Urteil vom Arbeitsgericht Mannheim - 8 Ca 91/14

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt d. Kläg.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 5.561,18.

4. Soweit die Berufung nicht von Gesetzes wegen statthaft ist, wird sie nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

 
A.
Die Parteien streiten über die Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit und insbesondere um deren Verteilung.
Der am ... Februar 19... geborene, verheiratete und gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 07. Januar 2009 bei der Beklagten in deren Niederlassung in M.-W. in Vollzeit in der Abteilung Drive-In, Verleihservice, beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört es, Geräte (wie z. B. Bohrmaschinen, Estrichschleifer, Vibrationsplatten) zu vermieten und an die Kunden auszugeben bzw. wieder in Empfang zu nehmen. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des Einzelhandels Baden-Württemberg Anwendung. Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers beträgt gem. § 6 MTV Einzelhandel Baden-Württemberg 37,5 Stunden. Die derzeitige monatliche Bruttovergütung (Grundvergütung) des Klägers beläuft sich auf EUR 2.316,00.
Aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen wegen Funktionsstörungen an den Händen und der Wirbelsäule ist beim Kläger ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Der Kläger ist einem schwerbehinderten Menschen gem. § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt.
Ferner ist der Kläger Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats.
Die Beklagte ist ein überregionales Unternehmen im Bereich des Bau- und Heimwerkerbedarfs im weiteren Sinne. Sie beschäftigt ihre Vollzeitmitarbeiter in der benannten Abteilung in der Regel von montags bis samstags rollierend in drei Schichten, nämlich von 7.00 Uhr bis 15.30 Uhr, 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowie 11.45 Uhr bis 20.00 Uhr. Entsprechend diesen Arbeitszeiten wurde auch der Kläger bisher eingesetzt. Der Einsatz von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern erfolgt nach individuell mit diesen vereinbarten Arbeitszeiten.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 (Abl. 11) beantragte der Kläger eine Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden. Darüber hinaus beantragte er die folgende Verteilung der Arbeitszeit:
Montag
        
7,5 Stunden bis max. 17.30 Uhr
Dienstag
        
7,5 Stunden bis max. 15.30 Uhr
Mittwoch
        
7,5 Stunden bis max. 15.30 Uhr
Donnerstag
        
7,5 Stunden bis max. 15.30 Uhr
Freitag
        
5,0 Stunden bis max. 12.00 Uhr
Samstag
        
5,00 Stunden bis max. 12.30 Uhr.
Die Arbeitstage Freitag und Samstag sollten dabei in 14-tägigem Wechsel arbeitsfrei sein.
Die Beklagte stimmte diesem Verringerungswunsch des Klägers mit Schreiben vom 27. Januar 2014 (Abl. 12) zu, lehnte die beantragte Neuverteilung der Arbeitszeit jedoch ab unter Hinweis auf die betrieblichen Notwendigkeiten, die sich aus dem in dem Betrieb der Beklagten praktizierten Schicht- Arbeitszeitmodell sowie dem Aspekt der Gleichbehandlung der Mitarbeiter ergäben.
10 
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 04. März 2015 bei Gericht eingegangenen Klage. Er ist der Auffassung, aus gesundheitlichen Gründen sei die beantragte Reduzierung der Arbeitszeit mit dem gewünschten Verteilungsmodell notwendig, um durch längere Erholzeiten seine Arbeitskraft zu maximieren. Aufgrund der chronischen Erkrankung des Bewegungsapparates des Klägers sei diesem von seiner behandelnden Ärztin, Frau Dr. S., empfohlen worden, mehrmals pro Woche Sport bzw. Gymnastik zu treiben. Um dieser Empfehlung nachzukommen, sei ein umfangreiches Schwimmtraining erforderlich. Dies sei dem Kläger nur samstags möglich, da er an den anderen Wochentagen eine sportliche Betätigung aufgrund seiner Arbeitszeit nicht ausüben könne. Unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Arbeitsplatz und Familie sei auch eine Freistellung am Freitagnachmittag erforderlich. Regelmäßig erfolge nämlich die Abholung seiner zwei Kinder vom Kindergarten von Montag bis Donnerstag durch seine teilzeitbeschäftigte Ehefrau, die bei der Beklagten in der Niederlassung D. von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr täglich arbeitet. An Freitagen sei der Ehefrau des Klägers die Abholung der Kinder jedoch nicht möglich, da sie mit umfangreichen Hausarbeiten beschäftigt sei. Der Kläger müsse sich daher ab 14.30 Uhr am Kindergarten eingefunden haben, um die Kinder rechtzeitig abzuholen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Kläger in P. wohnt und für den Weg zum Arbeitsplatz angesichts einer Entfernung von ca. 45 Kilometern eine Fahrzeit von 45 - 60 Minuten zu berechnen sei. Aufgrund dieser langen Fahrzeiten komme es zu körperlichen Zwangshaltungen, welche durch gesundheitliche Maßnahmen kompensiert werden müssten. Um eine Maximierung der Arbeitsleistung zu erhalten bzw. zu erreichen, seien möglichst zusammenhängende Tage, idealerweise ein Wochenende mit einem arbeitsfreien Freitagnachmittag bzw. Samstagnachmittag zu gewähren.
