Urteil vom Amtsgericht Remscheid - 7 C 6/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten, werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten und der Nebenintervenienten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Schadenersatzansprüche aus einem Transportvertrag geltend.
3Die Klägerin behauptet, alleiniger Versicherer der Firma J , Dipl.-Ing. X (im Folgenden "J" genannt) in F zu sein. Diese führe regelmäßig im Auftrage oder in Zusammenarbeit mit der Firma D (im Folgenden "D" genannt) Vermessungen im In- und Ausland durch.
4Mit schriftlichem "Speditionsauftrag" vom 12.03.2013 (Anlage K 1, Blatt 11 GA) erteilte die Firma D der Beklagten einen Auftrag über den Transport von vier Boxen, darunter einer "Tripodbox" vom Sitz der Firma D in S zur Firma B SA in H/Rumänien (im Folgenden "Empfänger" genannt) per Luftfracht.
5Die Beklagte betraute die Nebenintervenientin zu 2 mit dem Transport, die wiederum die Nebenintervenientin zu 3 beauftragte. Die Sendung wurde jedenfalls per Luftfracht vom Flughafen Köln/Bonn zum Flughafen Leipzig, von dort aus zum Flughafen Bergamo und weiter zum Flughafen Bukarest und schließlich per Lkw zur Empfängerin transportiert. Im Rahmen des Luftfrachttransportes soll die Nebenintervenientin zu 1 "mit der Abfertigung der Sendung" befasst gewesen sein. Jedenfalls teilte diese unter dem 25.03.2013 der Nebenintervenientin zu 2 mit, dass eins der drei Gepäckstücke verlorengegangen sei.
6Die Klägerin behauptet, bei diesem Gepäckstück habe es sich um die zuvor genannte Tripodbox gehandelt, in der sich ein mobiles Dreibeinstativ für einen Lasertracker befunden haben soll, welches im Eigentum der Firma J gestanden haben soll. Dieses Stativ habe einen Wert von 4.620,00 € gehabt. In dieser Höhe habe die Klägerin die Firma J entschädigt, worüber sich ihr Schreiben vom 15.05.2013, gerichtet an die Firma W GmbH & Co KG, verhalte (Anlage K 7, Blatt 25 GA).
7Die Firma J habe sodann mit Erklärung vom 11.02.2013 (Anlage K 9, Blatt 27 GA) ihre diesbezüglichen Ansprüche an die Klägerin abgetreten, ebenso wie die Firma D mit Erklärung vom 16.02.2014 (Anlage K 10, Blatt 28 GA). Auf die beiden vorgenannten Urkunden wird ausdrücklich Bezug genommen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4,620,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2013 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 564,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Insbesondere ergebe sich aus der als Anlage K 10 vorgelegten Abtretungserklärung nicht, dass und gegebenenfalls welche Ansprüche an die Klägerin abgetreten worden sein sollen. Die überreichte schriftliche Erklärung sei derart unbestimmt, dass die zu übertragende Forderung daraus nicht ersichtlich sei.
13Sodann erhebt die Beklagte die Einrede die Verjährung.
14Die Klageschrift ist am 07.03.2014 beim Amtsgericht Hamburg eingereicht und am 05.05.2014 der Beklagte zugestellt worden. Mit Beschluss vom 05.06.14 hat sich das Amtsgericht Hamburg für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen.
15Mit Schriftsatz vom 09.05.2014 hat die Beklagte den drei Nebenintervenienten den Streitverkündet. Alle drei sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Die Nebenintervenientin zu 2 hat sodann der Nebenintervenientin zu 3 nochmals den Streit verkündet.
16Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist unbegründet.
19Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
20Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt. Sie macht insoweit Schadenersatzansprüche aus übergegangenem Recht der Firmen J und D geltend.
