Beschluss vom Amtsgericht Solingen - 33 F 153/97
Tenor
In Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994 wird auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.1997 hin dem Antragsgegner aufgegeben, der Antragstelle-rin ab 15.02.1997 monatlich 3500 DM Trennungsunterhalt zu zahlen, fällig im voraus bis zum 15. jeden Fälligkeitsmonats.
Der weitergehende Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
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(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2Gründe:
3Durch Beschluss vom 14.11.1994 ist die Unterhaltsleistung des Antragsgegners für die Antragstellerin mit monatlich 2000 DM bemessen worden. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt:
4"Bei der Zerstrittenheit der Parteien hinsichtlich der Höhe des Unterhalts, der Komplexität der Verhältnisse und angesichts noch vorzulegender Unterlagen ist eine weichenstellende Entscheidung im summarischen Verfahren derzeit noch nicht möglich. Andererseits ist ein weiteres Zuwarten in diesem Verfahren, einem Eilverfahren, nicht zu verantworten. Daher war eine Regelung zu treffen, die einer Leistungsverfügung nahe kommt, also nur – wenn auch etwas großzügiger ausgerichtet – Notunterhalt gewährt wird, vg. AG Solingen, FamRZ 1994, 840.
5Nach der Düsseldorfer Tabelle in ihrer letzten Fassung beträgt der notwendige Unterhalt eines getrenntlebenden und nicht berufstätigen Ehegatten monatlich 1150 DM. Dieser Betrag ist hier bei den überdurchschnittlich guten Einkommensverhältnissen, der Höhe des Mietzinses für die von der Antragstellerin und den Kindern bewohnte Wohnung und angesichts des mietfreien Wohnens des Antragsgegners im eigenen Haus auf 2000 DM erhöht worden."
6Auf die mündliche Verhandlung vom 05.04.1995 hin, wurde die einstweilige Anordnung hinsichtlich des Ehegattenunterhalts bestätigt.
7Im Verfahren 33 F 35/97 AG Solingen hat der Antragsgegner negative Feststellungsklage erhoben und die Feststellung beantragt, dass er der Antragstellerin ab 20.04.1994 keinen Unterhalt mehr schuldet. Der in diesem Verfahren gestellte Antrag, die Vollstreckung (Vollziehung) aus der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994 einzustellen, wurde durch Beschluss vom 09.01.1996 zurückgewiesen. In der Hauptsache ist noch keine Entscheidung ergangen. Zeitweise hat dieses Verfahren im Einverständnis beider Seiten geruht. Erst Anfang April 1997 wurde beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Auch in diesem Verfahren hat die Antragstellerin eindringlich aber bishin vergeblich darauf gedrungen, vom Ehemann Auskunft über seine neue Einkommenssituation zu erhalten.
8In diesem EA/Verfahren ist auf Antrag der Antragstellerin der Unterhalt für und durch Beschluss vom 15.06.1997 mit monatlich 1055 DM und 915 DM festgesetzt worden. In den Gründen des Beschlusses wird unter anderem ausgeführt:
9"Über die Abänderung der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf den ehelichen Unterhalt kann derzeit noch nicht entschieden werden. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, zur Förderung dieses Verfahrens und auch zur Vermeidung weiterer Verfahren über seine derzeitigen Einkünfte als Chefarzt und seine Mieteinnahmen Auskunft zu erteilen."
10Über die Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994 ist nunmehr hinsichtlich des Trennungsunterhalt der Antragstellerin zu befinden, nachdem am 10.11.1997 erneut mündlich verhandelt worden ist und über fünf Monate seit Erlass des Beschlusses vom 15.06.1997 verstrichen sind.
