Urteil vom Amtsgericht Ribnitz-Damgarten - 1 C 271/14

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.777,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.09.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 413,64 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 3.859,65 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht die Rückzahlung von 3.777,70 € geltend. Diesen Betrag erlangte die Beklagte, indem sie entsprechende Barabhebungen vom Konto des Klägers tätigte bzw. über dieses Waren u.a. bezahlte.

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Die Parteien waren von Februar 2013 bis Mai 2014 partnerschaftlich, jedoch nicht räumlich verbunden. Jede Partei hatte eigenen Wohnraum. Sie beabsichtigten während dieser Zeit, ein Wohngrundstück zu erwerben. Die Beklagte bezog in diesem Zeitraum, mit Ausnahme in den Monaten März bis Mai 2014, Leistungen nach dem SGB, Teil II. Der Kläger befand sich ausbildungsbedingt in Bayern und war nur am Wochenende in Ribnitz-Damgarten. Er übergab der Beklagten seine EC-Karte nebst PIN-Code und bevollmächtigte diese, damit etwaige Kosten, die im Rahmen eines Grundstückerwerbs anfallen würden, sowie die Kita-Kosten des Kindes der Beklagten damit zu bezahlen.

3

Die Beklagte zahlte mit der EC-Karte des Klägers im Zeitraum Februar 2014 bis Mai 2014 von ihr begründete Zahlungsverpflichtungen in Höhe von insgesamt 3.777,70 €, so u.a. beim Orion Erotik Versand, bzw. hob vom Konto des Klägers mit der EC-Karte Bargeld ab. Am 12. und 13.05.2014 hob die Beklagte insgesamt einen Geldbetrag von 2.532,80 € vom Konto des Klägers ab. Am Abend des 13.05.2014 erhielt der Kläger seine EC-Karte zurück.

4

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2014 unter Fristsetzung bis zum 11.09.2014 sowie weiterem anwaltlichen Schreiben vom 10.09.2014 wurde die Beklagte zur Rückerstattung des Gesamtbetrages aufgefordert.

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Der Kläger behauptet, am 10.05.2014 die Beklagte ergebnislos aufgefordert zu haben, ihm seine EC-Karte auszuhändigen.

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Der Kläger hat die Klage in Höhe von 81,95 € zurückgenommen.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.777,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23.08.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 413,64 € zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie behauptet, der Kläger habe ihr über die Bevollmächtigung, mit seiner EC-Karte nebst PIN-Code etwaige Kosten, die im Rahmen eines Grundstückerwerbs anfallen würden, zu bezahlen, uneingeschränkt Vollmacht über sein Konto eingeräumt (Beweis: Zeugnis xxx). Ferner habe der Kläger nach der Trennung ihr gegenüber ausdrücklich versichert, dass sie kein Geld an ihn zurückzahlen müsse (Beweis: Zeugnis xxx).

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze des Klägers vom 08.10., 05.12.2014, 29.01., 03.03.2015 - nebst Anlagen, die Schriftsätze der Beklagten vom 27.11.2014, 12.01., 23.02., 17.07.2015 sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 27.07.2015.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

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Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in beantragter und tenorierter Höhe gemäß § 812 I BGB.

15

Ob daneben auch ein Anspruch nach § 812 II BGB IVM § 266 StGB - Untreue - zum Nachteil des Klägers bzw. § 246 StGB - Unterschlagung - als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, kann dahingestellt bleiben, wobei auch diese Anspruchsgrundlage(n) gegeben sein dürften.