21Nach dem Vortrag der Parteien kann sich vorliegend eine Haftung der Beklagten lediglich auf vertragliche Schadenersatzansprüche stützen. Vertragspartnerin der Beklagten war lediglich die Firma D. Diese hat allerdings keinen Schaden erlitten, da unstreitig das angeblich verlorengegangene Stativ nicht in ihrem Eigentum, sondern im Eigentum der Firma J gestanden haben soll. Die Klägerin behauptet, die Firma J in Höhe der Klageforderung entschädigt zu haben und die Firma J habe mit der als Anlage K 9 vorgelegten Erklärung ihre diesbezüglichen Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Damit die Klägerin nunmehr von der Beklagten im Wege der Drittschadensliquidation Ersatz verlangen kann, ist die Abtretung der vertraglichen Ansprüche der Firma D gegen die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Transportauftrag erforderlich. Daran fehlt es vorliegend.
22Insoweit behauptet die Klägerin, die Firma D habe ihr ihre Ansprüche durch die Erklärung, die mit "Letter of assignment/subrogation and settlement" überschrieben ist und Anlage K 10, Blatt 28 GA bildet, übertragen. Bei diesem in englischer Sprache gehaltenen Dokument handelt es sich um einen vorgedruckten Text der Klägerin. Im Kopf der Urkunde werden in englischer Sprache die Versicherungsnummer, der Versicherungsnehmer, der Versender, der Empfänger, die Spedition bzw. der Transporteur sowie das Datum des Transports und die Art und Weise des Transports und das verlorengegangene Gut abgefragt. In dem vorgedruckten Text heißt es dann sinngemäß, dass der Versicherungsnehmer seine Rechte und Ansprüche gegen dritte Parteien an die Klägerin abtritt und dass er eine Entschädigungssumme in einer einzusetzenden Höhe erhalten habe.
23Dieser Vordruck der Klägerin ist lediglich rudimentär ausgefüllt. Er enthält lediglich zur Claim-Number die handschriftliche Zahlenfolge: "…-9 13-70298-2". In der letzten Zeile befindet sich der handschriftliche Eintrag: "… / 6/02/14 und daneben der Stempel der Firma D mit einer unleserlichen Unterschrift. Alle weiteren Angaben, insbesondere zum Versicherungsnehmer, zum Versender, Empfänger, Transporteur des Transportes, Datum des Transportes und Beschreibung des verlorengegangenen Gutes sowie Höhe der Entschädigungssumme sind nicht ausgefüllt.
24Damit die Klägerin aus der Abtretung wirksam ermächtigt ist, gegen die Beklagte vorzugehen, ist insbesondere erforderlich, dass die sachenrechtliche Verfügung über diese Forderung wirksam ist. Das setzt insbesondere voraus, dass die abzutretende Forderung spätestens im Zeitpunkt der Abtretung hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist. Es müssen der Gegenstand der Forderung, die Person des Schuldners, des alten und des neuen Gläubigers und der Rechtsgrund zumindest im Wege der Auslegung sich ermitteln lassen.
25Vorliegend soll die Abtretung selbst durch die vorbezeichnete Urkunde vorgenommen worden sein. Aus dieser Urkunde ergibt sich jedoch keineswegs eine hinreichende Bestimmtheit oder auch nur Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung. Insbesondere ist die Forderung an sich, weder nach ihrem Grund (Ansprüche der Firma D aus dem Transportvertrag mit der Beklagten), noch nach ihrer Höhe an keiner Stelle genannt. Das einzige, was insoweit zur Konkretisierung herangezogen werden kann, ist die im Kopf handschriftlich angegebene, oben zitierte Claim-Number.
26Die Klägerin ist der Auffassung, anhand der Schadensnummer sei den Parteien der Abtretung, der Klägerin und der Firma D, klargewesen, um was es ging, zumindest habe sich dieses aus der begleitenden E-Mail des Versicherungsmaklers, der Firma W vom 29.01.2014 an die Firma D (Anlage K 14, Blatt 306 GA) ergeben. Insbesondere sei den Parteien der Abtretung die Schadennummer bekannt gewesen. Hierzu ist schon fraglich, woher der Fa. D die Schadennummer bekannt gewesen sein soll, spielte dies doch nur im Verhältnis der Parteien des Versicherungsvertrages eine Rolle, also zwischen der Fa. J und der Klägerin. Die Fa. D war weder Versicherungsnehmerin noch Eigentümerin des versendeten Gutes.
