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| Der Antrag auf Erlass der angestrebten einstweiligen Verfügung ist zulässig (dazu unter A) und in der Sache überwiegend begründet (dazu unter B.). |
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| Das Arbeitsgericht Stuttgart ist örtlich zuständig. § 62 Abs. 2 ArbGG § 32 ZPO. |
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| 1. Der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO ist gegeben. Danach ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist bzw. unterbleiben soll. Begehungsort ist hierbei sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort) als auch derjenige Ort, an dem das geschützte Rechtsgut eingegriffen wird. Dies ist Stuttgart, da die Verfügungsbeklagte zur Durchführung eines Warnstreiks, der nach Auffassung der Verfügungskläger rechtswidrig ist, aufgerufen hat. Außerdem kündigte die Verfügungsbeklagte ernsthafte weitere Arbeitskampfmaßnahmen an. Damit begründen die Verfügungskläger einen nach ihrer Ansicht gegebenen vorbeugenden Unterlassungsanspruch. |
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| 2. Die Anträge erweisen sich als hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO. |
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| a) Für den Klagantrag zu 1 ergibt sich dies ohne weiteres aus der konkret bezeichneten Verpflichtung, die dem Verfügungsbeklagten durch das Gericht auferlegt werden soll. |
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| b) Auch der mit dem Klageantrag zu 3 verfolgte Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt. Ein Unterlassungsantrag muss aus rechtsstaatlichen Gründen eindeutig erkennen lassen, was vom Schuldner verlangt wird. Dieser muss wissen, in welchen Fällen gegen ihn als Sanktion ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Die Prüfung, welche Verhaltensweisen der Schuldner unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dem entsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden ( st. Rspr. vgl. BAG vom 24. April 2007 – 1 AZR 252/6 - juris). |
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| Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im Rahmen von einstweiligen Verfügungen im Arbeitskampf eines weiter reichenden Maßstabs bezüglich der Bestimmtheit des Antrages bedarf, als dies ansonsten der Fall sein mag. Die jeweiligen Handlungen oder Unterlassungen betreffen regelmäßig ein komplexes Geschehen, das ständigen Veränderungen – je nach konkreten Ausgestaltungen der verschiedenen Kampfhandlungen - unterliegen kann. Das Gebot der Gewährung von effektivem Rechtsschutz steht in diesen Fällen einer zu engen Auslegung und Anwendung des Bestimmtheitserfordernisses entgegen. Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 ZPO wird genüge getan, wenn sich aus dem Antrag und der in der Begründung dargestellten tatsächlichen Fallgestaltungen ergibt, welche Handlungen unterlassen werden sollen und wenn diese für den Antragsgegner hinreichend erkennbar sind. ( LAG Berlin Urteil vom 24.10.2007 7 SaGa 2044/07 - juris). |
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| Diesen Anforderungen wird der Antrag im Streitfall gerecht. Sowohl der Aufruf zu allen Arten der arbeitskampfbedingten Arbeitsniederlegung als auch die Durchführung von Arbeitsniederlegungen mit dem Ziel, einen Bezirkstarifvertrag über die Gewährung einer Mobilitätszulage soll mit dem im Antrag genannten Begehren unterlassen werden. Damit weiß der Verfügungsbeklagte mit hinreichender Klarheit, was von ihm verlangt wird. |
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| c) Darüber hinaus ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung im Arbeitskampf nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich zulässig (in der Literatur z. B. Kissel, Arbeitskampfrecht, § 65 Rdnr. 9 m.w.N.; in der Rechtsprechung z. B. LAG Baden Württemberg 31.3. 2009 2 SaGa 1/09 - juris; Sächsisches LAG 02.11.2007 - 7 SaGa 19/07 - juris). |
