Urteil vom Amtsgericht Neuss - 36 C 122/91
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 878,00 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.200,00 DM für die Z eit vom 15.02.1987 bis 10.05.1991, von 200,00 DM ab 11.05.1991 und von weiteren 678,00 DM seit dem 16.02.1991 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Mit Mietvertrag vom 04.02.1987, auf den im einzelnen verwiesen wird (Hülle Blatt 32 d.A.), mietete die Klägerin von dem Rechtsvorgänger des Beklagten eine Wohnung im I2 in O.
3Die Klägerin leistete bei Vertragsschluss eine Kaution in Höhe von 1.200,00 DM, die entsprechend den Vereinbarungen der Parteien mit 4 % zu verzinsen war.
4Der Beklagte hat das Grundstück 1988 erworben.
5Das Mietverhältnis endete zum 31.10.1990.
6Die Heiz- und Nebenkostenabrechnungen des Beklagten ergaben zugunsten der Klägerin für die Abrechnungszeiträume 1987 und 1988 ein Guthaben in Höhe von 764,01 DM.
7Die unter dem 29.04.1991 erstellte Heiz- und Nebenkostenabrechnung wies ein Guthaben der Klägerin von 521,05 DM aus.
8Unter dem 29.04.1991 erteilte der Beklagte der Klägerin die Abrechnung über die geleistete Kaution und übersandte ihren Prozessbevollmächtigten einen Scheck über 1.526,06 DM.
9Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin aus den Gründen des Schriftsatzes vom 06.06.1991, auf den im einzelnen verwiesen wird (Blatt 38 ff d.A.), von dem Beklagten die Zahlung weiterer 878,00 DM.
10Die Klägerin beantragt,
111.
12den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.404,06 DM abzüglich am 10.05.1991 gezahlter 1.526,06 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.200,00 DM für die Zeit vom 15.02.1987 bis 10.05.1991 und 4 % Zinsen aus 764,01 DM seit dem 16.02.1991 sowie 4 % Zinsen von weiteren 440,05 DM seit dem 13.06.1991 zu zahlen,
132.
14den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Wohnung im Erdgeschoss des I-Straße, 4040 O, bestehend aus zwei Y, Küche, Diele und einem Kellerraum, eine ordnungsgemäße Heizungs- und Nebenkostenabrechnung für die Zeit vom 01.01.1990 bis 31.10.1990 zu erteilen,
153.
16den Beklagten zu verurteilen, das sich aus der Abrechnung ergebende Guthaben an sie zu zahlen.
17Der Beklagte erklärt die Hauptsache in Höhe von 1.526,06 DM für erledigt und beantragt im übrigen,
18die Klage abzuweisen.
19Der Beklagte trägt vor, das Guthaben der Klägerin aus den Heiz- und Nebenkostenabrechnungen für 1987 und 1988 sei in Höhe von 678,00 DM mit der nicht gezahlten Miete für September 1989 verrechnet worden.
20Ein Einbehalt in Höhe von 200,00 DM von der Kaution sei berechtigt, weil mit Nachzahlungen in dieser Größenordnung zu rechnen sei. Die Kosten für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abwasser seien ganz erheblich gestiegen.
21Demgegenüber behauptet die Klägerin unter Vorlage eines Kontoauszuges der Stadtsparkasse O, dass die Miete für September 1989 in Höhe von 678,00 DM ihrem Konto per Dauerauftrag am 30.08.1989 belastet worden sei.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23Das Gericht hat den Beklagten-Vertreter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass zu der von der Klägerin behaupteten Zahlung der Miete für September 1989 ein weiterer Vortrag des Beklagten erforderlich sei. Der Beklagten-Vertreter hat sich dahingehend geäußert, dass keine weitere Stellungnahme abgegeben werde.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsanspruches begründet, der Anspruch auf Erteilung der Heiz- und Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 01.01. bis 31.10.1990 ist nicht fällig.
26Der Klägerin steht gegen den Beklagten gemäß § 572 BGB i.V.m. § 27 Ziffer 11 Satz 4 des schriftlichen Mietvertrages ein fälliger Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von weiteren 200,00 DM zu.