27Sodann ist die auf der Abtretungserklärung Anlage K 10, Blatt 28 d. GA, handschriftlich eingesetzte Schadennummer zumindest nicht vollständig identisch mit der Schadennummer der Klägerin, wie sie sich beispielsweise aus der Abtretung der Firma J (Anlage K 9, Blatt 27 GA) ergibt. Insoweit fehlt im zweiten Ziffernblock die "4" (…-9-134-70298-2).
28Darüber hinaus kann nicht lediglich auf den Horizont der beiden an der Abtretung beteiligten Parteien, dem alten und dem neuen Gläubiger abgestellt werden. Vielmehr ist auch auf den Horizont des Schuldners abzustellen, der aufgrund dieser Abtretung an den neuen Gläubiger zu leisten verpflichtet ist. Gemäß § 410 BGB ist der Schuldner dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet. Diese Vorschrift soll den Schuldner vor Klage, Kündigung und Mahnung des (angeblichen) neuen Gläubigers schützen, solange der Schuldner keine Sicherheit dafür hat, dass eine von ihm an den neuen Gläubiger bewirkte Leistung auch gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger wirksam ist und ihn tatsächlich von seiner Schuld befreit.
29Es handelt sich um eine Einrede, die ausdrücklich vom Schuldner geltend gemacht werden muss. Die diesbezügliche Erhebung der Einrede seitens der Beklagten ist darin zu sehen, dass sie unverzüglich, nämlich mit der Klageerwiderung eingewendet hat, aus der, von der Klägerin mit der Klageschrift zum Beleg ihrer Aktivlegitimation vorgelegten, vorgenannten Abtretungserklärung (Anlage K 10, Blatt 28 GA), ergebe sich nicht, dass und welche konkreten Ansprüche abgetreten worden seien. Die Erklärung sei zu unbestimmt, als dass sie für die Beklagte aus sich heraus verständlich sei. Insbesondere ergebe sich aus der Urkunde bereits nicht, welcher Versicherungsnehmer ("Claiment") welche Ansprüche in welcher Höhe an die Klägerin abgetreten habe, zumal die Fa. D ohnehin nicht die Versicherungsnehmerin der Klägerin war.
30Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Die vorgelegte Abtretungsurkunde muss sich im hiesigen Prozess gemäß § 410 BGB jedenfalls an dem Horizont eines unbeteiligten Dritter oder bei entsprechendem Wissensüberschuss an dem des Schuldner messen lassen. Weder der unbeteiligte Dritte noch konkret im vorliegenden Fall die Schuldnerin könnte allein aufgrund der Schadennummer der Klägerin darauf schließen, dass und welche Ansprüche die Firma D vorliegend abgetreten haben soll. Insoweit hätte es konkretisierende Angaben zumindest zu dem konkreten Transportverhältnis aber auch zur Höhe der abgetretenen Forderung bedurft.
31Ohne Erfolg tritt die Klägerin weiteren Beweis für die Abtretung der Forderung an durch die Benennung von Zeugen. Ein derartiger Beweisantritt ist vorliegend nach dem Sinn und Zweck der erhobenen Einrede des § 410 BGB ausgeschlossen.
32Die Klägerin hat die Mängel der vorgenannten Urkunde nicht beseitigt (beispielsweise durch Vorlage einer neuen, vollständigen Urkunde). Angesichts der außerdem erhobenen Einrede der Verjährung wäre ihr insoweit auch kein Erfolg beschieden.
33Nach alledem war die Klage abzuweisen.
34Die Kostenentscheidungen folgen aus §§ 91, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
35Streitwert: 4.620,00 €.
36Rechtsbehelfsbelehrung:
37Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oderb) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Wuppertal, Eiland 1, 42103 Wuppertal, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Wuppertal zu begründen.Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Wuppertal durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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