Urteil vom Amtsgericht Ratingen - 9 C 232/97
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.019,77 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. 07. 1997, die Beklagten zu 2./ und 3./ weitere 4 % Zinsen aus 2.019,77 DM vom 29. bis zum 30. 07. 1997 und die Beklagte zu 3./ weitere 4 % Zinsen für die Zeit vom 24.12.1996 bis zum 28.07.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 2.500,00 DM, im übrigen ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
(Tatbestand:
2Am 22. 11. 1996, freitags, gegen 15.59 Uhr, stoßen in Stadt auf der Straße "Im Bl" in Höhe der Bahnunterführung die nachfolgend bezeichneten Fahrzeuge zusammen:
3- PKW-Opel (Vectra GL), XX - XX 999
Fahrer: R
5Halter: dito,
6- PKW-Toyota (Corolla Compakt 1,6 S), XX - XX 000
Fahrer: M
8Halterin: M1.
9Der Unfall ereignet sich, als Herr R die Strasse "Im A" aus Richtung H in Richtung Hö befährt, während sich Herr M mit dem PKW-Toyota aus Gegenrichtung nähert. An beiden Fahrzeugen entsteht Sachschaden.
10Aus diesem Ereignis klagt Herr R gegen Herrn M ( Beklagter zu 1./) als Fahrer, Frau M1 (Beklagte zu 2./) als Halterin und die Haftpflichtversicherung (Beklagte zu 3./) als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten PKW-Toyota auf Schadenersatz.
11Der Kläger behauptet, er habe am 22.11.96 gegen 15.59 Uhr in Ratingen die Straße "Im A" aus Richtung H in Richtung Hö befahren. Er habe die Eisenbahnunterführung bereits passiert gehabt, als sich der Beklagte zu 1./ mit dem PKW-Toyota der Beklagten zu 2./ aus Gegenrichtung genähert habe. Der Beklagte zu 1./ sei an der Tete eines Konvois gefahren, wobei er mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit die Mitte der schmalen Fahrbahn befahren habe. Demgegenüber habe der Kläger bereits im Vorfeld die Strasse "Im A" langsam und das Rechtsfahrgebot beachtend befahren. Obwohl der Kläger so weit rechts gefahren sei, wie es aufgrund des rechts neben der Fahrbahn befindlichen Gefälles überhaupt nur möglich gewesen sei, und er gebremst habe, habe der PKW-Toyota den PKW-Opel an der linken Fondtür spitzwinklig erfaßt, als der äußerst rechts befindliche PKW-Opel fast stillgesetzt gewesen sei. Der PKW-Toyota sei die letzten paar Meter vor der Kollision einfach gerdeaus gefahren, obwohl die Fahrbahn in diesem Bereich, in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1./ gesehen, eine Rechtskurve beschreibe. Ergo sei die Kollision allein vom Beklagten zu 1./ verursacht worden, während sie für den Kläger unvermeidbar gewesen sei.
12Die Darstellung des Klägers ergebe sich zum einen aus den jeweils in Lichtbildern dokumentierten Fahrzeugschäden und zum anderen aus dem Umstand, dass auf dem Lichtbild C14 die vom PKW-Opel gezeichnete Spur im, in Fahrtrichtung des Klägers gesehen, äußerst rechten Fahrbahnbereich bzw. schon rechts daneben abgelichtet sei. Ausserdem müsse sich, nach Auffassung des Klägervertreters, der Schaden am PKW-Opel vorne abgezeichnet haben, wenn, wie die Beklagten behaupten, der Kläger mittig auf der Fahrbahn gefahren wäre. Der tatsächlich am PKW-Opel eingebrachte Schaden lasse vielmehr erkennen, dass nicht der PKW-Opel gegen den PKW-Toyota geprallt sei, sondern der PKW-Toyota in der vom Kläger behaupteten Weise den hinteren Bereich der linken Flanke des PKW-Opel erfaßt habe. Es treffe auch nicht zu, dass der PKW-Toyota zum Anprallzeitpunkt gestanden habe.