11 
Schließlich begründet der Kläger sein Teilzeitbegehren damit, dass ab dem 16. Juli 2015 an der Martin-Behaim-Schule in D. ausweislich der Bescheinigung vom 06. März 2015 (Abl. 145) eine schulische Weiterbildung beginnen werde. Insofern benötige er für entsprechende Unterrichtszeiten freie Kapazitäten.
12 
Im übrigen behauptet er, dass weitere Arbeitskollegen nach dem vom Kläger gewünschten Schicht- Arbeitszeitmodell arbeiteten. Somit verstoße die Beklagte durch ihre ablehnende Haltung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.
13 
In Anbetracht seiner Gleichstellung und den langen Fahrzeiten von der Wohnung des Klägers zur Arbeitsstätte folge der geltend gemachte Klageanspruch ferner auch aus § 81 Abs. 4 Satz 5 SGB IX.
14 
Der Kläger b e a n t r a g t:
15 
Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Reduzierung seiner Wochenarbeitszeit ab dem 01.05.2014 von 37,5 Stunden wöchentlich auf 35 Stunden wöchentlich mit einer Verteilung der Arbeitszeit montags bis donnerstags auf jeweils 7,5 Stunden täglich und freitags und samstags auf 5 Stunden täglich und dem geplanten Arbeitszeitende montags spätestens 17.30 Uhr, dienstags bis donnerstags jeweils spätestens 15.30 Uhr, freitags und samstags spätestens 12.30 Uhr und unter Beachtung, dass Freitag und Samstag im 14-tägigen Wechsel arbeitsfrei ist, anzunehmen.
16 
Die Beklagte b e a n t r a g t,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Sie ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm gewünschte Verteilung seiner Arbeitszeit, da sich sein Vorgehen als rechtsmissbräuchlich erweise.
19 
Obwohl der Kläger seine wöchentliche Arbeitszeit lediglich von 37,5 auf 35 Stunden - und somit um lediglich 2,5 Wochenstunden - reduzieren möchte, wolle er eine Verteilung erreichen, wonach er nicht mehr im Spätdienst bis 20.00 Uhr arbeiten müsse, an den übrigen Tagen (außer montags) lediglich bis 15.30 Uhr und im 14-Tages-Rhythmus freitags und samstags sogar nur bis 12.00 Uhr bzw. bis 12.30 Uhr. Eine Begründung dafür, warum diese erheblichen Abweichungen von der üblichen Arbeitszeit auch unter Berücksichtigung der Belange seiner Kollegen gerechtfertigt sein sollen, sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Der Kläger berufe sich vielmehr vollkommen unsubstantiiert auf gesundheitliche Gründe, die allerdings weder erkennbar noch nachvollziehbar seien. Vor dem Hintergrund seiner Argumentation solle nicht in Abrede gestellt werden, dass dem Kläger Sport gut tun würde. Sport gelte allerdings allgemein als gesundheitsfördernd, so dass dies bei jedem, insbesondere auch bei den Kollegen des Klägers, der Fall wäre, ohne dass hieraus bereits ein Anspruch auf einen oder sogar zwei freie Nachmittage begründet werde. Es wäre auch den Kollegen des Klägers nur schwer zu vermitteln, wenn sie möglicherweise häufiger Samstagsmittags arbeiten müssten, da der Kläger Sport treiben wolle.
20 
Ebenso fragwürdig sei auch die Behauptung des Klägers, er benötige einen freien Freitag bzw. Freitagnachmittag, da er um 14.30 Uhr seine Söhne im Kindergarten abholen müsse. Dies damit zu begründen, dass seine Frau, die lediglich halbtags arbeitet, freitags aufgrund umfangreicher durchzuführende Hausarbeiten verhindert sei, sei konstruiert und unglaubwürdig. Gerade wenn eine Ehefrau nur halbtags tätig ist, sollte es möglich sein, den Haushalt so zu organisieren, dass eine Abholung der Kinder durch die Ehefrau des Klägers auch am Freitagmittag gewährleistet sei. Dies gelinge jedenfalls auch Alleinerziehenden und Familien, in denen beide Elternteile Vollzeit beschäftigt sind. Es stelle sich im übrigen die Frage, wer die Kinder bisher freitags vom Kindergarten abgeholt habe, wenn der Kläger gearbeitet oder an Betriebsratsseminaren, die regelmäßig von dienstags bis freitags gingen, teilgenommen habe. Schließlich verdeutliche auch der unwahre Sachvortrag des Klägers bzgl. der Fahrzeiten vom Arbeitsplatz zu seiner Wohnung, dass der Kläger versuche, einen ihm genehmen Sachverhalt zu konstruieren. So dürfte selbst im Berufsverkehr lediglich eine Fahrzeit von 30 bis maximal 45 Minuten anfallen, keineswegs aber -seltene ungewöhnliche Ereignisse ausgenommen- eine solche von zwei Stunden. Außerdem würde auch die vom Kläger gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nicht zu einer Änderung der Fahrzeiten führen, was die Absurdität des klägerischen Vortrags bestätige.