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| Die Verfügungskläger haben gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Unterlassung von Aufrufen zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen zur Durchsetzung eines Bezirkstarifvertrages über die Gewährung einer Mobilitätszulage sowie der Durchführung derselben im Zeitraum bis zum 28.2.2014 (dazu unter I.) und auf Widerruf des für den 12.6.2013 ergangenen Streikaufrufs (dazu unter II.). Eine Androhung eines Zwangsmittels für den Fall der Nichtvornahme der mit dem Antrag 1 begehrten Handlungspflicht findet nicht statt (dazu unter III.). |
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| Sollen Arbeitskampfmaßnahmen untersagt werden, ist nach § 62 Abs. 2 ArbGG §§ 935, 940 ZPO Voraussetzung für den Erlass einer entsprechenden Untersagungsverfügung, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. |
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| 1. Grundsätzlich ist das Streikrecht durch Art 9 Abs 3 GG garantiert. Dieses in der Verfassung verankerte Recht schützt allerdings nur den rechtmäßigen Arbeitskampf. Deshalb können Streikmaßnahmen im einstweiligen Verfügungsverfahren nur dann untersagt werden, wenn sie rechtswidrig sind und dies glaubhaft gemacht ist. Bei einer Unterlassungsverfügung, wie im vorliegenden Fall, ist der Verfügungsanspruch ein Unterlassungsanspruch, der sich entweder aus der tarifvertraglichen Friedenspflicht, dem Recht auf Durchführung eines Arbeitskampfes aus Art. 9 Abs. 3 GG unter Berücksichtigung der durch die Rechtsprechung gezogenen Grenzen sowie den Regelungen der §§ 823 Abs. 1 BGB und 1004 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ergeben kann. Neben dem Verfügungsanspruch setzt der Erlass einer einstweiligen Verfügung als Verfügungsgrund voraus, dass die Gefahr des endgültigen Rechtsverlustes besteht. Hier ist eine Interessenabwägung der beteiligten Parteien vorzunehmen, in die sämtliche in Betracht kommenden materiell-rechtlichen und vollstreckungsrechtlichen Erwägungen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen für beide Parteien einzubeziehen sind (LAG Baden Württemberg 31.03.2009 2 SaGa 1/09; LAG Köln 14.06.1996 - 4 Sa 177/96 - juris). Hierbei kann neben der Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage auch von Bedeutung sein, dass ein Schadenersatzanspruch gemäß § 945 ZPO bei einem Erfolg des Verfügungsgegners im Hauptprozess nicht in der Lage ist, die entstandenen Nachteile auszugleichen. Auch muss bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, welchen Umfang die gestellten Anträge haben. Anträge, die den Arbeitskampf insgesamt verhindern sollen, greifen in die grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen des Verfügungsgegners so stark ein, dass der Kernbereich des Grundrechts aus Art. 9 Abs. 3 GG gefährdet sein kann. Wegen des zeitlich begrenzten Rahmens von Arbeitskampfmaßnahmen führt in der Regel ihre Untersagung auch zu einer endgültigen Entscheidung. Dies gebietet, dass Einschränkungen der Kampfmöglichkeiten der Parteien im Arbeitskampf durch einstweilige Verfügung nur in ganz seltenen Fällen vorgenommen werden. (LAG Baden Württemberg 31.03.2009 2 SaGa 1/09 - juris). |
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| 2. Vorliegend verstößt der von dem Verfügungsbeklagten ausgerufene Arbeitskampf gegen die relative Friedenspflicht, die aus den zwischen den Parteien geltenden Tarifverträgen folgt. Die Tarifvertragsparteien haben in der Entgeltrunde 2012 durch Abschluss der Änderungstarifverträge Nr. 7 vom 31. März 2012 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sowie zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts sowie den Änderungstarifvertrag Nr. 4 vom 31. März 2012 zum Tarifvertrag für Auszubildenden des öffentlichen Dienstes -besonderer Teil BBiG- und dem Änderungstarifvertrag Nr. 5 zum Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes-besonderer Teil Pflege- abschließende Regelungen zur Höhe der Vergütung der Beschäftigten der Verfügungsklägerin zu 1 getroffen (dazu unter a)). Die von dem Verfügungsbeklagten erhobene Tarifforderung auf Zahlung einer Mobilitätszulage ist entgegen der Bezeichnung des Verfügungsbeklagten keine Zahlungsforderung, welche auf einen „ Aufwendungsersatz“ gerichtet ist, sondern eine Entgeltforderung (dazu unter b)). |
