Urteil vom Amtsgericht Neuss - 36 C 515/97
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 1. Obergeschoss links des Hauses D-Straße in ####2 O, bestehend aus 3 Y, Küche, Diele, Bad, Kellerraum, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird jedoch nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die angeordneten Sicherheitsleistungen können von beiden Parteien auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des Hauses D-Straße in ####2 O.
3Im Jahre 1965 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über die im 1. Obergeschoss des genannten Hauses gelegene Wohnung. In den Mieträumen wohnten zunächst der Beklagte, seine Ehefrau und seine inzwischen volljährige Tochter Ina Y. Die Tochter des Beklagten zog im Jahre 1992 zu ihrem damaligen Freund. Die Ehefrau des Beklagten zo aus, nachdem sie un der Beklagte sich getrennt hatten.
4Der Beklagte selbst hält sich seit einiger Zeit, zumindest seit 1996, in dem I-Straße in ####3 Karst bei seiner dort lebenden Freundin auf. Er blieb jedoch in der Wohnung D-Straße gemeldet und meldete die X-Straße als Zweitwohnsitz an. In welchem Umfang er die streitgegenständliche Wohnung tatsächlich nutzt, ist zwischen den Parteien umstritten.
5Im Juli 1997 zog die Tochter des Beklagten wieder in die streitgegenständliche Wohnung ein. Mit Schreiben vom 17.08.1997, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Anlage 1 zur Klageschrift, Blatt 3 der Akten), sprach der Kläger dem Beklagten die förmliche Abmahnung mit der Begründung aus, dass er die Wohnung unerlaubt an die Tochter überlassen habe. Nachdem der Beklagte seine Tochter weiterhin in den Mieträumen wohnen ließ, kündigte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 05.09.1997, auf das wegen der Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird (Anlage 2 zur Klageschrift, Blatt 4 der Akten), den Mietvertrag fristlos unter Gewährung einer Räumungsfrist bis zum 25.09.1997, hilfsweise sprach er die ordentliche Kündigung zum 30.09.1998 aus. Eine Räumung der Wohnung seitens des Beklagten ist nicht erfolgt.
6Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht berechtigt, die Wohnung ohne sein Einverständnis der Tochter Ina zu überlassen.
7Der Kläger behauptet, der Beklagte nutzte die Wohnung seit Jahren nicht mehr.
8Der Kläger beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung 1. Obergeschoss links, bestehend aus drei Y, Küche, Diele, Bad, Kellerraum des Hauses D, ####2 O, zu räumen und an ihn herauszugeben.
10Hilfsweise beantragt er,
11den Beklagten zu verurteilen, die Überlassung der Wohnung an Frau Y beenden und diese aus der Wohnung zu entfernen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte ist der Ansicht, er sei als Mieter berechtigt, seine Tochter als nächste Angehörige in die Wohnung aufzunehmen.
15Er behauptet, er habe die Wohnung durchgängig genutzt, er habe sich mindestens durchschnittlich zweimal wöchentlich in der Wohnung aufgehalten.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Räumungsklage ist begründet.
19Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im 1. Obergeschoss links gelegenen Wohnung in dem Haus D-Straße in ####2 O aus § 556 Abs. 1 BGB.
20Das zwischen den Parteien seit 1965 bestehende Mietverhältnis wurde durch fristlose Kündigung des Klägers vom 05.09.1997 rechtswirksam beendet.
21Der Kläger war dem Beklagten gegenüber gemäß § 553 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt. Denn der Beklagte hat sich vertragwidrig verhalten, indem er seiner Tochter Ina die Mieträume ohne Erlaubnis des Klägers überlassen hat,
22§ 549 BGB.
23Zwar ist der Mieter grundsätzlich berechtigt, ohne Erlaubnis des Vermieters, nahe Angehörige in die Wohnung aufzunehmen (vgl. Palandt-Putzo, 57. Auflage, N 1998, § 535 Rdnr. 12). Zu diesem Personenkreis gehört auch die Tochter des Mieters. Eine solche erlaubnisfreie Aufnahme liegt aber dann nicht mehr vor, wenn der Mieter einem anderen den C2 an der Mietsache ganz oder teilweise zum selbständigen (Mit-)Gebrauch einräumt. In diesem Fall liegt eine erlaubnispflichtige Überlassung vor (vgl. Palandt-Putzo, § 549, Rdnr. 3). Bei der Abgrenzung kommt es entscheidend darauf an, ob der Familienangehörige lediglich in den Haushalt des Mieters eingegliedert wird - dann liegt eine Aufnahme vor - oder, ob der Familienangehörige einen eigenen Haushalt führt - dann handelt es sich um eine erlaubsnispflichtige Überlassung (vgl. Palandt-Putzo, § 549, Rdnr. 4).
24Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seine Tochter nicht lediglich in die Mieträume aufgenommen, sondern ihr diese zum selbständigen Eigengebrauch überlassen. Dies geht aus seinem eigenen Sachvortrag hervor. Selbt wenn er - was der Kläger bestreitet - die in Rede stehende Wohnung durchschnittlich zweimal in der Woche aufgesucht hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er und seine Tochter einen gemeinsamen Haushalt führen. Die Tochter des Beklagten ist volljährig. Unstreitig war diese 1992 aus der Wohnung ausgezogen und hatte zwischenzeitlich einen eigenen Hausstand mit ihrem Freund begründet. Der Beklagte selbst hat seinen Lebensmittelpunkt in die X-Straße verlegt, wo seine Freundin wohnt. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, dass der Beklagte nach wie vor in der D-Straße gemeldet ist und sich dort - seinen Sachvortrag als richtig unterstellt - noch Möbel von ihm befinden. Denn dies ändert nichts daran, dass die Wohnung von der Tochter des Beklagten tatsächlich zu einem überwiegenden Teil eigenständig genutzt wird.
25Der Kläger hat unstreitig für die Überlassung der Wohnung an die Tochter des Beklagten kein Einverständnis erteilt. Insoweit kann der Beklagte der Kündigung auch nicht etwa einen Anspruch auf Erlaubniserteilung aus § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegenhalten. Einen solchen Anspruch hat der Beklagte nämlich nicht.
26Zum einen besteht ein Anspruch auf Erlaubniserteilung nur dann, wenn es um die Überlassung nur eines Teils der Wohnung geht (vgl. Palandt-Putzo, § 549, Rdnr. 13; Bub/Treier/Kraemer, Kapitel III., Rdnr. 1020), während der Beklagte seiner Tochter vorliegend den gesamten Wohnraum zum Gebrauch überlassen hat. Zum anderen hat der Beklagte keine tatsächlichen Gründe dargelegt, die auf ein berechtigtes Interesse seinerseits an der Gebrauchsüberlassung an seine Tochter schließen lassen.
27Der Beklagte hat die vertragswidrige Gebrauchsüberlassung an seine Tochter trotz Abmahnung des Klägers mit Schreiben vom 17.08.1997 nicht beendet. Hierin liegt eine erhebliche Verletzung der Rechte des Klägers, wie sich aus § 553 BGB ergibt. Der Kläger hat deshalb zu recht die fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Schreiben vom 05.09.1997 ausgesprochen. Das Kündigungsschreiben ist dem Beklagten unstreitig am 06.09.1997 zugegangen und enthielt die nach § 564 a Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Begründung.
28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 7, 711 Satz 1 ZPO.
29Streitwert: 8.112,00 DM (= 12 x 676,00 DM), § 16 Abs. 2 GKG.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.