Urteil vom Arbeitsgericht Köln - 15 Ca 1161/16
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen
3. Der Streitwert beträgt 725,00 EUR
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Zahlung von Weihnachtsgeld aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis.
3Die Klägerin ist seit dem 18.09.2006 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Seit dem 20.11.2014 ist sie arbeitsunfähig. Die Beklagte zu 1) betreibt ein Unternehmen als ………………., die Beklagte zu 2) ist die Kommanditistin der Beklagten zu 1). Die Klägerin erzielte bei der Beklagten zu 1) zuletzt ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von …….€ brutto. Im schriftlichen (Formular‑) Arbeitsvertrag heißt es unter Nr. 1: "Der regional geltende Tarifvertrag für die Arbeitnehmer des Kraftfahrzeuggewerbes ...". In Nr. 13 der Arbeitsvertragsurkunde heißt es - handschriftlich eingefügt - wörtlich:
4"Das Weihnachtsgeld ist eine freiwillige Zahlung und wird nach Jahren der Betriebszugehörigkeit gezahlt d. h. 1. J = 30 %; 2. J = 40 %; ab 3. J = 50 %."
5Zwischen den Parteien ist in rechtlicher Hinsicht streitig, ob dieses so vereinbarte Weihnachtsgeld einen Gratifikationscharakter habe oder vielmehr einen rein Entgeltcharakter.
6die Klägerin beantragt,
7die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 725,00 € brutto zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2016.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor, die Leistung werde im Vertragstext ausdrücklich als "freiwillig" bezeichnet. Daher komme ein Zahlungsanspruch nicht in Betracht. Im Übrigen könne es sich nur um einen Anspruch mit reinem Entgeltcharakter handeln. Eine Zahlung für ein Jahr, während dessen die Klägerin vollständig arbeitsunfähig gewesen sei, komme deshalb nicht in Betracht.
11Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
13Die zulässige Klage ist nicht begründet.
14I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 611 BGB in Verbindung mit Nr. 13 des Arbeitsvertrages. Der Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld aus dieser arbeitsvertraglichen Vorschrift besteht zwar grundsätzlich spätestens nach Ablauf des Kalenderjahres. Vorliegend hat die Klägerin aber im gesamten Kalenderjahr 2015 keine Arbeitsleistung erbracht. Der Anspruch auf die Arbeitsleistung ist somit gemäß § 275 BGB untergegangen und gemäß § 326 Abs. 1 BGB gleichfalls der Anspruch auf die Gegenleistung. Die Klägerin kann also die Gegenleistung für die nicht erbrachte Arbeitsleistung nicht verlangen. Gemäß § 326 Abs. 1 BGB bleibt es somit bei dem Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". Dies gilt mit Blick auf das hier streitige "Weihnachtsgeld" deshalb, weil es sich bei diesem Weihnachtsgeld um eine Zahlung mit reinem Entgeltcharakter handelt. Dies ergibt die Auslegung der Vertragsklausel. Eine Sondervergütung mit sogenanntem "reinem Entgeltcharakter" belohnt ausschließlich die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung im Bezugsjahr, das heißt sie wird, wie die laufende Arbeitsvergütung, in den jeweiligen Abrechnungsmonaten verdient, jedoch aufgespart und erst am vereinbarten Fälligkeitstag ausgezahlt (Preis in ErfK § 611 BGB Rdn 534). Es hängt somit ausschließlich von der im Bezugsjahr erbrachten tatsächlichen Arbeitsleistung ab. Eine Sondervergütung kann aber auch derart ausgestaltet sein, dass mit ihr ausschließlich vergangene und/oder künftige Betriebstreue bzw. Betriebszugehörigkeit belohnt wird (Gratifikation ieS). Vergangene Betriebstreue wird ausgeglichen, wenn es für den Anspruch auf die Sonderzahlung ausschließlich auf die Dauer der rechtlichen Zugehörigkeit des Arbeitnehmers zum Betrieb eines Arbeitgebers ankommt. Sichergestellt wird die Belohnung vergangener Betriebstreue dadurch, dass der Arbeitnehmer an einem bestimmten Stichtag (üblicherweise 30.11. eines Kalenderjahres) noch im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht. Die Belohnung künftiger Betriebstreue wird dadurch sichergestellt, dass für die Entstehung des Sonderzahlungsanspruches der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag (üblicherweise 30.11.) hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums maßgebend ist. Eine derartige zukunftsbezogene Stichtagsregelung ist vor allem dann gegeben, wenn bestimmt ist, dass das Arbeitsverhältnis an dem Stichtag (30.11.) ungekündigt fortbesteht. Sondervergütungen, mit denen ausschließlich Betriebstreue nicht aber zusätzliche Arbeitsleistung honoriert werden soll, sind selten.
15Nach diesen Maßstäben erweist sich die vorliegend streitige Arbeitsvertragsklausel als eine solche, die eine Leistung mit reinem Entgeltcharakter verspricht. die Vertragsklausel sieht nämlich weder einen Stichtag vor, zu dem das Arbeitsverhältnis bestehen muss, noch sieht es einen bestimmten Bestand für die Zukunft vor, der Voraussetzung dafür sein soll, dass der betroffene Arbeitnehmer die einmal gezahlte Sonderzuwendung behalten darf. Dem steht lediglich die Tatsache entgegen, dass es sich bei dieser hier streitigen Sonderzuwendung um ein "Weihnachtsgeld" handelt, das regelmäßig zu Weihnachten und zu keinem sonstigen Zeitpunkt ausgezahlt wird. Aus der bloßen Bezeichnung der Leistung als "Weihnachtsgeld" ergibt sich aber keine klare Fälligkeitsregelung. Daher kann hier auch nur davon ausgegangen werden, dass die Forderung, soweit Arbeitsleistung erbracht worden ist, erst am 31.12. eines jeden Jahres fällig wird. Im Übrigen fehlt es an jeglicher Regelung, die den Arbeitnehmer für die Zukunft an das Arbeitsverhältnis binden soll. Insbesondere fehlt es an einer Rückzahlungsklausel. Vielmehr ist hier das "Weihnachtsgeld" nahezu voraussetzungslos versprochen worden.
16Nach alle dem ist davon auszugehen, dass es sich bei dem "Weihnachtsgeld" um reines Entgelt für geleistete Arbeit handeln soll. Da die Klägerin im Jahre 2015 aber keine Arbeitsleistung erbracht hat, kommt auch keine Vergütung für dieselbe in Betracht.
17Nach alledem war die Klage abzuweisen.
18II. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 46 Abs. 2, 61 ArbGG in Verbindung mit §§ 91, 3 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 61 ArbGG im Urteil festzusetzen und entspricht dem Betrag der Klageforderung.
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