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Dafür, dass die herausverlangte Vermögensmehrung ohne Rechtsgrund besteht, trägt grundsätzlich der Kläger die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urt. v. 18.05.1999 - X ZR 158/97, NJW 1999, 2887 m.w.N.; anschließend daran Urt. v. 15.10.2002 - X ZR 132/01, ZEV 2003, 207; Baumgärtel/ Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl., § 812 Rn. 10 ff.). Wer einen Anspruch geltend macht, muss das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Er muss deshalb grundsätzlich alle anspruchsbegründenden Tatsachen behaupten und im Bestreitensfalle beweisen. Dieser Grundsatz gilt auch, soweit sogenannte negative Umstände, wie das Fehlen eines Rechtsgrunds, anspruchsbegründend sind. Jedenfalls dann, wenn - wie es hier nach Darstellung des Klägers der Fall ist - geklagt wird, weil die Beklagte in anderer Weise als durch Leistung des Klägers etwas auf dessen Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt habe, kann allerdings hinsichtlich der Darlegungslast eine Erleichterung für den Anspruchsteller bestehen. Derjenige, der im Prozess die Herausgabepflicht leugnet, kann nämlich gehalten sein, die Umstände darzulegen, aus denen er ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen. Denn jede Partei hat in zumutbarer Weise dazu beizutragen, dass der Prozessgegner in die Lage versetzt wird, sich zur Sache zu erklären und den gegebenenfalls erforderlichen Beweis anzutreten (BGH, Urt. v. 15.10.2002 - X ZR 132/01, ZEV 2003, 207 m.w.N.).

17

Im Streitfall hat die Beklagte insoweit vorgebracht: Der Kläger habe ihr umfassende Bankvollmacht erteilt. Die Verbindlichkeiten der Mitglieder der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sollten im Wesentlichen vom Einkommen des Klägers bestritten werden.

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Entgegen der Ansicht der Beklagten war es nicht Sache des Klägers, zu widerlegen, dass es zu einer Schenkungsvereinbarung in Höhe der Klagesumme zwischen den Parteien gekommen ist. Das rechtfertigt sich daraus, dass eine Schenkung von Gesetzes wegen einer besonderen Form bzw. Handlung des Schenkers bedarf.

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Nach § 518 I BGB bedarf das für einen wirksamen Schenkungsvertrag erforderliche Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung. Zweck dieser Regelung ist es u.a., eine sichere Beweisgrundlage für den Fall zu haben, dass es später zum Streit darüber kommt, ob etwas und gegebenenfalls was schenkweise zugewendet werden sollte. Diese Beweisfunktion entfaltet ihre Wirkung auch im Prozess, in dem etwas Erlangtes herausverlangt oder Wertersatz hierfür begehrt wird. Vorbehaltlich § 518 II BGB bedeutet sie dort, dass der Grundsatz von der Beweislast des Anspruchstellers nicht zu dessen Nachteil gereicht, wenn der Gegner sich - wie hier die Beklagte - lediglich auf ein Schenkungsversprechen beruft, das der in § 518 I BGB vorgeschriebenen Form nicht genügt. Der Anspruchsteller kann sich dann darauf beschränken, die behauptete Schenkungsvereinbarung und eine etwaige Darlegung zu bestreiten, der Mangel der Form des Schenkungsversprechens sei gemäß § 518 II BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Der angeblich Beschenkte muss dann Umstände beweisen, die den nach § 518 II BGB für die Wirksamkeit des behaupteten Schenkungsversprechens erforderlichen Tatbestand ausfüllen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 518 BGB Rn. 1b m.w.N.). Denn wer die Heilung des Formmangels nach § 518 II BGB geltend macht, beruft sich auf einen Sachverhalt, der den Eintritt der nach § 125 S. 1 BGB an sich gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge hindert.

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Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass zur Erfüllung eines Schenkungsversprechens die Nutzung der Bankvollmacht erforderlich war, welche der Kläger der Beklagten durch Übergabe der EC-Karte nebst Nennung des PIN-Code erteilt hatte. Eine Bewirkung i.S.d. § 518 II BGB kann schon in der Vermögensdisposition (Barabhebungen bzw. Überweisungen vom Konto des Klägers) gesehen werden. Denn dies soll - wie die Beklagte weiter vorgebracht hat - mit Wissen und Wollen erfolgt sein.

