Urteil vom Amtsgericht Siegen - 14 C 1887/10
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Entscheidungsgründe ( § 495 a ZPO):
2Ein Anspruch der Klägerin als Einzugsstelle für Krankenversicherungsbeiträge auf gesonderte Feststellung eines Anspruchs gegen den Beklagten auf Zahlung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung in Höhe von 583,29 € zzgl. Zinsen aus nicht abgeführten Arbeitnehmeranteilen für die Zeit von Mai bis September 2008 außerhalb des laufenden Insolvenzverfahrens der B KG besteht nicht.
3Der Beklagte war Komplementär der B KG, die sich im Insolvenzverfahren befindet.
4Für den hier vorliegenden Fall der Insolvenz einer Kommanditgesellschaft sieht § 93 InsO vor, dass die persönliche Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann. Damit soll u.a. die Doppelinsolvenz von Gesellschaft von Gesellschaft und Gesellschafter vermieden werden (Sperrwirkung). Die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über (Ermächtigungswirkung).
5An der Sperrwirkung des § 93 InsO ändert auch der Umstand nichts, dass die Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemäß den §§ 823 BGB, 266 StGB geltend gemacht werden. Denn ihrer Natur nach handelt es sich gleichwohl um Ansprüche, die nur aufgrund der Komplementärstellung des Beklagten in der KG entstehen konnten und somit Verbindlichkeiten der Gesellschaft sind. Ihr Rechtsgrund besteht in der gesetzlichen akzessorischen Gesellschafterhaftung. Nur in seiner Funktion als Gesellschafter war der Beklagte zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet; privat bzw. persönlich hatte er auch gar keine Arbeitnehmer beschäftigt.
6Die Sperr- und Ermächtigungswirkung dient der Gewährleistung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung. Anderenfalls würde zumindest unmittelbar der das Insolvenzverfahren beherrschende Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger verletzt, gerade wenn in der Einzelzwangsvollstreckung Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung vorgreiflich befriedigt würden.
7Der Insolvenzverwalter ist im Rahmen seiner Befugnisse sogar berechtigt, den Schuldner bei besonderen Umständen aus der Haftung für Forderungen zu entlassen; das letzte Wort hat die Gläubigerversammlung. Die Rechte würden dem Beklagten und dem Insolvenzverwalter bei einer antragsgemäßen Verurteilung genommen.
8Im Übrigen bliebe es der Klägerin unbenommen, ihre Forderung als solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung in dem Insolvenzverfahren der KG zur Tabelle anzumelden. Die Berechtigung der Forderung ist vom Insolvenzverwalter zu prüfen.
9Es handelt sich auch gerade nicht um Ansprüche von Gläubigern persönlicher Verbindlichkeiten des persönlich haftenden Gesellschafters, die ihren Rechtsgrund nicht in der gesetzlichen akzessorischen Gesellschafterhaftung haben.
10Insbesondere liegt keine Sonderverbindlichkeit wie z. B. den §§ 69, 34 AO vor. Eine weitgehende Sonderregelung, wie die Abgabenordnung sie mit den §§ 69, 34 AO vorhält, kennt das Recht für rückständige Sozialversicherungsbeiträge nämlich gerade nicht. Das SGB gibt den Sozialversicherungsträgern als Gläubigern bereits sehr weitgehende Rechte aus den §§ 51, 52 SGB I. Weitergehende Rechte, also eine persönliche Haftung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung für akzessorische Ansprüche jenseits der Verrechnungsmöglichkeiten, sieht das Gesetz gerade nicht vor.
11Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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