Anerkenntnisurteil vom Amtsgericht Wipperfürth - 1 C 251/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte beliefert in W1, H, W2 und K Letztverbraucher mit leitungsgebundenem Erdgas und führt in ihrem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung die Grundversorgung von Haushaltskunden mit Erdgas nach § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG durch.
3Der Kläger wurde von der Beklagten mit leistungsgebundenem Erdgas beliefert. Grundlage war der Gasliefervertrag vom 07.04./01.06.1981. Es handelte sich um einen Gasversorgungs-Sondervertrag außerhalb der Grundversorgung nach § 36 Abs. 1 EnWG, bis zum 13.07.2005 außerhalb der allgemeinen Versorgung nach § 36 Abs. 1 EnWG 1998. Die Regelungen der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV)“ vom 21.06.1979 (BGBl. I S. 676) waren Bestandteil dieses Vertrages. Ab dem 01.01.2007 waren die Allgemeinen Bedingungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrundversorgungsverordnung - GASGVV) vom 26.10.2006 (BGBl. I S. 2391, 2396) als allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 EnWG infolge der gesetzlich vorgegebenen Anpassung Vertragsbestandteil.
4Der Kläger wurde zum Vollversorgungstarif (HV) beliefert. Dieser Vertrag enthielt in Ziffer 2 eine Preisanpassungsklausel, die von dem Bundesgerichtshof mit Urteil vom 17.12.2008 - VIII ZR 274/06 - in einem vergleichbaren Fall für unwirksam erklärt worden ist. Die Preise sind von der Beklagten nach Vertragsabschluss geändert worden, ohne dass der Beklagte dagegen Einwände erhoben hätte. Erstmals mit seinem Schreiben vom 21.02.2009 (Anlage K 3 der Klageschrift) berief er sich auf die Unwirksamkeit der Klausel in Ziffer 2 des Vertrages und verlangte die Rückzahlung der seiner Ansicht nach zu Unrecht erhobenen Beträge.
5Der Kläger hat zum 01.10.2008 seinen Gaslieferanten gewechselt und wird seit diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Beklagten mit Erdgas beliefert. Die ihm erteilte Schlussrechnung vom 23.10.2008 wurde von ihm vorbehaltslos in voller Höhe ausgeglichen.
6Mit Schreiben vom 21.02.2009 begehrte der Kläger die Rückerstattung der vermeintlich zu Unrecht gezahlten Erhöhungsbeträge seitens der Beklagten. Diese lehnte dies mit Schreiben vom 02.03.2009 ab.
7Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.03.2009 forderten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte zur Zahlung von 2.621,54 € unter Fristsetzung bis zum 03.04.2009 auf. Dem Kläger entstanden vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 €, die er an seine jetzigen Prozessbevollmächtigten gezahlt hat.
8Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die erfolgten Preiserhöhungen in der Vergangenheit unwirksam gewesen seien. Er habe daher die Mehrbeträge ohne rechtlichen Grund an die Beklagte gezahlt, so dass er gemäß § 812 BGB Anspruch auf Rückzahlung habe. Eine konkludente Vereinbarung hinsichtlich der vorgenommenen Preiserhöhungen seien nicht erfolgt. Für die Jahre 2006 bis 2008 habe er daher insgesamt 2.621,54 € zu viel an die Beklagte gezahlt, so dass er diesen Betrag von ihr beanspruchen könne.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.621,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 € zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie vertritt die Auffassung, dass die Preiserhöhungen wirksam geworden seien, da sie konkludent durch den widerspruchslosen Gasbezug seitens des Klägers nach den jeweils erfolgten Preiserhöhungen vereinbart worden seien. Dementsprechend bestehe kein Bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch des Klägers. Zudem seien nicht die Preise zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich, sondern der letzte jeweils vereinbarte Preis vor dem Lieferantenwechsel. Die Beträge seien auch fehlerhaft berechnet, da die Preisänderungen nicht berücksichtigt worden seien und zudem der Kläger die Beträge falsch in Euro umgerechnet habe.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie der von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist nicht begründet.
17Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 S. 1 erste Alternative BGB zu, da die Beklagte den an sie entrichteten Kaufpreis für das von dem Kläger bezogene Gas mit Rechtsgrund erhalten hat. Zwar ist davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Gaspreisänderungen auf unwirksamer vertraglicher Grundlage vorgenommen wurden, da die in § 2 Nr. 2 des Erstgaslieferungsvertrages vereinbarte Preisänderungsklausel nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs unwirksam ist. Jedoch hat der Kläger die Preisanpassung bis zu seinem Schreiben vom 21.02.2009 widerspruchlos hingenommen und damit als verbindlich anerkannt. Denn soweit der Kläger innerhalb angemessener Frist nach Erhalt der Rechnung die Unwirksamkeit der Preisänderung nicht beanstandet, sondern die auf diesen (erhöhten) Preisen beruhende Jahresrechnungen ohne Vorbehalt oder Einwand ausgeglichen und weiter Gas auf der Grundlage der geänderten Preise bezogen hat, ist auch über den von der Beklagten nach Vertragsabschluss geforderten, gegenüber dem bei Vertragsschluss geltenden erhöhten Preis konkludent (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 AVB-GasV) eine vertragliche Einigung der Parteien zustande gekommen (vgl. BGH Z 178, 362 ff.). Zwar lag dieser Entscheidung des BGH ein Tarifkundenvertrag und einseitig auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 und Abs. 2 AVB-GasV bestimmte Preise zugrunde. Die rechtlichen Ausführungen müssen aber auch für Sonderverträge und den Fall einer Preisänderung aufgrund einer unwirksamen Preisanpassungsklausel gelten. Dies folgt daraus, dass die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätze von Willenserklärungen durch konkludentes Handeln auf den § 133, 242 BGB beruhen.
18Auch dann, wenn der Energieabnehmer mit der tatsächlichen Inanspruchnahme der Energielieferung oder sonstigem Verhalten keine Willenserklärung abgeben will, liegt nach herrschender Ansicht eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten vom Vertragsunternehmen nach Treue und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und wenn der Empfänger (hier die Beklagte) sie tatsächlich so verstanden hat. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es keine vertraglich wirksame Preisanpassungsklausel gegeben hat. Nach diesen Grundsätzen durfte die Beklagte die Hinnahme und den Ausgleich der auf den erhöhten - wie auch auf gesenkten - Preisen beruhenden Rechnungen und den weiteren Gasbezug durch den Kläger nach der Ankündigung und Bekanntgabe der Preisänderungen in den Rechnungen so verstehen, dass dieser mit den Preisänderungen Einverstanden war. Kündigt ein Versorgungsunternehmen eine Gaspreiserhöhung schriftlich an und widerspricht der Kunde dem bis zum ankündigten Zeitpunkt der Erhöhung nicht, darf das Versorgungsunternehmen in dem Weiterbezug des Gases das Einverständnis des Kunden mit der entsprechenden Preiserhöhung sehen. Die Nichtigkeit der Preiserhöhungsklausel steht dem nicht entgegen (vgl. LG Dresden, RdE 2009, 33). Der Kläger hat diese durch die Beklagte erhöhten Gaspreise ohne Vorbehalt anerkannt. Die Erwägung des Bundesgerichtshofes zu der widerspruchslosen Hinnahme einseitig geänderter Preise gelten gleichermaßen auch für den Fall, dass die einseitig vom Versorgungsunternehmen vorgenommenen Preisanpassungen auf einer unwirksamen Preisanpassungsklausel beruhen (vgl. LG Köln, Urteil vom 16.09.2009, Az.: 90 O 50/09).
19Da somit auch die erhöhten Gasbezugspreise seitens des Klägers mit Rechtsgrund an die Beklagte gezahlt wurden, scheidet ein Rückzahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten aus. Dementsprechend kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Rückzahlungsbeträge ggfls. falsch berechnet sind, nicht mehr an.
20Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
21Streitwert: 2.651,54 €.
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