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| a) Die tarifvertragliche Friedenspflicht führt zu einem Arbeitskampfverbot für die Tarifvertragsparteien und stellt damit der Sache nach eine Einschränkung der verfassungsrechtlich garantierten Kampffreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG dar. Die Friedenspflicht beinhaltet die schuldrechtliche Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, während der Laufzeit des Tarifvertrages keine Arbeitskämpfe zu führen und schützt Ihre Mitglieder davor, hinsichtlich der tariflich geregelten Materie mit Arbeitskampfmaßnahmen überzogen zu werden (BAG Urteil vom 19.06.2007-1 AZR 396/06 - juris). Im Gegensatz zur absoluten Friedenspflicht, die die Verpflichtung der Parteien enthält, jegliche Kampfmaßnahmen ohne Rücksicht auf das angestrebte Ziel zu unterlassen, bezieht sich die relative Friedenspflicht ausschließlich auf den konkreten Inhalt des Tarifvertrages und untersagt nur solche Kampfmaßnahmen, die sich gegen den Bestand des geltenden Tarifvertrages oder gegen einzelne seiner Bestimmungen richten. Sie verbietet es den Tarifvertragsparteien, einen bestehenden Tarifvertrag inhaltlich dadurch infrage zu stellen, dass sie Änderungen oder Verbesserungen der vertraglich geregelten Gegenstände mit Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen versuchen (BAG Urteil vom 19.06.2007 1 AZR 396/06 - juris). |
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| Daraus ergibt sich, dass auch der verbandsangehörige Arbeitgeber durch die sich aus den Verbandstarifverträgen ergebende Friedenspflicht gegen einen Streik geschützt ist, der auf den Abschluss von Firmentarifverträgen über dieselbe Regelungsmaterie gerichtet ist. Die Friedenspflicht muss nicht besonders vereinbart werden. Sie ist vielmehr dem Tarifvertrag als einer Friedensordnung immanent. Der Tarifvertrag ist in seinem schuldrechtlichen Teil, zu dem die Friedenspflicht gehört, zugleich ein Vertrag zugunsten Dritter und schützt die Mitglieder der Tarifvertragsparteien davor, hinsichtlich der tariflich geregelten Materie mit Arbeitskampfmaßnahmen überzogen zu werden. Dies gilt auch, wenn gegenüber einem verbandsangehörigen Arbeitgeber ein Firmentarifvertrag erstreikt werden soll (BAG Urteil vom 10.12.2002 Az.: 1 AZR 96/02, 21. Dezember 1982 1 AZR 411/80 - juris). |
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| (1) Welcher gegenständliche Bereich durch die Friedenspflicht geschützt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist festzustellen, welche Sachverhalte die Tarifvertragsparteien normativ regeln und damit der Friedenspflicht unterstellen wollten. Die Auslegung des normativen Teils richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Soweit Zweifel verbleiben können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und die praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden (BAG Urteil vom 19.11.2008 Az. 10 AZR 658/07 - juris). |
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| (2) Die Anwendung dieser Auslegungsregeln ergibt im vorliegenden Fall, das die Tarifvertragsparteien durch Abschluss des TVöD und der o. g. Änderungsverträge im Frühjahr 2012 die Entgeltansprüche der tarifgebundenen Beschäftigten abschließend geregelt haben. |
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| aa) Im TVöD Allgemeiner Teil (§§ 12 - 25 Abschnitt III Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen) ist das Entgelt der Beschäftigten geregelt. § 15 TVöD bestimmt, dass die/der Beschäftigte monatlich ein Tabellenentgelt erhält. Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe. Nach Absatz 2 erhalten die Beschäftigten der Mitglieder eines Mitgliedverbandes der VKA im Tarifgebiet West Entgelt nach Anlage A (VKA). § 18 TVöD -VKA enthält Regelungen zum Leistungsentgelt, § 19 TVöD zu Erschwerniszulagen, § 20 TVöD zur Jahressonderzahlung. Daraus ergibt sich eine nach dem Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen abschließende Behandlung der den Beschäftigten für die Tätigkeit geschuldeten Vergütung. |