21 
Bestritten werde, dass der Kläger tatsächlich eine Weiterbildung in schulischer Form beginne. Es sei auch überhaupt nicht dargetan, dass etwaige Unterrichtszeiten die vom Kläger beanspruchte Arbeitszeitverteilung bedingten bzw. dass der Kläger zu den bisherigen Arbeitszeiten tatsächlich Unterricht habe. Ebenso treffe nicht zu, dass weitere Arbeitskollegen mit einer entsprechenden Arbeitszeit in dem vom Kläger gewünschten Verteilungsmodell arbeiten würden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung liege damit nicht vor. Hätte der Kläger mit seinem Begehren Erfolg, würden vielmehr -dann auch zu Recht- andere Mitarbeiter durch eine geringfügige Reduzierung ihrer Arbeitszeit versuchen, nicht mehr im Spätdienst arbeiten zu müssen und freitags und samstags vollständig oder bereits gegen Mittag zu Hause zu sein.
22 
Im Rahmen des Kammertermins führt die Beklagte ferner aus, dass die umsatzstärkste Zeit in der Abteilung Drive-In unter der Woche in den Abendstunden sowie insbesondere freitagsnachmittags und samstags zu verzeichnen sei. Gerade an Samstagen sei der Umsatz doppelt so hoch wie an sonstigen Tagen. Dies hänge u. a. damit zusammen, dass samstags viele Privatpersonen kämen und im Bereich des Entleihservices die Konkurrenten der Beklagten geschlossen hätten. Ferner erklärte die Beklagte, sie müsse die Mitarbeiter bzgl. der Arbeitszeiten gleich behandeln, denn auch sonstige Mitarbeiter hätten ein Interesse daran, an Freitagen und Samstagen nur begrenzte Arbeitszeiten abzuleisten. Sie sei als Arbeitgeberin bemüht um Flexibilität und Berücksichtigung der privaten Interessen der Mitarbeiter. Es müsse jedoch gewährleistet werden, dass die Mitarbeiter an Freitagen und Samstagen tatsächlich arbeiten, denn nur so könne die unbeliebte Arbeitszeit gerecht in der Belegschaft verteilt werden. Dies gelte auch für den Einsatz in der Spätschicht unter der Woche.
23 
Der Kläger ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten.
24 
Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
B.
25 
Die zulässige Klage ist abzuweisen, da sie unbegründet ist.
26 
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Dem auf § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG gestützten Klagebegehren steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, § 242 BGB, entgegen unter dem Gesichtspunkt der Ausübung einer formalen Rechtsposition als Vorwand für die Erreichung eines sonst nicht durchsetzbaren Zwecks.
I.
27 
Die Klage ist zulässig.
28 
Bei dem streitgegenständlichen Klageantrag handelt es sich um eine zulässige objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO. Zum einen begehrt der Kläger die Verringerung seiner vertraglichen Arbeitszeit. Hierbei handelt es sich um eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung. Zum anderen handelt es sich um eine Klage auf Festlegung der Arbeitszeitverteilung durch die Beklagte kraft Ausübung des Direktionsrechts, welche als geschäftsähnliche Handlung gleich einer Willenserklärung gemäß § 894 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. Arbeitsgericht Stuttgart vom 23. November 2001 - 26 Ca 1324/01- NZA 2002, 183 (184) unter Hinweis auf Grobys/Braun, NZA 2001, 1175 (1178)).
29 
Der Klageantrag ist in seiner Gesamtheit hinreichend bestimmt im Sinn von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da er das Reduzierungsvolumen und die gewünschte Lage der wöchentlichen Arbeitszeit hinreichend konkret bezeichnet. Dass der Antrag auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist, ist unschädlich (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. vom 12. April 2011 - 9 AZR 19/10- AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 53; vom 18. August 2008 - 9 AZR 517/08 - AP TzBfG § 8 Nr. 28).
II.
30 
Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Beklagte ist gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht verpflichtet, der vom Kläger verlangten Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit zuzustimmen.
1.
31 
Zu Gunsten des Klägers ist zwar davon auszugehen, dass die Beklagte der vom Kläger gewünschten Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden zugestimmt hat. Der Kläger hat jedoch gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sein Verringerungsverlangen mit einem konkreten Verteilungswunsch verbunden und sein Änderungsangebot somit von der Zustimmung der Beklagten zur gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig gemacht (vgl. BAG vom 18. Februar 2003, NZA 2003, 1392 (1394)). In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber das Änderungsangebot nur einheitlich annehmen oder ablehnen (BAG vom 18. August 2009 - 9 AZR 517/08 - NZA 2009, 1207 (1209); vgl. auch ErfK-Preis, 14. Aufl., § 8 TzBfG Rn. 14 m. w. Nachw.).
2.
