Beschluss vom Amtsgericht Siegburg - 50 VI 97/13
Tenor
Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) vom 13.02.2014 wird zurückgewiesen.
Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3) vom 16.01.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die durch ihre Anträge entstandenen Gerichtskosten sowie die ihnen erwachsenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
1
- I -
2Die Erblasserin hat unter dem 05.07.1999 ein privatschriftliches Testament errichtet, welches nicht im Original zu den Nachlassakten gelangt ist. Mit diesem hat sie die Beteiligten zu 1) und 2) zu ihren alleinigen Erben berufen.
3Des Weiteren hat sie mit Datum vom 01.09.2009 ein Schriftstück mit der Überschrift „Patienten - Verfügung / Mein letzter Wille“ hinterlassen und hierin unter anderem verfügt:
4„4. Mein Erbe nicht an meine Nichte od. Neffen zu übertragen, die sich nie um mich
5kümmerten.
65. Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich „Alles“ “.
7Ferner hat sie ebenfalls mit Datum vom 01.09.2009 ein Schreiben an die Beteiligten zu 1) und 2) verfasst, welches lautet:
8„Nur ein paar Worte, ich möchte nicht mehr, als meine Gefühle an Euch mitzuteilen. Dank für Eure Fürsorge. Dank wie Ihr Euch um mich gekümmert habt. Hoffentlich habt Ihr in Eurem weiteren Leben Glück und Zufriedenheit. Und braucht nie „allein“ zu sein.“.
9Die Beteiligten zu 1) und 2) hatten unter dem 08.03.2013 / 31.07.2013 den Antrag gestellt, ihnen einen Erbschein als Miterben zu je 1/2 zu erteilen und stützten diesen auf das Testament vom 05.07.1999.
10Dieser Antrag wurde von dem Nachlassgericht mit am 12.11.2013 erlassenem Beschluss zurück gewiesen. Begründet wurde die Zurückweisung damit, dass die Beteiligten zu 1) und 2) durch das Testament vom 01.09.2009 enterbt worden seien. Der von dem Beteiligten zu 2) eingelegten Beschwerde hat das Nachlassgericht mit am 28.01.2014 erlassenem Beschluss nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht XXXX zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde wurde sodann durch am 11.02.2014 erlassenem Beschluss u.a. ebenfalls mit der Begründung, dass neben der Beteiligten zu 1) auch der Beteiligte zu 2) enterbt sei, zurück gewiesen.
11Der Beteiligte zu 2) stellt nunmehr mit Schriftsatz vom 13.02.2014, der dem Oberlandesgericht bei seiner Beschwerdeentscheidung noch nicht vorlag, den Antrag, ihm einen Erbschein als Alleinerben zu erteilen und hält diesen Antrag auch nach Kenntnis der Begründung des seine Beschwerde zurückweisenden Beschlusses des Oberlandesgerichts XXXX aufrecht.
12Der Beteiligte zu 3) beantragt, gestützt auf das Testament vom 01.09.2009, die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als alleinigen Erben ausweist.
13- II -
14Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) ist nicht begründet.
15Wie in den am 12.11.2013 und 28.01.2014 erlassenen Beschlüssen des Nachlassgerichts und dem am 11.02.2014 erlassenen Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX ausgeführt, ist nicht nur die Beteiligte zu 1), sondern auch der Beteiligte zu 2) durch das Testament vom 01.09.2009 enterbt worden. Da der Beteiligte zu 2) in seinem neuerlichen Erbscheinsantrag vom 13.02.2014 nichts Neues vorträgt, kann zur Begründung auf die Gründe der erlassenen Beschlüsse Bezug genommen werden. Die dort dargelegten Erwägungen gelten in gleichem Maße für den neuerlichen Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) vom 13.02.2014 wie für seinen gemeinsam mit der Beteiligten zu 1) gestellten und rechtskräftig zurückgewiesenen Antrag vom 08.03.2013 / 31.07.2013.
16- III -
17Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3) ist ebenfalls nicht begründet.
