Urteil vom Arbeitsgericht Herford - 1 Ca 1235/11
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 11.11.2011 wird aufrecht erhalten.
Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.903,55 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Bestandsschutz und Weiterbeschäftigung.
3Der am 23.01.1970 geborene, ledige und Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 15.04.2001 bei der Beklagten als Bauingenieur gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 3.980,71 € beschäftigt. Im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, 3 KSchG beschäftigt.
4Der Kläger arbeitete ab dem 15.04.2001 zunächst am Standort Osnabrück des beklagten Königreichs. Er war in die Vergütungsgruppe C 7 eingruppiert. Nach der Schließung des Standorts Osnabrück kündigte die Britische Arbeitsverwaltung mit Schreiben vom 06.08.2008 das mit dem Kläger bestehende Beschäftigungsverhältnis als Bauberater zum 31.03.2009 (Ablichtung Anlage K 5 Bl. 153 d. A.). Der Kläger konnte sich auf den Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (Schutz TV) aufgrund der Schließung des Standortes Osnabrück berufen.
5Gemäß Arbeitsvertrag vom 31.03./01.04.2009 nahm der Kläger dann eine Tätigkeit als „Sector Technical Officer (B&CE)“ in Herford auf (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Arbeitsvertrages in deutscher und englischer Sprache, Anlage K 6 Bl. 155 d. A. verwiesen nebst beiliegender Stellenbeschreibung Bl. 157 ff. d. A.).
6Am 28.04.2009 schloss der Kläger mit der Britischen Arbeits- und Personalverwaltung in Herford eine Vertragsnebenabsprache. Danach erhält der Kläger zusätzlich zu seiner mit Arbeitsvertrag vom 01.04.2009 vereinbarten Grundvergütung als technischer Angestellter C 6 eine außertarifliche Zulage. Die außertarifliche Zulage wird – bei gleichbleibender Tätigkeit – wegen allgemeiner Erhöhung der tarifvertraglichen Vergütungssätze nicht gekürzt. Sie umfasst den Differenzbetrag zwischen der derzeitigen Eingruppierung C 6 und der am Standort Osnabrück ausgeführten vergleichbaren Tätigkeit mit der Eingruppierung C 7 (Ablichtung Anlage K 7 Bl. 162 d. A.).
7Wegen einer privaten Baumaßnahme reduzierte der Kläger im Einverständnis mit der Beklagten seine wöchentliche Arbeitszeit im Zeitraum vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 von 38,5 auf 25,5 Stunden (wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Nachtragsvertrag vom 01.04.2010, Anlage K 8 Bl. 163 d. A., verwiesen). Seit dem 01.01.2011 arbeitet der Kläger wieder vollschichtig.
8Unter dem 17.05.2011 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses ab dem 08.08.2011 auf die Babcock Support Services GmbH (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ablichtung dieses Schreibens Anlage B 2 Bl. 71 ff. d. A. verwiesen, (in englischer Sprache ab Bl. 88 d. A.)). Dieses Schreiben ging dem Kläger ausweislich der Empfangsbestätigung (Ablichtung Bl. 105 d. A.) am gleichen Tage zu.
9Mit Schreiben vom 10.06.2011 ließ der Kläger dem angekündigten Übergangsarbeitsverhältnis auf die Babcock Support Services GmbH widersprechen (Ablichtung Anlage B 3 Bl. 106 d. A.).
10Mit Schreiben vom 20.09.2011 kündigte die britische Arbeits- und Personalverwaltung das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist fristgerecht zum 29.02.2012 (Ablichtung des Kündigungsschreibens Anlage K 4 Bl. 10 f. d. A.). Dieses Schreiben ging dem Kläger noch am gleichen Tage zu.
11Mit seiner vom 10.10.2011 datierenden Klage, am gleichen Tag per Telefax vorab bei dem erkennenden Gericht eingegangen, wehrt sich der Kläger gegen diese Kündigung. Die Klage richtet sich ausweislich des Rubrums gegen das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, vertreten durch das Britische Verteidigungsministerium, dieses vertreten durch den Generalkommandeur des United Kingdom Support Command Germany, vertreten durch die Herford Office Gütersloh, Garrison Labour Support Unit, The Royal Logistic Corps British Forces, diese vertreten durch die Dienststellenleiterin, Frau U. Schmidt, Head of Agency, Kattenschling 8, 32049 Herford.