21

Damit ist eine Bereicherung zu beurteilen, die aus einer dem Kläger zugewiesenen Rechtsposition erlangt worden ist, ohne dass die Handlung, mittels der dies geschehen ist, für sich gesehen einen Rückschluss auf eine Schenkung und deren Vollzug erlaubte. Denn das bloße Vorhandensein einer Bankvollmacht besagt schon nichts darüber, welche Rechtshandlungen der Bevollmächtigte im Verhältnis zum Vollmachtgeber vornehmen darf. Die Vollmacht betrifft nur das Verhältnis zu den Banken und damit die Möglichkeit für die Beklagte, nach außen wirksam den Kläger verpflichtende oder begünstigende Bankgeschäfte vorzunehmen. Unter diesen Umständen kommt die Feststellung, dass die Abhebung bzw. Überweisung durch die Beklagte einen Vollzug einer Schenkung darstellte, nur in Betracht, wenn sich der Bezug zu einem solchen Rechtsgeschäft aus anderen Umständen ergibt. Es bedarf der Zuordnung des an sich insoweit neutralen, aber in eine Rechtsposition des Klägers eingreifenden Vorgehens zu einem Handeln des Klägers, das den Schluss zulässt, dass die Abhebung eine schenkweise versprochene Zuwendung mit Wissen und Wollen des Klägers vollzieht. Eine solche Zuordnung ist, wie auch der vorliegende Fall zeigt, regelmäßig nicht ohne Nachweis des Schenkungsversprechens möglich.

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Gerade in diesem Zusammenhang können allerdings zum einen mittelbare Tatsachen beweiserheblich sein, wenn sie geeignet sind, Rückschlüsse darauf zuzulassen, dass der Handlung, die in die fremde Rechtsposition eingreift, ein Schenkungsversprechen zu Grunde liegt. Zum anderen können Erfahrungssätze die freie Beweiswürdigung bestimmen. So kann es vor allem in Betracht kommen, zu Gunsten des angeblich Beschenkten auf eine bestehende Erfahrung abzustellen, wenn eine Anstandsschenkung und deren Bewirken durch eine Handlung des angeblich Beschenkten in Frage stehen.

23

Der Umfang der Beweislast der Beklagten, der sich mithin aus dem Mangel der in § 518 I BGB vorgeschriebenen Form und daraus ergibt, dass nur die im Außenverhältnis wirksame Abhebung des Geldes durch die Beklagte unstreitig ist, steht in Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Schon das Reichsgericht hat bei Klage auf Herausgabe der durch Abhebung vom Sparbuch eines anderen erlangten Bereicherung dem Abhebenden den Beweis für die causa auferlegt, welche die Abhebung rechtfertigen sollte (JW 1913, 30; vgl. auch JW 1901, 336; zustimmend Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. S. 196). Der Bundesgerichtshof hat ebenfalls ausgesprochen, in einem solchen Fall trage der Bevollmächtigte die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der angeblichen Schenkungsvereinbarung (Urt. v. 05.03.1986 - IVa ZR 141/84, NJW 1986, 2107, 2108 m.w.N.; ebenso BAG, Urt. v. 19.05.1999 - 9 AZR 444/98; OLG Bamberg JurBüro 2003, 145; vgl. hierzu auch Wacke, AcP 191 (1991), 1 und ZZP 2001, 77; Schiemann, JZ 2000, 570; Schmidt, JUS 2000, 189; Böhr, NJW 2001, 2059).

24

Nach der Würdigung des Vortrages der Parteien kann nicht davon ausgegangen werden, dass das unstreitige, sich auf eine bloße Bankvollmacht stützende Handeln der Beklagten Bezug zu einer Schenkung des Klägers hatte und mit dessen Willen eine schenkweise versprochene Leistung bewirkte. Entgegen der Ansicht der Beklagten war diesbezüglich auch keine Beweisaufnahme geboten. Es fehlt bereits an einem konkreten Vortrag der Beklagten, wann und wo der Kläger die behaupteten Erklärungen, welche eine Schenkung bzw. einen Schulderlass begründen sollen, getätigt haben soll.

25

Der Exkurs der Beklagten zur Rechtsprechung hinsichtlich der Aufteilung von Vermögenswerten nach Aufhebung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verfangen in der Sache nicht. Es handelt sich vorliegend um keine gemeinschaftsbezogenen Aufwendungen; vielmehr hat die Beklagte bewusst unter Überschreitung ihrer Vollmacht rechtswidrig das Vermögen des Klägers geschmälert.

26

Die Zinsen und vorgerichtlichen Kosten sind begründet gemäß den §§ 280 II, 286 I, 288 I BGB. Zinsen waren erst ab dem 12.09.2014 zuzusprechen, einen früheren Verzugszeitpunkt hat der Kläger nicht dargelegt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 I, 92 II Nr. 1, 269 III ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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