haben hinsichtlich des Antrages auf abweichende Versteigerungsbedingungen bzgl. des Rechtes Abt. II Nr. 3 die Gläubiger der Rechte Abt. III Nr. 4 bis 11 sowie auch die Schuldnerin zuzustimmen. Bzgl. des Antrages auf abweichende Versteigerungsbedingungen des Berechtigten II Nr. 3 (Bl. 79 ff., 444 ff., 636 ff. d.A.) wurden hier die Zustimmungen von Seiten der Gläubiger III Nr. 4 bis 11 erteilt (Bl. 745 f.; i.Ü. auch Bl. 679 f., 680, 681 d.A.).
20Im Hinblick auf den Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen bzgl. des Rechtes Abt. II Nr. 6 (Bl. 564) bedurfte es hier der Zustimmung der Rechte Abt. III Nr. 4-11, III/12 bis III/16, II/3, II/4, II/5 und der Schuldnerseite. Auch hier erfolgte die Zustimmung der Gläubiger III Nr. 4-11 (Bl. 565, 745 f.; i.Ü. auch Bl. 679 f., 680, 681 d.A.) sowie der Berechtigten Abt. II/3 (Bl. 815 d.A.) und II/5 (Bl. 660, 838 d.A.).
21Die Zustimmungen der Schuldnerin (vgl. hierzu auch Stöber, ZVG, 19. Auflage, Rdn. 4.2. – 4.4. zu § 59 ZVG; der Schuldner kann schon dadurch beeinträchtigt sein, dass ggf. weniger geboten wird und beispielsweise dadurch weniger Schulden getilgt werden können) sowie auch – soweit notwendig – die des Berechtigten Abt. II Nr. 4 – und der Berechtigten III/12 bis III/16 wurden nicht erteilt.
22Ferner gilt nach Auffassung des Gerichts bei mehreren Abweichungsanträgen: Wenn mehrere Abweichungsanträge niemand beeinträchtigen oder wenn den Abweichungen alle Beteiligten zugestimmt haben, so sind die Abweichungen in einem Ausgebot zusammenzufassen. Wenn für mehrere Abweichungen eine Beeinträchtigung ungewiss ist, sind mehrfache Ausgebote erforderlich (Ausgebot mit und ohne die einzelnen Abweichungen), die nebeneinander (gleichzeitig) erfolgen können. Auf Antrag bzw. mit Zustimmung der Antragsteller gem. § 59 ZVG sind die verschiedenen Abweichungen in einem Ausgebot zusammenzufassen. Da nicht alle Zustimmungen vorlagen und auch die Berechtigten und Antragsteller gem. § 59 ZVG Abt. II Nr. 3 und Nr. 6 der Zusammenfassung nicht zustimmten, wurden die unterschiedlichen Ausgebotsformen im Rahmen von Doppelausgeboten aufgestellt.
23Bei dem Recht Abt. II Nr. 4 handelt es sich ebenfalls um ein der betreibenden Gläubigerin gegenüber nachrangiges Wohnungsrecht für Herrn D. I1. Grundsätzlich erlischt auch dieses Recht nach den allgemeinen Zwangsversteigerungsbedingungen. Bei diesem Recht war das Gericht jedoch letztlich von einem Recht im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG ausgegangen (vgl. Stöber, ZVG, 19. Auflage, Rdn. 3.2. zu § 9 EGZVG). Danach bleibt ein Recht im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG außerhalb des nach ZVG aufzustellenden Geringsten Gebots auch dann bestehen, wenn es nachrangig ist. Im vorliegenden Fall war Herr D. I1. Voreigentümer der zu versteigernden Grundstücke gewesen. Dieser hat das Eigentum auf seine Ehefrau I. I1. übertragen, welche den Grundbesitz wiederum in eine gegründete BGB-Gesellschaft eingebracht hat, an welcher u.a. auch die jetzige Alleineigentümerin und Tochter des Wohnungsberechtigten als Gesellschafterin beteiligt war. Es handelt sich hier um ein lebenslänglich bestelltes Wohnungsrecht. Auch handelte es sich zum Zeitpunkt der Bestellung des Wohnungsrechtes nicht mehr um einen klassischen landwirtschaftlichen Betrieb. Somit dürfte ggf. auch die bloße Bestellung eines Wohnungsrechtes (wie bei einem städtischen Grundstück) ein Altenteil im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG darstellen. Die Bestellung muss auch nicht in jedem Falle zwingend zeitgleich mit der Grundstücksübergabe erfolgt sein (RG 162, 52). Für das Gericht stand letztlich auch die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen im Zusammenhang mit der Bestellung des Wohnungsrechtes nicht im Vordergrund. Insbesondere aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen und der Bestellung des Wohnungsrechts auf Lebenszeit ist das Gericht hier letztlich von einem Altenteil im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG ausgegangen. Hierauf wurden die Verfahrensbeteiligten auch frühzeitig hingewiesen. Ferner hatte das Gericht insbesondere die betreibende Gläubigerin auch auf die Antragsmöglichkeit gem. § 9 Abs. 2 EGZVG hingewiesen, wonach ein Erlöschen des grundsätzlich außerhalb des Geringsten Gebots bestehen bleibenden Rechtes möglich ist. Dieser Antrag wurde von der betreibenden Gläubigerin auch mit Schreiben vom 29.11.2010 schriftlich gestellt (Bl. 745 d.A.) und sodann im Versteigerungstermin nochmals wiederholt. Auch hier ist somit ein Doppelausgebot entsprechend gesetzlicher und abweichender Versteigerungsbedingungen (vgl. auch Stöber, ZVG, 19. Auflage, Rdn. 4.6. zu § 9 EGZVG) aufzustellen.
24Gem. § 63 Abs. 1 S. 1 ZVG sind mehrere in demselben Verfahren zu versteigernde Grundstücke einzeln auszubieten. Mit Schreiben vom 29.11.2010 (Bl. 745 d.A.) in Verbindung mit dem Schreiben vom 15.12.2010 (Bl. 835/836 d.A.) hat die betreibende Gläubigerin als Verfahrensbeteiligte im Sinne von § 9 ZVG beantragt:
25a) die Zulassung eines Gesamtausgebots aller Flurstücke unter Verzicht auf Einzelausgebote,
26b) die Zulassung eines Gruppenausgebots dahingehend, dass die Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3 und 7 des Bestandsverzeichnisses gemeinsam und das Grundstück lfd. Nr. 4 einzeln ausgeboten werden sollen.