12Der Kläger meint, die im Kündigungsschreiben angegebenen Gründe seien unzutreffend. Die pauschale Behauptung der Beklagten, mit Wirkung zum 08.08.2011 hätte die Beklagte ihre FACILITIES Management Tätigkeiten auf die Babcock Support Services GmbH ausgegliedert und die für die Erfüllung dieser Aufgaben wesentlichen Betriebsmittel im Rahmen von Betriebsteilübergängen mit Wirkung zum Übergangsstichtag auf die Babcock Support Services GmbH übertragen, sei in mehrfacher Hinsicht falsch (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 30.12.2011 (unter III) verwiesen).
13Der Kläger bestreitet darüber hinaus, dass die im Betrieb der Beklagten bestehende Betriebsvertretung vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung ordnungsgemäß angehört worden ist.
14Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs beruft er sich auf das Urteil des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27.02.1985 – GS 1/84.
15Ursprünglich hat der Kläger beantragt:
161) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20.09.2011 nicht aufgelöst ist.
172) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst worden ist oder werden wird.
183) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtswirksamen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung tatsächlich als Bauingenieur zu beschäftigen.
19Der Vorsitzende bestimmte unter dem 12.10.2011 den Gütetermin. Die Klage wurde dem Vereinigten Königreich am 19.10.2011 unter der vorstehend aufgeführten Adresse zugestellt.
20Mit Schriftsatz vom 10.11.2011 (Eingang per Fax um 17:35 Uhr) beantragte der Kläger, den Gütetermin vom 11.11.2011 aufzuheben, weil der alleinige Sachbearbeiter in seiner Eigenschaft als Notar eine kurzfristig anberaumte Beurkundung vorzunehmen habe, die nicht verschoben werden könne. Am 11.11.2011 wurde dem Büro des Klägervertreters telefonisch mitgeteilt, dass der Gütetermin nicht aufgehoben werde und für Vertretung gesorgt werden möge.
21Nachdem im Gütetermin vom 11.11.2011 für den Kläger niemand erschien, erging Versäumnisurteil gegen den Kläger.
22Gegen dieses Versäumnisurteil, das dem Kläger am 17.11.2011 zugestellt wurde, hat jener unter dem 23.11.2011, am gleichen Tag per Fax beim erkennenden Gericht eingegangen, Einspruch eingelegt.
23Der Kläger beantragt,
241) das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichts aufzuheben.
252) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20.09.2011 nicht aufgelöst ist.
263) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst worden ist oder werden wird.
274) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtswirksamen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung tatsächlich als Bauingenieur zu beschäftigen.
28Der Kläger beruft sich zur Begründung seiner Auffassung, dass er die Frist des § 4 KSchG mit der Rechtswirkung des § 7 KSchG nicht versäumt hat, auf die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 27.03.2009 – 9 Sa 737/08. Auch im vorliegenden Fall sei der Klageschrift und dem als Anlage eingereichten Kündigungsschreiben zu entnehmen, dass es sich um eine Art. 56 VIII 2 NATO-ZusAbk unterfallende Streitigkeit handele, so dass angesichts der Gesamtumstände eine Rubrumsberichtigung vorzunehmen sei. Der Kläger beantragt vor diesem Hintergrund, das Passivrubrum dahingehend zu berichtigen, dass die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, dieses vertreten durch den Bundesminister der Finanzen, in Prozessstandschaft für das Vereinigte Königreich handelt. Gemäß Art. 56 VIII 2 NATO-ZusAbk sei die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten und das Rubrum entsprechend zu berichtigen.
29Die Beklagte bittet darum,
30das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichts vom 11.11.2011 aufrecht zu erhalten.
31Mit Schriftsatz vom 03.11.2011 verwies das beklagte Königreich darauf, dass die streitbefangene Kündigung nach ihrer Auffassung gemäß den §§ 7, 4 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gilt, da der Kläger innerhalb der Klagefrist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung keine Klage gegen die zutreffende Beklagte gerichtet hat (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 03.11.2011 und die dortigen Ausführungen unter I. verwiesen).
32Soweit der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 23.11.2011 die Berichtigung des Passivrubrums beantragt, sei dieser Antrag unzulässig. Es handelt sich vielmehr um eine Parteiänderung. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz lasse unberücksichtigt, dass die Britischen Streitkräfte auch Zivilpersonen beschäftigen, die den Status des zivilen Gefolges haben und für die z.B. eine andere Beklagte, wie z.B. das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, in Betracht kommt.
33Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet (insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 03.11.2011 unter III. und im Schriftsatz vom 20.01.2012 unter II. verwiesen).
34Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokollerklärungen der Parteien im Kammertermin verwiesen.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
36Die Klage ist unbegründet.
37Aufgrund des Einspruchs des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 11.10.2011 ist der Prozess zwar durch § 342 ZPO i.V.m. § 59 ArbGG in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden. Der Einspruch ist zulässig; er ist statthaft sowie form- und fristgemäß im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.
