Beschluss vom Amtsgericht Neuss - 72 II 279/03
Tenor
1.
Der in der Versammlung der Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage C Weg in N,am 16.09.2003 zu dem Tagesordnungspunkt 5 gefasste Beschluss wird insoweit für ungültig erklärt, als der Antragstellerin für das Verlegen eines Fliesenbelages auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon nur 1.208,13 € ausgezahlt werden sollen.
2.
Die Antragsgegner zu 2), die übrigen Miteigentümer, werden als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Antragstellerin 1.456,93 € zu zahlen.
3.
Die Gerichtskosten des Verfahrens werden den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern auferlegt. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
4.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Verfahrensbeteiligten sind die Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage C Weg in N. Die Antragstellerin ist Miteigentümerin dieser Wohnungseigentumsanlage und Sondereigentümerin einer Wohnung, zu der ein Balkon gehört.
3Im Zuge von Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum ist der Fliesenbelag vom Balkon der Antragstellerin entfernt worden. Inzwischen sind dieAbdichtungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum abgeschlossen.
4Mit Schreiben 29.07.2003 hat sich der Vertreter der Antragstellerin an den Verwalter gewandt mit einem Vorschlag, wie der Balkon der Antragstellerin mit einem gleichwertigen Fliesenbelag wieder belegt werden kann.
5Vorrangig sollte nach der Vorstellung des Vertreters der Antragstellerin eine Firma,von welcher die Antragstellerin ein Angebot eingeholt hatte, durch die Gemeinschaft,vertreten durch den Verwalter, beauftragt werden, die Arbeiten auszuführen.
6Der Verwalter hat keine Vergleichsangebote eingeholt und auch seinerseits keinen anderen Sanierungsvorschlag gemacht.
7In der Wohnungseigentümerversammlung vom 16.09.2003 haben die Versammlungsteilnehmer unter Tagesordnungspunkt 5 den nachfolgenden Beschluss gefasst:
8" TOP 5
9Frau C erhält 80 % von dem Kostenvoranschlag vom 03.04.2003 in Höhe von 1.510,16 € somit = 1.208,13 €.
10Abstimmung:
11Ja = 9 Stimmen
12Nein = 1 Stimme
13Enthaltung = 3 Stimmen."
14Gegen diese Beschlussfassung wendet sich die Antragstellerin. Sie ist nicht damit einverstanden, dass bei der Erstattung der Kosten für das Verlegen eines gleichwertigen Fliesenbelages auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon ein Abzug von 20 % neu für alt gemacht wird.
15Die Antragstellerin beantragt,
161.
17den in der Versammlung der Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft C Weg in N am 16.09.2003 zu dem Tagesordnungspunkt 5 gefassten Beschluss insoweit für ungültig zu erklären und aufzuheben, als der Antragstellerin für das Verlegen eines Fliesenbelages auf dem zu ihrer Wohnung gehörigen Balkon nur 1.208,13 € ausgezahlt werden sollen;
182.
19die. Antragsgegner zu verurteilen, an die Antragstellerin 1.456,93 € zu zahlen.
20Der Verwalter beantragt,
21den Antrag abzuweisen.
22Die Antragsgegner tragen vor, mehrere Terrassen seien in eigener Regie der Sondereigentümer in äußerst mangelhafter Weise mit Bodenbelägen versehen worden. Wenn nunmehr alle dieser Terrassen mit neuem Bodenbelag versehen würden, so werde das unverhaltnismäßig teuer.
23Die Antragsgegner räumen ein, dass die Fliesen auf der Terrasse der Antragstellerin sach- und fachgerecht verlegt worden sind.
24Auf das Parteivorbringen im Übrigen wird ergänzend verwiesen.
25Der Antrag der Antragstellerin ist begründet.
26Der Beschluss aus der Wohnungseigentümerversammlung vom 16.09.2003 zu Tagesordnungspunkt 5 kann insoweit keinen Bestand haben, als der Antragstellerin für das verlegen eines als Ersatz des entfernten Bodenbelages aufzubringenden Bodenbelages nur 80 % der Kosten erstattet werden sollen. Ein Abzug neu für alt ist nicht angemessen.
27Die Bestimmung des § 14 Nr. 4 des Wohnungseigentumsgesetzes verbindet einen Aufopferungsanspruch des einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft mit einem Schadensersatzanspruch. Hierbei ist vorrangig Ziel des Gesetzes, dass die Gemeinschaft, die im Zuge von Reparatur- und Sanierungsarbeiten in das Sondereigentum eingreift, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen hat.
28Dieses Begehren war auch Inhalt des Schreibens des Vertreters der Antragstellerin an die Verwaltung vom 29.07.2003.
29Einerseits ist der Ansicht der Verwaltung beizupflichten, dass auch Bodenbeläge, welche in Form von Fliesen auf einer Terrasse aufgebracht sind, letztlich einem Alterungsprozess unterliegen. Andererseits lehrt die Lebenserfahrung, dass Terrassenbeläge, welche in Fliesen ausgeführt sind, regelmäßig nur dann entfernt werden, wenn Ausführung und Farbe dem Sondereigentümer nicht mehr gefallen. In Pompeji können auch heute noch 2000 Jahre alte Fliesenbeläge bewundert werden,welche in den Innenhöfen von bei Ausgrabungen freigelegten Häusern bis heute nicht ausgetauscht worden sind.Der Abzug neu für alt ist auch deshalb nicht angemessen, weil die Antragstellerin sich in bescheidener Weise für, einen normalen Fliesenbelag entschieden hat. Wenn anstelle des entfernten Fliesenbelages ausgesprochene Spitzenkeramik bestellt worden wäre, könnte eher über einen Abzug geredet werden.
30Im vorliegenden Fall umfasst der Schadensersatzanspruch den Schaden am Sondereigentum in der Weise, dass die kompletten Kosten der Neuverfliesung von der Gemeinschaft zu übernehmen sind. Hierbei ist selbstverständlich der Eigenanteil der Antragstellerin zu berücksichtigen, wie er ihrem Miteigentumsanteil entspricht.
31Insoweit ist das Rechenwerk der Antragstellerin, dem die Antragsgegner nicht entgegen getreten sind, nicht zu beanstanden.
32Dem Antrag der Antragstellerin war daher in vollem Umfang stattzugeben.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG.
34Es entspricht billigem Ermessen, die Antragsgegner mit den Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten, weil sie im Ergebnis unterlegen sind.
35In Wohnungseigentumssachen bildet es hinsichtlich der Erstattung außergerichtlicher
36Kosten die Regel, dass jeder Beteiligte seine Kosten zu tragen hat.
37Außergewöhnliche Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen, sind im
38vorliegenden Verfahren nicht zu Tage getreten.
39Der Geschäftswert von 3.000,00 € entspricht dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung in Bezug auf Beschlussanfechtung und Zahlung und orientiert sich an der Bestimmung des § 30 Abs. 2 der Kostenordnung.
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