Beschluss vom Amtsgericht Solingen - 32 F 85/11
Tenor
Der Antrag des Antragstellers wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
1
Gründe:
2Die Beteiligten sind die leiblichen Eltern des Kindes , geb. am . Die Antragsgegnerin übt die elterliche Sorge über das Kind allein aus.
3Die Beteiligten führten in der Vergangenheit bis Oktober 2009 eine nichteheliche Beziehung.
4Der Antragsteller erklärt, dass er Verantwortung für seine Tochter übernehmen möchte. Die Antragsgegnerin weigere sich, trotz aller Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft an der gemeinsamen Verantwortung mitzuwirken.
5Die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge würde dem Kindeswohl nicht widersprechen, so dass gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention seinem Antrag stattzugeben wäre. Im Weiteren nimmt der Antragsteller Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010, 1 BvR 420/09.
6Die gemeinsame elterliche Sorge sei erforderlich, damit die Elternteile jeweils bei wichtigen Entscheidungen eingebunden werden.
7Er beantragt,
8das Sorgerecht über die gemeinsame Tochter , geb. , auf ihn mitzuübertragen, so dass also die Beteiligten das gemeinsame Sorgerecht für ihre Tochter erhalten.
9Die Antragsgegnerin beantragt,
10den Antrag abzuweisen.
11Im Gegensatz zu der Ansicht des Antragstellers sei die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur dann auszusprechen, wenn dies dem Kindeswohl dienlich sei.
12Der Antragsteller habe kein wirkliches Interesse an der gemeinsamen Tochter. Die Trennung der Beteiligten sei erfolgt als er Kenntnis von der Schwangerschaft erhalten habe. In der Vergangenheit sei es zwischen den Beteiligten nicht möglich gewesen, über die Belange des Kindes zu kommunizieren. Dies sei jedoch Voraussetzung für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Zwischen den Beteiligten würden sich vielmehr Unstimmigkeiten ergeben.
13Die Vertreterin des Jugendamtes befürwortet den Verbleib der alleinigen elterlichen Sorge bei der Kindesmutter. Sie erklärt, dass die Eltern nicht in der Lage seien, sich bezüglich der Kindesbelange auszutauschen. Es sei davon auszugehen, dass sie auch in Zukunft ohne Unterstützung nicht in der Lage seien, gemeinsame Gespräche zu führen.
14Das Gericht hat zu der Frage, welche Sorgerechtsregelung dem Wohl des Kindes am besten entspricht, Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16. August 2011, Bl. 35 dA. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Dipl.-Päd. B.vom 12.12.2011 Bezug genommen.
15Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
16II.
17Der Antrag des Antragstellers ist unbegründet und ist daher abzuweisen.
18Mit dem Antragsteller ist zwar die Rechtsprechung des BVerfG zu beachten, das die Regelung des § 1626 a BGB für verfassungswidrig erklärt hat. Der Ansicht des Antragstellers entgegen ist jedoch nicht bereits dann die gemeinsame elterliche Sorge einzuräumen, wenn eine Kindeswohlgefährdung damit nicht verbunden ist. Sondern dem Vater eines nichtehelich geborenen Kindes steht bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung der elterlichen Sorge ein Anspruch auf Teilhabe an der elterlichen Sorge zu, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht. Das bedeutet, die Kindeswohldienlichkeit ist ausdrücklich festzustellen.
19Vorliegend dient die Ausübung der elterlichen Sorge durch die Beteiligten gemeinsam nicht dem Kindeswohl. Im Gegenteil steht die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl entgegen. Denn unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist, dass die Eltern konsens- und kommunikationsfähig sind und es ihnen gelingt, zum Einvernehmen im Interesse des Kindes zu gelangen. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Beteiligten nicht konsens- und kommunikationsfähig sind.
20Das Gericht stützt sich bei seiner Entscheidung maßgeblich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Der Sachverständige B. hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die Beteiligten nicht in der Lage seien, Dinge für zu regeln. Der partnerschaftliche Konflikt zwischen den Beteiligten sei zu stark als dass sie ihren Fokus maßgeblich auf das Kind ausrichten könnten. Er hat im weiteren ausgeführt, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge eher eine Machtfrage darstelle als den Wunsch, Verantwortung für ein Kind zu übernehmen.
21Die schon jetzt bestehenden Konflikte zwischen den Eltern würden belasten und es sei damit zu rechnen, dass bei Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge mit weiteren gravierenden kindeswohlgefährdenden Aspekten zu rechnen sei. Ausdrücklich hat er erklärt, dass die bei der Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretenden Spannungen und Konflikte dem Kindeswohl widersprechen und in ihrer seelischen Entwicklung gefährden.
22Das Gericht schließt sich den Feststellungen des Sachverständigen vollumfänglich an. Der Sachverständige, an dessen Fachkompetenz das Gericht keinen Zweifel hat, hat seine Feststellungen umfassend und nachvollziehbar begründet. Die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entspricht nicht dem Kindeswohl.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.
24Rechtsbehelfsbelehrung:
25Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Solingen, Goerdelerstr. 10, 42651 Solingen schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Soweit sich die Beschwerde nur gegen die Kostenentscheidung richtet, ist diese nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
26Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Solingen eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
27Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
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