27Ferner beantragte die betreibende Gläubigerin das Erlöschen des Rechtes Abt. II Nr. 4 gem. § 9 Abs. 2 EGZVG.
28Es wird darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Gesamtausgebot und Gruppenausgebot gem. § 63 Abs. 2 S. 1, S. 3 ZVG gestellt werden kann. Das Einzelausgebot im Sinne von § 63 Abs. 4 ZVG unterbleibt, wenn die im Versteigerungstermin anwesenden Beteiligten (hierzu gehört auch der anwesende Schuldner; vgl. Böttcher, ZVG, 4. Auflage, Rdn. 3 zu § 63 ZVG), deren Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu berücksichtigen sind, hierauf verzichtet haben. Dieser Verzicht ist bis spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zu erklären. Soweit die betreibende Gläubigerin in ihrem Antrag neben dem Gruppenausgebot die Einzelausbietung des Grundstücks lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses begehrt, ist hierin eine zulässige Einschränkung des Verzichts im Sinne von
29§ 63 Abs. 4 ZVG zu sehen. Der Verzicht kann sich hierbei auch nur auf einige Einzelausgebote beziehen, ein Verzicht auf alle Einzelausgebote ist nicht zwingend (Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Rellermeyer; ZVG, 13. Auflage, Rdn. 8 zu § 63 ZVG; BGH, Rpfleger 2007, 95).
30Die Schuldnerin und der ebenfalls im Versteigerungstermin am 17.12.2010 zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anwesende Wohnungsberechtigte Abt. II Nr. 4 erklärten keinen Verzicht im Sinne von § 63 Abs. 4 ZVG.
31Das Gericht hatte daher unter Berücksichtigung der Doppelausgebote hinsichtlich der Anträge auf abweichende Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG für die Rechte Abt. II Nr. 3 und 6 und des Doppelausgebots im Hinblick auf das Recht Abt. II Nr. 4 gem. § 9 Abs. 1 und Abs. 2 EGZVG Einzelausgebote für die Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3, 4 und 7, Gruppenausgebote für die Grundstücke lfd. Nr. 1,2,3 und 7 sowie Gesamtausgebote für alle Grundstücke aufzustellen.
32Es wurden insgesamt zwölf Einzelausgebote (E1 bis E 12) aufgestellt; die Einzelausgebote E1 bis E4 bezogen sich hierbei auf die Grundstücke lfd. Nr. 1,2,3 und 4 des Bestandsverzeichnisses. Die Ausgebotsformen E5 bis E12 stellen dabei die verschiedenen Ausgebotsformen dar, welche sich auf das Grundstück lfd. Nr. 7 beziehen. Weiterhin wurden die Gruppenausgebote GR1 bis GR 8 – bezogen auf die Grundstücke lfd. Nr. 1, 2, 3 und 7 und bezüglich aller Grundstücke die Gesamtausgebote GE 1 bis GE 8 aufgestellt. Den Bietern standen somit verschiedenartige Möglichkeiten zur Verfügung. Bei den Ausbietungsformen E5 bis E8, GR1 bis GR 4 und GE1 bis GE 4 ist das Wohnungsrecht – außerhalb des Geringsten Gebots – gem. § 9 Abs. 1 EGZVG nach gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zu übernehmen. Bei den anderen Ausbietungsformen E9 bis E 12, GR5 bis GR 8 und GE5 bis GE 8 erlischt das Wohnungsrecht Abt. II Nr. 4 gem. § 9 Abs. 2 EGZVG nach abweichenden Versteigerungsbedingungen. Die einzelnen Varianten unterscheiden sich im Übrigen noch dahingehend, dass aufgrund der Anträge gem. § 59 ZVG die Rechte Abt. II Nr. 3 und 6 beide oder keines von beiden übernommen werden bzw. entweder nur das Recht Abt. II Nr. 3 oder aber das Recht Abt. II Nr. 6 bestehen bleiben soll.
33Auf die nachfolgend aufgeführten Gebotsformen wurden Gebote abgegeben:
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Einzel (BV 3) E3 | Einzel (BV 4) E4 | Gesamt (BV 1, 2, 3, 4, 7) GE2 | Gesamt (BV 1, 2, 3, 4, 7) GE7 | Gesamt (BV 1, 2, 3, 4, 7) GE8 |
Bestehen-bleibende Rechte gem. § 52 ZVG: Abt. II Nr. 2 | Bestehen-bleibende Rechte gem. § 52 ZVG: Abt. II Nr. 1 | Bestehen-bleibende Rechte gem. § 52 ZVG: Abt. II Nr. 1 und 2 sowie gem. § 59 ZVG: Recht Abt. II Nr. 3 und außerhalb des Geringsten Gebots gem. § 9 Abs. 1 EGZVG das Recht Abt. II Nr. 4 | Bestehen-bleibende Rechte gem. § 52 ZVG: Abt. II Nr. 1 und 2 sowie gem. § 59 ZVG: Recht Abt. II Nr. 6; das Recht Abt. II Nr. 4 erlischt gem. § 9 Abs. 2 EGZVG | Bestehen-bleibende Rechte gem. § 52 ZVG: Abt. II Nr. 1 und 2 sowie gem. § 59 ZVG: Recht Abt. II Nr. 3 und Nr. 6; das Recht Abt. II Nr. 4 erlischt gem. § 9 Abs. 2 EGZVG |
Gebot 4: 90.000,00 Euro | Meistbar-gebot 5: 12.000,00 Euro | Gebot 3: 555.000,00 Euro; mangels Sicherheitsleistung zurückgewiesen §§ 70 Abs. 21, 72 Abs. 2 ZVG | Meistbar-gebot 37: 711.500,00 Euro | Meistbar-gebot 36: 710.000,00 Euro |
Meistbar-gebot 6: 95.000,00 Euro |
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Im Verhältnis zu einem Gesamtausgebot ist das Gruppenausgebot wie ein Einzelausgebot, im Verhältnis zu den Einzelausgeboten wie ein Gesamtausgebot zu behandeln.