13Der Zusammenstoß habe sich nicht unterhalb der Eisenbahnunterführung ereignet. Aus diesem Grunde sei die nur für diesen Bereich relevante Verkehrsführung mittels der Verkehrszeichen 208 und 308 für das zu untersuchende Ereignis irrelevant. In diesem Kontext gibt der Klägervertreter zu bedenken, dass die Eisenbahnunterführung zu schmal sei, als dass die beiden Fahrzeuge in der in Lichtbildern dokumentierten Weise dort überhaupt gegeneinander hätten stoßen können. Es gelte allerdings zu bedenken, dass, falls der PKW-Toyota nicht gegen den PKW-Opel gestoßen wäre, der PKW-Toyota ansonsten aufgrund der vom Beklagten zu 1./ zu hoch gewählten Geschwindigkeit gegen die Mauer der Eisenbahnunterführung gestoßen wäre.
14Es sei auch noch zu berücksichtigen, dass die Sicht des Beklagten zu 1./ auf den sich im Gegenverkehr nähernden, unter der Eisenbahnunterführung herfahrenden PKW-Opel besser gewesen sei als umgekehrt die Sicht des Klägers auf den sich über die Brücke nähernden PKW-Toyota.
15Infolge der Kollision sei an dem PKW-Opel ein Schaden eingebracht worden, dessen Reparatur, gemäß dem Gutachten U, brutto 3.415,34 DM gekostet habe. Zuzüglich der Sachverständigenkosten in Höhe von 584,20 DM sowie einer Auslagenpauschale in Höhe von 40,00 DM sei dem Kläger summa summarum ein Schaden in Höhe von 4.039,54 DM entstanden. Diesen Betrag nebst Zinsen mache Herr R mit der Klage geltend.
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.039,54 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.12.1996 zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagten räumen ein, dass an der genannten Stelle und zur behaupteten Zeit eine Kollision zwischen dem PKW-Opel des Klägers und dem vom Beklagten zu 1./ gefahrenen PKW-Toyota der Beklagten zu 2./ stattgefunden habe. Im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers sei das Unfallgeschehen jedoch keinesfalls vom Beklagten zu 1./, sondern vom Kläger selbst verschuldet worden, so dass die Klage abzuweisen sei.
21Der Beklagte zu 1./ habe in Richtung Ho fahrend seine Geschwindigkeit rückwärts der Eisenbahnunterführung verringert, weil diese Stelle unübersichtlich sei. Der Beklagte zu 1./ sei nur noch mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, als der Kläger mit seinem PKW-Opel plötzlich die Eisenbahnunterführung passiert habe. Der PKW-Opel habe sich dem Beklagten zu 1./ mittig auf der Fahrbahn genähert. Der Beklagte zu 1./, der bereits während seiner Annäherungsphase rechts gefahren sei, habe versucht, noch weiter nach rechts auszuweichen, ohne dass er jedoch die Kollision habe vermeiden können. In diesem Kontext geben die Beklagtenvertreter auch zu bedenken, dass die Vorfahrtsregelung im Bereich der Eisenbahnunterführung mit den Verkehrszeichen 308 (für den Beklagten zu 1./) und 208 (für den Kläger) geregelt sei. Demnach habe dem Beklagten zu 1./ der Vorrang zugestanden. Zwar habe sich die Kollision nicht in der Eisenbahnunterführung ereignet, sondern, in Fahrtrichtung des Beklagten zu 1./ gesehen, knapp rückwärts davon, jedoch gelte zu bedenken, dass aufgrund der vorgenannten Verkehrszeichen der Kläger die Unterführung gar nicht hätte passieren dürfen, weil er rückwärts der davon hätte stehenbleiben müssen, um dem Beklagten zu 1./ den Vorrang zu gewähren.
22Das Lichtbild, auf das sich der Klägervertreter hinscihtlich der vom PKW-Opel gezeichneten Spur beziehe, sei erst einen Tag nach dem Unfallgeschehen gefertigt worden. Eine eventuell dort gezeichnete Spur könne folglich von jedem x-beliebigen Fahrzeug stammen, sie könne jedenfalls dem PKW-Opel nicht mit auch nur annähernder Sicherheit zugeordnet werden. Die Sichtverhältnisse seien für den Beklagten zu 1./ keinesfalls günstiger gewesen als für den Kläger.
