Urteil vom Amtsgericht Solingen - 10 C 388/10
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.403,70 € (i.W.: eintausendvierhundertdrei 70/100 EURO) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. November 2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Die Klägerin ist der Rechtsschutzversicherer der Beklagten. Im Vertrag zwischen den Parteien ist eine Selbstbeteiligung der Beklagten in Höhe von 102,00 € je Rechtsschutzfall vereinbart. Im Weiteren liegen dem Versicherungsvertrag die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung zugrunde.
2Ab dem Jahre 2007 führte die Beklagte eine außergerichtliche Auseinandersetzung mit der Bausparkasse, wobei sie sich von einem Rechtsanwalt vertreten ließ. Dieser wandte sich mit einem Schreiben vom 29. März 2007 an die Klägerin und teilte mit, dass die Beklagte und ihr Ehemann von der Bausparkasse die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 28.000,00 € forderten. Er bat um Deckungszusage und forderte einen Vorschuss auf seine Gebühren in Höhe von 2.800,00 € an. Die Klägerin erteilte mit Schreiben vom 29. März 2007 eine Deckungszusage für das erstinstanzliche Verfahren. In diesem Schreiben erklärte die Klägerin: „Bei einer einverständlichen Erledigung zwischen den Parteien können wir die Kosten des Rechtsstreits nur zu dem Anteil übernehmen, der dem Nachgeben des Versicherungsnehmers in der Hauptsache entspricht“. Auf das Schreiben der Klägerin vom 29. März 2007, Bl. 8 d. A., wird Bezug genommen.
3Die Klägerin zahlte an den Rechtsanwalt der Beklagten einen Betrag in Höhe von 2.698,00 €. Dies entspricht dem angeforderten Kostenvorschuss in Höhe von 2.800,00 € abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 102,00 €.
4Am 12. September 2008 schlossen die Beklagte und die Bausparkasse eine Vereinbarung mit dem Inhalt, dass die Bausparkasse der Beklagten und ihrem Ehemann ein Darlehen gewährt, jedoch nicht wie ursprünglich begehrt in Höhe von 28.000,00 €, sondern lediglich in Höhe von 17.500,00 €. Im Weiteren vereinbarten sie, dass damit alle Ansprüche aus dem Rechtsstreit abgegolten sind. Eine Kostenregelung vereinbarten die Parteien nicht.
5Der Rechtsanwalt der Beklagten stellte insgesamt 3.451,48 € in Rechnung. Auf Bl. 12 d. A. wird Bezug genommen.
6Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 18. August 2010 auf, an sie 1.403,70 € bis zum 1. September 2010 zu zahlen. Die Beklagte zahlte nicht.
7Die Klägerin ist der Ansicht, gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.403,70 € gem. § 812 BGB i.V.m. § 5 Absatz 3 lit. b) ARB zu haben. Denn insoweit sei sie nicht zur Leistung verpflichtet gewesen. Ihr Anspruch berechne sich wie folgt: Die Beklagte und ihr Ehemann hätten die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 28.000,00 € begehrt. Hiervon hätten sie aufgrund der vertraglichen Vereinbarung lediglich 17.500,00 € erhalten. Das bedeutet, die Beklagte und ihr Ehemann hätten zu einem Anteil in Höhe von 62,5 % gewonnen bzw. zu 37,5 % verloren, wenn diesbezüglich ein Rechtsstreit geführt worden wäre. Im Falle einer Entscheidung durch Urteil wären demnach der Beklagten und ihrem Ehemann Kosten zu einem Anteil von 37,5 % auferlegt worden. Daher habe die Klägerin den Beklagten entsprechend ihrem Hinweis in der Deckungszusage auch nur 37,5 % der Kosten zu zahlen. Dies entspreche bei in Rechnung gestellten Gebühren in Höhe von 3.451,48 € einem Betrag in Höhe von 1.294,30 €. Tatsächlich zahlte sie jedoch 2.698,00 €, so dass ein Rückzahlungsanspruch in Höhe der Differenz, also 1.403,70 € bestehe.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.403,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. September 2010 zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte behauptet, nicht in Höhe der Klageforderung bereichert zu sein.
13Der von der Klägerin in der Deckungszusage erteilte Hinweis, dass bei einer einvernehmlichen Erledigung zwischen den Parteien die Kosten von der Klägerin nur zum Anteil übernommen werden, beziehe sich ausdrücklich nur auf die Kosten des Rechtsstreites. Ein solcher sei jedoch tatsächlich nicht aufgenommen worden.
14Überdies hätte sie aufgrund der Vereinbarung mit der Bausparkasse etwas ganz anderes erhalten als das ursprünglich begehrte. Denn es sei nicht das begehrte Darlehen in Höhe von 28.000,00 € zur Auszahlung gekommen, sondern es sei ein Zwischenkredit in Höhe von 17.500,00 € eingerichtet worden.
