Urteil vom Amtsgericht Neuss - 78 C 5204/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien schlossen zum 01.08.2011 einen Vertrag über die Belieferung mit Gas für die Abnahmestelle H-Straße in T. Unter Ziff. 6.7 der vertraglich einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es u.a.:
3„Preisanpassungen werden nur wirksam, wenn der Lieferant dem Kunden die Änderungen spätestens zwei Monate vor dem geplanten Wirksamwerden in Textform mitteilt. Ist der Kunde mit der mitgeteilten Preisanpassung nicht einverstanden, hat er das Recht, den Vertrag ab Zugang der Mitteilung mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preisanpassung in Textform zu kündigen. Hierauf wird der Kunde vom Lieferanten in der Mitteilung gesondert hingewiesen.“
4Am 29.08.29012 erteilte die Beklagte die Jahresabrechnung für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis zum 31.07.2012 (Anlage K 1, Bl. 6 ff d.A.). Diese enthielt unter Ziff. 4 einen Hinweis auf den aktuellen Arbeitspreis und den aktuellen Grundpreis, die jeweils über dem vertraglich vereinbarten Betrag lagen. Mit Schreiben vom 03.09.2012 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten die außerordentliche fristlose Kündigung des Gaslieferungsvertrags unter Hinweis auf die aus der Jahresrechnung ersichtliche Preiserhöhung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.11.2012 ließ die Klägerin zudem hilfsweise die ordentliche Kündigung des Vertrags zum nächstmöglichen Zeitpunkt erklären.
5Die Klägerin meint, sie habe wirksam von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch gemacht. Sie behauptet, erstmals durch die Jahresrechnung vom 29.08.2012 von der Preiserhöhung erfahren zu haben.
6Die Klägerin beantragt,
7festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 03.09.2012 ein Gaslieferungsvertrag mit der Vertragsnummer 0 nicht mehr besteht.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte behauptet, sie habe der Klägerin am 23.05.2012 eine Mitteilung über die Preiserhöhung per E-Mail übersandt.
11Die Klägerin hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Rücknahme der Klage erklärt. Die Beklagte hat ihre Zustimmung zur Klagerücknahme verweigert.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das tatsächliche Vorbringen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14I.
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Der zwischen den Parteien geschlossene Gaslieferungsvertrag ist nicht durch die Kündigung der Klägerin vom 03.09.2012 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden. Der Klägerin stand kein Sonderkündigungsrecht gemäß Ziff. 6.7 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu.
17Nach Ziff. 6.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird dem Kunden der Beklagten ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, wenn die Beklagte ihre Preise ändert und ihrem Kunden die Änderung spätestens zwei Monate vor dem Änderungszeitpunkt unter Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht in Textform mitteilt. Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor.
18Die Beklagte hat die Klägerin nicht über die von ihr beabsichtigte Preiserhöhung durch gesonderte Mitteilung unter Hinweis auf ein entsprechendes Sonderkündigungsrecht unterrichtet. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin durch eine E-Mail vom 23.05.2012 über die geplante Preiserhöhung informiert zu haben, hat sie den Zugang einer solchen Mitteilung nicht bewiesen. So hat sie weder die E-Mail als solche vorgelegt noch Beweis für ihren Zugang bei der Klägerin angetreten.
19Die Mitteilung in der Jahresabrechnung vom 29.08.2012, in der es unter Ziff. 4 „Information zum Preis, Laufzeit und ordentliche Kündigung“ heißt: „Ihr aktueller Arbeitspreis: 0,0612 EUR/kWh. Ihr aktueller Grundpreis: 32,57 EUR/Monat. Zahlungsweise: monatlich. (…) Ihr nächstmöglicher Kündigungstermin ist der 31.07.2013.“, genügt den Anforderungen an die Informationspflicht der Beklagten im Vorfeld einer wirksamen Preiserhöhung nicht. Sie ist eine bloße Information, die weder eine Preiserhöhung noch das Entstehen eines Sonderkündigungsrechts zur Folge hat. Die Beklagte, die bei Erstellung der Jahresrechnung davon ausgegangen ist, die Klägerin habe die Information über die Preiserhöhung durch E-Mail vom 23.05.2012 erhalten, wollte mit ihrem Hinweis unter Ziff. 4 der Jahresrechnung lediglich erneut auf die neuen Preise aufmerksam machen. Auch die Klägerin konnte aus der Sicht eines objektiven Empfängers die knappe Information in der Jahresrechnung nicht als Mitteilung über eine geplante Preisänderung werten, die ihr im Sinne von Ziff. 6.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Sonderkündigungsrecht einräumen würde, zumal auch ein konkreter Hinweis auf den Beginn der Preiserhöhung fehlte. Ziff. 6.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dient gerade dem Schutz des Kunden. Der Kunde soll frühzeitig über bevorstehende Preiserhöhungen in Kenntnis gesetzt werden, damit er Zeit und Gelegenheit hat, sich mit den auf ihn zukommenden Kosten auseinanderzusetzen und ggf. Alternativangebote anderer Anbieter einzuholen. Dies setzt aber eine umfassende und eindeutig verständliche Information dergestalt voraus, dass der Kunde konkret darauf hingewiesen wird, in welcher Höhe die Preise ab welchem Zeitpunkt erhöht werden. Zudem ist der Kunde auf das zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht hinzuweisen, das ihm für den Fall, dass er mit der Preiserhöhung nicht einverstanden ist, zusteht. Diese Erfordernisse erfüllt die Information unter Ziff. 4 der Jahresabrechnung nicht. Damit fehlt es bereits an einer wirksamen Preiserhöhung, die ein Sonderkündigungsrecht der Klägerin begründen würde.
20Mangels wirksamer Preiserhöhung besteht der Vertrag über den 03.09.2012 hinaus zu unveränderten Konditionen fort. Er ist erst durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Klägerin zum 31.07.2013 beendet worden.
21II.
22Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
23Der Streitwert wird auf 650,00 € festgesetzt. Er entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin, ab dem 03.09.3012 bis zum Ende des zweiten Belieferungsjahres am 31.07.2013 nicht mit den Preiserhöhungen der Beklagten belastet zu werden.
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Referenzen
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