32 
Dem Verringerungsverlangen des Klägers steht jedoch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Nach Auffassung der Kammer ist die Rechtsausübung des Klägers im Rahmen seines Begehrens um eine Arbeitszeitverkürzung von 2,5 Wochenstunden rechtsmissbräuchlich, denn ihr liegt kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde. Sie dient nur als Vorwand für einen gewünschten massiven Eingriff in die Lage der Arbeitszeit und folglich zur Erreichung vertragsfremder Zwecke.
a)
33 
Der in § 8 TzBfG geregelte Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit soll den Wechsel von einer Vollzeit in eine Teilzeitbeschäftigung erleichtern (vgl. BT-Dr 14/4374, Seite 11, BAG vom 18. August 2009, a. a. O.). Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit dient der Schaffung von Teilzeitstellen und vor allem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Anders als § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG enthält § 8 TzBfG keine Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Vertragsänderung und knüpft den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nicht an ein Mindestmaß der Arbeitszeitreduzierung. Dies bewirkt, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch Anspruch auf eine verhältnismäßig geringfügige Verringerung seiner Arbeitszeit haben kann. Verlangt ein Arbeitnehmer, dass seine Arbeitszeit nur geringfügig reduziert wird, indiziert dies nicht per se einen Rechtsmissbrauch. Andernfalls würde das Ziel des Gesetzgebers unterlaufen, der die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht an ein bestimmtes Restarbeitszeitvolumen gebunden hat (vgl. BAG vom 11. Juni 2013 - 9 AZR 786/11 - NZA 2013, 1074 (1075); Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rn. 55). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 8 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 TzBfG kann der Arbeitnehmer jedoch nur Wünsche zur Verteilung des Arbeitszeit geltend machen, wenn er sie mit dem Anspruch auf Verringerung der bisherigen Arbeitszeit verknüpft. Der Anspruch auf Festlegung der Arbeitszeit besteht jedoch nicht isoliert, sondern nur als Annex zum Verringerungsanspruch (ErfK. Preis, a. a. O., Rn. 6; Mengel in Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Auflage, § 8 Rn. 78, jeweils mit zahlreichen Nachweisen). Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer kann also nicht die bloße Neuverteilung seiner Arbeitszeit verlangen, ohne zugleich sein Reduzierungsverlangen geltend zu machen. Deshalb kann sich der Arbeitnehmer dazu veranlasst sehen, einen Antrag auf eine sehr geringe Reduzierung der Arbeitszeit zu stellen, um diesen mit dem Antrag auf Änderung der Verteilung der Arbeitszeit -auf die es ihm eigentlich ankommt- zu verbinden.
aa)
34 
Wann von einem solchen rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangen auszugehen ist, ist in der Literatur umstritten. Während Rieble/Gutzeit (NZA 202, 7, (8)) eine Mindestreduzierung von 5 Wochenstunden vorschlagen, sieht Zwanziger (KZD, KSchR-Zwanziger, § 8 TzBfG, Rn. 8 ff, 44) erst eine Verkürzung um weniger als eine Stunde pro Woche als problematisch an. Sievers (TzBfG, 4. Auf., § 8 Rn. 15) hingegen setzt die Grenze des Rechtsmissbrauchs bei einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von unter einem Zehntel der bisherigen Arbeitszeit an. Aus dieser Uneinheitlichkeit ist zu schließen, dass es einen in der Literatur allgemein anerkannten Wert, unterhalb dessen das Reduzierungsverlangen eines Arbeitnehmers als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, nicht gibt. Gemeinsame Auffassung ist jedoch, dass bei einem Verlangen nach sehr geringer Ermäßigung der Arbeitszeit noch besondere Umstände hinzutreten müssen, die darauf schließen lassen, dass der Verringerungswunsch nur dazu dient, eine andere Verteilung der Arbeitszeit durchzusetzen. In einem solchen Fall wäre das Begehren eines Arbeitnehmers wie eine selbständige Beanspruchung einer Neuverteilung der Arbeitszeit ohne Verringerungsverlangen zu behandeln und wäre folglich unzulässig (Mengel, a. a. O., Rn. 78).
35 
Dieser Linie folgt auch das BAG (vom 11. Juni 2013 - 9 AZR 786/11 - NZA 2013, 1074 (1075)) in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer unter massiver Veränderung der bisherigen Arbeitszeit die Reduzierung der Wochenarbeitszeit um 3,29 % anstrebte. Danach kann die Annahme eines gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangen im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm gem. § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte. Dabei folgt aus dem Annexcharakter der Verteilungsanspruchs nach Auffassung der Kammer desweiteren der Grundsatz, je geringer die gewünschte Reduzierung des Arbeitszeitvolumens ausfällt, desto geringer ist in der Regel das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers daran, massiv in die bisherige Lage der Arbeitszeit einzugreifen.
