Urteil vom Amtsgericht Münster - 140 C 1740/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin begehrt von dem Beklagten den Ausgleich von Rechnungen sowie Schadensersatz.
3Die Klägerin ist Betreiberin des Mobilfunknetzes C. Am 19.03.2012 besuchte der Beklagte den Shop der Klägerin in der X in N auf. Der Beklagte schloss mit der Klägerin zwei Mobilfunkverträge mit einer Mindestlaufzeit von jeweils 24 Monaten. Bei den Mobilfunkverträgen handelte es sich zum einen um den Tarif „W T1 mit Handy“ zu einem monatlichen Basispreis von 50,38 € netto, für den die Klägerin die Rufnummer XXX vergab, und zum anderen um den Tarif „W T1 im W Vorteil mit Handy“ zu einem monatlichen Basispreis von 29,37 € netto, für den die Klägerin die Rufnummer XXXXX vergab. Eine Belehrung über ein Widerrufsrecht enthielten die Mobilfunkverträge nicht.
4Am 19.03.2012 erhielt der Beklagte von dem Mitarbeiter der Klägerin in dem Shop ein Handy der Marke T mit SIM-Karte. Die Übergabe dieser beiden Produkte bestätigte der Mitarbeiter der Klägerin schriftlich mit Schreiben vom 25.06.2012 (Anlage B1, Bl. 83 d.A.). Ausweislich der Rechnung vom 19.03.2012 (Anlage B1, Bl. 135 d.A.) veräußerte die Klägerin das Handy der Marke T an den Beklagten zu der Rufnummer XXXXX zu einem Preis von 9,95 €, während sie dieses Handy ohne Abschluss eines Kartenvertrages zu einem Listenpreis von 369,90 € führt. Ausweislich der Rechnung vom 20.03.2012 (Anlage B3, Bl. 137 d.A.) veräußerte die Klägerin ein Handy Fan den Beklagten, wobei die Übergabe dieses Handys zwischen den Parteien streitig ist, zu der Rufnummer XXX zu einem Preis von 539,90 €, wobei von diesem Betrag ein Betrag von 360,00 € durch 24 Monatsraten zu je 15,00 € zu begleichen waren, die jedoch direkt von der Klägerin durch eine Gutschrift von 15,00 € pro Monat wieder rückvergütet wurden, und nur ein Betrag von 179,90 € direkt zu zahlen war. Ausweislich der Rechnung vom 20.03.2012 betrug der Listenpreis des F ohne Abschluss eines Kartenvertrages xxxx €.
5Die Klägerin rechnete in der Folgezeit über beide Mobilfunkverträge monatlich durch Erstellung einer gemeinsamen Rechnung beginnend mit einer Rechnung vom 25.04.2012 ab. Der Beklagte leistete auf die durch die Klägerin erteilten Rechnungen keine Zahlungen. Daraufhin kündigte die Klägerin am 03.12.2012 die Mobilfunkverträge und stellte dem Beklagten mit ihrer letzten Rechnung vom 02.01.2013 unter anderem 1.172,26 € Schadensersatz in Rechnung. Nachdem der Beklagte auch auf vorgerichtliche Mahnungen keine Zahlungen leistete, schaltete sie ein Inkassounternehmen zur Beitreibung ihrer geltend gemachten Forderung ein und leitete schließlich ein Mahnverfahren ein.
6Die Rechnungen von April 2012 bis Januar 2013 verhielten sich über die monatlichen Basispreise der beiden Mobilfunkverträge, einem Betrag von 15,00 € netto unter der Bezeichnung „Ratenzahlung Hardware-Kauf“, etwaigen nutzungsabhängigen Kosten sowie über sonstige Kosten und Gutschriften. Ausweislich der jeweiligen Anlagen zu den Rechnungen vom 25.04.2012, 25.05.2012 und 27.06.2012 nutzte der Beklagte in diesen Monaten den Mobilfunkvertrag zu der Rufnummer XXX (Tarif „T1 mit Handy“; abgekürzt mit „DFG“), so dass insoweit in diesen Monaten nutzungsabhängige Kosten anfielen.