38Die Klage ist jedoch unbegründet.
39I.
40Denn die Kündigung der Beklagten vom 20.09.2011 ist rechtswirksam, weil der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb von drei Wochen seine Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erhoben hat. Der Kläger hat die Klagefrist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung nicht eingehalten. Damit gilt die Kündigung vom 20.09.2011 gemäß § 7 KSchG wegen Versäumung der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG als von Anfang an wirksam.
411.
42Der Kläger hat die Klagefrist gem. § 4 S. 1 und 2 KSchG nicht eingehalten. Er hat nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingelegt. Denn die innerhalb der Dreiwochenfrist erhobene Klage hat sich nicht gegen die zutreffende Beklagte gerichtet.
43a)
44Gemäß § 4 S. 1 KSchG muss die Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben werden.
45b)
46Um die Klagefrist zu wahren, muss sich die Kündigungsschutzklage gegen den Arbeitgeber richten (BAG vom 21.09.2006 – 2 AZR 473/05). Die Parteien eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen, § 253 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.
47Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Für die Parteistellung in einem Prozess ist nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgeblich. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die erkennbar durch die Partei bezeichnet und betroffen werden sollte (vgl. BAG vom 21.09.2006 a.a.O., Rdnr. 23 ff. sowie BAG vom 27.11.2003 – 2 AZR 692/02). Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität. Bleibt die Partei nicht dieselbe, liegt keine Berichtigung vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt. Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung hingegen ist unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden (BAG vom 21.09.2006 a.a.O., Rdnr. 24 mit weiteren Nachweisen).
48In einem Kündigungsrechtsstreit kann sich etwa aus den gesamten erkennbaren Umständen ergeben, so etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist. So kann das Rubrum dann berichtigt werden, wenn der Kläger in der Klageschrift nicht seinen Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benannt hat. Gleiches gilt, wenn über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und sich aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass die Kündigung vom Insolvenzverwalter ausgesprochen worden ist. Dann richtet sich die Kündigungsschutzklage erkennbar gegen den Insolvenzverwalter (BAG vom 21.09.2006 a.a.O., RN 25 mit weiteren Nachweisen).
49c)
50Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klageschrift des Klägers vom 10.10.2011 nicht dahingehend auszulegen, dass sich die Klage von Anfang an gegen die Beklagte gerichtet hat.
51aa)
52Gemäß Art. 56 Abs. 8 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut sind Klagen der bei den Stationierungskräften beschäftigten Arbeitnehmer gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten. Die Bundesrepublik Deutschland tritt in Prozessstandschaft für den Entsendestaat auf (BAG vom 14.01.1993 – 2 AZR 387/92, BAG vom 15.05.1991 – 5 AZR 115/90; BAG vom 13.07.1989 – 2 AZR 571/88 Rdnr. 37; LAG Rheinland-Pfalz vom 27.03.2009 – 9 Sa 737/08).
53Die Bundesrepublik Deutschland hat danach über das streitige Recht einen Prozess in eigenem Namen zu führen, ohne selbst materiell berechtigt oder verpflichtet zu sein. Dabei ist zu beachten, dass die gegenüber dem nicht Prozessführungsbefugten vorgenommenen Prozesshandlungen nicht gegenüber den Prozessführungsbefugten wirken (BAG vom 13.07.1989, Rdnr. 37 m.w.N.).
54Eine gegen den nicht Prozessführungsbefugten gerichtete Klage ist nicht geeignet, die Klagefrist des § 4 KSchG zu wahren (BAG a.a.O.).
55Insoweit gilt nichts anderes, als bei einer Kündigungsschutzklage gegen den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine solche Kündigungsschutzklage ist gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Nach der ständigen Rechtssprechung des BAG führt der amtlich bestellte Insolvenzverwalter die Prozesse (ebenfalls) in gesetzlicher Prozessstandschaft (vgl. etwa BAG vom 21.09.2006 a.a.O., Rdnr. 21).
56bb)
57Die Klage hat sich im vorliegenden Fall nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland als prozessführungsbefugten Prozessstandschafter, sondern gegen die Arbeitgeberin gerichtet.
58Entgegen der Auffassung des Klägers war die Bezeichnung in der Klageschrift nicht auslegungsfähig, so dass das Beklagtenrubrum nicht von Amts wegen (entspr. § 319 ZPO) zu berichtigen war.
