Beschluss vom Arbeitsgericht Mannheim - 8 BV 27/07

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Tatbestand

 
A
Die Beteiligten streiten im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens um die zutreffende Eingruppierung der im Antrag genannten Arbeitnehmer/innen nach dem Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialleistungen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg ( im Folgenden GTV genannt). Die Arbeitgeberin, Antragstellerin im vorliegenden Verfahren, begehrt die Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung der Arbeitnehmer Sebastian C., Joachim A., Marcus K., Anna-Lena F., Kendra M., Jana B., Sabrina E., Yvonne K., Semun C., Huelya T, Sören W., Jochen R., sowie Renate O. in die Tarifgruppe II GTV. Der Antragsgegner, der in der Betriebsstätte W. gebildete Betriebsrat, hält die Eingruppierung dieser Arbeitnehmer/innen in die Gehaltsgruppe III GTV für allein zutreffend.
Die Antragstellerin betreibt bekanntermaßen bundesweit Einrichtungshäuser, darunter das streitgegenständlich betroffene in W. mit einer Verkaufsfläche von über 10.000 qm. In diesem werden neben Möbeln unter anderem auch Hausrat, Kunstgewerbe, Heimtextilien, Bettwaren, Beleuchtungskörper, Teppiche, Pflanzen und Tierbedarfsartikel verkauft. Die Antragstellerin erzielt ca. 50 % ihres Umsatzes aus vorgenannten Randbereichen, die restlichen 50 % des Gesamtumsatzes steuert der klassische Möbelbereich bei. Ferner werden in geringem Umfang im Kassenbereich Lebensmittel bzw. je nach Saison bestimmte Genussmittel ( z.B. Glühwein und Kekse zur Weihnachtszeit ) angeboten. Der Umsatz in diesem Foodbereich liegt bei weniger als 1 % des Gesamtumsatzes; es werden diesbezüglich nur 10 qm an Verkaufsfläche vorgehalten bzw. beansprucht.
Im Übrigen ist die Betriebsstätte in W. in der Nähe der Autobahn verkehrsgünstig gelegen und hat gute Parkmöglichkeiten. Sie wird als Selbstbedienungsladen geführt. Im gesamten Markt gibt es mit Ausnahme des Restaurants und des Schweden-Shops keine Kassen in den einzelnen Fachabteilungen, sondern nur zahlreiche Zentralkassen im Ausgangsbereich.
Auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf die Arbeitsverhältnisse bei der Antragstellerin die einschlägigen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung, so auch die Tarifverträge des Einzelhandels in Baden-Württemberg.
Der Tarifvertrag für Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütung und Sozialleistung für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildende des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 22.03.2006, gültig ab 01.04.2005, enthält u.a. bezüglich der Beschäftigungsgruppen folgende Regelungen:
G r u p p e II
        
Tätigkeitsmerkmale:
Einfache kaufmännische Tätigkeiten, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zutreffen.
        
Beispiele:
Verkäufer und Verkäuferinnen, Kassierer/innen mit einfacher Tätigkeit, auch an SB-Kassen, Angestellte am Packtisch mit Kontrolltätigkeit
        
G r u p p e III
        
Tätigkeitsmerkmale :
Tätigkeiten, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt werden.
        
Beispiele:
Erste Verkäufer/innen (Lagererste), Sortimentskontrollen, Kassierer/innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Etagen-, Bereichs-, Regional- und Sammelkassen sowie an Verbrauchermarkt- und sonstigen SB-Kassen, Kassenaufsichten.
Der Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom 28.07.2003 enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 11 Einreihung der Arbeitnehmer/innen in Beschäftigungsgruppen und Lohnstufen
...
2. Für die Einreihung des/der Angestellten in eine Beschäftigungsgruppe ist ausschließlich die Art seiner/ihrer Tätigkeit entscheidend. Maßgeblich sind die jeder Gruppe vorangestellten Tätigkeitsmerkmale.
        
Die bei den Beschäftigungsgruppen aufgeführten Beispiele sind weder erschöpfend, noch für jeden Betrieb zutreffend.
Mittels der im Betrieb der Antragstellerin üblicherweise für personelle Einzelmaßnahmen verwendeten Anhörungsbogen, auf deren konkreten Inhalt verwiesen wird ( Abl. 1 ff. ), wurde der Antragsgegner über die beabsichtigte Einstellung der einleitend genannten Mitarbeiter in den vorgesehenen Arbeitsbereich "Kundenservice, überwiegend Kasse" in Kenntnis gesetzt und um diesbezügliche Zustimmung gebeten. Gleichzeitig wurde der Antragsgegner über die beabsichtigte Eingruppierung - Beschäftigungsgruppe II - informiert und gleichfalls hierzu um Zustimmung gebeten.
