Schlussurteil vom Amtsgericht Wuppertal - 90 C 286/12
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die vollständigen Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Zahlung von Umsatzsteuer für die Verwertung zweier Fahrzeuge im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren.
3Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 26.04.2010 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B bestellt worden. Zuvor hatte der Insolvenzschuldner mit der Beklagten unter dem 24.01.2007 und dem 20.05.2008 jeweils einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Fiat Ducato geschlossen. Als Sicherheit wurden die erworbenen Fahrzeuge zur Sicherheit übereignet. Nachdem beide Darlehen notleidend wurden, kündigte die Beklagte die Verträge am 23.07.2009 bzw. am 09.02.2010. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurden die Fahrzeuge der Beklagten zur Verwertung überlassen, die sie im Rahmen einer Darlehensvereinbarung an einen Dritten weitergab. Mit dem Dritten vereinbarte sie eine Übernahme der Darlehensverträge des Insolvenzschuldners, die noch offenen Darlehenssummen beliefen sich auf 12.130,26 € und 11.307,26 €. Der Wert der Fahrzeuge wurde dabei nicht gesondert ausgewiesen (Vgl. Anlage B2, Blatt 41 der Gerichtsakte, sowie Anlage B3, Blatt 43 der Gerichtsakte). Die Beklagte blieb Sicherungseigentümerin der Fahrzeuge, deren Wert sich zum damaligen Zeitpunkt auf 3.500,00 € bzw. 4.500,00 € netto belief.
4Hinsichtlich der Feststellungskosten einigten sich die Parteien auf eine Pauschale von jeweils 300,00 €. Dies entspricht umgerechnet einem hypothetischen Verwertungserlös von 7.500,00 € pro Fahrzeug.
5Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte die Fahrzeuge an Dritte im Rahmen eines Neuabschlusses von Darlehensverträgen weitergegeben habe und daher eine Verwertung im Sinne der §§ 166 ff InsO vorliege, für die Umsatzsteuer anfalle. Es liege keine Vertragsübernahme der Darlehensverträge vor, da diese bereits gekündigt worden seien. Der für die zu zahlende Umsatzsteuer entscheidende Verwertungserlös bestimme sich danach, in welcher Höhe der Dritte die Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag übernommen habe.
6Mit der am 16.07.2012 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst beantragt, die Beklagte im Wege der Stufenklage in erster Stufe zur Auskunft über den Verwertungserlös der Fahrzeuge, die Richtigkeit der Auskunftserteilung an Eides statt zu versichern und in zweiter Stufe zur Zahlung der sich aus der Verwertung ergebenden Umsatzsteuer zu verurteilen.
7Nach Zustellung der Klage zahlte die Beklagte am 20.08.2012 auf die geltend gemachte Umsatzsteuer einen Betrag von 2.394,96 €. Mit Schriftsatz vom 25.09.2013 teilte die Beklagte die Höhe der von dem Dritten übernommenen Darlehensforderungen mit.
8Am 05.10.2012 hat das Gericht die Klage mit einem als Teilurteil bezeichnetem Urteil abgewiesen.
9Der Kläger beantragt nunmehr,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.453,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligem Basiszinssatz der EZB seit dem 02.09.2011, abzüglich am 20.08.2012 gezahlter 2.394,96 € zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
12Sie behauptet, dass die Darlehensverträge von einem Dritten übernommen wurden und insoweit keine Umsatzsteuer entstanden sei. Ohnehin hätten sich die Parteien in der Vereinbarung über die Feststellungspauschale über einen fiktiven Verwertungserlös der Fahrzeuge in Höhe von 7.500,00 € pro Fahrzeug geeinigt, so dass aufgrund der unstreitigen Zahlung der Umsatzssteuer auf diese Beträge in Höhe von 2.394,96 € der Anspruch erfüllt sei.
13Sie meint zudem, dass der zu zahlende Umsatzsteuerbetrag allenfalls auf Grundlage des Wertes der Fahrzeuge bei Übernahme durch den Dritten zu ermitteln wäre und der Kläger daher bereits mehr erhalten habe, als ihm zustünde.
14Gegen das Urteil vom 05.10.2012, dessen klageabweisender Tenor damit begründet wurde, dass eine Verwertungsmöglichkeit nach § 168 Abs. 3 InsO vorläge und die Parteien sich im Rahmen der Pauschalbetragsvereinbarung auf einen Kaufpreis von 7.500,00 € geeinigt hätten, hat der Kläger zunächst Berufung eingelegt, diese aber später zurückgenommen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
16Entscheidungsgründe
17Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
18Mit dem nunmehr bezifferten Zahlungsanspruch liegt eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageerweiterung vor (Greger in Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 254 Rn 4). Diese Erweiterung war weiterhin noch nach Erlass des Urteils vom 05.10.2012 zulässig, da der Rechtsstreit hinsichtlich der noch offenen zweiten Zahlungsstufe noch nicht vollständig entschieden war, auch wenn der Tenor sich auf die Klage insgesamt erstreckte und auch bereits eine vollständige Kostenentscheidung getroffen wurde.
