Urteil vom Arbeitsgericht Köln - 1 Ca 5939/09
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 16.912,32 € festgesetzt.
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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um die Zahlung von Ausgleichsentgelt, Teilbeendigungsgeld und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des Tarifvertrags über den Sozial- und Bestandsschutz von Beschäftigten, die der xxx für einzelne Programmvorhaben über lange oder längere Zeit verpflichtet (im Folgenden: xxxxxx).
3Der am xxxx geborene Kläger war bei der Beklagten seit 2001 als xxxxx freier Mitarbeit für die „xxxxxx“ im Landesstudio B. tätig. Mit Schreiben vom 05.03.2007, dem Kläger zugegangen am 07.03.2007, teilte ihm die Beklagte mit, dass ihm nach dem 30.04.2007 keine weitere xxxxxxx-tätigkeit in freier Mitarbeit mehr angeboten werden könne. Unberührt hiervon sei jedoch seine anderweitige Tätigkeit in freier Mitarbeit für die Beklagte. In der Zeit vom 30.10.2006 bis zum 30.04.2007 erzielte der Kläger bei der Beklagten und anderen Auftraggebern Einkünfte in Höhe von insgesamt 59.600,18 €.
4Mit seiner am xxxxxx beim Arbeitsgericht K. eingegangenen Klage vom xxxxxx nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 16.912,32 € in Anspruch.
5Der Kläger ist der Auffassung, die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 xxxxxxx seien hier erfüllt. Bei der darin genannten Obergrenze von 45.000,00 € handele es sich nach Meinung des Klägers nicht um die von ihm zu versteuernden Gesamteinkünfte, sondern nur um seine im Referenzzeitraum insgesamt erzielten Bruttoeinkünfte. Bei letzteren seien in Übereinstimmung mit der steuergesetzlichen Einkünfteterminologie alle Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Diese Feststellung entspreche im Übrigen einer universitären Stellungnahme vom 25.05.2009. Nach Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen habe er in den Monaten November 2006 bis einschließlich April 2007 Gewinne vor Steuern in Höhe von insgesamt nur 41.768,36 € erzielt, so dass sein Einkommen während dieses Referenzzeitraums unter der Obergrenze des § 3 Abs. 1 xxxxxxx von 45.000,00 € gelegen habe.
6Wäre das für die Überprüfung der sozialen Schutzbedürftigkeit maßgebliche Einkommen ohne Abzug von Kosten zu ermitteln, so verstieße dies nach Ansicht des Klägers gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Da sich die soziale Schutzbedürftigkeit nach der Höhe des Einkommens richte, müssten unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes alle Beschäftigten gleich behandelt und bei der Bemessungsobergrenze für die Feststellung der sozialen Schutzbedürftigkeit die gleichen Kriterien angewandt werden. Das für die Festlegung der sozialen Schutzbedürftigkeit zu Grunde zu legende Gesamteinkommen müsse sich daran orientieren, welches Einkommen der Beschäftigte zu versteuern habe und ihm daher für seinen Lebensunterhalt tatsächlich zur Verfügung stehe. Insoweit könnten die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit nicht mit den Einkünften aus selbständiger Arbeit gleich gesetzt werden, weil dies eine Gleichsetzung von Brutto- mit Nettoeinkünften bedeuten würde.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.912,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des xxxxx seien hier nicht gegeben. Unabhängig davon habe der Kläger die Voraussetzungen für die Zahlung eines Ausgleichsentgelts und eines Teilbeendigungsgelds nicht substantiiert dargelegt. Schließlich seien etwaige Ansprüche auf Urlaubsgeld verfallen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
15Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung von Ausgleichsentgelt, Teilbeendigungsgeld und Urlaubsentgelt nach den Regelungen des xxxxx in Höhe von insgesamt 16.912,32 € verlangen.
161. Die vom Kläger geltend gemachten Forderungen scheitern bereits daran, dass es beim Kläger an der für die Anwendbarkeit des xxxxx nach § 3 Abs. 1 xxxxxx insoweit erforderlichen sozialen Schutzbedürftigkeit fehlt.