27In dieser Höhe kann sich der Beklagte wegen der noch ausstehenden Abrechnung der Heiz- und Nebenkosten für das Jahr 1990 nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters wird fällig, wenn nach Vertragsende alle Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag und seiner Beendigung, soweit sie durch die Kaution gesichert werden, erfüllt sind. Zur Feststellung dieser Voraussetzungen ist dem Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses eine angemessene Prüfungsfrist einzuräumen, die nach ständiger Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer mit sechs Monaten zu bemessen ist (LG E - 24 S 122/89, Urteil vom 27.02.1990; 24 T 116/89, Beschluss vom 09.01.1990). Zwar war diese Frist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits abgelaufen, eine Verlängerung der Abrechnungsfrist kommt aber entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Blank, PiG 28, S. 131, 141; F-Sonnenschein, Miete-Handkommentar, 5. Aufl., § 550 b BGB, RdNr. 8) auch dann in Betracht, wenn der Vermieter die Kaution anteilig zur Sicherung einer eventuellen Nachforderung aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung einbehält (OLG I, NJW-RR 1988 S. 651; Geldmacher in Fischer-E2/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 5, § 550 b BGB, Stand 01/91, Anm. 11), denn auch ein etwaiger Nachzahlungsanspruch aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung zählt - soweit die P arteien (wie hier) nichts anderes vereinbart haben - zu den Forderungen des Vermieters, deren Sicherung die Kaution dient. Die angemessene Frist ist in diesem Fall nach der Zeitspanne zu bemessen, die der Vermieter zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung benötigt. Die Verlängerung der Abrechnungsfrist setzt in diesem Fall voraus, dass die dem Vermieter zuzubilligende Frist zur Vorlage der Betriebskostenabrechnung noch nicht verstrichen ist und der Vermieter - gegebenenfalls unter Bezugnahme auf Abrechnungen der Vorjahre - konkret darlegt, dass ein Abrechnungssaldo zu seinen Gunsten zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Behauptung des Beklagten, der Einbehalt von 200,00 Dm sei wegen der erheblich gestiegenen Kosten für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abwasser gerechtfertigt, lässt keine konkreten Anhaltspunkte erkennen, die die Annahme einer Nachzahlung in Höhe von 200,00 DM rechtfertigen. Im Hinblick darauf, dass bereits die Heiz- und Nebenkostenabrechnungen der Vorjahre jeweils ein Guthaben für die Klägerin ergeben haben, zuletzt für das Jahr 1989 in Höhe von 521,05 DM, und unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen (10 x 160,00 DM), oblag es dem Beklagten, nachvollziehbare Angaben zu der behaupteten Kostensteigerung (z.B. durch Vorlage von Mitteilungen der Stadtwerke über zu erwartende Gebührenerhöhungen, Pressemitteilungen etc.) in den Bereichen Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abwasser vorzulegen. Dies gilt um so mehr, als wegen der Beendigung des Mietverhälntisses zum 31.10.1990 die gerade im Bereich der verbrauchsabhängigen Heizkosten kostenträchtigen Monate November und Dezember zu Lasten der Klägerin nicht in die Abrechnung einfließen.
28Da der Beklagte dieser Darlegungslast nicht nachgekommen ist, ist die Abrechnungsfrist nicht zu verlängern und der Beklagte zu einer weiteren Rückhaltung des restlichen Kautionsrückzahlungsanspruches nicht berechtigt.
29Der Klägerin steht weiterhin gemäß § 812 Abs. 1 BGB ein Zahlungsanspruch in Höhe von 678,00 DM zu.
30Der Beklagte war nicht gemäß §§ 387, 389 BGB berechtigt, das unstreitige Guthaben der Klägerin aus den Heiz- und Nebenkostenabrechnungen der Jahre 1987 und 1988 in Höhe von 764,01 DM mit dem Mietzinsanspruch für September 1989 in Höhe von 678,00 DM zu verrechnen. Nach dem insoweit nicht substantiiert
31bestrittenen Vorbringen der Klägerin, das gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehen ist, ist davon auszugehen, dass der Mietzinsanspruch des Beklagten für den Monat September 1989 durch Zahlung erloschen ist, § 362 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat durch Vorlage des Kontoauszuges ihrer Sparkasse im einzelnen dargelegt, dass die Meite für September 1989 per Dauerauftrag am 30.08.1989 von ihrem Konto abgebucht und auf das Konto des Beklagten überwiesen worden ist. Anhand der mitgeteilten Daten hätte der Beklagte die Mietzahlungen der Klägerin erneut überprüfen und hierzu Stellung nehmen müssen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagten-Vertreter hierzu lediglich erklärt, es werde keine weitere Stellungnahme abgegeben.