36Im vorliegenden Fall hatte das Gericht aufgrund der Gebote auf E3 zweimal über sowohl die Gruppenausgebote GR 1 bis GR 8 als auch die Gesamtausgebote GE 1 bis GE 8 im Sinne von § 63 Abs. 3 S. 1 ZVG zu erhöhen; das Grundstück lfd. Nr. 4 ist nicht in den Gruppenausgeboten enthalten. Insoweit mussten aufgrund des auf die Ausgebotsform E4 abgegebenen Gebots nur die Gesamtausgebotsformen GE 1 bis GE 8 im Sinne von § 63 Abs. 3 S. 1 ZVG erhöht werden. Die Erhöhung des geringsten Gebots tritt mit Abgabe des Gebots bei dem Einzelausgebot gesetzlich ein. Diese gesetzliche Erhöhung verändert den zu zahlenden Teil des geringsten Gebots. Das bereits festgestellte geringste Bargebot und das vom Zeitpunkt der Erhöhung an zulässige unterste Bargebot stimmen nicht mehr überein. Es ist deswegen das geringste Gebot nicht insgesamt neu festzustellen; die Versteigerung wird vielmehr fortgesetzt (vgl. Stöber, ZVG, 19 Auflage, Rdn. 6.2. zu § 63 ZVG). Die jeweilige Erhöhung wurde jeweils nach Abgabe des Gebots auf ein Einzelausgebot vorgenommen und entsprechend bekannt gemacht.
37Nach Schluss der Versteigerung hatte das Versteigerungsgericht nunmehr im Rahmen der Zuschlagsentscheidung zwischen den Meistgeboten auf die Einzelausgebotsformen E3 und E4 sowie den Meistgeboten auf die Gesamtausgebotsformen GE7 und GE8 zu entscheiden.
38Bei der Frage des Zuschlags hat das Gericht wie folgt vorzugehen (§ 63 Abs. 3 S. 2 ZVG):
39Der Zuschlag kann auf das Gesamtausgebot nur erteilt werden, wenn das Meistgebot hierauf höher ist als das Gesamtergebnis der Einzelausgebote (§ 63 Abs. 3 S. 2 ZVG). Bei gleicher Höhe erfolgt deshalb kein Zuschlag auf das Gesamtausgebot, sondern auf die Einzelausgebote. Wird auf ein einzeln ausgebotenes Grundstück kein Gebot abgegeben, so ist beim Vergleich nach
40§ 63 Abs. 3 S. 2 ZVG der Wert mit 0,00 Euro anzusetzen (OLG Frankfurt, Rpfleger 1995, 512, OLG Hamm, Rpfleger 1959, 57). Bei den Meistgeboten sind nicht nur die Bargebote, sondern auch die bestehen bleibenden Rechte zu berücksichtigten (OLG Koblenz Rpfleger 1963, 54); vgl. auch Böttcher, ZVG, 4. Auflage, Rdn. 14 zu § 63 ZVG.
41Das Gericht hatte im Versteigerungsverfahren im Hinblick auf § 51 Abs. 2 ZVG für die bestehenbleibenden Rechte u.a. folgende Ersatzwerte berechnet und festgestellt:
42
Rechte | Ersatzwerte § 51 Abs. 2 ZVG |
Abt. II Nr. 1 | 170,00 Euro |
Abt. II Nr. 2 | 2.175,00 Euro (2 % vom Verkehrswert des Grundstücks lfd. Nr. 3) |
Abt. II Nr. 3 | 1.100,00 Euro (das Wegerecht verläuft an der nördlichen Grundstücksgrenze Flur 188/Flurstück 29 (BV 7) und betrifft auch nur dieses wertmindernd. |
Abt. II Nr. 6 | 0,00 Euro |
43
Das Gericht war bei seiner Festsetzung den Ausführung der Sachverständigen gefolgt (vgl. Bl. 205, 673/674 d.A.).
44Die Summe der Meistgebote auf die Einzelausgebote (hier E3 und E4) unter gleichzeitiger Nullbewertung der übrigen Einzelausgebotsformen ergibt insgesamt 109.345,00 Euro.
45Der Betrag der Meistgebote auf die Gesamtausgebote GE7 und GE8 wird hierbei bei weitem unterschritten. Insoweit kann unter Berücksichtigung von § 63 Abs. 3 S. 2 ZVG kein Zuschlag auf die Einzelausgebote erfolgen.
46Bei beiden Gesamtausgebotsformen GE7 und GE8 erlischt das Wohnungsrecht Abt. II Nr. 4 gem. § 9 Abs. 2 EGZVG. Beide Ausgebotsformen beinhalten die gesetzlich gem. § 52 ZVG zu übernehmenden Rechte Abt. II Nr. 1 und 2. Der Unterschied besteht zum einen in der Höhe des Meistbargebots sowie auch der Tatsache, dass bei GE 7 das Recht Abt. II Nr. 6, bei der Ausgebotsform GE8 die Rechte Abt. II Nr. 3 und Abt. II Nr. 6 übernommen werden.
47Im Hinblick auf die weitere Zuschlagsentscheidung ist hier zu berücksichtigen, dass beide Ausgebotsformen (GE 7 und GE8) gem. § 9 Abs. 2 EGZVG vom Erlöschen des Wohnungsrechtes Abt. II Nr. 4 ausgehen. Es liegt also im Vergleich zu § 9 Abs. 1 EGZVG nur ein Gebot auf die abweichende Ausgebotsform vor. Die Gläubigerin der Rechte Abt. III Nr. 4 bis 11 (diese Rechte gehen dem Wohnungsrecht Abt. II Nr. 4 im Range vor) hatte einen Antrag auf Erlöschen des Wohnungsrechtes gestellt. Der Zuschlag kann und muss hier auf das beantragte abweichende Ausgebot im Sinne von § 9 Abs. 2 EGZVG mit Erlöschen des Rechtes Abt. II Nr. 4 erfolgen (vgl. auch Stöber, ZVG, 19. Auflage, Rdn. 4.7 zu § 9 EGZVG; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, ZVG, 13. Auflage, Rdn. 20 zu § 9 EGZVG.) Die mangelnde Vergleichsmöglichkeit ist unerheblich; vgl. LG Arnsberg, Rpfleger 1984, 427.