23Die Hergangsschilderung des Beklagten könne auch von dem Zeugen B bestätigt werden, der Beifahrer des Beklagten zu 1./ gewesen sei.
24Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere das eingeholte Sachverständigengutachten Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist teilweise begründet.
27Die Beklagten schulden die zuerkannte Forderung aus Strassenverkehrsgefährdnungshaftung, §§ 7, 17, 18 StVG, 3 PflVG.
28Die Haftung der Beklagten ist nicht gem. § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, da der Unfall für sie nicht unabwendbar war, Unabwendbarkeit wurde jedenfalls nicht bewiesen. Dies gilt umgekehrt indes gleichermaßen für den Kläger.
29Fest steht aufgrund der Beweisaufnahme lediglich, dass es zu einem Unfall im Gegenverkehr kam. Indes ließ sich weder die Hergangsvariante des Klägers noch die der Beklagten beweisen bzw. ausschließen.
30Die Bekundung des Zeugen B hat wenig Beweiskraft. Der Zeuge mußte einräumen, dass er kurz vor dem Unfallereignis nicht auf das Geschehen auf der Straße geachtet, sich vielmehr im Wagenfond des Beklagtenfahrzeuges sitzend mit der Zweitbeklagten unterhalten hat. Er will erst nach einem scharfen Abbremsen des Erstbeklagten nach vorne geschaut haben. Das Gericht nimmt es dem Zeugen nicht ab, dass er hierbei erkennen konnte, dass der Kläger-PKW mittig auf der Strasse entgegenkam, zumal die Strasse nicht einmal durch Mittelleitlinien gekennzeichnet ist. Auch die Bekundung, das Fahrzeug der Beklagten sei bereits stillgesetzt gewesen, als es vom gegnerischen PKW erfaßt worden sei, ist durch das eingeholte Gutachten widerlegt. Der Sachverständige V führt in diesem Zusammenhang nämlic aus, dass aufgrund eines Höhenvergleichs der Anstoßstellen davon auszugehen ist, dass das Beklagtenfahrzeug vorne abgetaucht war, was nur dann vorliegen könne, wenn das Fahrzeug eine intensive Verzögerung erfahre, also im Bremsvorgang begriffen sei. Daraus ergibt sich zwingend, dass der PKW der Beklagten zum Kollisionszeitpunkt noch in Vorwärtsbewegung war. Die Schlussfolgerung des Sachverständigen ist logisch, das Gericht schließt sich ihr an.
31Für die weiteren geschilderten Hergangsvarianten lassen sich nach dem Gutachten des Sachverständigen jedoch keine objektiven Anknüpfungskriterien darstellen, die eine der beiden Unfallschilderungen zweifelsfrei beweisen oder ausschließen. Es bleibt demnach völlig offen, ob und wer von den Unfallbeteiligten die Strasse mittig bzw. rechts befahren hat.
32Da allerdings davon ausgegangen werden kann, dass die Kollision bei relativ niedrigen Geschwindigkeiten im Gegenverkehr stattgefunden hat, war nach dem Aspekt der Betriebsgefahr zu entscheiden. Hierbei war die von den Fahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr mangels weiterer Anhaltspunkte als gleich hoch einzustufen.
33Dies bedeutet, dass der Kläger von den Beklagten die Hälfte seines Schadens ersetzt verlangen kann.
34Die ausgeurteilte Hauptforderung entspricht dem.
35Die zuerkannte Hauptforderung ist gemäß §§ 284, 286, 288, 291 BGB begründet. Eine Verzinsung hinsichtlich der gegen die Beklagten zu 1./ und 2./ gerichteten Ansprüche konnte erst ab Rechtshängigkeit erfolgen, da diese Beklagten zuvor nicht in Verzug gesetzt waren.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
37Streitwert: 4.039,54 DM.
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