bb)
36 
Unter diesen Voraussetzungen erweist sich das Reduzierungsverlangens des Klägers vorliegend als rechtsmissbräuchlich. Der Kläger macht ein sehr geringfügiges Verringerungsbegehren geltend, nämlich ein solches von - bezogen auf die Vollzeittätigkeit - in Höhe 6,67 %. Dies entspricht 2,5 Wochenstunden. Ein an diesem Volumen orientiertes Interesse des Klägers ist nicht ersichtlich. Denn trotz der Rüge der Beklagten hat es der Kläger nicht vermocht darzulegen, warum angesichts des bei der Beklagten gelebten Arbeitszeitmodells eine sportliche Betätigung des Klägers auch an Wochentagen tatsächlich nicht möglich sein soll. Er hat desweiteren nicht erklären können, warum er die Kinder freitags um 14.30 Uhr im Kindergarten abholen müsse. Der Verweis auf die Verhinderung seiner teilzeitbeschäftigten Ehefrau aufgrund zu verrichtender Hausarbeiten überzeugt nicht, zumal seine Ehefrau die Kinder auch bisher abgeholt hat, wenn der Kläger durch seine Arbeitsverpflichtung verhindert gewesen ist. Auch die vom Kläger behauptete - und von der Beklagten bestrittene - beabsichtigte Aufnahme einer schulischen Weiterbildung kann das Verringerungsbegehren des Klägers nicht schlüssig begründen, denn er hat nicht einmal im Ansatz behauptet, dass er ohne Verringerung der Arbeitszeit (im übrigen auch nicht ohne deren veränderte Lage) zur Durchführung des Schulbesuchs nicht in der Lage wäre.
37 
Die Argumentation des Klägers ist dementsprechend auch nicht auf die Reduzierung des Arbeitszeitvolumens ausgerichtet, sondern allein an der Lage der Arbeitszeit. Er setzt somit sein geringfügiges Verringerungsbegehren als Vehikel ein, um auf diese Art und Weise eine andere Arbeitszeitverteilung durchzusetzen, die ihm die Befreiung von Spätschichten, frühe Heimkehr an Freitagen und Samstagen und sogar volle Arbeitsbefreiung an letztgenannten Tagen im 14-Tages-Rhythmus garantiert. Er strebt daher eine Arbeitsbefreiung für Zeiten an, an denen ausweislich der unstreitigen Bekundungen der Beklagten mit dem größten Umsatz und Arbeitsanfall in der Abteilung des Klägers zu rechnen ist. Die Beklagte hat mit ihrem Vortrag dargestellt, dass es zu ihren Organisationsprinzipien gehört, die unbeliebten Spätarbeitszeiten und Arbeitszeiten an den besonders kundenfreqenzstarken Freitagen und Samstagen gerecht auf die Belegschaft zu verteilen. In diese Verteilungsgerechtigkeit greift der Kläger durch die von ihm begehrte Arbeitszeitverteilung massiv ein. Nicht zu Unrecht äußerte die Beklagte daher die Befürchtung, dass im Falle des Erfolgs des Klägers auch andere Mitarbeiter durch geringfügige Arbeitszeitreduzierung versuchen würden, eine Befreiung von unbeliebten Arbeitszeiten zu erzwingen. Der Kläger beabsichtigt folglich durch seinen Verteilungswunsch, seine Freizeit gerade in Zeiträume zu verlegen, in denen erfahrungsgemäß auch andere Arbeitnehmer ein erhöhtes Freizeitbedürfnis haben. Er mutet letztlich den anderen Arbeitnehmern die daraus resultierenden Nachteile durch (die Vakanz des Klägers kompensierende) erhöhte Einsatzzeiten in der Spätschicht sowie an Freitagen und Samstagen zu, ohne ein berechtigtes Interesse an der Arbeitszeitreduzierung nur ansatzweise plausibel dargelegt zu haben. Die äußeren Umstände sprechen somit dafür, dass der Kläger die Mittel des Teilzeitbegehrens zweckwidrig dazu benutzt, eine Arbeitszeitverteilung durchzusetzen, auf die er sonst und ohne eine Verringerungsbegehren keinen Anspruch hätte und versucht, sich gleichzeitig im Hinblick auf seine Freizeitinteressen einen Vorteil gegenüber den anderen Arbeitnehmern zu verschaffen.
cc)
38 
Vor diesem Grund hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer keine weiteren Anhaltspunkte dafür darzulegen und ggf. nachzuweisen, dass der Kläger sein Recht auf Verringerung der Arbeitszeit missbräuchlich im Sinn des § 242 BGB ausübt. Der unstreitige Sachverhalt spricht vielmehr bereits hierfür. Es wäre demnach Aufgabe des Klägers im Sinne einer abgestuften Darlegungslast gewesen, konkrete Umstände vorzutragen, die entgegen der vorliegenden Indizwirkung darauf schließen lassen, dass sein Verringerungswunsch eben nicht allein dazu diente, eine bestimmte Arbeitszeitverteilung durchzusetzen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger jedoch trotz der erhobenen Rüge der Beklagten nicht nachgekommen.
39 
Hierbei geht es auch nicht darum, dass der Arbeitnehmer im Rahmen eines auf § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TzBfG gestützten Begehrens grundsätzlich nicht darzulegen hat, welche Interessen er an einer Arbeitszeitverringerung hat. Es geht vielmehr darum, dass er die aufgrund äußere Umstände indizierte Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu erschüttern hat (so LAG Hessen vom 22. August 2011 - 17 Sa 133/11- Rn. 22, juris).
40 
Im Ergebnis ist somit das Verringerungsverlangen des Klägers rechtsmißbräuchlich mit der Folge, dass der Verteilungswunsch als unzulässig anzusehen ist. Der Kläger hat ausweislich seines Antrages den Anspruch auf Verringerung und Verteilung seiner Arbeitszeit derart miteinander verknüpft, dass die Reduzierung nur dann erstrebt wird, wenn auch eine Zustimmung zur gewünschten Verteilung erfolgt. Die Klage ist daher insgesamt als unbegründet abzuweisen, zumal auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten Vorgaben des SGB IX keine andere Sichtweise geboten ist.