10 
Der Antragsgegner stimmte den beabsichtigten Einstellungsmaßnahmen zu, verweigerte jedoch die Zustimmung zu den beabsichtigten Eingruppierungen binnen der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG schriftlich. Zur Begründung führte er im Einzelnen mit weitgehend übereinstimmenden Schreiben aus:
11 
"Das Einrichtungshaus W. ist ein Verbrauchermarkt im Sinne des Manteltarifvertrages Einzelhandel Baden-Württemberg (vergl. Entscheidung des BAG vom 15.11.2001, Az.: 8 AZR 271/01) und wird als Selbstbedienungsladen geführt. Des Weiteren wird die Kundschaft in unserem Betrieb nur im Bereich Restaurant/Bistro (für die dort angebotenen Waren) und an den Ausgangskassen am Ende der SB-Halle an sogenannten Sammelkassen abkassiert (über diese Kassen laufen alle Waren aus den einzelnen Fachabteilungen z.B. Hausrat, Tierbedarfsartikel, Teppich- und Textilwaren, Möbel sowie Nahrungs- und Genussmittel vom Restaurantbereich). Wir beziehen unsere Verweigerung der Zustimmung auf die in Gruppe III genannten Tätigkeitsmerkmale des Tarifvertrages über Gehälter etc. des Baden-Württembergischen Einzelhandels.
        
Unter den zu Gruppe III aufgeführten Beispielen befinden sich auch Kassierer "z.B. ( ... ) Sammelkassen sowie an Verbrauchermarkt- und sonstigen SB- Kassen". ... Die korrekte Eingruppierung gemäß Tarifvertrag muss lauten G III."
12 
Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antragsgegner habe die Zustimmung zur Eingruppierung zu Unrecht verweigert, weshalb diese zu ersetzen sei. Der Antragsgegner habe nämlich verkannt, dass ein Einrichtungshaus wie das hier vorliegende die Begriffsdefinition des Bundesarbeitsgerichts für einen Verbrauchermarkt schon deshalb nicht erfülle, weil es Nahrungs- und Genussmittel so gut wie gar nicht anbiete. Dies erfolge - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - grundsätzlich nur im Restaurant bzw. im mit eigener Kasse versehenen Schweden-Shop. Zudem würden bei der Antragstellerin fast ausschließlich Waren des mittel- und langfristigen Bedarfs verkauft. Demgegenüber zeichne sich ein Verbrauchermarkt als Selbstbedienungsladen unter anderem dadurch aus, dass dort weit überwiegend Waren des täglichen Bedarfs angeboten werden. Im Verbrauchermarkt decke sich der Kunde - quasi als Verbraucher - mit den Gegenständen des täglichen Bedarfs, vor allem mit Lebensmitteln, ein. In Einzelhandelsgeschäften, in denen Waren aus dem kurz- und mittelfristigen Bedarf angesprochen werden, existiere mit Ausnahme von den Einzelfällen besonderer Stände wie z.B. Fleischtheke keinerlei Verkaufspersonal. Dies resultiere aus der Erfahrenheit der Kunden, die diese Ware in der Regel mindestens einmal wöchentlich erwerben und so über das Sortiment und persönliche Einzelbelange bereits informiert seien. Tauchen dennoch Fragen auf, z.B. nach neuen Produkten oder ähnlichem, sei der Kassierer zugleich Kundenberater, müsse also auch besondere Warenkenntnisse besitzen. Nur diese Umstände seien Grund dafür, im tariflichen Eingruppierungssystem zwischen Kassierer mit einfacher und solcher mit gehobener Tätigkeit zu unterscheiden. Die hier fraglichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hätten aber lediglich die verschiedenen Waren zu scannen und den von der Computerkasse so ermittelten Geldbetrag entgegenzunehmen. Sie hätten keinerlei Auskünfte, wie z.B. Fragen zur Montage etc. zu geben. Anders als bei einem Verbrauchermarkt müssten keine Sonderangebote gekannt werden, da diese zuvor in das Computersystem eingegeben würden und so von der Kasse automatisch ausgegeben werden. Auch müsse kein Gemüse abgewogen werden, es bedürfe keiner Kenntnis der jeweiligen Preise. Ebenso müssten keine Pfandflaschen entgegengenommen sowie Rabattmarken etc. verwaltet werden.
13 
Im Einrichtungshaus der Arbeitgeberin befänden sich in den einzelnen Abteilungen Verkäufer, die Kunden entsprechend informieren und beraten könnten. Die Kassierer müssten daher keinerlei Spezialkenntnisse aufweisen, da an der Kasse alle Fragen der Kunden geklärt seien und nur noch der einfache Kassiervorgang durchgeführt werden müsse.
14 
Aus all diesen Gründen sei die von den vorgenannten Mitarbeitern zu verrichtende Tätigkeit der Beschäftigungsgruppe II des GTV entsprechend, weshalb der Betriebsrat die Zustimmung zu Unrecht verweigert habe.
15 
Die Antragstellerin b e a n t r a g t e :
16 
1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Sebastian C. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Joachim A. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
3. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Marcus K. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
4. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Anna-Lena F. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
5. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Kendra M. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
6. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Jana B. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
7. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Sabrina E. in die Tarifgruppe II/2. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
8. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Yvonne K. in die Tarifgruppe II/2. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
9. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Semun C. in die Tarifgruppe II/5. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
10. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Huelya T. in die Tarifgruppe II/6. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
11. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Sören W. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
12. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn Jochen R. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
        
13. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau Renate O. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.