48Bei dem Ausgebot GE 7 beläuft sich unter Berücksichtigung der bestehenbleibenden Rechte (Abt. II Nr. 1,2, 6 = 2.345,00 Euro) das Meistgebot auf 713.845,00 Euro. Bei dem Ausgebot GE 8 beträgt das Meistgebot unter Berücksichtigung der bestehenbleibenden Rechte (Abt. II Nr. 1,2, 3 und 6 = 3.445,00 Euro) insgesamt 713.445,00 Euro. Das Meistgebot auf GE 7 ist höher als das Meistgebot auf GE 8.
49Der Zuschlag ist somit letztlich auf das Meistgebot der Bieterin T G geb. G3, geb. 11.11.1980, T2 ##, ##### N2 auf das Gesamtausgebot GE 7 zu erteilen. Diese hat ein Meistbargebot von 711.500,00 Euro abgegeben. Meistgebot und Meistbargebot sind bei der Ausgebotsform GE7 höher als bei der Gesamtausgebotsform GE 8. Bei der Ausgebotsform GE 8 wäre neben den Rechten Abt. II Nr. 1, 2 und 6 zusätzlich auch das Recht Abt II Nr. 3 zu übernehmen gewesen. Im direkten Vergleich zur Ausgebotsform GE 7 kann darüber hinaus festgestellt werden, dass letztlich die Bieterin hier auch weniger bar geboten hat. Insoweit wäre bei der Ausgebotsform GE 8 ein niedrigerer Barerlös erzielt worden; insbesondere auch die Schuldnerseite hätte hier eine Beeinträchtigung durch das Bestehenbleiben des Rechts Abt. II Nr. 3 erfahren (niedriger Barerlös führt ggf. zu weniger Schuldentilgung). Die Schuldnerin hatte ja keine Zustimmung hinsichtlich der Anträge auf abweichende Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG erteilt. Letztlich konnte hier jedoch bereits wegen des höheren Meistgebotsbetrages auf das Meistgebot GE 7 zugeschlagen werden.
50Teil B:
51Im Zwangsversteigerungstermin am 17.12.2010 wurde von dem im Grundbuch von N3 Blatt ##### in Abt. II Nr. 4 eingetragenen Wohnungsberechtigten Abt. II Nr. 4, Herrn D. I1., ein Antrag auf Einstellung der Zwangsversteigerung im Sinne von § 765a ZPO gestellt. Im Wesentlichen begründet der Antragsteller seinen Antrag damit, dass die weitere Zwangsversteigerung für ihn zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Das Wohnungsrecht würde erlöschen, da die vorrangige Gläubigerin das Verfahren betreibt. Es läge eine Finanzierungsbestätigung vom Bieter T vom 16.12.2010 von der Sparkasse N4. vor. Eine zwei bis dreimonatige Verzögerung würde für die Gläubigerin keine Nachteile bringen, da die lfd. gesetzlichen Zinsen aus der monatlichen Miete eingingen. Die Vollstreckung diene letztlich allein der Eigentumsvernichtung sowie dem Untergang des Wohnungsrechtes des Berechtigten. Dem Antragschreiben liegt auch eine Ablichtung eines Schreibens des Rechtsanwalts O vom ##.##.#### an die E. in M1 anbei. Darin bedankt sich der Unterzeichner zunächst für die offene Informationserteilung. Darüber hinaus wird angeführt, dass auch drei ernsthafte Interessenten für das Objekt vorhanden sind, die bereits ein festes Gebot nicht unter 500.000,00 Euro angekündigt hätten. Offenbar seien auch Herr T und seine Lebensgefährtin, Frau Y an dem Objekt interessiert.
52Im vorbezeichneten Schreiben wird sodann auch angedacht, dass Herr T als Forderungskäufer auftritt und die vorhandenen Forderungen gegen die Darlehensnehmer D. I1. sen., Frau Y., Herrn D. I1. jun., Frau I und Herrn U. aus den im Schreiben näher bezeichneten gekündigten Konten und Darlehen erwirbt. Dies sollte offenbar zu einem Kaufpreis von 555.000,00 Euro gegen Aushändigung sämtlicher vorhandener Sicherheiten erfolgen. Die Anträge bzgl. der beim Amtsgericht N3. anhängigen Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren sollten zurückgenommen werden. Ferner ist noch eine Ablichtung einer unwiderruflichen Finanzierungsbestätigung der Sparkasse N4. vom ##.##.#### beigefügt. Diese soll offenbar zur Finanzierung zum Kauf der Hofstelle I3 über 555.000,00 Euro dienlich sein. Die Finanzierungsbestätigung ist an T und Y. gerichtet. Offenbar gibt es schon seit längerer Zeit Korrespondenz zwischen Gläubigerin und Schuldnerseite, was aus der Tatsache zu schießen ist, dass Rechtsanwalt O sich auf eine Zwischennachricht vom 16.8.2010 bezieht.
53Bereits im Versteigerungstermin am 17.12.2010 wurde darauf hingewiesen, dass ein Vollstreckungsschutzantrag im Sinne von § 765a ZPO nur durch die Schuldnerin gestellt werden könne. Dem Wohnungsberechtigten steht insoweit kein eigenes Antragsrecht zu.
54Somit stellte die Eigentümerin I ebenfalls im Versteigerungstermin am 17.12.2010 einen Antrag auf Gewährung von Vollstreckungsschutz gem.
55§ 765a ZPO. Das Verfahren soll nach dem Antrag auf die Dauer von mindestens 3 Monaten einstweilen eingestellt werden. Hinsichtlich der Begründung wurde auf den Schriftsatz des Vaters vom gleichen Tage Bezug genommen.