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| bb) Auch der Blick auf die Vorgängerregelungen des BAT und des BMT-G zeigt, dass die Tarifvertragsparteien von einem umfassenden Vergütungsbegriff im TVöD ausgegangen sind. Der TVöD ist im Verhältnis zum den Vorgängerregelungen (BAT und BMT-G nebst den Vergütungstarifverträgen) ein völlig neu gestalteter Tarifvertrag, der die Vergütung der Beschäftigten (Arbeiter und Angestellte) einheitlich regelt. Diese setzt sich zusammen aus dem Tabellenentgelt, dessen Höhe sich nach der Entgeltgruppe bestimmt, in der die/der Beschäftigte eingruppiert ist und nach der für sie/ihn geltenden Stufe (§ 15 TVöD) und einem Leistungsentgelt (§ 18 TVöD). Darüber hinaus sieht § 19 TVöD auch die Zahlung von Erschwerniszuschlägen vor. Damit wird ein auf Qualifikation und Leistung ausgerichtetes Entgeltsystem geschaffen. Die bis dahin weitergehend gewährten tariflichen Zulagen (§ 33 BAT) oder den Ortszuschlag ( § 29 BAT) gibt es nach diesem neuen System nicht mehr. |
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| c) Die von dem Verfügungsbeklagten erhobene Klageforderung auf Zahlung einer Mobilitätszulage von 180 EUR/monatlich an jeden Beschäftigten der Verfügungsklägerin zu 1 verstößt gegen die relative Friedenspflicht, weil sie eine Entgeltforderung zum Gegenstand hat. |
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| Maßgeblich für die Bestimmung des Inhalts der mit einem Streik verfolgten Ziele sind die dem Gegner in Form des konkreten von den dazu legitimierten Gremien der Gewerkschaft getroffenen Streikbeschlusses übermittelten Tarifforderungen (BAG Urteil vom 24.04.2007 1 AZR 252/06 – juris m.w.N.). |
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| (1) Nach den gesamten Umständen ist davon auszugehen, dass der Streikbeschluss der Verfügungsbeklagten inhaltlich den Tarifforderungen entsprach, die sie mit Schreiben vom 5.3.2013 (ABl. 101) gegenüber der Verfügungsklägerin zu 1 und mit Schreiben vom 22.3.2013 (ABl. 104) gegenüber der Verfügungsklägerin zu 2 ausgehend von den Begründungen in den „Mobil-Nachrichten“ zur Aufnahme von Tarifverhandlungen über eine "Mobilitätszulage" übermittelt hatte. Diese sind ergänzend in dem Orientierungsgespräch am 2.5.2013 weiter erläutert worden, so dass für die Verfügungskläger hinreichend deutlich erkennbar war, es werde um dieses Ziel gekämpft. Der Streikbeschluss hat danach das Verlangen nach einer Regelung einer Mobilitätszulage in Höhe von 180 EUR/mtl. zum Inhalt. |
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| (2) Die Rechtsnatur dieser Forderung als Entgeltforderung ergibt sich insbesondere aus der Begründung des Verfügungsbeklagten. Diese wird im Kern mit den im Vergleich zu den übrigen Regionen höheren Lebenshaltungskosten im Gebiet der Stadt S., einem sog. Ballungsraum begründet. Sie ist als Entgeltregelung im Sinne der Regelungen des TVöD zu qualifizieren. Soweit die Forderung Erfolg hätte, wäre die Folge, dass allen Beschäftigten unabhängig von ihrer tariflichen Eingruppierung und des Umfanges ihrer Tätigkeit eine Basisvergütung aufgrund des Bestehens des Arbeitsverhältnisses mit der Verfügungsklägerin zu 1 in Höhe von180 EUR /mtl. zustehen würde, zu der die nach den Regelungen des TVöD die weitere Vergütung hinzukäme. Diese Form der Vergütung, unerheblich ob diese als Aufwendungsersatz oder Zulage bezeichnet wird und die auf verschiedensten Zwecksetzungen beruhen kann, ändert grundsätzlich nichts an der Qualifizierung der Zahlung als Entgelt. |