17 
Der Antragsgegner b e a n t r a g t e
18 
die Anträge zurückzuweisen.
19 
Er ist der Auffassung, er habe zu Recht die beantragte Zustimmung zu den Eingruppierungen in die Vergütungsgruppe II des Tarifvertrages für den Einzelhandel verweigert. Alle von der Antragstellerin genannten Mitarbeiter/innen seien unstreitig an der Kasse des Marktes in W. tätig und müssten deswegen in die Vergütungsgruppe III eingruppiert werden. Bei dem Markt in W. handele es sich nämlich um einen Verbrauchermarkt im Sinne des Beispiels des Tarifvertrages, was sich aus dem von der Antragstellerin angebotenen Warensegment und insbesondere aus den - wenn auch in geringerem Umfang - verkauften Lebensmitteln ergebe.
20 
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
B
21 
Die zulässigen Anträge auf Zustimmungsersetzung gem. § 99 IV BetrVG sind unbegründet und daher zurückzuweisen.
22 
Die Zustimmungsverweigerung des Antragsgegners zu den beabsichtigten Eingruppierungen der in den Anträgen genannten Arbeitnehmer/innen in die Gehaltsgruppe II GTV war berechtigt im Sinne des § 99 II Ziff. 1 BetrVG, denn sie widersprechen dem vorliegend anzuwendenden tarifvertraglichen Vergütungssystem. Mit der Auffassung, die Eingruppierung habe in die Gehaltsgruppe II GTV zu erfolgen, da weder die Tätigkeitsmerkmale noch die Merkmale eines der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe III erfüllt seien, vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
23 
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelt es sich bei deren Betrieb in W. um einen Verbrauchermarkt mit der Folge, dass die von den Arbeitnehmern/innen zu verrichtenden Tätigkeiten dem Tätigkeitsbeispiel "Kassierer an Verbrauchermarktkassen" , das nur in der Beschäftigungsgruppe III GTV aufgeführt ist, nach vorzunehmender Tarifvertragsauslegung eindeutig entsprechen.
24 
a ) Bei der Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs des Verbrauchermarktes sind die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze zu berücksichtigen. Daher ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an Buchstaben zu haften. Ist der Tarifwortlaut mehrdeutig, kann der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm berücksichtigt werden, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Sind zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu erzielen, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen, wobei im Zweifel derjenigen Tarifauslegung der Vorzug gebührt, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt ( so ständige Rechtsprechung des BAG, vergl. vom 05.10.1999, AP § 4 TVG, § 4 Verdienstsicherung Nr. 15; vom 25.10.1995, AP TVG § 1 Tarifverträge Einzelhandel Nr. 57; vom 16.05.1995, AP TVG § 1 Tarifverträge Papierindustrie Nr. 10; in jüngerer Zeit aus dem Bereich Einzelhandel: vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01; vom 15.01.2001, 8 AZR 113/01 ).
25 
aa ) Das Bundesarbeitsgericht hat - soweit ersichtlich - bereits in seiner ersten Entscheidung zur Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs des Verbrauchermarktes (vom 09.12.1987, Az.: 4 AZR 461/87 ) diesen als noch nicht konkretisierten Rechtsbegriff verstanden, der von den Tarifvertragsparteien in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung angewendet worden sei. Daraus hat es geschlossen, die Tarifvertragsparteien wollten diesen Begriff so verstanden wissen, wie er im Handelsverkehr und im Wirtschaftsleben verstanden werde und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise und dem Handelsbrauch (§ 346 HGB) entspreche. Dabei könne zur weiteren Konkretisierung auf die überwiegende Meinung in den einschlägigen Fachkreisen zurückgegriffen werden, soweit sie im Fachschrifttum festzustellen seien. Nach diesen Grundsätzen ist ein Verbrauchermarkt ein Ladengeschäft des Einzelhandels, das eine Verkaufsfläche von mindestens 1.000 qm aufweist, sowohl Nahrungs- und Genussmittel, als auch andere Waren des kurz- und mittelfristigen Bedarfs (sogenannter Non-Food-Bereich ) anbietet, vorwiegend als Selbstbedienungsladen geführt wird und verkehrsgünstig mit guter Parkmöglichkeit, z.B. Stadtrandlage, gelegen ist.
26 
bb) Diese Definition des tarifvertraglichen Verbrauchermarktes wurde auch in den nachfolgenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (vergl. insoweit vom 15.11.2001, Az.:8 AZR 113/01; vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01; siehe auch jüngst LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2008, Az.: 6 Sa 46/07) übernommen und entspricht somit einer gefestigten Rechtsprechung, der allgemeine rechtliche Bedeutung beizumessen ist. Sie entspricht im Wesentlichen auch der in den einschlägigen Fachkreisen gepflegten Begriffsdefinition. So wird nämlich im Wirtschaftsleben ( vergl. Duden, Wirtschaft von A bis Z, 3. Auflage; siehe auch Wahrig, Deutsches Wörterbuch) ein Verbrauchermarkt als ein großflächiger (mindestens 1.000 qm ) Einzelhandelsbetrieb verstanden, der ein breites Sortiment ( z.B. Lebensmittel, Haushaltswaren, Textilien, Bekleidung, Schuhe, Elektrogeräte ) überwiegend in Selbstbedienung anbietet. Häufig wird auch auf eine Dauerniedrigpreis - oder Sonderangebotspolitik - abgestellt. Der Standort ist in der Regel am Stadtrand, Parkplätze sind in großer Zahl vorhanden.