56Mit Schreiben vom 22.12.2010 wurde nunmehr durch Rechtsanwalt G2. v. C. erneut Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO begehrt. Im Schreiben vom 22.12.2010 heißt es wie folgt: komme ich zurück auf den seitens a) der Eigentümerin I, b) des Wohnungsberechtigten gem. Abt. II/4 D. I1. sen. im Termin vom 17.12.2010 gestellten Vollstreckungsschutzantrag gem. § 765a ZPO.". In Ergänzung der Begründung der unzumutbaren Härte i. S. d. § 765a ZPO wurde sodann Weiteres vorgetragen.
57Das Schreiben vom 22.12.2010 wird insoweit dahingehend ausgelegt, dass im Hinblick auf die bereits am 17.12.2010 gestellten Anträge auf Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO für I und Herrn D. I1. ein weiterer Sachvortrag erfolgt. Die Anträge sind auf Gewährung von Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO mit dem Ziel der einstweiligen Einstellung gerichtet.
58Inhaltlich wird der Antrag damit begründet, dass im vorliegenden Fall nach der Annahme der Antragsteller aufgrund des Versteigerungstermins vom 17.12.2010 ein Zuschlag auf das Gesamtausgebot der Meistbietenden Frau G erfolgen wird. Das Meistbargebot betrug hier 711.500,00 Euro. Gleichzeitig erklärte sich die Meistbietende bereit, die Rechte Abt. II Nr. 1, 2 und 6 zu übernehmen. Das Wohnungsrecht Abt. II Nr. 4 wird entsprechend der Versteigerungsbedingungen gem. § 9 Abs. 2 EGZVG erlöschen und nicht außerhalb des Geringsten Gebots bestehen bleiben.
59Das Gebot wäre bei Abwägung und Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers im Sinne von § 765a ZPO mit dem Angebot der potentiellen Bieter T und Y. einschließlich der unwiderruflichen Finanzierungsbestätigung der Sparkasse N4. über 555.000,00 Euro zu vergleichen.
60Nunmehr wird jedoch ein notariell beurkundeter Kaufvertrag vom ##.##.#### (UR-Nr. ###/#### – X, M3) vorgelegt, wonach die Eigentümerin I den im Grundbuch von N3 Blatt ##### (ohne lfd. Nr. 6 des Bestandsverzeichnisses) eingetragenen Grundbesitz an Herrn T und Frau Y. zu je ½ Miteigentumsanteil zu einem Kaufpreis von 711.500,00 Euro veräußert. Wie sich aus § 5 des Kaufvertrages u.a. ergibt, werden die Rechte Abt. II Nr. 1, 2, 3 und 6 vom Käufer übernommen. Das Recht Abt. II Nr. 4 bleibt ebenfalls bestehen, da der Käufer die Rechte aus dem zugrundeliegenden Vertrag gem. § 3 als eigene Verpflichtung übernommen hat. In Bezug auf die Eintragungen der Rechte Abt. III lfd. Nr. 16, 17, 18, 19, 20, 21 und 22 übernimmt der Käufer (gem. § 5) diese zunächst zur dinglichen Mithaft (ohne persönliche Schuldübernahme).
61Die Kaufpreisforderung sei durch die unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung der Sparkasse N4. gegenüber den Käufern vom 16.12.2010 in Höhe von 555.000,00 Euro gesichert. Der Restbetrag von 156.000,00 Euro werde noch im Jahre 2010 entsprechend gesichert.
62Die Gläubigerin würde im Falle der Abwicklung des Kaufvertrages schneller zu ihrem Geld kommen als es bei der Durchführung der Versteigerung unter Berücksichtigung einer Beschwerde gegen den Zuschlag erfolgen würde.
63Insbesondere sei bisher von den Erstehern lediglich die Sicherheitsleistung gezahlt.
64Der Vollzug des Kaufvertrages vom 21.12.2010 sei somit für die betreibende Gläubigerin wie auch die Eigentümerin und den Wohnungsberechtigten als Antragsteller gem. § 765a ZPO besser als ein erfolgter Zuschlag.
65Das Schreiben der Schuldnerseite wurde der Gläubigerseite nebst Anlagen per Fax noch am 22.12.2010 übermittelt.
66Die Gläubigerin teilte mit Schreiben vom 23.12.2010 hin mit, dass beantragt wird, die von den Beteiligten I. und D. I1. gestellten Anträge vom 17.12.2010 i. V. m. dem Schreiben 22.12.2010 zurückzuweisen.
67In der Begründung heißt es:
68"1. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Abwicklungsfähigkeit des beurkundeten Kaufvertrages vor dem Hintergrund, dass die bisher vorgelegte Finanzierungsbestätigung der Sparkasse in Höhe von 555.000,00 Euro nicht zur Finanzierung des Kaufpreises ausreicht. Die bloße Behauptung, dass eine Finanzierungsbestätigung über den Differenzbetrag nachgereicht werde, kann keinesfalls als ausreichende Grundlage für eine Versagung des Zuschlags auf das abgegebene Meistgebot angesehen werden.
69Darüber hinaus haben die Parteien im vorgelegten Kaufvertrag vereinbart, dass alle unserem Hause gegenüber nachrangig eingetragenen Grundpfandrechte bestehen bleiben sollen. Eine solche Vereinbarung widerspricht in hohem Maße bankenüblicher Praxis, so dass im Rahmen einer Finanzierungsbestätigung diese Umstände ausdrücklich als bankbekannt und – geduldet mit bestätigt werden müssten, um der betreibenden Gläubigerin ausreichende Sicherheit im Hinblick auf die Durchführbarkeit des Kaufvertrages zu geben.
702. Darüber hinaus enthält der Kaufvertrag – und auch dies entspricht keinesfalls üblicher Praxis – verschiedene Garantien der Verkäuferin (sh. § 4 des Kaufvertrages), die den Käufer letztlich zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigten können, sofern sich herausstellen sollte, dass der Verkäufer die Garantien nicht einhalten kann. Diese Garantien liegen außerhalb unseres Einflussbereichs; nichtsdestotrotz bewirkt deren Leistung, dass für die Gläubigerin selbst nach Durchführung des Kaufvertrages keine Sicherheit besteht, dass es nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrages kommt. Dieser Umstand stellt eine unangemessene Benachteiligung der Gläubigerin dar.