17a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 xxxxxx ist die soziale Schutzbedürftigkeit der/des Beschäftigten gegeben, wenn er/sie in dem Erwerbszeitraum i.S. von § 2 xxxxxx von sechs Monaten mindestens an 42 Tagen (einschließlich Urlaubstagen) für den xxxx oder für ihn andere xxxxx-Anstalten aufgrund vertraglicher Verpflichtungen tätig war und sein/ihr Gesamteinkommen für diesen Zeitraum nicht mehr als 45.000,00 € brutto oder nicht mehr als 90.000,00 € brutto für den Erwerbszeitraum von 12 Monaten betragen hat. Das Gesamteinkommen i.S. von § 3 Abs. 1 Satz 1 XXXX schließt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 xxxxx Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG), aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG), aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG), aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie sonstige Einkünfte i.S. des § 22 EStG ein.
18b) Die Einkünfte des Klägers aus Erwerbstätigkeiten betrugen während des Referenzzeitraums vom 30.10.2006 bis zum 30.04.2007 seinen eigenen Angaben zufolge jedoch insgesamt 59.600,18 €. Dass sein Gesamteinkommen für den Erwerbszeitraum von 12 Monaten nicht mehr als 90.000,00 € betragen hat, wurde vom Kläger nicht behauptet. Gegenteiliges ergibt sich vielmehr aus dem als Anlage K 3 zur Klageschrift eingereichten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers an die Beklagte, wonach seine Gesamteinkünfte in der Zeit vom 01.03.2006 bis zum 28.02.2006 (gemeint sein dürfte: „28.02.2007“) mehr als 90.000,00 € betragen haben.
19Von den sonach für die Ermittlung der sozialen Schutzbedürftigkeit i.S. von § 3 Abs. 1xxxxx maßgebenden, im Referenzzeitraum vom 30.10.2006 bis zum 30.04.2007 erzielten Einkünften des Klägers in Höhe von insgesamt 59.600,18 € konnten entgegen der Rechtsauffassung des Klägers – anders als etwa im Rahmen der steuerlichen Veranlagung – etwaige Betriebsausgaben nicht in Abzug gebracht werden. Wie bereits die 14. Kammer des Arbeitsgerichts Köln in ihrer Entscheidung vom 25.09.2007 (ArbG Köln, Urteil vom 25.09.2007 – 14 Ca 1692/07, Anlage B 4 zur Klageerwiderung vom 25.11.2009) sowie die 7. Kammer und die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in ihren Entscheidungen vom 06.08.2008 (LAG Köln, Urteil vom 06.08.2008 – 7 Sa 206/08, Anlage B 5 zur Klageerwiderung vom 25.11.2009) und 05.08.2009 (LAG Köln, Urteil vom 05.08.2009 – 3 Sa 358/09, Leitsatz und zu II. 1. a) der Gründe, zitiert nach juris) im Einzelnen herausgearbeitet haben, sind nämlich bei der Berechnung der Entgeltgrenze für die soziale Schutzbedürftigkeit einer arbeitnehmerähnlichen Person Betriebsausgaben, die dieser bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeiten entstanden sind, nicht abzugsfähig.
20Diese Einschätzung wird ebenfalls von der erkennenden Kammer geteilt, so dass zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen auf die jeweils sorgfältigen, zutreffenden und in jeder Hinsicht überzeugenden Entscheidungsgründe der eben genannten – beiden Parteien bekannten – drei Urteile verwiesen wird. Das Vorbringen des Klägers im vorliegenden Verfahren ist nicht geeignet, eine hiervon abweichende Bewertung zu rechtfertigen, sondern gibt lediglich Anlass zu folgenden, ergänzenden Ausführungen:
21aa) Die Außerachtlassung von Betriebsausgaben bei der Berechnung der Entgeltgrenze für die soziale Schutzbedürftigkeit i.S. von § 3 Abs. 1 xxxxx stellt – anders als vom Kläger angenommen – zunächst keinen Verstoß gegen den (arbeitsrechtlichen) Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
22Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer insoweit anschließt, unterliegen die Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrags keiner unmittelbaren Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr sind sie wegen ihres insoweit vorrangigen Grundrechts der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelungen festzulegen. Die Grenze der Willkür ist erst überschritten, wenn die Differenzierung im persönlichen Geltungsbereich unter keinem Gesichtspunkt, auch koalitionspolitischer Art, plausibel erklärbar ist (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 30.08.2000 – 4 AZR 563/99, AP Nr. 25 zu § 4 TVG Geltungsbereich, Leitsatz und zu I. 2. g) der Gründe).