27 
b) Unter Anwendung der vorgenannten Kriterien handelt es sich bei dem Betrieb der Antragstellerin um einen Verbrauchermarkt im Sinn der tarifvertraglichen Beschäftigungsgruppe III GTV.
28 
Die Antragstellerin betreibt in W. in unmittelbarer Nähe einer Autobahnausfahrt einen gut erreichbaren Betrieb des Einzelhandels. Er ist mit guten Parkmöglichkeiten ausgestattet und liegt mit einer Gesamtverkaufsfläche von über 10.000 qm weit über der von der Rechtsprechung für die Annahme eines Verbrauchermarktes erforderlichen Größe. Sie vertreibt neben Möbeln in wesentlichem Umfang, nämlich zu ca. 50 % ihres Gesamtumsatzes, Artikel aus Randsortimenten wie Hausrat, Kunstgewerbe, Bilder, Kunstgegenstände, Haushalt, Heimtextilien, Tisch- und Bettwäsche, Beleuchtungskörper, Zubehör, Teppiche und Fußböden sowie in geringem Umfang auch Lebens- und Genussmittel. Die Waren sind im Bereich des oben genannten Randsortimentes überwiegend dem kurz - bzw. mittelfristigen Bedarf, in dem Bereich Möbel eher dem langfristigen Bedarf zuzuordnen. Im gesamten Markt gibt es mit Ausnahme des Restaurants keine Kassen in den einzelnen Fachabteilungen, sondern nur eine Vielzahl zentraler Hauptkassen im Ausgangsbereich. Der Markt wird ferner als Selbstbedienungsladen geführt.
29 
aa) Soweit die Antragstellerin einwendet, der Verkauf von Lebensmitteln ( Food ) sei für sie von untergeordneter Bedeutung und erbringe noch nicht einmal 1 % des Gesamtumsatzes, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn ausweislich vorgenannter und von den einschlägigen Verkehrskreisen anerkannten Begriffsdefinition der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zeichnet sich der Verbrauchermarkt im Tarifsinne gerade durch die Größe und die Vielfalt eines breit gefächerten Warensortiments aus. Diese Vielfalt der abzukassierenden Artikel und die Größe des Marktes bezogen auf die vorgehaltene Verkaufsfläche macht die eigentliche Wesensart eines Verbrauchermarktes aus und führt zur Erfüllung des Richtbeispiels der Gruppe III des GTV. Wieviele vorgehaltene bzw. verkaufte Artikel aus welchem Warensegment stammen, ist aber - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - lediglich von untergeordneter Bedeutung. Hintergrund des Richtbeispiels für die Gruppe III des GTV ist nämlich nach der Rechtsprechung des BAG ( vergl. 17.04.2005, Az. 8 AZR 482/01, juris, Rz. 48, siehe auch LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2008, Az. 6 Sa 46/07 )die mit der Größe des Marktes und dem breit gefächerten Warensortiment einhergehende Leistungsverdichtung für die Kassierer/innen, nicht die tatbestandliche Festschreibung einzelner Warensegmente bzw. deren Mindestanteil am erzielten Gesamtumsatz. Dass der Umsatz im Food-Bereich sowie die hierfür vorgehaltene Verkaufsfläche vorliegend eher gering ist, ist in Anbetracht des übrigen breit gefächerten und umsatzstarken Randsortiments im Markt der Antragstellerin demnach unschädlich.
30 
bb ) Für die Auffassung, dass nach der vom Bundesarbeitsgericht erarbeiteten Definition des Verbrauchermarktes die Vielfalt des angebotenen Warensortiments, nicht jedoch ein diesbezüglich erzielter Mindestumsatz entscheidend ist, spricht auch Folgendes: Die Tarifvertragsparteien in Baden-Württemberg haben - anders als in anderen Bundesländern (Rheinland-Pfalz ausgenommen ) - in den vorliegend anzuwendenden Gehaltstarifverträgen den Begriff des "Verbrauchermarktes", so wie er in gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit 1984 verstanden worden ist, weiterhin unverändert und ohne nähere Bestimmung verwendet. Wenn sie dies in Ansehung einer langjährigen unveränderten Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs durch das Bundesarbeitsgericht so gehandhabt haben, so ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien die Auslegung für zutreffend halten. Diese Übung spricht gerade dafür, dass sich die ursprünglich entwickelte Definition als sachlich zutreffend und praktisch brauchbar erwiesen hat. Hätten die Tarifvertragsparteien den Begriff des Verbrauchermarktes nicht so verstanden wissen wollen, hätten sie dies zumindest einfach dadurch klarstellen können, indem sie beispielsweise das Regelbeispiel gestrichen hätten ( so ausdrücklich BAG vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01, juris, Rz. 46 ).
