Urteil vom Amtsgericht Wuppertal - 85 Ds-326 Js 4099/21-17/22
Tenor
Der Angeklagte ist der Urkundenfälschung schuldig. Er hat 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung der Jugendgerichtshilfe zu leisten.
Gerichtskosten werden nicht erhoben .
1
Gründe
2(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StPO)
3I.
4Der Angeklagte ist das zweitjüngste von insgesamt 6 Kindern seiner Eltern. Er wurde in Deutschland geboren. Vor seiner Geburt lebten seine Eltern in T. Zwei Brüder im Alter von 31 und 25 Jahren und zwei Schwestern im Alter von 27 und 23 Jahren wurden noch in T geboren. Bis auf die letztgenannte leben alle Kinder noch im Haushalt der Eltern, auch die jüngste Schwester von 15 Jahren.
5Seine Mutter arbeitet als Altenpflegerin, der Vater ist arbeitslos. Den Lebensunterhalt bestreitet die Familie mit dem Einkommen der Mutter und der älteren Geschwister. Es besteht ein gutes Verhältnis zu allen Familienmitgliedern, der ältere Bruder begleitete den Angeklagten zum Termin, ebenso der Vater.
6Der Angeklagte besuchte zeitweise einen Kindergarten und wurde teilweise auch von der Mutter zu Hause betreut. Er wurde an der Städtischen Gemeinschaftsgrundschule G-Straße eingeschult und musste die 1. Klasse wiederholen. Nach der Grundschulzeit wechselte er auf die Gesamtschule C und durchlief diese ohne Wiederholungen. Im Sommer 2021 absolvierte er dort seinen Hauptschulabschluss nach Klasse 10. Aktuell besucht er auf dem Berufskolleg F die 11. Klasse.
7Parallel hat er sich für einen Bundesfreiwilligendienst beworben. Er möchte gerne eine Ausbildung als Bankkaufmann (Sparkasse) oder als Fachangestellter für Arbeitsmarktdienstleistungen (Jobcenter) beginnen. Beim Jobcenter soll ggf. auch der Freiwilligendienst geleistet werden.
8Sollte die Bewerbung um eine Stelle im Bundesfreiwilligendienst oder eine Ausbildung ohne Erfolg bleiben, möchte der Angeklagte weiter die Schule besuchen, um einen höheren Schulabschluss zu erreichen.
9Als prägende Lebensereignisse benennt der Angeklagte die Verluste vieler Familienmitglieder in T aufgrund des dortigen Krieges. Besonders zu seinem Cousin, der vor ca. 2 Jahren getötet wurde, hatte er eine enge Verbindung. Ansonsten sei sein Leben geradlinig verlaufen.
10In seiner Freizeit geht der Angeklagte regelmäßig ins Fitnessstudio und trifft sich mit Freunden.
11Strafrechtlich ist er bisher nicht in Erscheinung getreten.
12II.
13Am Tattag legte der Angeklagte gegen 10:21 Uhr in der B Apotheke, X-Straße in Y einen auf seine Personalien ausgestellten Impfpass vor, um sich ein digitales Covid 19-Zertifikat der EU mit QR-Code ausstellen zu lassen.
14Unter der Rubrik "Schutzimpfungen gegen Covid 19" befanden sich zwei auf den 22.06.2021 und den 23.07.2021 lautende Einträge. Daneben befanden sich jeweils Aufkleber mit der Aufschrift "COMIRNATY" und "Ch.-B.: FD5996" bzw. "Ch.-B.: FC 1432". Hierneben waren zwei Stempelabdrucke Dr. med. Z, Allg. Med., Y" sowie darin aufgebrachte Unterschriften vorhanden. Die in dem Impfpass eingetragenen Impfungen gegen Covid 19 haben tatsächlich nie stattgefunden. Den Impfpass mit den Einträgen hatte der Angeklagte für 150 Euro gekauft, weil er von den ständigen Test "genervt" war, die er ohne Impfung absolvieren musste. Ihm war klar, dass es sich um eine Totalfälschung handelte.
15Auf die Rückgabe des Dokuments hat er verzichtet, so dass es nicht eingezogen werden musste. Ebenso hat er die Tat vollständig und glaubhaft eingeräumt, so dass er einer Tat der Urkundenfälschung nach § 267 StGB überführt ist.
16III.
17Der Angeklagte war zur Tatzeit Jugendlicher, an seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. § 3 JGG) bestehen keine Zweifel.
18Bei der Frage, wie die Tat zu ahnden war, sprach zugunsten des Angeklagten sein Geständnis sowie der Umstand, dass er bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Zudem hat er den gefälschten Pass quasi nie verwenden können, da die Tat beim Versuch auffiel, sich ein Zertifikat zu verschaffen, mit dem er als "geimpft" gegolten hätte.
19Positiv wirkten sich auch die stabilen familiären Verhältnisse aus, so dass der Angeklagte voraussichtlich nur einmalig und ausnahmsweise vor Gericht erscheinen musste. Sowohl der Vater als auch der ältere Bruder, die ihn begleiteten, scheinen einen positiven Einfluss zu haben, wonach die Familie Regelverstöße ablehnt, sondern eine gute Integration in die Gesellschaft anstrebt, wie sie den älteren Geschwistern offenbar schon gelungen ist.
20Auch der Angeklagte selbst hat positive Ziele, möchte von selbst erwirtschaftetem Geld leben und arbeitet daran, diese Vision zu verwirklichen, indem er sich bewirbt oder vorab ein freiwilliges soziales Jahr absolviert.
21Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hielt das Gericht die im Tenor genannten Auflage aus erzieherischen Gründen für erforderlich, aber auch ausreichend.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 JGG.
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