Urteil vom Amtsgericht Siegburg - 118 C 508/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 275,- € abwenden, sofern nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Zwischen den Parteien bestand ein Gas-Lieferungs-Vertrag (Sondervertrag) vom 22.10./6.11.1991. Anfang 2005 widersprach der Kläger einer seitens der Beklagten vorgenommenen (weiteren) Preisanhebung.
2Mit Schreiben vom 29.6.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die Vertragsform des mit dem Kläger bestehenden Sondervertrages ab dem 1.7.2009 nicht mehr verwende und kündigte den Vertrag zum 30.9.2009. Ein ihm unterbreitetes Angebot zum Abschluss eines neuen Sondervertrages mit anderen Konditionen lehnte der Kläger ab.
3Ab dem 1.9.2009 wird der Kläger im Rahmen der Grundversorgung (zu höheren Preisen als bislang) mit Gas beliefert. Der Kläger hat den Vertrag mit der Beklagten seinerseits zum 31.12.2009 gekündigt und per 1.1.2010 einen neuen Sondervertrag mit einem anderen Gaslieferanten abgeschlossen.
4Der Kläger hält die Kündigung der Beklagten für unwirksam. Er argumentiert in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte die beabsichtigte neue Vertragsform gegenüber Neukunden verwenden möge. Ein Kündigungsbedürfnis ihm gegenüber ergebe sich hieraus jedoch nicht. Darüber hinaus sei es nach herrschender Rechtsprechung so, dass sich der Versorger im Rahmen einer ordentlichen Kündigung nur darauf berufen könne, dass eine Preisänderungsklausel durch ein Gericht als unwirksam festgestellt worden sei, was auch im Kündigungsschreiben selber (hier vorliegend nicht erfolgt) angeführt sein müsse.
5Der Kläger beantragt,
6wie folgt zu erkennen:
7Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien bestehende Erdgasbezugsvertrag zur Kundennummer xxxxxxx durch das Kündigungsschreiben der Beklagten nicht zum 30.9.2009 beendet worden ist.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte hebt darauf ab, dass die in dem Vertrag mit dem Kläger geltende Preisänderungsklausel nach neuer BGH-Rechtsprechung unwirksam sei. Dies sei der Grund dafür, das betreffende Vertragswerk nicht mehr zu verwenden, was in Bezug auf Altverträge deren Kündigung bedinge.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Der Klageantrag des Klägers wird dahingehend interpretiert, dass dieser die Feststellung beantragt, der angeführte (ursprüngliche) Gaslieferungsvertrag mit der Beklagten sei durch deren Kündigung vom 29.6.2009 nicht beendet worden, sondern bestehe fort.
14Insoweit, als von diesem Feststellungsantrag solchermaßen auch eine Fortsetzung über dem 1.1.2010 hinaus umfasst ist, ist die Klage in Ermangelung eines Feststellungsinteresses des Klägers gemäß § 256 ZPO im Hinblick auf den klägerseits zu diesem Termin erfolgten Abschluss eines neuen Gas-Sondervertrages mit einem anderen Anbieter bereits unzulässig.
15Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
16Die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 29.6.2009 ist wirksam und hat zu einer Beendigung des ursprünglich zwischen den Parteien bestehenden Gas-Lieferungs-Vertrages zum 30.9.2009 geführt.
17Die in dem Vertrag der Parteien insoweit vereinbarte 3-monatige Kündigungsfrist ist gewahrt und die Kündigung der Beklagten insgesamt in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie ist auch materiell wirksam.
18Der betreffende Vertrag ist weder "unkündbar" – was auch klägerseits eingeräumt wird -, noch ist eine derartige Kündigung aus energierechtlichen Gesichtspunkten mit Wirksamkeitsvoraussetzungen behaftet, die die Beklagte vorliegend nicht gewahrt hätte.
19Die Beklagte hat die Kündigung nicht willkürlich und aus sachfremden Erwägungen ausgesprochen, sondern erklärtermaßen im Hinblick darauf, dass die in dem Vertragsverhältnis geregelte Vertragsänderungsklausel nach neuer Rechtsprechung des BGH zu Problemen führt und deshalb eine grundlegende Umformung und Neustrukturierung des Regelwerks anzustreben ist mit der Konsequenz, dass keine Neuabschlüsse zu den betreffenden Konditionen mehr erfolgen und der Vertragsbestand durch Kündigung in die neuen Vertragsstrukturen überführt werden solle.
20In letzterer Hinsicht ist von Seiten der Beklagten dem Kläger ein Änderungsangebot unterbreitet worden, was dieser indessen abgelehnt hat.
21Es stellt eine rechtlich anzuerkennende Wahrung der eigenen Rechtsposition der Beklagten dar, wenn diese bestrebt ist, ihr Vertragswerk von angreifbaren Preisanpassungsklauseln – die ihrerseits nicht isoliert gesehen werden können, sondern Teil eines vertraglichen Gesamtkomplexes sind – zu befreien, was zwingend mit dem Ausspruch von Kündigungen betreffend Altverträge verbunden ist.
22Zusätzliche Kriterien – wie klägerseits angeführt, jedoch nicht belegt – gelten insoweit nicht, d. h. dass die Kündigung mit Schreiben vom 23.6.2009 nicht weiteren Anforderungen zu genügen hatte, insbesondere keinen weiteren Begründungsanforderungen unterlag und damit im Ergebnis als wirksam anzusehen ist.
23Im Hinblick hierauf ist dem Feststellungsantrag nicht zu entsprechen und unterliegt die Klage mit den prozessualen Nebenentscheidungen aus §§ 91 I, 708 Nr. 11,711 Satz 1 ZPO der Abweisung.
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