31 
cc) Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass der Begriff des Verbrauchermarktes bereits im Jahr 1968 in die Baunutzungsverordnung ( BauNVO 1968, abgelöst durch BauNVO 1977 ) aufgenommen wurde. Aus der Entwurfsbegründung ergibt sich, dass der Verordnungsgeber Verbrauchermärkte als "Einkaufsgelegenheiten für Endverbraucher mit der Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen bei einem preisgünstigen Angebot" verstanden hat. Es lag in der Absicht des Verordnungsgebers, den damals noch nicht hinreichend definierten Verbrauchermarktbegriff für die weitere absatzwirtschaftliche Entwicklung offen zu halten (vergl. hierzu BVerwG vom 18.06.2003, Az.: 4 C 5.02). Das maßgebende Abgrenzungsmerkmal war demnach die Großflächigkeit. Ein Verbrauchermarkt verfügt über eine größere Verkaufsfläche als die Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung, deren Verkaufsflächengrenze bei rund 700 qm liegt (vergl. BVerwBG vom 22.05.1987, Az.: 4 C 19.85). Dagegen kommt es - nach baurechtlicher Betrachtung - auf Merkmale wie aggressive Preispolitik, Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen und Einkauf im Wege der Selbstbedienung nicht entscheidend an. Sie sind keine begrifflichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verbrauchermarktes, sondern beschreiben, ebenso wie das Angebot auch von Lebensmitteln, dessen häufige Erscheinungsformen ( so ausdrücklich BVerwG vom 18.06.203, Az.: 4 C 5.02 mit weiteren Literaturnachweisen).
32 
Wenn man diese Grundsätze auf die vom Bundesarbeitsgericht herausgearbeitete Begriffsdefinition des Verbrauchermarktes überträgt, stellt sich demnach die Frage, ob das Abstellen auf das Vorhandensein eines Nahrungsmittelbereiches überhaupt tatbestandliche Voraussetzung eines Verbrauchermarktes ist oder vielmehr der Beschreibung dessen häufig - jedoch nicht notwendigerweise - vorliegenden Erscheinungsbildes dient. Dies gilt umso mehr, als das Bundesarbeitsgericht in seinen vorgenannten Entscheidungen zu Verbrauchermärkten sich niemals ausführlich zu dem tatbestandlichen Erfordernissen des Verkaufs von Lebensmitteln äußern musste. In allen Fällen waren nämlich - soweit aus dem Tatbestand der Entscheidungen ersichtlich - Lebensmittelbereiche in den Märkten tatsächlich vorhanden. Diese Frage bedarf vorliegend jedoch nach Auffassung der Kammer keiner abschließenden Klärung. Würde man nämlich den Lebensmittelbereich im Rahmen der von Bundesarbeitsgericht erarbeiteten Begriffsdefinition tatbestandlich nicht für erforderlich halten, so wäre gleichwohl - wie aufgezeigt - in Anbetracht der Erfüllung der sonstigen Kriterien der Markt der Antragstellerin ein Verbrauchermarkt im Sinne des Tarifvertrages. Im Ergebnis geht somit der Einwand der Antragsstellerin fehl, die Annahme eines Verbrauchermarktes im Tarifsinn scheitere an der vorliegend gegebenen Umsatzschwäche des vorhandenen Lebensmittelbereiches.
33 
2. Da die von den in den Anträgen benannten Mitarbeiter/innen zu verrichtenden Tätigkeiten das Tätigkeitsbeispiel der Beschäftigungsgruppe III des einschlägigen Tarifvertrages GTV erfüllen (Kassierer/innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Verbrauchermarktkassen ), kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin auf das Vorliegen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Beschäftigungsgruppe III ("Tätigkeiten, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt werden") nicht mehr an. Wenn nämlich allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vergl. vom 08.02.1984, Az. 7 AZR 407/83 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; siehe auch vom 17.04.2003, Az. 8 AZR 482/07 m.w.N.) die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch die Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich verbindlich fest, dass diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen entsprechen.
34 
Sie bringen mit den Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, dass die dort angeführten Tätigkeiten vorangestellte allgemeine Tätigkeitsmerkmale erfüllen ( so BAG vom 08.02.1984, Az. 4 AZR 407/83 unter Hinweis auf BAG vom 29.04.1981, AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk ). Daher bedarf es entgegen der Ansicht der Antragstellerin vorliegend nicht mehr der näheren Überprüfung, ob die konkret zu verrichtende Tätigkeit der benannten Mitarbeiter/innen der selbstständigen Tätigkeit im Rahmen "allgemeiner Anweisungen" oder vielmehr auf Grund Einführung moderner Scannerkassen lediglich einer einfachen Kassentätigkeit im Tarifsinne entspricht.
35 
Zusammenfassend ist daher abschließend festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin in W. die Merkmale eines Verbrauchermarktes im Tarifsinne erfüllt. Damit ist die Tätigkeit der in den Anträgen benannten Arbeitnehmer/innen als die von Kassierer/innen an einer Verbrauchermarktkasse nach Beschäftigungsgruppe III GTV anzusehen. Die Anträge auf Ersetzung der seitens des Antragsgegners verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppe II waren daher zurückzuweisen.