7Mit Schreiben vom 28.06.2012 wandte sich der Beklagte an die Klägerin und bat um Klärung der Vertragsdetails. In diesem Schreiben gab der Beklagte unter anderem an, dass ihm am 19.03.2012 das Produkt „T1 im W Vorteil mit Handy“ verkauft worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom 28.06.2012, Anlage B2, Bl. 84 d.A., Bezug genommen.
8Da eine Reaktion auf das Schreiben des Beklagten vom 28.06.2012 durch die Klägerin ausblieb, wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 12.07.2012 an die Klägerin. Darauf reagierte die Klägerin mit Schreiben vom 18.07.2012 und teilte mit, der Beklagte habe sich am 19.03.2012 nur für ein Endgerät, nämlich das T zu der Rufnummer XXXXX entscheiden können. Ein weiteres Handy, ein F für die Rufnummer XXX habe der Beklagte einen Tag später, am 20.03.2012, erworben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom 18.07.2012, Anlage B2, Bl. 136 d.A., Bezug genommen.
9Mit Schriftsatz vom 11.04.2014, bei Gericht als Faxschreiben am selben Tag eingegangen, erklärte der Beklagte den Widerruf beider Mobilfunkverträge.
10Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe am 20.03.2012 ein weiteres Handy und eine weitere SIM-Karte zu der Rufnummer XXXX abgeholt. Die Übergabe eines F sei dabei nicht geschuldet gewesen. Sie ist der Ansicht, sie habe ihre vertraglichen Leistungen damit ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht. Auch der von ihr geltend gemachte Schadensersatz stehe ihr zu. Die Höhe ergebe sich aus einer Multiplikation des vereinbarten Basispreises mit der 15-monatigen Restlaufzeit unter Abzinsung in Höhe von 3 Prozent. Auch habe sie neben dem ersparten Aufwand für die Rechnungsversendung keine weiteren ersparten Aufwendungen, da sie ihr Mobilfunknetz weiterhin aufrechterhalten müsse und allein durch den Umstand, dass ein einzelner Kunde ihr Mobilfunknetz nicht nutze, keine Aufwendungen erspare.
11Sie ist weiter der Ansicht, dem Beklagten stehe ein Recht zum Widerruf nicht zu, da es sich weder um ein verbundenes Geschäft noch um eine sonstige Finanzierungshilfe handele. Die Mobilfunkverträge stünden in keinerlei Bezug zu den Kaufverträgen über die Mobilfunkgeräte. Allein aus dem Umstand, dass beide Verträge am gleichen Ort und in zeitlicher Nähe geschlossen wurden, genüge für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht.
12Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.072,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2013 sowie außergerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 €, Inkassokosten in Höhe von 261,50 €, Kontoführungsgebühren von 7,00 € und Auskunftskosten in Höhe von 1,30 € zu zahlen. Nachdem das Gericht in der Verfügung zur Einleitung des schriftlichen Vorverfahrens vom 10.12.2013 die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass Bedenken gegen die geltend gemachten Nebenforderung mit Ausnahme der Zinsforderung bestehen, hat die Klägerin die Klage bezüglich der Kontoführungsgebühren und der Auskunftskosten zurückgenommen und die Geltendmachung der Inkassokosten auf einen Betrag von 185,69 € reduziert.
13Die Klägerin beantragt nunmehr,
14den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.072,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2013 sowie außergerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 € und Inkassokosten in Höhe von 185,69 € zu zahlen.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er behauptet, er habe kurz vor dem Besuch des Shops der Klägerin am 19.03.2012 erhebliche Mengen an Betäubungsmitteln in Form von Heroin und Alkohol konsumiert. Während des Aufenthalts in dem Shop der Klägerin habe er derart unter dem Einfluss dieser Mittel gestanden, dass er wiederholt eingeschlafen sei. Die ihn begleitende Zeugin L habe den Verkäufer auf diesen Umstand und auf den Umstand, dass er es mit dem Vertragsabschluss nicht ernst meine, wiederholt hingewiesen. Nach Unterzeichnung der Mobilfunkverträge habe der Mitarbeiter der Klägerin ihm ein Handy der Marke T mit einer SIM-Karte ausgehändigt. Ein weiteres Handy bzw. eine weitere SIM-Karte sei ihm nicht ausgehändigt worden.
18Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass er neben dem Produkt „T1 im W Vorteil mit Handy“ weitere Produkte bei der Klägerin bestellt bzw. erhalten habe.
19Er ist der Ansicht, er habe sich zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge in einem geschäftsunfähigen Zustand befunden. Dazu behauptet er, der Mitarbeiter der Klägerin habe dies aufgrund des Umstandes, dass er wiederholt im Ladenlokal einschlief, erkennen können.
20Der Beklagte ist weiter der Ansicht, der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatz sei in seiner Berechnung unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Dies folge unter anderem daraus, dass die Klägerin ihre ersparten Aufwendungen nicht ausreichend dargelegt habe. Auch die geltend gemachten Nebenforderungen schulde er nicht. Insbesondere habe er bereits außergerichtlich mitgeteilt, er werde die Forderungen nicht begleichen, so dass die Beauftragung eines Inkassounternehmens einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstelle.
21Der Beklagte ist schließlich der Ansicht, ihm stehe ein Widerrufsrecht zu, da es sich bei den Mobilfunkverträgen um sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen handele. Ein Widerruf der Verträge sei auch trotz der bereits durch die Klägerin erfolgten Kündigung der Verträge möglich.
22In der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 rügte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die ordnungsgemäße Unterbevollmächtigung des für die Klägerin erschienenen Rechtsanwalts.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Die zulässige Klage ist unbegründet.
26I.
27Die Klägerin war in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 ordnungsgemäß durch den Unterbevollmächtigten vertreten. Anhaltspunkte einer nicht ordnungsgemäßen Unterbevollmächtigung liegen nicht vor. Aus der im Original in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 vorgelegten und als Anlage zum Protokoll (Bl. 143 d.A.) genommenen Vollmacht geht hervor, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die T2 Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die Rechtsanwaltskanzlei B aus N im Auftrag und im Namen der Klägerin für das vorliegende Verfahren unter Nennung der Parteien und des Aktenzeichens Vollmacht erteilt hat. Die vom 08.04.2014 datierte Vollmacht ist zudem durch eigenhändige Namensunterschrift des Herrn Rechtsanwalt E von der T2 Rechtsanwaltsgesellschaft mbH unterzeichnet.
28II.
29Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 2.072,17 € aus den Mobilfunkverträgen gemäß § 611 BGB. Denn der Beklagte hat die geschlossenen Mobilfunkverträge wirksam gemäß §§ 506 Abs. 1, 495, 355 BGB widerrufen.
30Dem Beklagten stand ein Widerrufsrecht nach §§ 506 Abs. 1, 495, 355 BGB zu. Bei den abgeschlossenen Mobilfunkverträgen handelt es sich um sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen nach § 506 Abs. 1 BGB. Sonstige Finanzierungshilfen sind Verträge, durch die es dem Verbraucher ermöglicht wird, das Entgelt für den Erwerb von Sachen und Rechten oder den Empfang von Dienstleistungen leichter, insbesondere früher aufzubringen oder die Leistung eher zu erhalten (Palandt/Weidenkaff, 71. Aufl., Vorb. v. § 506 BGB, Rn. 5). Wenn der Kauf eines Mobilfunkgerätes in der Form subventioniert wird, dass der Kaufpreis sich bei gleichzeitigem Abschluss eines Mobilfunkvertrages deutlich Verringert, liegen diese Voraussetzungen vor (LG Lüneburg, Hinweisbeschluss v. 13.01.2011, - 2 S 86/10 -, MMR 2011, 735). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Preisreduktion für die Mobilfunkgeräte bei gleichzeitigem Abschluss eines Kartenvertrages gewährte dem Beklagten als Verbraucher eine Kaufkraft, die ihm nachträglich in Form der in den laufzeitgebundenen Mobilfunkverträgen und den darin enthaltenen Gebühren wieder entzogen wird (vgl. AG Dortmund, Urt. v. 13.10.2010, - 417 C 3787/10 -, MMR 2011, 67). Dies folgt daraus, dass der Beklagte bei gleichzeitigem Abschluss der laufzeitgebundenen Kartenverträge (Mobilfunkverträge) zu den jeweiligen Mobilfunkverträgen ein Handy zu einem Preis erwerben konnte, der deutlich unter dem von der Klägerin selbst angegebenen Listenpreis lag. Aus den durch den Beklagten vorgelegten Rechnungen vom 19.03.2012 und vom 20.03.2012 geht hervor, dass der Beklagte das Handy der Marke T zu einem Preis von 9,95 € erwerben konnte, das die Klägerin im Übrigen mit einem Listenpreis von 369,90 € führt. Auch das F war für einen Preis von 539,90 € bzw. unter Berücksichtigung der Ratenzahlung von 15,00 € für 24 Monaten für einen Preis von 179,90 € im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mobilfunkvertrages erhältlich, während es von der Klägerin im Übrigen mit einem Listenpreis von XXXX € geführt wird. Selbst wenn es sich bei dem in der Rechnung vom 20.03.2012 aufgeführten Listenpreis von XXXX € um einen etwaigen Schreibfehler handeln sollte, so bewegt sich der Preis für das jeweils aktuellste auf dem Markt erhältliche Modell eines „B1 F“ regelmäßig in einem Preissegment von über 600,00 €.
31Da die Klägerin nach ihren eigenen Angaben auf den Rechnungen die beiden Handymodelle ohne Abschluss eines Kartenvertrages nur zu einem jeweils deutlich höherem Preis führt, darf davon ausgegangen werden, dass die in der Laufzeit des Mobilfunkvertrages vorgesehenen Nutzungsgebühren den entsprechenden Kaufpreisanteil decken, um die Vorfinanzierung des Endgerätes wieder auszugleichen (vgl. AG Dortmund und LG Lüneburg a.a.O.). Dies führt auch zu der Annahme einer Entgeltlichkeit der Finanzierungshilfe. Hierbei ist vorliegend zudem zu berücksichtigen, dass sich bereits aus der Bezeichnung der Tarife der beiden Mobilfunkverträge „W T1 mit Handy“ und „W T1 im W Vorteil mit Handy“ ergibt, dass bei Abschluss von Mobilfunkverträgen mit diesen Tarifen jeweils ein Handy enthalten ist, so dass weiter davon ausgegangen werden darf, dass die Finanzierung des Restkaufpreises in der Gebührenkalkulation der jeweiligen Tarife enthalten ist (so auch AG Dortmund a.a.O.).
32Auch die Bagatellgrenze von 200,00 € nach §§ 491 Abs. 2 Nr. 1, 506 Abs. 4 BGB wird vorliegend überschritten. Der maßgebliche Nettofinanzierungsbetrag entspricht der eigentlichen Preisreduktion, d.h. der Differenz zwischen dem Betrag, den der Kunde für das Mobilfunkgeräte ohne Abschluss eines Mobilfunkvertrages hätte zahlen müssen, und dem Betrag, der tatsächlich gezahlt worden ist. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträge liegt bei beiden Mobilfunkgeräten über 200,00 €. Denn bei dem T ergibt sich ein Differenzbetrag von 359,95 € und bei dem F ergibt selbst bei Annahme eines Wertes eines neuwertigen F von über 600,00 € (und nicht von XXXX €) ebenfalls ein Differenzbetrag von über 200,00 €, da das F ausweislich der Rechnung der Klägerin letztlich zu einem Preis von 179,90 € erworben wurde.
33Die Widerrufserklärung war nicht an eine Widerrufsfrist gebunden, § 355 Abs. 3 und 4 BGB, da es an einer entsprechenden Widerrufsbelehrung fehlte.
34Auch war der Widerruf trotz der bereits erfolgten Kündigung der Mobilfunkverträge durch die Klägerin noch möglich. Bei den Vorschriften der § 506 BGB i.V.m. §§ 491a bis 502 BGB sowie § 355 BGB handelt es sich um Vorschriften, die vordringlich dem Schutz des Verbrauchers dienen. Dieser Schutz des Verbrauchers rechtfertigt es, ihm ein Widerrufsrecht auch noch nach Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer zukommen zu lassen (vgl. etwa zu Bankgeschäften: BGH, Urt. v. 15.12.2009, - XI ZR 45/09 -, - zitiert nach juris).