59Der Kündigungsschutzklage war eine Kopie der Kündigung vom 20.09.2011 beigefügt. Eine Rubrumsberichtigung könnte nur dann geboten sein, wenn es keinen weiteren Fall geben würde, bei dem Art. 56 Abs. 8 S. 2 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut nicht zur Anwendung käme. Es gibt aber auch Beschäftigte bei den stationierten Einsatzkräften, auf die Art. 56 Abs. 8 S. 2 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut nicht zur Anwendung kommt. Nicht alle die Truppe begleitenden und bei ihr beschäftigen Zivilpersonen haben den Status eines Mitgliedes des zivilen Gefolges i.S. des Art. 56 Abs. 8 S. 2 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (vgl. etwa dazu BAG vom 30.04.1984 – 7 AZR 499/83 sowie BAG vom 28.05.2002 – 1 ABR 35/01).
60Hierauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen.
61Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Sachverhalt des Rechtsstreits auch nicht vergleichbar mit anderen Fällen, insbesondere nicht mit dem, der der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 27.03.2009 zugrunde lag. Nach den Feststellungen des LAG Rheinland-Pfalz ließ sich dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben unschwer entnehmen, dass der dortige Kläger Zivilbeschäftiger bei den amerikanischen Streitkräften war und dass es sich bei der Dienststelle um eine Einrichtung der amerikanischen Streitkräfte handelte. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem der Klageschrift in Ablichtung beigefügten Kündigungsschreiben der Britischen Arbeits- und Personalverwaltung nicht, dass der Kläger den Status eines Mitgliedes des zivilen Gefolges i.S.d. Art. 56 Abs. 8 Satz 2 Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut hat. Dies insbesondere deshalb nicht, weil der Kläger weder den ursprünglichen Arbeitsvertrag, noch den über die Beschäftigung in Osnabrück, noch den späteren Arbeitsvertrag über den Einsatz in Herford zu geänderten Bedingungen beigefügt hat. Einziges Indiz für die Rechtsauffassung des Klägers ist der Verweis am Ende des zweiseitigen Kündigungsschreibens auf den Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (Schutz TV), der „entsprechend“ Anwendung findet. Dieses Indiz reicht der Kammer nicht aus.
62Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des LAG Hamm vom 16.10.1990 – 8 Ta 214/1990. Das LAG hat in der vorgenannten Entscheidung darauf verwiesen, dass die dortige Kündigungsschutzklage des anwaltlich vertretenden Klägers sich gegen die in „W/R“ stationierte Britische Einheit richtete. Das LAG Hamm vertrat dazu die Auffassung, da diese aus Sicht des anwaltlich vertretenden Klägers „schwerlich als parteifähig angesehen werden konnte“, sei die Berichtigungsbedürftigkeit des Passivrubrums von Anfang an vorgezeichnet gewesen (a.a.O, Rdnr. 13 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch nicht die konkrete Britische Einheit verklagt, sondern das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. Dieses jedoch ist ausweislich des Arbeitsvertrages (dort Ziffer 1) Vertragspartner des Klägers. Eine Berichtigungsbedürftigkeit des Passivrubrums musste sich vor diesem Hintergrund nicht aufdrängen. Dem anwaltlich vertretenden Kläger hätte sich allein die Frage aufdrängen müssen, ob das verklagte Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland verpflichtet war, einer Ladung vor dem erkennenden Gericht Folge zu leisten, die an die Britische Arbeits- und Personalverwaltung in Herford zugestellt war. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht fernliegend gewesen, darüber nachzudenken, wie das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland geladen werden konnte und wie dieses sich im Prozess vertreten lassen würde.
632.
64Ein Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gegen die „richtige“ Beklagte ist nicht ausdrücklich gestellt worden. Die Kammer hat auch aus dem Vorbringen des Klägervertreters im Kammertermin vom 25.01.2012 einen derartigen Antrag nicht in stillschweigend gestellter Form erkennen können.
65II.
66Da die streitbefangene Kündigung das Arbeitsverhältnis wegen der Fiktion des§ 7 KSchG am 29.02.2012 beenden wird, hat der Kläger keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung über dieses Datum hinaus.
67Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495 und 91 Abs. 1 ZPO. Nach der letztgenannten Vorschrift hat derjenige die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, der unterlegen ist. Dies ist im vorliegenden Fall der Kläger.
68Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. § 61 Abs.1 ArbGG im Urteil festzusetzen.
69Die Höhe des Streitwerts ergibt sich für den Klageantrag zu Ziff. 1 aus § 42 Abs. 3 GKG. Danach sind für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung des Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Den Streitwert für den Klageantrag zu Ziff. 2 hat die Kammer in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der für die Streitwertfestsetzung beim LAG Hamm zuständigen Fachkammern mit zwei weiteren Bruttomonatsgehältern gewertet. Die Addition beider Beträge gem. § 5 ZPO ergibt den ausgeurteilten Gesamtstreitwert.
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