Urteil vom Amtsgericht Recklinghausen - 13 C 91/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin betreibt im Internet ein gewerbliches Verzeichnis für Handwerk, Industrie und Handel. Sie stellte im Netz der Beklagten ein Antragsformular zur Verfügung zur Eintragung in dieses Verzeichnis, welches die Beklagte unter dem 30.11.2010 an die Klägerin zurücksandte.
3Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin die nach diesem Antragsformular ihr zustehende Vergütung für das erste Vertragsjahr. Sie beantragt,
4die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 773,50 Euro
5nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz
6seit dem 11.01.11 zu zahlen.
7Die Beklagte selbst hat keinen Antrag gestellt. Sie hat im Widerspruchsschreiben geltend gemacht, dass sie 9 Tage nach Stellung des Eintragungsantrages diesen widerrufen habe und um Rücksendung des an die Klägerin gezahlten Entgeltes von 650,-- Euro netto gebeten habe.
8Entscheidungsgründe
9Ein Versäumnisurteil konnte gem. § 331 ZPO nicht erlassen werden; zwar hat die Beklagte auf den Sachvortrag der Klägerin nicht reagiert. Jedoch ist der Sachvortrag der Klägerin erkennbar unschlüssig, so dass das Gericht zum Erlass eines klagestattgebenden Versäumnisurteils nicht berechtigt war.
10Zwar ist der Klägerin zugute zu halten, dass die Beklagte den ihr zur Verfügung gestellten Eintragungsantrag zunächst angenommen hat. Dieser Eintragungsantrag führt aber nicht zu einem wirksamen Vertrag zwischen den Parteien; denn unter Beachtung des § 305 c BGB sind die Bestimmungen des Vertrages, welche die Vergütungspflicht der Beklagten begründen, nicht Vertragsbestandteil geworden.
11Zwar sind beide Parteien Kaufleute. Jedoch gilt die Vorschrift des § 305 c auch zwischen Kaufleuten gem. § 310 BGB.
12Nach der Bestimmung des § 305 c BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen brauchte.
13Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten für 2 Jahre i.H.v. 650,-- Euro netto ergibt sich nicht aus einem über der Unterschrift der Beklagten befindlichen Kontext; vielmehr befindet sich diese Verpflichtung auf 2 Jahre in einem seitlich davon aufgeführten Kasten, der die Überschrift trägt: „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweise nach § 33 Bundesdatenschutzgesetz“. In diesem Kasten sind die wesentlichen Merkmale eines zwischen den Parteien begründeten Vertrages aufgeführt. Derartige Vertragsbestandteile sind gewöhnlicherweise in den Vertragsunterlagen offen dargelegt und leicht erkenntlich; die Aufnahme derartiger Vertragsbestandteile in einem Seitenkasten entspricht nicht dem Leitbild eines gewöhnlichen Vertrages.
14Hinzu kommt, dass diese Bedingungen in dem Seitenkasten mehr als überraschend sind. Bei der Frage, ob eine Klausel überraschend ist, beurteilt sich dieses in der Regel nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden.
15Nach der gesamten Darstellung des Antragsformulars mit einem im Verhältnis zum sonstigen Text dreimal vergrößerten Aufdruck „Rücksendung umgehend erbeten, zentrales Fax“ weiß den Vertragskunden der Klägerin im Bereich der Vermutung, dass es sich um ein offizielles und amtliches Formular handele, das ähnlich wie Eintragungen in Gelbe Seiten und dergleichen ohne oder nur mit geringen Kosten angenommen werden kann. In einem solchen Fall ist die Verschleierung der tatsächlichen Vertragslaufzeit und der erheblichen Kosten von 650,-- Euro pro Jahr in einem Seitenkasten, der dann auch noch Hinweise nach § 33 Bundesdatenschutzgesetz enthalten soll, so verschleiernd, dass tatsächlich ein Überraschungsmoment zu Lasten des Vertragspartners der Klägerin gegeben ist.
16Berücksichtigt man zudem, dass die der Klägerin entstehenden Kosten für die Veröffentlichung des Eintrags minimal sind, so scheint die Vertragsgestaltung der Klägerin auch unter Berücksichtigung der Pflichten eines ordentlichen Kaufmanns als nicht hinnehmbar. Die Klage musste abgewiesen werden mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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