Gründe

 
B
21 
Die zulässigen Anträge auf Zustimmungsersetzung gem. § 99 IV BetrVG sind unbegründet und daher zurückzuweisen.
22 
Die Zustimmungsverweigerung des Antragsgegners zu den beabsichtigten Eingruppierungen der in den Anträgen genannten Arbeitnehmer/innen in die Gehaltsgruppe II GTV war berechtigt im Sinne des § 99 II Ziff. 1 BetrVG, denn sie widersprechen dem vorliegend anzuwendenden tarifvertraglichen Vergütungssystem. Mit der Auffassung, die Eingruppierung habe in die Gehaltsgruppe II GTV zu erfolgen, da weder die Tätigkeitsmerkmale noch die Merkmale eines der Richtbeispiele der Gehaltsgruppe III erfüllt seien, vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
23 
1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelt es sich bei deren Betrieb in W. um einen Verbrauchermarkt mit der Folge, dass die von den Arbeitnehmern/innen zu verrichtenden Tätigkeiten dem Tätigkeitsbeispiel "Kassierer an Verbrauchermarktkassen" , das nur in der Beschäftigungsgruppe III GTV aufgeführt ist, nach vorzunehmender Tarifvertragsauslegung eindeutig entsprechen.
24 
a ) Bei der Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs des Verbrauchermarktes sind die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze zu berücksichtigen. Daher ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an Buchstaben zu haften. Ist der Tarifwortlaut mehrdeutig, kann der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm berücksichtigt werden, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Sind zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu erzielen, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen, wobei im Zweifel derjenigen Tarifauslegung der Vorzug gebührt, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt ( so ständige Rechtsprechung des BAG, vergl. vom 05.10.1999, AP § 4 TVG, § 4 Verdienstsicherung Nr. 15; vom 25.10.1995, AP TVG § 1 Tarifverträge Einzelhandel Nr. 57; vom 16.05.1995, AP TVG § 1 Tarifverträge Papierindustrie Nr. 10; in jüngerer Zeit aus dem Bereich Einzelhandel: vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01; vom 15.01.2001, 8 AZR 113/01 ).
25 
aa ) Das Bundesarbeitsgericht hat - soweit ersichtlich - bereits in seiner ersten Entscheidung zur Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs des Verbrauchermarktes (vom 09.12.1987, Az.: 4 AZR 461/87 ) diesen als noch nicht konkretisierten Rechtsbegriff verstanden, der von den Tarifvertragsparteien in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung angewendet worden sei. Daraus hat es geschlossen, die Tarifvertragsparteien wollten diesen Begriff so verstanden wissen, wie er im Handelsverkehr und im Wirtschaftsleben verstanden werde und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise und dem Handelsbrauch (§ 346 HGB) entspreche. Dabei könne zur weiteren Konkretisierung auf die überwiegende Meinung in den einschlägigen Fachkreisen zurückgegriffen werden, soweit sie im Fachschrifttum festzustellen seien. Nach diesen Grundsätzen ist ein Verbrauchermarkt ein Ladengeschäft des Einzelhandels, das eine Verkaufsfläche von mindestens 1.000 qm aufweist, sowohl Nahrungs- und Genussmittel, als auch andere Waren des kurz- und mittelfristigen Bedarfs (sogenannter Non-Food-Bereich ) anbietet, vorwiegend als Selbstbedienungsladen geführt wird und verkehrsgünstig mit guter Parkmöglichkeit, z.B. Stadtrandlage, gelegen ist.
26 
bb) Diese Definition des tarifvertraglichen Verbrauchermarktes wurde auch in den nachfolgenden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (vergl. insoweit vom 15.11.2001, Az.:8 AZR 113/01; vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01; siehe auch jüngst LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2008, Az.: 6 Sa 46/07) übernommen und entspricht somit einer gefestigten Rechtsprechung, der allgemeine rechtliche Bedeutung beizumessen ist. Sie entspricht im Wesentlichen auch der in den einschlägigen Fachkreisen gepflegten Begriffsdefinition. So wird nämlich im Wirtschaftsleben ( vergl. Duden, Wirtschaft von A bis Z, 3. Auflage; siehe auch Wahrig, Deutsches Wörterbuch) ein Verbrauchermarkt als ein großflächiger (mindestens 1.000 qm ) Einzelhandelsbetrieb verstanden, der ein breites Sortiment ( z.B. Lebensmittel, Haushaltswaren, Textilien, Bekleidung, Schuhe, Elektrogeräte ) überwiegend in Selbstbedienung anbietet. Häufig wird auch auf eine Dauerniedrigpreis - oder Sonderangebotspolitik - abgestellt. Der Standort ist in der Regel am Stadtrand, Parkplätze sind in großer Zahl vorhanden.
27 
b) Unter Anwendung der vorgenannten Kriterien handelt es sich bei dem Betrieb der Antragstellerin um einen Verbrauchermarkt im Sinn der tarifvertraglichen Beschäftigungsgruppe III GTV.