15Die Beklagten seien davon ausgegangen, dass die Bausparkasse ihnen ein Darlehen in Höhe von 28.000,00 € gewähren würde, weil sie dies bereits zugesagt hätte. Im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit habe der Rechtsanwalt jedoch feststellen müssen, dass eine Bewilligung des Darlehens von der Bausparkasse zu keinem Zeitpunkt gegeben worden ist, ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch zum damaligen Zeitpunkt somit nicht gegeben war. Die Beklagte hätte daher betreffend ihren ursprünglichen Antrag auf Bewilligung des verlangten Vorausdarlehens keine Aussicht auf Erfolg gehabt mit der Konsequenz, dass die Klägerin die bis dahin angefallenen anwaltlichen Kosten zu tragen gehabt hätte. Die Klägerin könne sich daher nicht auf die Leistungsfreiheit gem. § 5 Ziff. 3 b ARB berufen.
16Im Weiteren sei zu berücksichtigen, dass es bei der Anwendung von § 5 Ziff. 3 b nur um diejenigen Kosten gehen kann, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, somit vorliegend lediglich die Einigungsgebühren.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
19Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.403,70 € gem. § 812 i.V.m. § 5 Abs. 3 lit. b ARB.
20§ 5 Abs. 3 lit. b ARB ist auf außergerichtliche Vergleiche anwendbar.
21Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2006 – Az.: IV ZR 207/04 – dargelegt, dass § 2 ARB, die Vorgängerregelung zu § 5 ARB, auch auf außergerichtliche Vergleiche anzuwenden sei, wenn keine ausdrückliche Regelung über die außergerichtlichen Kosten der Parteien getroffen wurde. Denn die an § 92 Abs. 1 S. 1 angelehnte Klausel habe den Zweck, Kostenzugeständnisse des Versicherungsnehmers zu verhindern, die bei einer gütlichen Erledigung dem Erfolg des Versicherungsnehmers in der Hauptsache entsprechen. Der Bundesgerichtshof führt im Weiteren aus, dass die Klausel anwendbar ist ohne Rücksicht auf die ursprüngliche Rechtslage. Abzustellen ist lediglich darauf, wie die Kostenfolge gem. §§ 91 ff. ZPO vom Gericht getroffen worden wäre, wenn es ein Urteil mit demselben Inhalt wie ihn der Vergleich vorsieht, erlassen hätte.
22Die Norm des § 5 Abs. 3 b ARB ist vorliegend demnach anwendbar. Die Parteien des Vergleichs, die Beklagte und die Wüstenrot Bausparkasse AG, haben keine Vereinbarung über die Kosten getroffen. Denn die Ausschlussklausel, dass sämtliche Ansprüche abgegolten sind, hat zur Folge, dass jede der Parteien die außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren selbst zu tragen hat.
23Ebenfalls unbeachtlich ist, dass, so wie es die Beklagte vorträgt, der ursprünglich verfolgte Antrag der Beklagten auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 28.000,00 € ursprünglich nicht im Rechtswege durchsetzbar gewesen wäre. Denn, so stellt es der Bundesgerichtshof eindeutig klar, ist die Kostenregelung ohne Rücksicht auf die ursprüngliche Rechtslage, allein anhand des ursprünglichen Begehrens und des schließlich getroffenen Vergleichsinhalts zu berechnen. Abzustellen ist demnach auf das ursprüngliche Begehren der Beklagten in Höhe von EUR 28.000,00 und auf das tatsächlich durch Vergleich Erlangte in Höhe von EUR 17.500,00.
24Im Weiteren überzeugt der Einwand der Beklagten auch nicht, dass sich der Hinweis der Klägerin in der Deckungszusage vom 29. März 2007 ausschließlich auf die Kosten des Rechtsstreites bezieht. Denn insoweit muss Beachtung finden, dass sich die Deckungszusage ohnehin nur auf das Verfahren in der ersten Instanz bezieht. Würde der Hinweis der Klägerin somit streng orientiert am Wortlaut ausgelegt werden, so würde sich die ganze Deckungszusage nur auf die Kosten beziehen, die im Verfahren in der ersten Instanz angefallen wären. Dies meint aber auch die Beklagte selbst nicht.
25Aufgrund des vorgesagten ist allein auf das rein rechnerische Obsiegen der Beklagten abzustellen. Sie hat im Wege des Vergleichs 17.500,00 € erhalten. Beantragt hat sie eine Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 28.000,00 €. Der Betrag in Höhe von 17.500,00 € zu 28.000,00 € entspricht einem Anteil in Höhe von 62,5 %. Die Beklagte war daher nur zu einem Anteil in Höhe von 37,5 % unterlegen. Allein dieser Anteil ist von der Klägerin zu zahlen.
26Ausgehend von der Kostenrechnung des Rechtsanwaltes in Höhe von 3.451,48 € entspricht ein Anteil in Höhe von 37,5 % einem Betrag in Höhe von 1.294,30 €. Die Klägerin zahlte an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 2.698,00 € so dass die Differenzzahlung in Höhe von 1.403,70 € an die Klägerin von der Beklagten zurückzuzahlen ist.
27Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Die Klägerin hat das Vorliegen des Verzuges ab dem 2. September 2010 nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sie hat einseitig in dem Schreiben vom 28. August 2010 eine Zahlungsfrist bis zum 1. September 2010 gesetzt. Darin liegt keine Zahlungsvereinbarung im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dass sie nach der erstmaligen Zahlungsaufforderung die Beklagte gemahnt hat, hat sie nicht dargelegt.
28Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 709, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
29Streitwert: 1.403,70 €
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