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| (3) Soweit die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzend erklärt hat, es handele sich in der Sache um einen Aufwendungsersatz wegen der erhöhten Kosten der Lebenshaltung vermochte die Kammer dieser Argumentation nicht zu folgen. Richtig ist, dass Leistungen des Arbeitgebers zum Ersatz von Aufwendungen des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung kein Arbeitsentgelt sind. Fallen für einen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit finanzielle Aufwendungen/Spesen an, so hat er insofern gegenüber dem Arbeitgeber gem. §§ 670, 675 BGB Anspruch auf Erstattung, sofern nicht vertraglich die Abgeltung dieser Ausgaben durch das Entgelt vorgesehen ist. Erstattungsfähig sind nur die Aufwendungen, die der Arbeitsausführung dienen, sich also als Folge einer Arbeitgeberweisung darstellen (vgl. aber § 665 BGB). Um derartige Aufwendungen handelt es sich bei den durch den Verfügungsbeklagten geltend gemachten Mehrbelastungen der Beschäftigten der Verfügungsklägerin zu 1 erkennbar nicht. Deren Mehrbelastungen haben ihren Grund vielmehr im privaten Lebensbereich und stehen nicht im Zusammenhang mit der Arbeitsausführung auf Weisung der Verfügungsklägerin zu 1. |
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| (4) Der Hinweis des Verfügungsbeklagten auf eine vergleichbare Regelung im Geltungsbereich des TVöD (sog. M.zulage), ergibt keine andere Bewertung. Bei dieser handelt es sich um eine Entgeltregelung, die im Übrigen nicht während der Laufzeit einer bestehenden Entgeltregelung mit Arbeitskampfmitteln durchgesetzt werden soll. |
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| 3. Der Unterlassungsanspruch steht neben der Verfügungsklägerin zu 1 als von den Streikmaßnahmen betroffenem Arbeitgeber auch der Verfügungsbeklagten zu 2 zu. Auch ein Arbeitgeberverband kann sich gegen rechtswidrige Streiks einer Gewerkschaft mit Unterlassungsansprüchen aus eigenem Recht zur Wehr setzen. |
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| Ein Arbeitgeberverband hat gegen eine Gewerkschaft nach § 1004 Abs. 1 BGB mit § 823 Abs. 1 BGB, Art. 9 Abs. 3 GG einen eigenen Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Arbeitskampfmaßnahmen gegen eines seiner Mitglieder (BAG Urteil vom 24.04.2007 1 AZR 252/06 – juris m.w.N.). Auf das Doppelgrundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG können sich auch die Koalitionen selbst berufen. Es schützt die Freiheit einer Koalition in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihrer koalitionsspezifischen Betätigung (BVerfG 10. September 2004 - 1 BvR 1191/03 -; BAG 19. September 2006 - 1 ABR 53/05 - juris). Zur koalitionsspezifischen Betätigung gehört der Abschluss von Tarifverträgen, durch die tariffähige Koalitionen die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder in eigener Verantwortung ordnen. Durch rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen wird das Recht der gegnerischen Koalition auf koalitionsmäßige Betätigung in unzulässiger Weise verletzt (BAG 26. April 1988 - 1 AZR 399/86 - aaO) . |
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| Damit ist auch der Verfügungskläger zu 2 in seinen Rechten durch den erfolgten Aufruf zum Streik und der drohenden Durchführung der angekündigten Streiks betroffen. Er ist der Arbeitgeberverband, dessen Dachorganisation den TVöD abgeschlossen hat. |
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| 4. Der für den Erlass der einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund liegt vor. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, kommt eine - auch nur vorübergehende - Untersagung eines Arbeitskampfes nur in Ausnahmefällen in Betracht, da durch Erlass einer einstweiligen Verfügung für den Untersagungszeitraum der Streit regelmäßig abschließend entschieden wird und das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG tangiert ist. Allerdings ist im zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass sich der Verfügungsanspruch aus der Verletzung der tariflichen Friedenspflicht ergibt, mit der die Tarifvertragsparteien autonom sich einer Beschränkung ihrer aus Art. 9 Abs. 3 GG resultierenden Grundrechtsposition unterworfen haben. |