713. Nicht zuletzt weisen wir darauf hin, dass die Eigentümerin uns im Vorfeld der Versteigerung seit März 2010 bis kurz vor dem Zwangsversteigerungstermin mitteilen ließ, dass Herr T an einem Kauf des Objektes und/oder der Forderung zum Preis von 555.000,00 Euro interessiert sei. Letztlich scheiterte der Verkauf aber immer wieder daran, dass es Herrn T. angeblich nicht gelang, die Finanzierung für den Kauf zu erhalten. Dass es Herrn T. nun, unmittelbar vor der Entscheidung über den Zuschlag, gelungen sein soll, sogar eine Finanzierungszusage über einen deutlich höheren Betrag zu erhalten, lässt bei uns den Eindruck entstehen, dass er sich entweder im Vorfeld nicht ausreichend hierum bemüht hat, oder aber, dass hiermit lediglich eine Verzögerung des Verfahrens bezweckt werden soll. Weitere Verzögerungen sind der Gläubigerin jedoch im Hinblick auf eine fast dreijährige Laufzeit des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht mehr zuzumuten."
72Gem. § 765a Abs. 1 ZPO kann auf Antrag des Schuldners das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
73§ 765a ZPO greift in den Fällen ein, in denen eine Vollstreckungsmaßnahme wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht mehr vereinbar ist. Diese Vorschrift stellt eine Ausnahmevorschrift dar, die eng auszulegen ist (BGHZ 44, 138, 143; 161, 371, 374). Es handelt sich hier um eine allgemeine Schutzvorschrift, die auch als Generalklausel des Schuldnerschutzes bezeichnet wird. Mit der Zwangsvollstreckung regelmäßig verbundene Nachteile rechtfertigen die Anwendung des § 765a ZPO nicht. Nur bei einem völlig untragbaren Ergebnis soll dem Schuldner die Möglichkeit gegeben werden, die Einstellung oder Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme zu erreichen. Sittenwidrigkeit liegt erst dann vor, wenn die Anwendung des übrigen Gesetzes zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde (BGH WoM 10, 251, Hamm Rpfleger 02,39). Über den – letztlich gesetzlichen – Grundsatz des schutzwürdigen Vollstreckungsinteresses aus einem Titel hinaus müssen im Verfahren nach § 765a ZPO in erster Linie die Gläubigerinteressen gewürdigt werden; nur bei krassem Missverhältnis der für und gegen die Vollstreckung sprechenden Interessen beider Seiten kommt eine Einstellung in Frage.
74Die Vorschrift ist nur anzuwenden, wenn die Gesetzesanwendung zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde, nur wenn die dem Schuldner durch die Vollstreckungsmaßnahme drohenden Nachteile schlechthin dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechen; sie muss also derartig sein, dass sie als sittenwidrig nicht mehr in Kauf genommen werden kann. Selbst in Fällen, in denen der Schuldner vorträgt, "eine Versteigerung mit anschließender Räumung sei vom beruflichen Gesichtspunkt her existenzgefährdend, und sie würde dazu führen, dass er auf die Straße gesetzt werde mit seinen Restschulden" sind zurückzuweisen. Jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme führt zu Härten, und die eben genannten Folgen sind keine so schwerwiegenden Härten, die sich der Schuldner nicht gefallen lassen muss; vgl. Rpfleger 1990, 174.
75§ 765a ZPO findet auch im Zwangsversteigerungsverfahren Anwendung. Dort kann man eine solche Untragbarkeit selbst dann noch nicht stets annehmen, wenn der Zuschlag zu einem sehr niedrigen Preis ergeht; BGH FamRZ 06, 697; Rpfleger 76, 25, Hamm NJW 76, 1755. Es kann unter anderem auch auf das bisherige Verhalten des Schuldners im Zwangsversteigerungsverfahren ankommen (LG Neubrdb Rpfleger 05, 43); vgl. auch Baumbach/Lauterbach; ZPO, 69. Auflage, 2010, Rdn. 2 und 6 zu § 765a ZPO; Prütting, ZPO, Rdn. 1 zu § 765a ZPO.
76Wie bereits angeführt, setzt § 765a Abs. 1 ZPO einen Antrag des Schuldners voraus. Soweit die Anträge vom 17.12.2010 in Ergänzung mit dem Sachvortrag vom 22.12.2010 durch den Wohnungsberechtigten Abt. II Nr. 4, Herrn D. I1. sen. gestellt worden sind, erfolgt hier eine Antragszurückweisung bereits mangels eines fehlenden Antragsrechtes. Die Antragstellung ist insoweit unzulässig.
77Aber auch im Hinblick auf die von der Schuldnerin/Eigentümerin erfolgte Antragstellung ist gem. § 765a Abs. 1 ZPO letztlich – nach Abwägung aller schutzwürdigen Interessen – ein Fall der besonderen Härte nicht gegeben. Der Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin/Eigentümerin ist insoweit als unbegründet zurückzuweisen.
78Für das Gericht ist nachvollziehbar, dass die Durchführung der Versteigerung sowie auch die Erteilung des Zuschlags an die Meistbietende für die Schuldnerin/Eigentümerin sowie auch den Wohnungsberechtigten eine Situation darstellt, die mit bedeutenden Folgen verbunden ist. Das Eigentum geht verloren und auch das im Grundbuch eingetragene Wohnungsrecht erlischt.