11Nach der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994 sind mehrere neue Umstände eingetreten. Die Kinder sind älter geworden, ihr Unterhaltsbedarf ist schon deshalb gewachsen und auch neu festgesetzt worden. Die Wohnverhältnisse der Parteien haben sich geändert. Die Situation des Antragsgegners, der jetzt Chefarzt ist, hat sich verändert. Bei diesen wesentlichen Änderungen ist der Antrag auf Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994 zulässig, insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen, vgl. z. B. Göppinger/Wax/van Els, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., Rz. 2264 sowie Zöller/Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 620 b Rz. 2.
12Trotz Zeitablaufs von fast 3 Jahren ist die Antragstellerin weiterhin (noch) nicht gehalten, berufstätig zu sein. Ihr Unterhaltsbedarf ist daher nicht wegen möglicher Einkünfte aus zumutbarer Berufstätigkeit zu reduzieren. Das Gericht verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Gründe der einstweiligen Anordnung vom 14.11.1994.
13Auch hinsichtlich einer vom Gericht verneinten Verwirkung von Unterhaltsansprüchen haben sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben.
14Da der Antragsgegner seine veränderten und durch beruflichen Aufstieg im Zweifel erhöhten Einkünfte trotz ausdrücklicher und mehrfacher Aufforderungen der Antragstellerin wie des Gerichts nicht darlegt und belegt hat, müssen diese Einkünfte im Rahmen dieses summarischen, eilbedürftigen Verfahrens nunmehr geschätzt werden, wobei das Gericht unter anderem auf die veröffentlichten statistischen Angaben zum Durchschnittsverdienst von Klinikchefärzten, insbesondere im Fach Chirurgie, zurückgreifen konnte. Hiernach ist bei dem Antragsgegner von gehobenen Einkommensverhältnissen auszugehen, die gebieten, den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin nicht quotenmäßig zu ermitteln, sondern nach dem Bedarf auszurichten. Wie bei Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen war, lebt und wohnt die Antragstellerin zusammen mit ihren Kindern. Die Kosten für Wohnung, aber auch andere Kosten sind teils nicht nur ihrem eigenen Bedarf, sondern auch dem der Kinder zuzurechnen, für die der Antragsgegner monatlich immerhin fast 2000 DM zahlt. Wie weiter zu beachten war, beträgt der Mietzins für die etwa 95 qm große und somit nicht unangemessene Wohnung der Antragstellerin in einem kleinen bergischen Schieferhaus dem vorgelegten Mietvertrag zufolge 1450 DM. Bei Berücksichtigung vor allem dieser Umstände veranschlagt das Gericht im Rahmen dieses summarischen Verfahrens den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin nunmehr mit 3500 DM, zur Einschätzung eines solchen Bedarfs vgl. Eschenbruch/Loy, FamRZ 1994, 665 ff. Dabei waren für die Darlegungslast und die Glaubhaftungsmachungslast der Antragstellerin für ihren konkreten Bedarf in diesem summarischen Verfahren nicht so hohe Anforderungen zu stellen, wie dies in einem nicht summarischen Verfahren grundsätzlich geboten ist.
15Entgegen den wiederholten Ausführungen des Antragsgegners ist das Verfahren, in dem er negative Feststellungsklage erhoben hat, gegenüber diesem summarischen Verfahren nicht "vorrangig". Auch wird das summarische Verfahren nicht "missbraucht", wenn hier entschieden wird, bevor im Verfahren über die negative Feststellungsklage Beweis erhoben wurde und entschieden worden ist. Das Gegenteil ist richtig: Das unter Umständen zeitaufwändige Verfahren zur negativen Feststellung würde das summarische Verfahren unterspülen und leerlaufen lassen, wenn es einer Entscheidung im summarischen, auf Beschleunigung hin angelegten Verfahren im Wege stehen würde. Zudem hat es der Antragsteller sich selbst zuzuschreiben, wenn das Feststellungsverfahren sich hinauszögert. Auch in diesem Verfahren erteilt er keine Auskünfte und Belege zu seiner im Zweifel eindeutig verbesserten Einkommenssituation.
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