III.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 II ArbGG i. V. m. § 91 ZPO.
IV.
42 
Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Höhe richtet sich nach § 42 II Satz 2 GKG in analoger Anwendung nach der 36-fachen Monatsdifferenz von bisher geleisteter und gem. Arbeitszeitreduzierung zukünftig geschuldeter Vergütung.
V.
43 
Die Berufung ist für den Kläger nach Maßgabe des § 64 II Lit. b, ArbGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 600,00 übersteigt. Eine gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG war mangels Vorliegens der diesbezüglichen Voraussetzungen nicht veranlasst.

Gründe

 
B.
25 
Die zulässige Klage ist abzuweisen, da sie unbegründet ist.
26 
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Dem auf § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG gestützten Klagebegehren steht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, § 242 BGB, entgegen unter dem Gesichtspunkt der Ausübung einer formalen Rechtsposition als Vorwand für die Erreichung eines sonst nicht durchsetzbaren Zwecks.
I.
27 
Die Klage ist zulässig.
28 
Bei dem streitgegenständlichen Klageantrag handelt es sich um eine zulässige objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO. Zum einen begehrt der Kläger die Verringerung seiner vertraglichen Arbeitszeit. Hierbei handelt es sich um eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung. Zum anderen handelt es sich um eine Klage auf Festlegung der Arbeitszeitverteilung durch die Beklagte kraft Ausübung des Direktionsrechts, welche als geschäftsähnliche Handlung gleich einer Willenserklärung gemäß § 894 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. Arbeitsgericht Stuttgart vom 23. November 2001 - 26 Ca 1324/01- NZA 2002, 183 (184) unter Hinweis auf Grobys/Braun, NZA 2001, 1175 (1178)).
29 
Der Klageantrag ist in seiner Gesamtheit hinreichend bestimmt im Sinn von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da er das Reduzierungsvolumen und die gewünschte Lage der wöchentlichen Arbeitszeit hinreichend konkret bezeichnet. Dass der Antrag auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist, ist unschädlich (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. vom 12. April 2011 - 9 AZR 19/10- AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 53; vom 18. August 2008 - 9 AZR 517/08 - AP TzBfG § 8 Nr. 28).
II.
30 
Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Beklagte ist gem. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht verpflichtet, der vom Kläger verlangten Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit zuzustimmen.
1.
31 
Zu Gunsten des Klägers ist zwar davon auszugehen, dass die Beklagte der vom Kläger gewünschten Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden zugestimmt hat. Der Kläger hat jedoch gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sein Verringerungsverlangen mit einem konkreten Verteilungswunsch verbunden und sein Änderungsangebot somit von der Zustimmung der Beklagten zur gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig gemacht (vgl. BAG vom 18. Februar 2003, NZA 2003, 1392 (1394)). In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber das Änderungsangebot nur einheitlich annehmen oder ablehnen (BAG vom 18. August 2009 - 9 AZR 517/08 - NZA 2009, 1207 (1209); vgl. auch ErfK-Preis, 14. Aufl., § 8 TzBfG Rn. 14 m. w. Nachw.).
2.
32 
Dem Verringerungsverlangen des Klägers steht jedoch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Nach Auffassung der Kammer ist die Rechtsausübung des Klägers im Rahmen seines Begehrens um eine Arbeitszeitverkürzung von 2,5 Wochenstunden rechtsmissbräuchlich, denn ihr liegt kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde. Sie dient nur als Vorwand für einen gewünschten massiven Eingriff in die Lage der Arbeitszeit und folglich zur Erreichung vertragsfremder Zwecke.
a)
33 
Der in § 8 TzBfG geregelte Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit soll den Wechsel von einer Vollzeit in eine Teilzeitbeschäftigung erleichtern (vgl. BT-Dr 14/4374, Seite 11, BAG vom 18. August 2009, a. a. O.). Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit dient der Schaffung von Teilzeitstellen und vor allem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Anders als § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BEEG enthält § 8 TzBfG keine Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Vertragsänderung und knüpft den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nicht an ein Mindestmaß der Arbeitszeitreduzierung. Dies bewirkt, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch Anspruch auf eine verhältnismäßig geringfügige Verringerung seiner Arbeitszeit haben kann. Verlangt ein Arbeitnehmer, dass seine Arbeitszeit nur geringfügig reduziert wird, indiziert dies nicht per se einen Rechtsmissbrauch. Andernfalls würde das Ziel des Gesetzgebers unterlaufen, der die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht an ein bestimmtes Restarbeitszeitvolumen gebunden hat (vgl. BAG vom 11. Juni 2013 - 9 AZR 786/11 - NZA 2013, 1074 (1075); Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rn. 55). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 8 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 TzBfG kann der Arbeitnehmer jedoch nur Wünsche zur Verteilung des Arbeitszeit geltend machen, wenn er sie mit dem Anspruch auf Verringerung der bisherigen Arbeitszeit verknüpft. Der Anspruch auf Festlegung der Arbeitszeit besteht jedoch nicht isoliert, sondern nur als Annex zum Verringerungsanspruch (ErfK. Preis, a. a. O., Rn. 6; Mengel in Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Auflage, § 8 Rn. 78, jeweils mit zahlreichen Nachweisen). Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer kann also nicht die bloße Neuverteilung seiner Arbeitszeit verlangen, ohne zugleich sein Reduzierungsverlangen geltend zu machen. Deshalb kann sich der Arbeitnehmer dazu veranlasst sehen, einen Antrag auf eine sehr geringe Reduzierung der Arbeitszeit zu stellen, um diesen mit dem Antrag auf Änderung der Verteilung der Arbeitszeit -auf die es ihm eigentlich ankommt- zu verbinden.
