Beschluss vom Amtsgericht Neuss - 46 F 187/12
Tenor
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 30.09.2012 1.365,00 Euro Unterhalt zu zahlen.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller 19 %, der Antragsgegner 81 %.
Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird angeordnet.
1
G r ü n d e :
2Der Antragsteller ist der Sohn des Antragsgegners. In der Zeit von September 2011 bis einschließlich September 2012 lebte er im Haushalt der Mutter. Im Sommer 2011 schloss er die Schulausbildung mit dem Abitur ab. In der Zeit vom 01.09.11 bis zum 31.08.12 absolvierte er ein freiwilliges soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz. Seit Oktober 2012 ist er als Medizinstudent bei der Uni Freiburg eingeschrieben. Während dieser Zeit erhielt er Taschengeld und Geldersatzleistung in Höhe von insgesamt 296,55 €.
3Der Antragsgegner verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.935,01 €. Er hat noch eine weitere Tochter, die am 18.09.1998 geborene R. Die Mutter des Antragstellers verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.952,04 €. Die Mutter hat ein weiteres Kind, nämlich die am 12.12.2000 geborene L.
4Der Antragsteller begehrt monatlichen Unterhalt in Höhe von 129,00 €. Der Streit der Beteiligten geht darum, ob der Antragsteller während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres unterhaltsberechtigt ist.
5Der Antragsteller beantragt,
6den Antragsgegner zu verpflichten, an ihn für die Zeit vom 01.09.11 bis einschließlich 30.09.12 monatlichen Unterhalt in Höhe von 129,00 € zu zahlen.
7Der Antragsgegner beantragt,
8den Antrag zurückzuweisen.
9Der Antrag ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
10Der Antragsgegner schuldet dem Antragsteller gemäß §§ 1602, 1610 Abs. 1 und 2 BGB Unterhalt, auch während der Zeit der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres.
11Zwar ist dieses freiwillige soziale Jahre im vorliegenden Fall keine Voraussetzung für die Aufnahme des Medizinstudiums dar. Die Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres beim Roten Kreuz ist jedoch als Orientierungsphase für die Aufnahme des Medizinstudiums anzusehen. Dieses Medizinstudium hat der Antragsteller nunmehr aufgenommen. Indem der Antragsteller die Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert hat, erlangte er Erfahrungen im Umgang mit kranken und verletzten Menschen. Dadurch konnte er feststellen, ob ihm eine medizinische Tätigkeit überhaupt liegt.
12Dass diese Orientierungsphase ca. ein Jahr dauerte, ist nicht als zu lang anzusehen. Nach der Schulzeit von 13 Jahren und dem beabsichtigten Studium, das mindestens sechs Jahre dauert, kann es dem Antragsteller nicht verwehrt werden, seinen Berufswunsch in diesem Zeitraum zu testen ( BGH NJW 2001, 2170).
13Der Antragsgegner ist somit während dieses Zeitraums zum Unterhalt verpflichtet.
14Die Höhe des monatlichen Unterhalts ergibt sich aus folgender Berechnung:
15Einkommen von Vater 1.935,10 Euro
16abzüglich pauschaler berufsbedingter Aufwendungen -96,76 Euro
17––––––––––––––––––
18unterhaltsrechtliches Einkommen 1.838,00 Euro
19Mutter
20Einkommen von Mutter 1.952,04 Euro
21abzüglich pauschaler berufsbedingter Aufwendungen -97,60 Euro
22abzüglich Zusatzversorgung -43,06 Euro
2324
unterhaltsrechtliches Einkommen 1.811,00 Euro
25Der Bedarf des Antragstellers nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern von
263.649,00 Euro
27nach der Düsseldorfer Tabelle, Stand 11
28Gruppe 7: 3501-3900, BKB: 1550
29Tabellenunterhalt DT 7/4 664,00 Euro.
30Hiervon ist das Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro als bedarfsdeckend abzuziehen sowie das Einkommen des Antragstellers. Diese beträgt nach Abzug von 5 % berufsbedingter Aufwendungen 281,73 Euro. Es ist nicht gerechtfertigt, 90,00 Euro pauschal als ausbildungsbedingter Mehrbedarf abzuziehen, da die Ableistung des freiwilligen sozialen Jahrs keine Ausbildung darstellt. Der Antragsteller gibt auch nicht an, welche Aufwendungen er konkret hat.
31Der ungedeckte Restbedarf beträgt somit 198,27 Euro. Dieser ist zwischen den Eltern, die beide dem Antragsteller gegenüber barunterhaltspflichtig sind, aufzuteilen.
32Das verfügbare Einkommen beim Antragsgegner beträgt 332,00 Euro.
33(Einkommen 1.838,00 Euro
34abzüglich Selbstbehalt -1.150,00 Euro
35abzüglich vorrangiger Kindesunterhalt -356,00 Euro)
36Das verfügbare Einkommen bei der Mutter beträgt 305,00 Euro.
37(Einkommen 1.811,00 Euro
38abzüglich Selbstbehalt -1.150,00 Euro
39abzüglich vorrangiger Kindesunterhalt -356,00 Euro)
4041
Daraus berechnen sich die folgenden Haftungsanteile
42Haftungsanteil von Vater:
43198,27 * 332 / (332+305) 103,00 Euro monatlich
44Der Höchstbetrag von 513 - 52,12% * (281,73+184)
45270,26 Euro
46ist nicht überschritten.
47Haftungsanteil von Mutter:
48198,27 * 305 / (332+305) 95,00 Euro
49Der Höchstbetrag von 513 - 47,88% * (281,73+184)
50290,01 Euro
51ist nicht überschritten.
52Der Antragsgegner ist somit verpflichtet für die Dauer des sozialen Jahrs 103,00 Euro monatlich zu zahlen. Dies sind für die Zeit vom 01.09.2011 bis einschließlich August 2012 1.236,00 Euro.
53Im Monat September 2012 erhielt der Antragsgegner kein Einkommen mehr, da das freiwillige soziale Jahr beendet war. Für diesen Monat ist der Antragsgegner jedenfalls zur Zahlung der begehrten 129,00 Euro verpflichtet.
54Der Verfahrenswert wird auf 1.677,00 € festgesetzt.
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