18Denn die testamentarische Bestimmung, auf die der Beteiligte zu 3) sich stützt, dass derjenige, der der Erblasserin in den letzten Stunden beisteht, alles erhalten soll, ist keine wirksame letztwillige Verfügung. Nach § 2065 Absatz 2 BGB muss die Bestimmung des Bedachten von dem Erblasser selbst getroffen werden. Mit ihrer Verfügung, Erbe solle der werden, der ihr in den letzten Stunden beistehe, hat die Erblasserin keinen Erben benannt, sondern nur das für die Bestimmung des Erben auslösende Ereignis festgelegt. Die Berufung des Erben hat sie aus der Hand gegeben und an eine ungewisse Entwicklung der Ereignisse oder sogar den Zufall oder einen „Wettstreit“ von an der Erbschaft interessierten Personen geknüpft. Sowohl das Kriterium „beistehen“ als auch der zeitliche Faktor „in den letzten Stunden“ sind unbestimmt. So kann unter „beistehen“ etwa körperliche Pflege, Hilfe im Haushalt oder seelischer Beistand verstanden werden. Unterschiedlicher Bewertung kann auch die Frage unterliegen, mit welcher Intensität und mit welchem zeitlichen Aufwand Hilfestellungen erfolgen müssen, um das Kriterium „Beistand“ zu erfüllen. Auch das Kriterium „in den letzten Stunden“ kann unterschiedlich interpretiert werden. Damit hängt die Frage, ob sich jemand so um die Erblasserin gekümmert hat, wie es diese es erwartet hätte, davon ab, was derjenige Dritte, der die Auswahl des Bedachten zu treffen hätte, unter diesen Begriffen versteht. Er würde sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Erblasserin setzen. Das aber verstößt gegen das Drittbestimmungsverbot des § 2065 Absatz 2 BGB. Die Auswahlkriterien muss der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung so klar bestimmen, dass ein Dritter den Bedachten bezeichnen kann, ohne dass sein Ermessen auch nur mitbestimmend wäre (BayObLG, BeckRS 2010, 29700). In vergleichbaren Fällen wurde ein Verstoß gegen § 2065 Absatz 2 BGB angenommen unter anderem von dem BGH In NJW 1965, 2201 (Einsetzung desjenigen, der im Alter die Pflege übernimmt), dem BayObLG in FamRZ 1991, 610 (Einsetzung der Person, die dem Erblasser beistehen werde), dem BayObLG in FamRZ 1992, 987 (Einsetzung desjenigen, der die Beisetzung und Grabpflege übernehmen werde) und dem KG in OLG-NL 99, 33 (Einsetzung der Person, die mit dem Leichnam in bestimmter Weise verfahren soll), dem OLG München, BeckRS 2013, 09727 (Einsetzung desjenigen, der sich bis zum Tod um den Erblasser kümmert) .
19Fehl geht in diesem Zusammenhang die Argumentation des Beteiligten zu 3), die Erblasserin habe dadurch, dass er von der Erblasserin ausgewählt worden sei, ihr als Letzter Beistand zu leisten und seine Leistungen angenommen habe, dokumentiert, dass er die Vorstellungen der Erblasserin von der Art und Weise des „beistehen“ erfülle und habe damit sehr wohl eine eigene Entscheidung getroffen und konkret ihn als Erben bestimmt. Zwar hat sich auch das OLG Frankfurt in NJW-RR 1995, 711 dahingehend geäußert, dass Wirksamkeit anzunehmen sei, wenn der Erblasser denjenigen zum Erben bestimmt hat, der ihn zuletzt pflegen wird und er bei später eingetretener Pflegebedürftigkeit die Pflegeperson selbst bestimmt hat. Diese Auffassung ist jedoch allenfalls vertretbar, wenn die Auswahl des so Bedachten der Testamentsform (§ 2247 BGB) entspricht. Ein - wie vorliegend - nicht wenigstens andeutungsweise in Schriftform niedergelegter Hinweis auf die Person des Bedachten ist wegen fehlender Schriftform unwirksam.
20Ein Hinweis auf die Bestimmung des Beteiligten zu 3) als Erben in Schriftform ergibt sich auch nicht aus den eingesehenen Behandlungsunterlagen des T Klinikums, in dem die Erblasserin am xx.xx.xxxx verstarb. Die Erblasserin hat davon abgesehen, den Beteiligten zu 3) in der „Erklärung zum Datenschutz“ als die Person zu benennen, der ihr Gesundheitszustand oder der Behandlungsverlauf mitgeteilt werden darf. In dem Formular „Stammblatt - Aufnahme/ Entlassung“ hat sie in den Textfeldern „Angehörige/ Bezugsperson“, „Telefon“ verzeichnet:
21„A …./…….
22A (Mieter)
23B 1498400 Nachbarin
24…./…….“.
25Der Angabe des Beteiligten zu 3) in dem Textfeld „Angehöriger/ Bezugsperson“ kann über die Sicherstellung einer Benachrichtigungsmöglichkeit hinaus nicht die Bedeutung beigemessen werden, die Erblasserin hätte zum Ausdruck bringen wollen, der Beteiligte zu 3) sei derjenige, der ihr im Sinne ihrer testamentarischen Bestimmung als Letzter beistehe, zumal neben dem Beteiligten zu 3) auch Frau B in gleicher Weise als „Angehöriger/ Bezugsperson“ aufgeführt ist.
26Insgesamt verbleibt es dabei, dass Ziffer 5 des Testamentes vom 01.09.2009 keine wirksame Bestimmung des Erben darstellt.
27- IV -
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 FamFG.
29Als Antragsteller haben die Beteiligten zu 1), 2) und 3) die durch ihre jeweiligen Anträge entstandenen Gerichtskosten selbst zu tragen.
30Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) haben auch die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen. Eine Überbürdung eigener Kosten auf einen der anderen Beteiligten wäre unbillig, weil alle Beteiligten mit ihren Anträgen gescheitert sind, sie also in vergleichbarer Weise „unterlegen“ sind.
31Rechtsbehelfsbelehrung:
32Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht – yxz schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
33Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
34Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht – yxz eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
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