Urteil vom Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück - 3 C 26/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin, eine berufsständische Vereinigung im Sinne von Art. 1 § 7 RBerG mit Sitz in Münster, macht mit der hiesigen Klage ärztliche Honorarforderungen aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte geltend.
3Die Beklagte befand sich im Zeitraum vom 20.04.2010 bis einschließlich zum 22.04.2010 in der ärztlichen Behandlung des Facharztes für Neurochirurgie Dr. med. N.. Die ärztlichen Leistungen wurden im Rahmen einer stationären Behandlung im T.-Hospital in Rheda-Wiedenbrück erbracht, welcher ein zwischen der Beklagten und der T.-Hospital GmbH unter dem 16.04.2010 geschlossener „Aufnahme- und Behandlungsvertrag“ zu Grunde lag. Unter der von der Beklagten ausdrücklich ausgewählten Rubrik „Wahlleistungen“ des vorbezeichneten Vertragswerkes heißt es im Einzelnen wörtlich:
4„Ärztliche Leistungen
5Die ärztlichen Leistungen aller an der Behandlung beteiligten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten oder ärztliche geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses, dies gilt auch soweit sie vom Krankenhaus berechnet werden; die Liquidation erfolgt nach GOÄ/GOZ in der jeweils gültigen Fassung.“
6Wegen des weiteren Inhalts und genauen Wortlauts des zwischen der Beklagten und der T.-Hospital GmbH unter dem 16.04.2010 geschlossenen „Aufnahme- und Behandlungsvertrags“ wird auf die Anlage B2 zum Klageerwiderungsschriftsatz vom 28.03.2011 (Bl. 30 ff. d.A.) Bezug genommen.
7Für die erbrachten ärztlichen Leistungen, welche sich im Einzelnen aus der als Anlage zur Klageschrift vom 21.02.2011 (Bl. 14 ff. d.A.) zur Akte gereichten Rechnung der Klägerin vom 27.08.2010 ergeben, erhob die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Bruttorechnungsbetrag in Höhe von 991,64 Euro. Etwaige im Rahmen der Behandlung entstehenden ärztlichen Honoraransprüche hatte sich die Klägerin bereits im Vorfeld durch den behandelnden Arzt und Zedenten Dr. med. N. abtreten lassen.
8Da die Beklagte die vorgenannte Rechnung nicht beglich, forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 03.10.2010 sowie 24.10.2010 und zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2010 mehrfach unter Fristsetzung zum Ausgleich des offenen Saldos auf. Eine Zahlung der Beklagten blieb jedoch aus.
9Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei ihr gegenüber zur Begleichung der abgetretenen Honorarforderungen des behandelnden Arztes Dr. med. N. in Höhe von insgesamt 991,64 Euro zzgl. Mahnkosten in Höhe von 2,50 Euro sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten im Umfang von 59,50 Euro verpflichtet. Die ärztlichen Leistungen seien in der Zeit vom 20.04.2010 bis zum 22.04.2010 ordnungsgemäß durch den behandelnden Arzt Dr. N. im T.-Hospital in Rheda-Wiedenbrück erbracht worden und die hieraus resultierenden Honoraransprüche im Vorfeld wirksam an die Klägerin abgetreten worden. Der Zedent Dr. med. N. sei im Rahmen der zwischen der Beklagten und der T.-Hospital GmbH unter dem 16.04.2010 geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung tätig geworden und habe, so die Behauptung der Klägerseite, seine Leistungen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG auf Veranlassung der bei der T.-Hospital GmbH tätigen liquidationsberechtigten Krankenhausärzte erbracht. Entsprechend seien entgegen der Ansicht der Beklagtenseite die erbrachten ärztlichen Leistungen des Zedenten Dr. med. N. nicht als allgemeine Krankenhausleistung zu qualifizieren, sondern als gesondert vereinbarte Honorarleistungen gegenüber der Beklagten auf der Grundlage der geltenden GOÄ abrechenbar. Im Übrigen habe die Beklagte mit dem Zedenten Dr. med. N. vor der Durchführung der streitgegenständlichen Behandlung zusätzlich als Selbstzahlerin einen gesonderten Behandlungsvertrag geschlossen, welcher ebenfalls eine Abrechnung nach der GOÄ in der jeweils gültigen Fassung zulasse.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 991,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2010 sowie weitere 62,00 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte ist der Ansicht, ein Honoraranspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht bestehe schon deshalb nicht, da es sich bei den vom Zedenten Dr. med. N. erbrachten Leistungen um allgemeine Krankenhausleistungen handele, welche nicht gesondert berechnet werden könnten. Für eine gesonderte Abrechnung fehle es bereits an der erforderlichen vertraglichen Grundlage. Soweit sich die Klägerseite zur Rechtfertigung ihres Anspruchs auf die zwischen der Beklagten und der T.-Hospital GmbH unter dem 16.04.2010 geschlossene Wahlleistungsvereinbarung berufe, könne die Klägerin hieraus allein deswegen keine Rechte herleiten, weil der Zedent Dr. med. N. kein angestellter Arzt der T.-Hospital GmbH ist und folglich nicht vom Regelungsumfang der vorgenannten Wahlleistungsvereinbarung, welche im Übrigen eine Konkretisierung von § 17 KHEntgG darstelle, erfasst sei. Auch sei, so die Behauptung der Beklagten, Dr. med. N. nicht auf Veranlassung eines bei der T.-Hospital GmbH angestellten liquidationsberechtigten Arztes tätig geworden. Hierfür spreche nach Auffassung der Beklagtenseite bereits der Umstand, dass es sich bei der vom Zedenten Dr. med. N. erbrachten operativen Behandlung der Beklagten um eine ärztliche Hauptleistung handele, die nur vom jeweiligen Wahlarzt selbst vollzogen sowie liquidiert und nicht an einen Berufskollegen delegiert werden könne. Soweit die Klägerin über den Ersatz etwaiger Behandlungskosten hinaus den Ersatz von vorgerichtlichen Mahn- und Anwaltskosten verlange, seien diese Positionen bereits nicht schlüssig dargelegt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2011 (Bl. 80 f. d.A.) Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die zulässige Klage ist unbegründet.
18Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz ärztlicher Honorarforderungen in Höhe von 991,64 Euro aus abgetretenem Recht. Für einen derartigen Anspruch der Klägerin fehlt es bereits an einer einschlägigen vertraglichen Grundlage.
19Entgegen der von der Klägerseite vertretenen Auffassung konnte der Zedent Dr. med. N. aus der zwischen der Beklagten und der T.-Hospital unter dem 16.04.2010 geschlossen Wahlleistungsvereinbarung keine Berechtigung zur gesonderten Liquidation der von ihm erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber der Beklagten herleiten. Bereits nach dem klaren Wortlaut dieser Vereinbarung, welche insoweit eine Konkretisierung von § 17 KHEntgG enthält, erstreckt sich die Befugnis zur gesonderten Liquidation ärztlicher Leistungen auf der Grundlage der geltenden GOÄ ausschließlich auf die bei der T.-Hospital GmbH angestellten liquidationsberechtigten Ärzte. Darüber hinaus sind nach dem diesbezüglich eindeutigen Vertragstext auch solche Leistungen gesondert abrechenbar, welche auf Veranlassung der liquidationsberechtigten Ärzte durch Dritte vorgenommen werden. Da der Zedent Dr. med. N. nach dem unstreitigen Parteivorbringen zum Zeitpunkt der Behandlung der Beklagten allerdings nicht bei der T.-Hospital GmbH angestellt war, war er gegenüber der Beklagten auch nicht auf der Grundlage der zwischen dieser und der T.-Hospital GmbH getroffenen Wahlleistungsabrede zur gesonderten Abrechnung der von ihm erbrachten ärztlichen Leistungen berechtigt.
20Soweit die Klägerseite behauptet hat, der Zedent Dr. med. N. habe die von ihm vorgenommene Behandlung bei der Beklagten zumindest auf Veranlassung der bei der T.-Hospital GmbH angestellten, liquidationsberechtigten Ärzte erbracht, weshalb ihm vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ebenfalls ein eigenständiges Liquidationsrecht zu Teil werde, war dieser Sachvortrag bereits unsubstantiiert und daher für die Entscheidung des Rechtsstreits unbeachtlich. Insbesondere hat die Klägerseite bis zuletzt nicht im Einzelnen dargelegt, durch welche der bei der T.-Hospital GmbH beschäftigten liquidationsberechtigten Ärzte der Zedent Dr. N. wann und in welchem Umfang mit der Erbringung der von ihm bei der Beklagten durchgeführten operativen ärztlichen Leistungen beauftragt worden sein soll. Eine derartige Beauftragung wäre nach Auffassung des Gerichts in liquidationsrechtlicher Hinsicht auch bedenklich gewesen, da es sich – wie von der Beklagtenseite zutreffend unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007, Az.: III ZR 144/07, zitiert in: juris) ausgeführt – bei dem vom Zedenten Dr. med. N. an der Beklagten durchgeführten operativen Eingriff um eine nicht delegierbare ärztliche Hauptleistung gehandelt haben dürfte.
21Soweit die Klägerseite schließlich mit ihrem Schriftsatz vom 01.08.2011 erstmalig vorgetragen hat, die Beklagte habe vor der Behandlung durch den Zedenten Dr. med. N. mit diesem als Selbstzahlerin einen gesonderten Behandlungsvertrag abgeschlossen, ist dieses Vorbringen zum einen mangels Schilderung der konkreten Umstände des behaupteten Vertragsschlusses ebenfalls wegen fehlender Substantiiertheit unbeachtlich. Zum anderen ist der diesbezügliche Klägervortrag aber auch gemäß § 132 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 296 ZPO als verspätet anzusehen, da eine Berücksichtigung dieses neuen Vorbringens wegen einer sodann gegebenenfalls durchzuführenden Beweisaufnahme zu einer nicht unerheblichen Verzögerung des Rechtsstreits geführt hätte.
22Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ging die zwischen der Klägerin und dem Zedenten Dr. med. N. gemäß §§ 398 ff. BGB vereinbarte Abtretung wegen des Fehlens eines abtretungsfähigen Honoraranspruch gegen die Beklagte im Ergebnis ins Leere, weshalb die Klägerin abschließend auch nicht den Ausgleich etwaiger Nebenforderungen in Gestalt von Verzugszinsen oder außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten von der Beklagten beanspruchen kann.
23Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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