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| a) Ein Verfügungsgrund ist nur zu bejahen, wenn aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung schwerwiegende Interessen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sprechen (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 62 RdNr. 114). |
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| (1) An der Rechtswidrigkeit der von dem Verfügungsbeklagten gegenüber dem Verfügungskläger zu 1 eingeleiteten und beabsichtigten Arbeitskampfmaßnahmen gibt es für den Untersagungszeitraum keine vernünftigen Zweifel. In den Fällen der Verletzung der tariflichen Friedenspflicht ist deshalb dem Antrag auf Untersagung von Streikaufrufen im Wege der einstweiligen Verfügung regelmäßig stattzugeben. Wird ein rechtswidriger Arbeitskampf nicht untersagt und deshalb durchgeführt, nützt es dem vom Arbeitskampf Betroffenen wenig, wenn später in einem etwaigen Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit festgestellt wird. |
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| (2) Die durch den Warnstreik hervorgerufenen Nachteile bestehen in dem zu befürchtenden teilweisen - Ausfall von Pflegeleistungen im Klinikum S., von Betreuungsleistungen in den Kindergärten und Kindertagesstätten sowie sonstigen Dienstleistungen der Beschäftigten der Verfügungsklägerin zu 1 die, anders als Produktionsleistungen, nicht nachholbar sind. Für die Verfügungsklägerin zu 1 würde sich damit ein endgültiger Rechtsverlust realisieren. |
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| (3) Für den Verfügungskläger zu 2 ergeben sich die schwerwiegenden Nachteile aus der Beeinträchtigung der koalitionsmäßigen Betätigung, die entwertet würde, soweit Streikmaßnahmen gegen verbandsangehörige Arbeitgeber während der Laufzeit bestehender Tarifverträge stattfinden könnten. |
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| b) Die Untersagung zum Aufruf zu Streiks, Warnstreiks und sonstigen Arbeitsniederlegungen im tenorierten Umfang hatte bis zum Ablauf der sich aus den bestehenden Tarifverträgen ergebenden Friedenspflicht zu erfolgen. Der Verfügungsbeklagte hat im Streikbeschluss zwar zunächst nur Warnstreiks am 12. und 19.6.2013 beschlossen. Da er die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat und die erhobene Forderung nicht als unter die relative Friedenspflicht einzuordnende Entgeltregelung versteht sind weitere Streikaufrufe zu erwarten. Dieses rechtfertigt eine Untersagung weiterer Arbeitskampfmaßnahmen zur Durchsetzung einer Mobilitätszulage bis zum 28.2.2014. |
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| Die Berücksichtigung vorgenannter Gesichtspunkte führen zur Bejahung des Verfügungsgrundes. |
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| 5. Nach § 890 Abs 2 ZPO war dem Verfügungsbeklagten für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den titulierten Unterlassungsanspruch ein Ordnungsgeld anzudrohen. |
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| Die Voraussetzungen für eine Androhung eines Ordnungsmittels liegen vor. Zwar ist erforderlich, dass für den Antrag des Gläubigers nach § 890 Abs. 2 ZPO auf Androhung eines Zwangsmittels ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen muss, weil auch die Androhung bereits ein Akt der Zwangsvollstreckung darstellt (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 890 Rz 11 ff. m.w.N.). Dieses Bedürfnis ergibt sich aber in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich schon aus der Titulierung des Unterlassungsanspruches im Urteil. Ferner setzt die Zwangsvollstreckung wegen eines Unterlassungsanspruchs die Androhung der Ordnungsmaßnahmen durch das Prozessgericht gemäß § 890 Abs. 2 ZPO voraus. Das berechtigte Interesse des Gläubigers, auf diese Weise die formellen Voraussetzungen einer etwa erforderlichen Vollstreckung zu schaffen, folgt in aller Regel schon aus dem titulierten Unterlassungsanspruch und aus der ständigen Möglichkeit einer Zuwiderhandlung selbst, ohne dass es dafür einer zusätzlichen Begründung bedarf und ohne dass die Erfolgsaussicht einer Zwangsvollstreckung für den gegenwärtigen Zeitpunkt zu beurteilen wäre. Die bloße Androhung setzt eine Zuwiderhandlung oder sonst ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nicht voraus (Zöller/Stöber, a.a.O.,). Soweit die Verfügungskläger statt eines „Ordnungsgeldes“ ein „Zwangsgeld“ zum Gegenstand des Antrages gemacht haben liegt lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung vor. |