35Der durch den Beklagten erklärte Widerruf der abgeschlossenen Mobilfunkverträge führt dazu, dass der Beklagte auch an die abgeschlossenen Kaufverträge nicht mehr gebunden ist. Denn beide Verträge bilden eine wirtschaftliche Einheit nach § 358 Abs. 1, 3 BGB. Eine Aufteilung in zwei isoliert zu betrachtende Teil, Mobilfunkverträge und Kaufverträge, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sprechen die Umstände gerade für eine Einheit der Mobilfunkverträge und Kaufverträge. Zwar ergibt sich eine Einheit nicht schon alleine aus dem Umstand, dass die Verträge am gleichen Ort und in zeitlicher Nähe geschlossen wurden. Die weiteren Umstände sprechen jedoch für eine Einheit. So ergibt sich schon aus der Tarifbezeichnung, dass es sich um Tarife „mit Handy“ handelt. Des Weiteren können die Kaufverträge vom 19.03.12 und 20.03.12 durch die Nennung des Kaufpreises mit Abschluss eines Kartenvertrag im Gegensatz zum Kaufpreis ohne Abschluss eines Kartenvertrages (Listenpreis) nur dahingehend verstanden werden, dass der niedrigere Kaufpreis nur in Zusammenhang mit dem Abschuss des Kartenvertrages gewährt wird. Schließlich enthalten auch die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen (Anlage K3 – K11), die sich über die Abrechnung der Mobilfunkleistungen verhalten, eine Position „Ratenzahlung Hardware-Kauf“ zu 15,00 € netto.
36Durch den Widerruf des Mobilfunkverträge, der sich nach § 358 BGB auch auf die Kaufverträge auswirkt, wandelt sich das Vertragsverhältnis der Parteien gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis. Nach § 346 BGB sind grundsätzlich die empfangenen Leistungen zurückzugewähren bzw. entsprechender Wertersatz zu leisten. Eine entsprechende Rückabwicklung, etwa die Rückgabe des Handys T und die Zahlung entsprechenden Wertersatzes für die Nutzung des Handys, kam hier jedoch nicht in Betracht, da dies von der Klägerin nicht beantragt worden ist (§ 308 ZPO). Darüber hinaus fehlt seitens der Klägerin entsprechender Vortrag zu der Höhe etwaigen Wert- und Nutzungsersatzes nach §§ 346, 347 BGB. Das Gericht musste den Parteien auch zu der Frage des Bestehens des Widerrufsrechts und der möglichen Rechtsfolgen keine weiteren Hinweise nach § 139 ZPO erteilen. Nach § 139 Abs. 2 ZPO darf das Gericht seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Diese Hinweispflicht dient vor allem der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisiert damit den Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. Greger in Zöller, 28. Aufl., § 139 ZPO Rn. 5 m.w.N.). Da die Frage des Widerrufsrechts des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2014 erörtert worden war und die Klägerin auf den Schriftsatz vom 11.04.2014, in dem der Beklagte den Widerruf der Verträge erklärte, eine Stellungnahmefrist von 3 Wochen gewährt worden war, war der Gesichtspunkt eines Widerrufs erörtert worden. Zudem hatte die Klägerin Gelegenheit zur Äußerung, die diese mit Schriftsatz vom 08.05.2014 auch wahrnahm, erhalten. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 19.05.2014 enthielt keinen neuen, entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag. Den Vortrag des Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.04.2014 hat die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 08.05.2014 berücksichtigt und damit rechtliches Gehör erhalten.
37Da der Beklagte die Mobilfunkverträge wirksam widerrufen hat, war die Frage der von ihm behaupteten Geschäftsunfähigkeit bei Abschluss der Verträge sowie die Frage der Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzes nicht mehr erheblich.
38III.
39Mangels Bestehen der Hauptforderung bestehen auch die Nebenforderungen, §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB, nicht.
40IV.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
42Rechtsbehelfsbelehrung:
43Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
44a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
45b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
46Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
47Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen.
48Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
49Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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