aa)
34 
Wann von einem solchen rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangen auszugehen ist, ist in der Literatur umstritten. Während Rieble/Gutzeit (NZA 202, 7, (8)) eine Mindestreduzierung von 5 Wochenstunden vorschlagen, sieht Zwanziger (KZD, KSchR-Zwanziger, § 8 TzBfG, Rn. 8 ff, 44) erst eine Verkürzung um weniger als eine Stunde pro Woche als problematisch an. Sievers (TzBfG, 4. Auf., § 8 Rn. 15) hingegen setzt die Grenze des Rechtsmissbrauchs bei einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit von unter einem Zehntel der bisherigen Arbeitszeit an. Aus dieser Uneinheitlichkeit ist zu schließen, dass es einen in der Literatur allgemein anerkannten Wert, unterhalb dessen das Reduzierungsverlangen eines Arbeitnehmers als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, nicht gibt. Gemeinsame Auffassung ist jedoch, dass bei einem Verlangen nach sehr geringer Ermäßigung der Arbeitszeit noch besondere Umstände hinzutreten müssen, die darauf schließen lassen, dass der Verringerungswunsch nur dazu dient, eine andere Verteilung der Arbeitszeit durchzusetzen. In einem solchen Fall wäre das Begehren eines Arbeitnehmers wie eine selbständige Beanspruchung einer Neuverteilung der Arbeitszeit ohne Verringerungsverlangen zu behandeln und wäre folglich unzulässig (Mengel, a. a. O., Rn. 78).
35 
Dieser Linie folgt auch das BAG (vom 11. Juni 2013 - 9 AZR 786/11 - NZA 2013, 1074 (1075)) in einem Fall, in dem ein Arbeitnehmer unter massiver Veränderung der bisherigen Arbeitszeit die Reduzierung der Wochenarbeitszeit um 3,29 % anstrebte. Danach kann die Annahme eines gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlichen Verringerungsverlangen im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm gem. § 8 TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig dazu nutzen, unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und der Arbeitsvergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit zu erreichen, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch hätte. Dabei folgt aus dem Annexcharakter der Verteilungsanspruchs nach Auffassung der Kammer desweiteren der Grundsatz, je geringer die gewünschte Reduzierung des Arbeitszeitvolumens ausfällt, desto geringer ist in der Regel das schutzwürdige Interesse des Arbeitnehmers daran, massiv in die bisherige Lage der Arbeitszeit einzugreifen.
bb)
36 
Unter diesen Voraussetzungen erweist sich das Reduzierungsverlangens des Klägers vorliegend als rechtsmissbräuchlich. Der Kläger macht ein sehr geringfügiges Verringerungsbegehren geltend, nämlich ein solches von - bezogen auf die Vollzeittätigkeit - in Höhe 6,67 %. Dies entspricht 2,5 Wochenstunden. Ein an diesem Volumen orientiertes Interesse des Klägers ist nicht ersichtlich. Denn trotz der Rüge der Beklagten hat es der Kläger nicht vermocht darzulegen, warum angesichts des bei der Beklagten gelebten Arbeitszeitmodells eine sportliche Betätigung des Klägers auch an Wochentagen tatsächlich nicht möglich sein soll. Er hat desweiteren nicht erklären können, warum er die Kinder freitags um 14.30 Uhr im Kindergarten abholen müsse. Der Verweis auf die Verhinderung seiner teilzeitbeschäftigten Ehefrau aufgrund zu verrichtender Hausarbeiten überzeugt nicht, zumal seine Ehefrau die Kinder auch bisher abgeholt hat, wenn der Kläger durch seine Arbeitsverpflichtung verhindert gewesen ist. Auch die vom Kläger behauptete - und von der Beklagten bestrittene - beabsichtigte Aufnahme einer schulischen Weiterbildung kann das Verringerungsbegehren des Klägers nicht schlüssig begründen, denn er hat nicht einmal im Ansatz behauptet, dass er ohne Verringerung der Arbeitszeit (im übrigen auch nicht ohne deren veränderte Lage) zur Durchführung des Schulbesuchs nicht in der Lage wäre.