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| Die Verfügungsbeklagte ist verpflichtet, den am 7.6.2013 veröffentlichen Aufruf zu einem Warnstreik am 12.6.2013 zu widerrufen. Der Anspruch auf Widerruf eines Streikaufrufs ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB. |
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| Mit dem begehrten Widerruf des Streikaufrufs verfolgen die Verfügungskläger ihren Anspruch auf Beachtung der tariflichen Friedenspflicht. Dieses Ziel wird durch die Verpflichtung der Verfügungsbeklagten erreicht, auf die zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer einzuwirken, um den für den 12.06.2013 geplanten Warnstreik zu unterlassen. Eine Gewerkschaft, die zum Streik aufruft, ist verpflichtet, das Kampfverhalten der Arbeitnehmer zu beobachten und gegebenenfalls auf diese dahin einzuwirken, dass die Grenzen eines zulässigen Arbeitskampfes und einzelne Arbeitskampfmaßnahmen nicht überschritten werden (vgl. BAG vom 21.06.1988,1 AZR 651/86 - juris). Diese Verpflichtung gilt nicht nur für das „wie“ des Arbeitskampfes, sondern auch ob der Arbeitskampf überhaupt wie von der Gewerkschaft geplant durchzuführen ist. Im übrigen ergibt sich die Schutzbedürftigkeit der Verfügungskläger aus dem Umstand, dass grundsätzlich die Arbeitspflichten der Arbeitnehmer bei einem von einer Gewerkschaft ausgerufenen Streik bei einer Teilnahme am Arbeitskampf suspendiert sind. Ein Fernbleiben vom Arbeitsplatz kann in diesen Fällen, selbst wenn sich der Arbeitskampf im Folgenden als rechtswidrig erweist, nicht als Vertragspflichtverletzung sanktioniert werden. |
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| Der Klageantrag Ziffer 3 ist unbegründet. |
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| Bei der Verpflichtung zum Widerruf handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung im Sinne von § 888 ZPO bei der kraft gesetzlicher Anordnung nach § 888 Abs 2 ZPO keine Androhung der Zwangsmittel stattfindet. |
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| 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 II ArbGG, 92, 100, 269 Abs 3 ZPO. Sie sind von den Verfügungsklägern zu tragen, soweit sie die Anträge 3,4 und 7 aus dem Schriftsatz vom 7.6.2013 zurückgenommen haben. Den Wert der zurückgenommenen Anträge hat die Kammer mit 50.000 EUR (2 x 25.000EUR) angenommen, § 3 ZPO. Soweit die Verfügungskläger unterlegen sind (Klageantrag Ziffer 2) war dem Antrag kostenrechtlich kein gesonderter Wert zuzuordnen. Die Kosten waren auf die Verfügungskläger nach Kopfteilen zu verteilen, § 100 Abs 1 ZPO. Im Übrigen hat der Verfügungsbeklagte die Kosten des Rechtsstreites zu tragen da er mit den weiteren Anträgen (Wert: Antrag 1: 50.000 EUR (2 x 25.000EUR); Antrag 3: 200.000 EUR (2 x 100.000EUR)) im Rechtsstreit unterlegen ist. Es ergibt sich die Kostenquote, die im Tenor ausgeurteilt ist. |
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| 2. Die Streitwertentscheidung ist nach § 61 Abs. 1 ArbGG in den Urteilstenor aufzunehmen. Der insoweit zu bildende Rechtsmittelstreitwert ergibt sich aus dem Wert der Klageanträge, über die im vorliegenden Urteil eine Entscheidung ergangen ist. Dieser beträgt 300.000 EUR, § 3 ZPO. |
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| 3. Eine Entscheidung über die Berufungszulassung ist nach § 64 Abs. 3a. S. 1 ArbGG in den Urteilstenor aufzunehmen. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Arbeitsgericht nach § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor, weshalb es bei einer Zulässigkeit der Berufung in den vom Gesetz angeordneten Fällen nach § 64 Abs. 2 ArbGG verbleibt. |
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