Beschluss vom Amtsgericht Siegen - 25 IN 373/10
Tenor
Dem Insolvenzschuldner sind von den nachgewiesenen Einkünften aus seiner selbstständigen Tätigkeit die zur Deckung der nachgewiesenen beruflich bedingten Ausgaben erforderlichen Beträge pfandfrei zu belassen.
Der pfandfrei zu belassende Teil der Einkünfte wird festgesetzt auf einen Betrag in Höhe von maximal 7.475,- EUR für eine Abrechnungsperiode von jeweils 3 Monaten.
Erreichen die Einnahmen in einer Abrechnungsperiode nicht den festgesetzten zu belassenden Teil der Einkünfte, so kann ein eventueller Differenzbetrag in den folgenden Abrechnungsperioden ausgeglichen werden.
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Gründe:
2Über das Vermögen des Schuldners wurde durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 18.04.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet und der oben genannte Insolvenzverwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter hat das pfändbare Arbeitseinkommen im Sinne der §§ 36 Abs. 1 InsO, 850 ZPO zur Insolvenzmasse zu ziehen.
3Der Schuldner bezieht teilweise Rentenbeträge, ist aber überwiegend selbstständig tätig.
4Mit Schreiben vom 10.09.2012 beantragte er die Festsetzung eines Betrages von 7.475,- EUR als pfandfrei zu belassenden Anteil aus seinen Einkünften festzusetzen.Der Antrag des Schuldners ist zulässig und überwiegend begründet.
5Vorstehende Entscheidung ergeht mangels ausdrücklicher Regelungen in entsprechender Anwendung des § 36 InsO und der §§ 850 a, 850 f Abs. 1 b) und 850 i ZPO.Insbesondere die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.03.2003 IX ZB 388/02 stützt den gestellten Antrag und wurde als Entscheidungsgrundlage einbezogen.
6Grundsätzlich trifft den Schuldner eine Erwerbsobliegenheit auf Grund seines Lebensalters nicht mehr.
7Trotzdem ist der Schuldner unstreitig selbstständig tätig.
8Die selbstständige Tätigkeit war durch den Insolvenzverwalter zunächst freigegeben worden, später war jedoch nach entsprechender Gläubigerversammlung die Unwirksamkeit der erfolgten Freigabe anzuordnen.
9In Folge dessen fallen sämtliche Einnahmen hieraus in die Insolvenzmasse, und der Schuldner kann nur über den nunmehr gestellten Antrag die Auskehr der für die beruflichen Aufwendungen benötigten Beträge erreichen.
10Durch vorstehende Beschlussfassung wird einerseits sichergestellt, dass der Schuldner seine selbstständige Tätigkeit ausüben kann, andererseits wird zu Gunsten der Insolvenzgläubiger sichergestellt, dass die Insolvenzmasse nicht belastet wird, sondern bei Einnahmen über dem festgesetzen "Maximal-Freibetrag" die entsprechenden Beträge in die Insolvenzmasse fließen.
11Der festgesetzte Betrag ist angelehnt an die Beispielrechnung des Steuerberaterbüros Dienemann. Da es sich lediglich um eine Beispielrechnung handelt, und die tatsächlichen Einnahmen noch ungewiss sind, ist die Festsetzung des "Maximal-Freibetrages" flexibel erfolgt.
12Betriebsausgaben (zwangsläufige Kosten) 2.925,00 EUR
13Betriebsausgaben (weiche Kosten) 650,00 EUR
14Zusatzvergütung 900,00 EUR
15Beiträge zu diversen beruflich bedingen Versicherungen 1.800,00 EUR
16Steuervorauszahlungen 1.200,00 EUR
17Die "Zusatzvergütung" ist für die überobligatorischen Anstrengungen des Schuldners zu verstehen, trotz fehlender Erwerbsobliegenheit weiter selbstständig tätig zu sein.
18Dem Antrag des Schuldners war daher -zumindest überwiegend- stattzugeben.
19Soweit genauere Formulierung beantragt war, ist das Gericht der Auffassung, nicht in der Verpflichtung zu sein festzulegen, welche Aufwendungen tatsächlich beruflicher Natur sind, beispielsweise die Krankenversicherung des Schuldners, der sich -zumindest auch- privat krankenversichern muss.
20Es ist Sache des Schuldners ist nachzuweisen, welche Aufwendungen beruflich bedingt sind, und Aufgabe des Insolvenzverwalters, dieses entsprechend zu prüfen.
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