79Die dargestellten Rechtsverluste resultieren hier jedoch letztlich aus der Zwangsvollstreckung und den damit regelmäßig verbundenen Nachteilen. Eine Anwendung des § 765a ZPO rechtfertigen sie nicht (Prütting, ZPO, Rdn. 1 "A. Normzweck" zu § 765a ZPO). Wie bereits die Antragstellerseite richtig anführt, geht das Wohnungsrecht den für die betreibende Gläubigerin eingetragenen Rechte im Range vor. Bereits diese Rangkonstellation stellt für den Wohnungsberechtigten letztlich immer die Gefahr dar, in einem möglichen Versteigerungsverfahren einen Rechtsverlust zu erledigen. Selbst bei der Privilegierung von Rechten im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG ist ein Erlöschen ermöglicht worden, um das Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers durchzusetzen. Eine sittenwidrige Härte liegt nicht vor. Das Gericht muss die Frage der Sittenwidrigkeit nicht nur nach dem Empfinden des Betroffenen beurteilen, sondern nach einem objektiven Maßstab (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 69. Auflage, 2011, Rdn. 12 zu § 765a ZPO).
80Im Hinblick auf den Antrag vom 17.12.2010 ist anzuführen, dass hier zum einen der Forderungskauf zu einem Preis von 555.000,00 Euro und zum anderen das mögliche Erwerbsinteresse des T bzw. dessen Ehefrau anzuführen ist. Wie bereits das Versteigerungsergebnis zeigt, konnte ein erheblicher Mehrbetrag als Meistbargebot, nämlich ein Betrag von 711.500,00 Euro erzielt werden. Dieser Betrag liegt weit über dem Verkehrswert von 504.730,00 Euro. Eine Verschleuderung von Schuldnereigentum ist nicht gegeben. Die betreibende Gläubigerin wird hier in einem größeren Umfange befriedigt werden können, was letztlich auch der Schuldnerin/Eigentümerin zu Gute kommt. Allein die Kapitalbeträge der Rechte Abt. III Nr. 4 bis 11 (ohne dingliche Zinsen) stellen einen Betrag von 869.196,21 Euro dar, welcher an die betreibende Gläubigerin auszukehren ist. Wie die betreibende Gläubigerin auch im Versteigerungstermin am 17.12.2010 nochmals bestätigte, belaufen sich die zu zahlenden Verbindlichkeiten auch auf Beträge von weit über 1 Millionen Euro.
81Auch kann sich die Schuldnerin hier grundsätzlich nicht auf Interessen von Dritten bzw. nahen Angehörigen berufen. Bei dem Zuschlag auf das Gesamtausgebot GE 7 erlischt das Wohnungsrecht wie auch das Recht Abt. II Nr. 3. Das Wohnungsrecht ist auf den Vater der Eigentümerin eingetragen. Wie bereits ausgeführt, muss hier ein völlig untragbares Ergebnis für die Schuldnerin gegeben sein. Gefahr für Leib und Leben beispielsweise eines nahen Angehörigen besteht nicht (vgl. Thomas Putzo, ZPO, 30. Auflage, Rdn. 8 zu § 765a ZPO; Zöller, ZPO, 27. Auflage, Rdn. 8 zu § 765a ZPO). Zu berücksichtigen ist auch, dass das Wohnungsrecht im Grundbuch im Jahre 2003 eingetragen worden ist. Wie sich aus den Ausführungen der Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung des Objektes ergibt, erstreckt sich das Wohnungsrecht offenbar auf Räumlichkeiten im Gebäude 1a. In dem Schreiben vom 17.3.2008 (Bl. 214 d.A.) heißt es u.a., dass "das o.g. Wohnrecht wird faktisch derzeit nicht ausgeübt. Wie aus dem Gutachten hervorgeht, ist das Gebäude 1a derzeit nicht bewohnbar. Hier wären umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderlich, um das Wohnrecht ausüben zu können. Die erforderlichen Sanierungsarbeiten für das Gebäude 1a werden geschätzt auf 25 % über den Neubaukosten.". Weder Schuldnerin noch Wohnungsberechtigter sind in dem Objekt wohnhaft. Die ladungsfähige Anschrift lautet hier M-Straße, ##### X.. Ob und ggf. wann eine Fertigstellung des Objektes – auch im Falle einer Durchführung des Kaufvertrages – überhaupt erfolgen wird und eine Ausübung des Wohnungsrechtes sodann möglich ist, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Der Verlust des Wohnungsrechtes und die damit einhergehenden Nachteile für den Wohnungsberechtigten sind aus Sicht des Gerichts jedoch letztlich hier unbeachtlich, da dieser über § 765a ZPO nicht zu schützen ist und die Nachteile auch keinen Verstoß gegen die guten Sitten im Hinblick auf die Schuldnerin darstellen. Sollten hier evtl. – wie im Schreiben vom 22.12.2010 angedeutet, schadenersatzrechtliche Ansprüche wegen Nichterfüllens des Vaters gegen die Eigentümerin bestehen, so sind selbst diese Aspekte im Hinblick auf § 765a Abs. 1 ZPO nicht beachtlich. Vielmehr stellt dies ggf. die Folge einer schuldrechtlich eingegangenen aber nicht erfüllten Verpflichtung dar.
82Über § 765a Abs. 1 ZPO ist letztlich auch nicht das Interesse der Schuldnerin dahingehend zu schützen, dass das Objekt ggf. bei Abwicklung des Kaufvertrages im "Familienbesitz" verbleiben kann. Bei Frau Y. handelt es sich offenbar um die Schwester der Eigentümerin; Herr T ist offenbar der Lebensgefährte von Frau Y. Käufer und Verkäufer sind jeweils unter der gleichen Anschrift, nämlich M-Straße, ##### X. wohnhaft.
83Herr T war im Versteigerungstermin am 17.12.2010 auch anwesend und hätte die Gelegenheit gehabt, im Rahmen der Versteigerung sein Biet- und Erwerbsinteresse kundzutun. Zwar hat Herr T. ein Gebot über 555.000,00 Euro abgegeben. Dieses Gebot musste jedoch aufgrund nicht erbrachter Sicherheitsleistung gem. §§ 70 Abs. 2, 71 ZVG zurückgewiesen werden.