37 
Die Argumentation des Klägers ist dementsprechend auch nicht auf die Reduzierung des Arbeitszeitvolumens ausgerichtet, sondern allein an der Lage der Arbeitszeit. Er setzt somit sein geringfügiges Verringerungsbegehren als Vehikel ein, um auf diese Art und Weise eine andere Arbeitszeitverteilung durchzusetzen, die ihm die Befreiung von Spätschichten, frühe Heimkehr an Freitagen und Samstagen und sogar volle Arbeitsbefreiung an letztgenannten Tagen im 14-Tages-Rhythmus garantiert. Er strebt daher eine Arbeitsbefreiung für Zeiten an, an denen ausweislich der unstreitigen Bekundungen der Beklagten mit dem größten Umsatz und Arbeitsanfall in der Abteilung des Klägers zu rechnen ist. Die Beklagte hat mit ihrem Vortrag dargestellt, dass es zu ihren Organisationsprinzipien gehört, die unbeliebten Spätarbeitszeiten und Arbeitszeiten an den besonders kundenfreqenzstarken Freitagen und Samstagen gerecht auf die Belegschaft zu verteilen. In diese Verteilungsgerechtigkeit greift der Kläger durch die von ihm begehrte Arbeitszeitverteilung massiv ein. Nicht zu Unrecht äußerte die Beklagte daher die Befürchtung, dass im Falle des Erfolgs des Klägers auch andere Mitarbeiter durch geringfügige Arbeitszeitreduzierung versuchen würden, eine Befreiung von unbeliebten Arbeitszeiten zu erzwingen. Der Kläger beabsichtigt folglich durch seinen Verteilungswunsch, seine Freizeit gerade in Zeiträume zu verlegen, in denen erfahrungsgemäß auch andere Arbeitnehmer ein erhöhtes Freizeitbedürfnis haben. Er mutet letztlich den anderen Arbeitnehmern die daraus resultierenden Nachteile durch (die Vakanz des Klägers kompensierende) erhöhte Einsatzzeiten in der Spätschicht sowie an Freitagen und Samstagen zu, ohne ein berechtigtes Interesse an der Arbeitszeitreduzierung nur ansatzweise plausibel dargelegt zu haben. Die äußeren Umstände sprechen somit dafür, dass der Kläger die Mittel des Teilzeitbegehrens zweckwidrig dazu benutzt, eine Arbeitszeitverteilung durchzusetzen, auf die er sonst und ohne eine Verringerungsbegehren keinen Anspruch hätte und versucht, sich gleichzeitig im Hinblick auf seine Freizeitinteressen einen Vorteil gegenüber den anderen Arbeitnehmern zu verschaffen.
cc)
38 
Vor diesem Grund hat die Beklagte nach Auffassung der Kammer keine weiteren Anhaltspunkte dafür darzulegen und ggf. nachzuweisen, dass der Kläger sein Recht auf Verringerung der Arbeitszeit missbräuchlich im Sinn des § 242 BGB ausübt. Der unstreitige Sachverhalt spricht vielmehr bereits hierfür. Es wäre demnach Aufgabe des Klägers im Sinne einer abgestuften Darlegungslast gewesen, konkrete Umstände vorzutragen, die entgegen der vorliegenden Indizwirkung darauf schließen lassen, dass sein Verringerungswunsch eben nicht allein dazu diente, eine bestimmte Arbeitszeitverteilung durchzusetzen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger jedoch trotz der erhobenen Rüge der Beklagten nicht nachgekommen.
39 
Hierbei geht es auch nicht darum, dass der Arbeitnehmer im Rahmen eines auf § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TzBfG gestützten Begehrens grundsätzlich nicht darzulegen hat, welche Interessen er an einer Arbeitszeitverringerung hat. Es geht vielmehr darum, dass er die aufgrund äußere Umstände indizierte Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu erschüttern hat (so LAG Hessen vom 22. August 2011 - 17 Sa 133/11- Rn. 22, juris).
40 
Im Ergebnis ist somit das Verringerungsverlangen des Klägers rechtsmißbräuchlich mit der Folge, dass der Verteilungswunsch als unzulässig anzusehen ist. Der Kläger hat ausweislich seines Antrages den Anspruch auf Verringerung und Verteilung seiner Arbeitszeit derart miteinander verknüpft, dass die Reduzierung nur dann erstrebt wird, wenn auch eine Zustimmung zur gewünschten Verteilung erfolgt. Die Klage ist daher insgesamt als unbegründet abzuweisen, zumal auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten Vorgaben des SGB IX keine andere Sichtweise geboten ist.
III.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 II ArbGG i. V. m. § 91 ZPO.
IV.
42 
Die Streitwertfestsetzung beruht dem Grunde nach auf § 61 Abs. 1 ArbGG. Die Höhe richtet sich nach § 42 II Satz 2 GKG in analoger Anwendung nach der 36-fachen Monatsdifferenz von bisher geleisteter und gem. Arbeitszeitreduzierung zukünftig geschuldeter Vergütung.
V.
43 
Die Berufung ist für den Kläger nach Maßgabe des § 64 II Lit. b, ArbGG zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 600,00 übersteigt. Eine gesonderte Zulassung der Berufung nach § 64 Abs. 3 ArbGG war mangels Vorliegens der diesbezüglichen Voraussetzungen nicht veranlasst.

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