Urteil vom Amtsgericht Neuss - 30 C 147/90
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4.
Streitwert: 6.585,60 DM
1
Tatbestand:
2Die Beklagten haben von der Klägerin die Wohnung in O angemietet.
3Mietvertraglich ist vereinbart, dass die Monatsmiete jeweils im voraus, spätestens bis zum 3. Werktag des laufenden Monats zu zahlen ist.
4Die Beklagten zahlen die Mieten seit Mai 1989 mit nicht unerheblichen Verzögerungen; letztere erreichen teilweise die Dauer von bis zu einem Monat.
5Mit Schreiben vom 01.02.1990 wurden die Beklagten durch die Klägerin aufgefordert, sich künftig vertragsgetreu zu verhalten und für eine rechtzeitige Mietzahlung zu sorgen. Gleichzeitig wurden die Beklagten darauf hingewiesen, dass ständige und wiederholte verspätete Zahlungen die Kündigung rechtfertigen können.
6Nachdem die Februar-Miete bis zum 14.02.1990 nicht gezahlt war, hat die Klägerin mit Schreiben dieses Datums das Mietverhältnis fristlos gekündigt.
7Die Klägerin beantragt,
8die Beklagten zu verurteilen, die im Erdgeschoss des Hauses..... in O rechts gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Y, Küche, Diele, Bad, Abstellraum, Loggia und Kellerraum zu räumen und ordnungsgemäß an die Klägerin herauszugeben.
9Die Beklagten beantragen,
10die Klage abzuweisen.
11Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13Die Klage war mangels eines Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagten abzuweisen.
14Die Kündigung der Klägerin vom 14.02.1990 ist unwirksam. Zwar ist anerkannt, dass ständige verspätete Mietzinszahlungen durch einen Mieter dem Vermieter ein Recht zu fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund geben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Mieter vor Erklärung der Kündigung ordnungsgemäß abgemahnt und dass ihm Gelegenheit gegeben worden ist, sein zukünftiges Verhalten betreffend die Mietzinszahlungen an den mietvertraglichen Vereinbarungen auszurichten (vgl. Palandt, 48. Aufl., § 545 a, Anm. 3 b; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Abschnitt IV, Randnummer 393). Dabei muss zwischen der Abmahnung und der Kündigung ein im Verhältnis zum Mietvertragsverstoß zu sehender ausreichender Zeitraum liegen, um dem Mieter eine tatsächliche Gelegenheit zu geben, sein vertragswidriges Verhalten zu beenden (vgl. Sternel, aaO, Randnummer 394). Eine solche ausreichende Frist ist im vorliegenden Falle mit den 14 Tagen, die zwischen Abmahnung und Kündigungserklärung liegen, nicht gewahrt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das Schreiben vom 01.02.1990 keine Fristsetzung oder auch nur eine grobe Angabe der Klägerin enthält, innerhalb welchen Zeitraums die Klägerin eine Veränderung des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten erwartete. Auch die sonstige Formulierung des Schreibens vom 01.02.1990 - die Beklagten werden aufgefordert, sich künftig vertragsgetreu zu verhalten und für eine rechtzeitige Mietzahlung T zu tragen - konnte bei den Beklagten nicht den Eindruck erwecken, dass die Sache aus Sicht der Klägerin von besonderer Brisanz war, zumal die Klägerin vorher ca. 9 Monate die verspäteten Mietzinszahlungen unbeanstandet gelassen hatte. Der Klägerin war zudem aus Vorprozessen bekannt, dass die Einkommens- und Vermögenslage der Beklagten nicht zum besten bestellt ist; angesichts dieses Umstandes konnte die Klägerin selbst nicht davon ausgehen, dass es den Beklagten möglich sein würde, innerhalb weniger Tage zu einer pünktlichen Zahlungsweise überzugehen. Es durfte schließlich nicht verkannt werden, dass es sich auch bei ständigen verspäteten Mietzinszahlungen zunächst nicht um einen Vorgang handelt, der die Interessen der Vermieterseite über die entstehenden Zinsverluste und den etwas erhöhten Verwaltungsaufwand hinaus in einer solch erheblichen Weise beeinträchtigt, dass eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt wäre. Vielmehr ist ein erhebliches Interesse erst dann zu bejahen, wenn der Vermieter trotz ordnungsgemäßer Abmahnung und ausreichender Frist schuldhaft sein vertragswidriges Verhalten fortsetzt (Sternel, aaO, Randnummer 526).
15Danach ist die Frist von 14 Tagen zwischen Abmahnung und Kündigungserklärung als nicht ausreichend anzusehen, zumal Umstände wie Postlaufzeiten, Schritte zur Geldbeschaffung und Überweisungsdauer berücksichtigt werden müssen.
16Da es somit an einer schuldhaften Fortsetzung der Vertragswidrigkeit auf Seiten der Beklagten fehlt, ist die Kündigung der Klägerin vom 14.02.1990 unwirksam.
17Soweit die Klägerin mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25.05.1990 das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Mietrückstand von mehr als zwei Monatsmieten gekündigt hat, konnte dies gem. § 296 a ZPO nicht berücksichtigt werden. Der Schriftsatz war der Klägerin im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagten vom 15.05.1990 vorbehalten worden. Letzterer enthält keinerlei Hinweise auf bestehende Mietrückstände. Die Behauptung der Klägerin, dass nunmehr mehr als zwei Monatsmieten in Rückstand seien, ist somit neues Vorbringen, welches mit den Ausführungen der Beklagten nicht in direktem Zusammenhang steht. Der Klägerin war auch ohne weiteres möglich, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 16.05.1990 zum vermeintlich bestehenden Mietrückstand vorzutragen, da zwischen dem 16.05.1990 und dem Datum des Schriftsatzes vom 25.05.1990 ein weiterer Mietfälligkeitszeitpunkt nicht liegt und der Mietrückstand, seine Richtigkeit vorausgesetzt, schon am 16.05.1990 bestanden haben muss. Der Klägerin war es daher ohne weiteres möglich, sich über den Mietrückstand und eine vorsorglich erneut ausgesprochene fristlose Kündigung im Termin vom 16.05.1990 zu äußern. Da dies nicht geschehen ist, konnte dieses Vorbringen gem. § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.
18Die Klage war somit abzuweisen.
19Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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