28 
Die Antragstellerin betreibt in W. in unmittelbarer Nähe einer Autobahnausfahrt einen gut erreichbaren Betrieb des Einzelhandels. Er ist mit guten Parkmöglichkeiten ausgestattet und liegt mit einer Gesamtverkaufsfläche von über 10.000 qm weit über der von der Rechtsprechung für die Annahme eines Verbrauchermarktes erforderlichen Größe. Sie vertreibt neben Möbeln in wesentlichem Umfang, nämlich zu ca. 50 % ihres Gesamtumsatzes, Artikel aus Randsortimenten wie Hausrat, Kunstgewerbe, Bilder, Kunstgegenstände, Haushalt, Heimtextilien, Tisch- und Bettwäsche, Beleuchtungskörper, Zubehör, Teppiche und Fußböden sowie in geringem Umfang auch Lebens- und Genussmittel. Die Waren sind im Bereich des oben genannten Randsortimentes überwiegend dem kurz - bzw. mittelfristigen Bedarf, in dem Bereich Möbel eher dem langfristigen Bedarf zuzuordnen. Im gesamten Markt gibt es mit Ausnahme des Restaurants keine Kassen in den einzelnen Fachabteilungen, sondern nur eine Vielzahl zentraler Hauptkassen im Ausgangsbereich. Der Markt wird ferner als Selbstbedienungsladen geführt.
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aa) Soweit die Antragstellerin einwendet, der Verkauf von Lebensmitteln ( Food ) sei für sie von untergeordneter Bedeutung und erbringe noch nicht einmal 1 % des Gesamtumsatzes, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn ausweislich vorgenannter und von den einschlägigen Verkehrskreisen anerkannten Begriffsdefinition der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zeichnet sich der Verbrauchermarkt im Tarifsinne gerade durch die Größe und die Vielfalt eines breit gefächerten Warensortiments aus. Diese Vielfalt der abzukassierenden Artikel und die Größe des Marktes bezogen auf die vorgehaltene Verkaufsfläche macht die eigentliche Wesensart eines Verbrauchermarktes aus und führt zur Erfüllung des Richtbeispiels der Gruppe III des GTV. Wieviele vorgehaltene bzw. verkaufte Artikel aus welchem Warensegment stammen, ist aber - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - lediglich von untergeordneter Bedeutung. Hintergrund des Richtbeispiels für die Gruppe III des GTV ist nämlich nach der Rechtsprechung des BAG ( vergl. 17.04.2005, Az. 8 AZR 482/01, juris, Rz. 48, siehe auch LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2008, Az. 6 Sa 46/07 )die mit der Größe des Marktes und dem breit gefächerten Warensortiment einhergehende Leistungsverdichtung für die Kassierer/innen, nicht die tatbestandliche Festschreibung einzelner Warensegmente bzw. deren Mindestanteil am erzielten Gesamtumsatz. Dass der Umsatz im Food-Bereich sowie die hierfür vorgehaltene Verkaufsfläche vorliegend eher gering ist, ist in Anbetracht des übrigen breit gefächerten und umsatzstarken Randsortiments im Markt der Antragstellerin demnach unschädlich.
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bb ) Für die Auffassung, dass nach der vom Bundesarbeitsgericht erarbeiteten Definition des Verbrauchermarktes die Vielfalt des angebotenen Warensortiments, nicht jedoch ein diesbezüglich erzielter Mindestumsatz entscheidend ist, spricht auch Folgendes: Die Tarifvertragsparteien in Baden-Württemberg haben - anders als in anderen Bundesländern (Rheinland-Pfalz ausgenommen ) - in den vorliegend anzuwendenden Gehaltstarifverträgen den Begriff des "Verbrauchermarktes", so wie er in gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit 1984 verstanden worden ist, weiterhin unverändert und ohne nähere Bestimmung verwendet. Wenn sie dies in Ansehung einer langjährigen unveränderten Auslegung des tarifvertraglichen Begriffs durch das Bundesarbeitsgericht so gehandhabt haben, so ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien die Auslegung für zutreffend halten. Diese Übung spricht gerade dafür, dass sich die ursprünglich entwickelte Definition als sachlich zutreffend und praktisch brauchbar erwiesen hat. Hätten die Tarifvertragsparteien den Begriff des Verbrauchermarktes nicht so verstanden wissen wollen, hätten sie dies zumindest einfach dadurch klarstellen können, indem sie beispielsweise das Regelbeispiel gestrichen hätten ( so ausdrücklich BAG vom 17.04.2003, Az.: 8 AZR 482/01, juris, Rz. 46 ).