32Auf der Grundlage der Kautionsabrechnung des Beklagten vom 29.04.1991 ergibt sich danach folgende Berechnung:
33Kautionsrückzahlungsanspruch 1.200,00 DM
34abzüglich der Kosten der Zwischenablesung und der
35Namensschilder 81,00 DM
36verbleiben 1.119,00 DM
37zuzüglich Guthaben der Klägerin aus den Heiz- und
38Nebenkostenabrechnungen für 1988 und 1987 764,01 DM
39zuzüglich Guthaben der Klägerin aus der Heiz- und
40Nebenkostenabrechnung 1989 521,05 DM
412.404,06 DM
42hierauf gezahlt 1.625,06 DM
43verbleiben 878,00 DM.
44Ein Anspruch auf Erteilung der Heiz- und Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 01.01. bis 31.10.1990 steht der Klägerin derzeit nicht zu.
45Nach Ablauf des Abrechnungszeitraumes ist dem Vermieter für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung ein angemessener Zeitraum einzuräumen. Dieser beträgt nach der ständigen Rechtsprechung des LG E (24 S 404/87, Urteil vom 12.04.1988; 24 S 466/86, Urteil vom 02.06.1987; ebenso Geldmacher, Vereinbarung und Abrechnung von Nebenkosten im preisfreien Wohnraum, L 1989, S. 57) ein Jahr nach Beendigung des Abrechnungszeitraumes. Da die Betriebskosten nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien jährlich abgerechnet werden und das Abrechnungsjahr mit dem Kalenderjahr identisch ist, endet die dem Beklagten für die Vorlage der Betriebskostenabrechnung 1990 zuzubilligende Abrechnungsfrist am 31.12.1991. Dass der Beklagte in der M war, die Abrechnung bereits im Z eitpunkt der mündlichen Verhandlung vorzulegen, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.
46Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht daraus, dass der Beklagte ihr die Kosten der Zwischenablesung der Wärmemesser in Rechnung gestellt hat. Der Beklagte ist insoweit lediglich einer ihm obliegenden Verpflichtung nachgekommen. Aufgrund des zum 01.11.1990 während der laufenden Abrechnungsperiode eingetretenen Nutzerwechsels war der Beklagte gemäß § 9 b Abs. 1 HeizkostenVO (BGBl 1989 I, S. 115) verpflichtet, eine Zwischenablesung vorzunehmen. Diese dient dem Zweck, den für die betroffene Wohnung erfassten Gesamtverbrauch im Rahmen der Jahresabrechnung verbrauchsabhängig auf Vor- und Nachmieter zu verteilen, eine Pflicht zur Zwischenabrechnung folgt hieraus nicht (Pfeifer, Die neue Heizkostenverordnung, 2. Aufl., § 9 b, Anm. 6). Dies war bereits zum alten Recht anerkannt, die Neufassung der Heizkostenverordnung hat an dieser Rechtslage nichts geändert.
47Der Zinsanspruch folgt aus den § 284, 286, 288 BGB.
48Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 a, 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
49Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die geleistete Zahlung des Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das Gericht im Rahmen der einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung die Grundsätze des § 91 a ZPO herangezogen. Danach war im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Kautionsabrechnung innerhalb der ihm zuzubilligenden sechsmonatigen Abrechnungfrist vorgenommen hat, so dass insoweit zu seinen Gunsten die Grundsätze des § 93 ZPO mit einer entsprechenden Kostenbelastung der Klägerin heranzuziehen sind. Andererseits befand sich der Beklagte mit der Erteilung der Heiz- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 1989 in Verzug, so dass er auch insoweit mit den anteiligen Kosten zu belasten ist.
50Streitwert:
51für den Klageantrag zu 2): 500,00 DM
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