19Aus der Überschrift als Teilurteil und den Entscheidungsgründen, die ganz überwiegend die in erster Stufe geltend gemachten Auskunftsansprüche betreffen, ergibt sich jedoch, dass keine Entscheidung auch über einen Zahlungsanspruch beabsichtigt war.
20Die Klage ist allerdings unbegründet.
21Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Umsatzsteuer ist bereits erfüllt.
22Ein entsprechender Anspruch bestand vorliegend nach § 170 Abs. 2, 171 Abs. 2 S. 3 InsO. An das anders lautende Teilurteil ist das Gericht dabei in seiner Entscheidung auf zweiter Stufe nicht gebunden (Vgl. Greger in Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 254 Rn 9).
23Es liegt keine Verwertung nach § 168 Abs. 3 S. 1 InsO vor, da die Parteien keine Einigung darüber getroffen haben, dass die Beklagte selbst das Eigentum an den Fahrzeugen zu einem bestimmten Preis erhält. Stattdessen hat der Kläger der Beklagten lediglich die weitere Verwertung übertragen. Diese Verwertung hat die Beklagte durch Weiternutzung der Fahrzeuge als Sicherheitsgut im Rahmen der Darlehensverträge durchgeführt.
24Dabei ist ein Verwertungserlös im Sinne des § 170 Abs. 2 InsO entstanden. Die Beklagte hat nicht lediglich Darlehensverträge mit einem Dritten abgeschlossen, sondern im Rahmen dieser Verträge die Fahrzeuge als Sicherungsgut genutzt und dafür in Ausübung ihrer Verfügungsmacht über diese dem Dritten ein Anwartschaftsrecht übertragen. Als Gegenleistung hat die Beklagte den Anspruch auf Zahlung der Kreditsumme erhalten. In Höhe des Wertes der Fahrzeuge hat sie einen Verwertungserlös erzielt, nämlich als Surrogat für das Sicherungsrecht.
25Dieser Vorgang ist, im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten, auch umsatzsteuerpflichtig nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 UStG. In der Übertragung des Anwartschaftsrechtes unter gleichzeitigem Eigentumsvorbehalt durch die Beklagte liegt eine Lieferung im Sinne dieser Vorschrift.
26Die Befreiung des § 4 Nr. 8 a UstG findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Im Rahmen eines Kreditgeschäfts erbringt der Kreditgeber zwar steuerrechtlich zwei Lieferungen, die Warenlieferung und die Bewilligung der Teilzahlung (Ziffer 3.11 Umsatzsteuer-Anwendungserlass), eine Betrachtung der Kreditgewährung als gesonderte Leistung kann allerdings nur bei einer eindeutigen Trennung zwischen Lieferung und Kreditgeschäft erfolgen. Eine solche eindeutige Trennung hat die Beklagte jedoch im Rahmen ihrer Vertragsgestaltung mit dem Dritten nicht vorgenommen.
27Dabei kann es dahinstehen, ob diese Verträge neu abgeschlossen oder aber nur übernommen wurden.
28Der Wert der darin enthaltenen Lieferung ist jedoch nur mit der Höhe des Verkehrswertes der Fahrzeuge bei Überlassung an den Dritten zu bemessen. Nur in dieser Höhe liegt eine steuerrechtlich relevante Lieferung vor.
29Abzustellen ist auch nicht auf die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung über die Feststellungskosten, da diese keine Vereinbarung über einen bestimmten Verkehrswert der Fahrzeuge enthält. Ausdrücklich zielt die Vereinbarung nur auf die Höhe der Feststellungskosten ab, zudem hat die Beklagte selbst in ihrem Schreiben vom 30.06.2011 (Bl. 47 der Gerichtsakte) unter Bezugnahme auf die Vereinbarung eine Zahlung der Umsatzsteuer verweigert. Dies spricht gegen eine Auslegung der Vereinbarung dahingehend, dass die Parteien sich auch über einen fiktiven Verwertungserlös, der sämtlichen Weiterungen des Vorgangs zugrunde zu legen sei, geeinigt hatten.
30Allerdings hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass sich der Wert der Fahrzeuge nur noch auf 3.500,00 € bzw. 4.500,00 € netto belief. Daraus ergibt sich eine Umsatzsteuer von insgesamt 1510,00 € (665,00 € plus 855,00 €). Den auf Zahlung dieses Betrages gerichteten Anspruch hat die Beklagte erfüllt.
31Ein weitergehender Anspruch des Klägers über die bereits gezahlten 2.394,96 € hinaus besteht nicht.
32Aufgrund der von der Beklagten vorgenommen Zahlung über die eigentlich geschuldeten 1.510,00 € hinaus besteht weiterhin kein Anspruch des Klägers auf eine Verzinsung dieser Summe. Auch dieser Anspruch aus § 170 Abs. 2 InsO in Verbindung mit §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB ist bereits erfüllt. Der überschießende Betrag der Zahlung war insoweit gemäß § 367 Abs. 1 BGB auf die zwischen dem 01.09.2011 und dem Zeitpunkt der Zahlung am 20.08.2012 entstandenen Zinsen in Höhe von 76,42 € anzurechnen.
33Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
34Streitwert:
35- 36
1. Stufe: 600,00 €
- 37
2. Stufe: 600,00 €
- 38
3. Stufe: 2058,17 €
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Referenzen
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