23Der Begriff der sozialen Schutzbedürftigkeit von arbeitnehmerähnlichen Personen i.S. von § 12 a TVG kann von den Tarifvertragsparteien in grundsätzlich zulässiger Weise durch sog. Entgeltgrenzen konkretisiert werden (vgl. LAG Köln, Urteil vom 05.08.2009 – 3 Sa 358/09, zu II. 1. a) der Gründe, zitiert nach juris unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 14.12.2004 – 9 AZR 673/03, AP Nr. 10 zu § 12 a TVG).
24Tatsächliche Umstände, die die Annahme rechtfertigen, dass die von den Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 1 Satz 1 xxxx festgesetzten Entgeltgrenzen als Voraussetzung für das Vorliegen von sozialer Schutzbedürftigkeit – auch ohne Berücksichtigung von Betriebsausgaben der arbeitnehmerähnlichen Personen – nicht plausibel erklärbar sind, wurden vom Kläger nicht konkret dargetan und sind nicht ersichtlich.
25bb) Die vom Kläger im Schriftsatz vom 21.01.2010 zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 13.01.1982 (BVerfG, Beschlüsse vom 13.01.1982 – 1 BvR 848/77 u.a., zitiert nach juris) und des Bundesarbeitsgerichts vom 13.01.1983 (BAG, Urteil vom 13.01.1983 – 5 AZR 156/82, AP Nr. 43 zu § 611 BGB Abhängigkeit) hatten jeweils den Bedeutungsgehalt des Grundrechts der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Hinblick auf die Einordnung von bislang als „freie Mitarbeiter“ geführte Mitarbeiter als fest angestellte Arbeitnehmer zum Gegenstand, was für den hier zu entscheidenden Streitfall keine Aussagekraft hat.
26cc) Nur der Vollständigkeit halber sei schließlich erwähnt, dass die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im Gütetermin am 21.09.2009 eingereichte universitäre Stellungnahme zu § 3 Abs. 1 Satz 1 xxxxx vom 25.05.2009 durchaus interessante – steuerrechtliche – Denkansätze enthält, jedoch zur Klärung der vorliegenden Problematik nichts beiträgt. Dies verdeutlicht der letzte Absatz der Stellungnahme vom 25.05.2009, der wörtlich wie folgt lautet: „Ob die tarifvertragliche Einkommensobergrenze überschritten ist, kann schließlich der im Einkommensteuerbescheid festgesetzten ‚Summe der Einkünfte’ entnommen werden.“ Für eine solche Einschätzung, die möglicherweise auf nicht hinreichender Erfassung des Bedeutungsgehalts von § 3 Abs. 1 Satz 1 xxxxx beruht, bietet diese tarifliche Bestimmung nicht einmal im Ansatz greifbare Anhaltspunkte.
272. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zahlung eines Ausgleichsentgelts nach § 12 xxxxx und eines Teilbeendigungsgelds nach § 14 xxxxx vom Kläger schlüssig dargetan wurden, was die Beklagte am Ende ihrer Klageerwiderung vom 25.11.2009 ausdrücklich in Abrede gestellt hat, bedurfte nach alledem ebenso wenig einer Entscheidung, wie die von der Beklagten am Ende ihrer Klageerwiderung vom 25.11.2009 aufgeworfene Frage, ob die vom Kläger im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld gemäß § 8 Abs. 5 Satz 6 xxxxx verfallen sind.
28II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG.
29III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.
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