84Insoweit ist zu erwähnen, dass Herr D. I1. bereits mehrmals vor dem Versteigerungstermin sich immer wieder nach der Anzahl möglicher Interessenten und den Modalitäten der Sicherheitsleistung erkundigt hatte. Herr D. I1. gab an, dass ggf. er oder ein Bekannter evtl. mitbieten wolle. Auf konkrete Nachfrage wurde auf die gesetzlichen Gegebenheiten bei der Sicherheitsleistung hingewiesen. Es wurde sogar noch auf die Möglichkeit der Beantragung erhöhter Sicherheitsleistung hingewiesen, wenn die Schuldnerin selbst bieten wolle. Ihm wurde der Rat erteilt, hier nochmals mit seinem Anwalt zu sprechen. Es ist also fraglich, ob das Erwerbsinteresse des Herrn T zumindest im Versteigerungstermin am 17.12.2010 überhaupt bestand, wenn dieser es offenbar versäumt hat, die notwendige Sicherheitsleistung zum Termin mitzubringen. Nach Auffassung des Gerichts konnte nicht davon ausgegangen werden, dass eine Gebotsabgabe ohne Antrag auf Sicherheitsleistung erfolgt. Auch konnte nicht davon ausgegangen werden, dass aufgrund der gestellten Anträge gem. § 765a ZPO die Versteigerung am 17.12.2010 unmittelbar eingestellt wird. Die Zurückweisung des Gebotes ergibt sich letztlich aus den gesetzlichen Regelungen zum Versteigerungsrecht.
85Auch die Vorlage des Kaufvertrages rechtfertigt nach Ansicht des Gerichts die Gewährung von Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO nicht. Ein Fall der sittenwidrigen Härte liegt nicht vor. Laut Kaufvertrag ist hier als zu zahlender Kaufpreis das Meistbargebot von 711.500,00 Euro vereinbart worden. Wie auch im Falle der Abwicklung des Zwangsversteigerungsverfahrens kann hier die betreibende Gläubigerin letztlich den vorgenannten Betrag nach Abzug der Gerichtskosten zur Schuldentilgung vereinnahmen. Das Bestehenbleiben der Rechte Abt. II Nr. 3 und Abt. II Nr. 4 ist zwar hier ggf. für die Berechtigten dieser Rechte günstig; die Vorschrift des § 765a ZPO hat jedoch nicht die Interessen von Dritten zu schützen. Soweit die Rechte Abt. III Nr. 16 bis 22 übernommen werden sollen, erfolgt dies zunächst zur dinglichen Mithaft (ohne persönliche Schuldübernahme). Eine Löschung der Rechte soll ggf. zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die Schuldnerin erlangt hierdurch keinen besonderen Vorteil bzw. eine wesentliche Besserstellung; insbesondere bleiben die bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber den jeweiligen Gläubigern bestehen.
86Wie auch bereits aus der Stellungnahme der betreibenden Gläubigerin vom 23.12.2010 ersichtlich, bestehen erhebliche Zweifel an der Abwicklungsfähigkeit des beurkundeten Kaufvertrages. Die unwiderrufliche Finanzierungsbestätigung ist auf die Erwerber gerichtet und beläuft sich auf 555.000,00 Euro. Der restliche Kaufpreis ist ungesichert. Auch besteht letztlich keine Garantie dafür, dass der Kaufvertrag wirklich in der dargestellten Form zeitnah abgewickelt werden kann. Insbesondere auch die Übernahme der Wohnungsrechts-Vereinbarung sowie auch die dingliche Übernahme der Rechte in Abt. III dürfte hier die Durchführbarkeit des Kaufvertrages und die Finanzierungsmöglichkeit noch erschweren. Auch ist hier im Rahmen der Würdigung der Gläubigerinteressen das Verhalten der Schuldnerseite zu berücksichtigen. Offenbar wurde der Gläubigerseite bereits seit März 2010 das Interesse des Erwerbs des Objektes bzw. der Forderungen durch Herrn T vorgetragen, ohne dass es zu einem konkreten Abschluss kam.
87Eine einstweilige Einstellung des Verfahrens im Rahmen der Gewährung von Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO hätte gleichzeitig die Zuschlagsversagung zur Folge. Sollte letztlich eine Durchführung des Kaufvertrages nicht abschließend oder in der dargestellten Art und Weise kurzfristig erfolgen, wäre ein erneuter Versteigerungstermin durchzuführen. Ob nochmals ein erheblich über dem Verkehrswert liegendes Meistbargebot erzielt werden kann, steht nicht fest. Auch ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren nunmehr bereits seit 3 Jahren anhängig ist. Auch wenn die betreibende Gläubigerin ggf. aus dem laufenden Zwangsverwaltungsverfahren noch Einnahmen erzielen könnte, stünde eine weitere Einstellung des Verfahrens dem Recht auf möglichst vollumfängliche und zeitnahe Befriedigung der Gläubigerin entgegen.
88Das Gericht hat daher die Anträge auf Vollstreckungsschutz gem. § 765a Abs. 1 ZPO vom 17.12.2010 sowie in Verbindung mit dem Schreiben vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts ist die Zuschlagserteilung – auch unter Würdigung der Schuldner- und Gläubigerinteressen – gerechtfertigt. Auf Seiten der Schuldnerin sind keine besonderen Umstände im Sinne von § 765a Abs. 1 ZPO gegeben, die eine sittenwidrige Härte insoweit darstellen. Eine Verschleuderung von Schuldnereigentum oder aber ein krasses Missverhältnis zwischen dem Wert des Objektes und dem Meistgebot ist nicht gegeben.
89Auch im Hinblick auf die mit Datum vom 23.12.2010 vor dem Zuschlagsverkündungstermin eingereichten Anträge auf einstweilige Einstellung durch das Vollstreckungsgericht im Rahmen von § 769 Abs. 2 ZPO sind keine Zuschlagsversagungsgründe ersichtlich. Den Anträgen gem. § 769 Abs. 2 ZPO konnte nicht stattgegeben werden. Auch Zuschlagsversagungsgründe, wie von der Antragstellerin vorgetragen, liegen aus Sicht des Gerichts nicht vor. Das Versteigerungsverfahren wurde von der E GmbH aus den Rechten Abt. III Nr. 4, 5, 6, 7 und 8 betrieben. Eine andere betreibende Gläubigerin ist nicht gegeben. Für die Aufstellung insbesondere auch des Geringsten Gebots war hier die betreibende Gläubigerin maßgeblich.
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