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cc) Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass der Begriff des Verbrauchermarktes bereits im Jahr 1968 in die Baunutzungsverordnung ( BauNVO 1968, abgelöst durch BauNVO 1977 ) aufgenommen wurde. Aus der Entwurfsbegründung ergibt sich, dass der Verordnungsgeber Verbrauchermärkte als "Einkaufsgelegenheiten für Endverbraucher mit der Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen bei einem preisgünstigen Angebot" verstanden hat. Es lag in der Absicht des Verordnungsgebers, den damals noch nicht hinreichend definierten Verbrauchermarktbegriff für die weitere absatzwirtschaftliche Entwicklung offen zu halten (vergl. hierzu BVerwG vom 18.06.2003, Az.: 4 C 5.02). Das maßgebende Abgrenzungsmerkmal war demnach die Großflächigkeit. Ein Verbrauchermarkt verfügt über eine größere Verkaufsfläche als die Einzelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung, deren Verkaufsflächengrenze bei rund 700 qm liegt (vergl. BVerwBG vom 22.05.1987, Az.: 4 C 19.85). Dagegen kommt es - nach baurechtlicher Betrachtung - auf Merkmale wie aggressive Preispolitik, Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen und Einkauf im Wege der Selbstbedienung nicht entscheidend an. Sie sind keine begrifflichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verbrauchermarktes, sondern beschreiben, ebenso wie das Angebot auch von Lebensmitteln, dessen häufige Erscheinungsformen ( so ausdrücklich BVerwG vom 18.06.203, Az.: 4 C 5.02 mit weiteren Literaturnachweisen).
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Wenn man diese Grundsätze auf die vom Bundesarbeitsgericht herausgearbeitete Begriffsdefinition des Verbrauchermarktes überträgt, stellt sich demnach die Frage, ob das Abstellen auf das Vorhandensein eines Nahrungsmittelbereiches überhaupt tatbestandliche Voraussetzung eines Verbrauchermarktes ist oder vielmehr der Beschreibung dessen häufig - jedoch nicht notwendigerweise - vorliegenden Erscheinungsbildes dient. Dies gilt umso mehr, als das Bundesarbeitsgericht in seinen vorgenannten Entscheidungen zu Verbrauchermärkten sich niemals ausführlich zu dem tatbestandlichen Erfordernissen des Verkaufs von Lebensmitteln äußern musste. In allen Fällen waren nämlich - soweit aus dem Tatbestand der Entscheidungen ersichtlich - Lebensmittelbereiche in den Märkten tatsächlich vorhanden. Diese Frage bedarf vorliegend jedoch nach Auffassung der Kammer keiner abschließenden Klärung. Würde man nämlich den Lebensmittelbereich im Rahmen der von Bundesarbeitsgericht erarbeiteten Begriffsdefinition tatbestandlich nicht für erforderlich halten, so wäre gleichwohl - wie aufgezeigt - in Anbetracht der Erfüllung der sonstigen Kriterien der Markt der Antragstellerin ein Verbrauchermarkt im Sinne des Tarifvertrages. Im Ergebnis geht somit der Einwand der Antragsstellerin fehl, die Annahme eines Verbrauchermarktes im Tarifsinn scheitere an der vorliegend gegebenen Umsatzschwäche des vorhandenen Lebensmittelbereiches.
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2. Da die von den in den Anträgen benannten Mitarbeiter/innen zu verrichtenden Tätigkeiten das Tätigkeitsbeispiel der Beschäftigungsgruppe III des einschlägigen Tarifvertrages GTV erfüllen (Kassierer/innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Verbrauchermarktkassen ), kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin auf das Vorliegen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Beschäftigungsgruppe III ("Tätigkeiten, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt werden") nicht mehr an. Wenn nämlich allgemein gefassten Tätigkeitsmerkmalen in einer bestimmten Vergütungsgruppe konkrete Beispiele beigefügt sind, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vergl. vom 08.02.1984, Az. 7 AZR 407/83 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; siehe auch vom 17.04.2003, Az. 8 AZR 482/07 m.w.N.) die Erfordernisse der betreffenden Vergütungsgruppe regelmäßig schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit auszuüben hat. Durch die Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien nämlich grundsätzlich verbindlich fest, dass diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppen entsprechen.
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Sie bringen mit den Tätigkeitsbeispielen erkennbar ihre Auffassung zum Ausdruck, dass die dort angeführten Tätigkeiten vorangestellte allgemeine Tätigkeitsmerkmale erfüllen ( so BAG vom 08.02.1984, Az. 4 AZR 407/83 unter Hinweis auf BAG vom 29.04.1981, AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk ). Daher bedarf es entgegen der Ansicht der Antragstellerin vorliegend nicht mehr der näheren Überprüfung, ob die konkret zu verrichtende Tätigkeit der benannten Mitarbeiter/innen der selbstständigen Tätigkeit im Rahmen "allgemeiner Anweisungen" oder vielmehr auf Grund Einführung moderner Scannerkassen lediglich einer einfachen Kassentätigkeit im Tarifsinne entspricht.
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Zusammenfassend ist daher abschließend festzustellen, dass der Betrieb der Antragstellerin in W. die Merkmale eines Verbrauchermarktes im Tarifsinne erfüllt. Damit ist die Tätigkeit der in den Anträgen benannten Arbeitnehmer/innen als die von Kassierer/innen an einer Verbrauchermarktkasse nach Beschäftigungsgruppe III GTV anzusehen. Die Anträge auf Ersetzung der seitens des Antragsgegners verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppe II waren daher zurückzuweisen.

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