Beschluss vom Arbeitsgericht Ulm - 7 BV 1/03

Tenor

1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden

Arbeitnehmer: mit der Personalnummer:  in die Vergütungsgruppe:
A 2
A 4
B 4
B 4
B 4
B 4
D 4
D 3
E 5
E 6
F 4
F 4
G 4
H 4
H 3
H 4
K 4
K 4
M 4
O 4
R 3
R 4
S 4
S 4
S 4
S 4
S 4
S 4
S 3
S 4
S 4
T 4
V 4
W 4
W 4
W 4
H 2
M 2

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird ersetzt.

2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden

Arbeitnehmer:  mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:
S 4
R 4

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 ersetzt.

3. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden

Arbeitnehmerin:  mit der Personalnummer: in die Vergütungsgruppe:
R 5

des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum ab dem 01.01.2004 ersetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt mit ihren Anträgen die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des bei ihr in der Niederlassung F bestehenden Betriebsrates - dem Antragsgegner - zu Ein-/Umgruppierung von insgesamt 38 bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern.
Bei der Antragstellerin handelt es sich um die ehemalige S. GmbH, die mit Eintrag in das Handelsregister vom 28.11.2001 in die T-S. GmbH umfirmiert wurde. Mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde die damalige T GmbH auf die T-S GmbH verschmolzen. Ebenfalls mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde sodann die T-S GmbH in die T GmbH (Antragstellerin) umfirmiert. Bei der Antragstellerin gelten seit Wirksamwerden der Verschmelzung der damaligen T GmbH auf die frühere T-S GmbH folgende Tarifverträge:
- Haustarifverträge der früheren T GmbH mit der Gewerkschaft ver.di vom 20.03.2002, in die die Beklagte im Zuge des Wirksamwerdens der Verschmelzung als Gesamtrechtsnachfolgerin eingetreten ist (im Folgenden TV-ver.di);
- Flächentarifverträge Metall, insbesondere in der Ausprägung der Ergänzungstarifverträge vom 03.09./10.09.1998; kraft bisheriger Mitgliedschaft der Antragstellerin im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. sowie dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg e. V., (im Folgenden TV-Metall).
Sämtliche Arbeitsverträge der vorliegend betroffenen Arbeitnehmer enthalten sogenannte Tarifbezugnahmeklauseln, die bei einem Teil der betroffenen Arbeitnehmer wie folgt lautet:
"Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NW/NB bzw. Berlin - je nach den ergänzungstarifvertraglichen Bestimmungen zum Geltungsbereich - soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten solange Sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gem. § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat, beschäftigt sind, für das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung, wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in Ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung, so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbesondere Branchen-) Tarifvertrag" (im Folgenden Variante 1).
Bei dem anderen Teil der betroffenen Arbeitnehmern lautet die Tarifbezugnahmeklausel wie folgt:
"Im Übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Betriebsvereinbarungen sowie die Anweisungen der Firma in der jeweiligen Fassung Anwendung" (im Folgenden Variante 2).
Darüber, welche der betroffenen Arbeitnehmer Mitglied der Gewerkschaft IG Metall bzw. (auch) Mitglied der Gewerkschaft ver.di sind, herrscht zwischen den Beteiligten Streit.
10 
Nachdem die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der betroffenen Arbeitnehmer in die Vergütungsordnung der TV-ver.di beantragt hatte, hat der Antragsgegner diese Zustimmung hierzu innerhalb der (vereinbarten verlängerten) Anhörungsfrist unter Berufung auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG mit der Begründung verweigert, der betroffene Arbeitnehmer sei richtigerweise in den TV-Metall zuzuordnen und nach der dort vorgesehenen Vergütungsgruppe zu vergüten.
11 
Die Antragstellerin vertritt u. a. die Auffassung,
12 
kraft Spezialität der Haus-TV-ver.di komme es zu einer Verdrängung der Flächen-TV-Metall. Dies entspräche auch der Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes zu den Fällen der Tarifpluralität. Die TV-ver.di seien lange Zeit vor der Verschmelzung abgeschlossen worden, sodass eine absichtlich herbeigeführte "gewillkürte" Tarifpluralität nicht vorläge. Der Abschluss der Ergänzungs-TV im Regelungswerk TV-Metall könne schließlich auch nicht deren Charakter als Flächentarifvertrag verändern. Darüber hinaus seien die TV-ver.di gegenüber den TV-Metall auch inhaltlich stärker auf die Interessen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer abgestimmt.
13 
Die Antragstellerin beantragt zuletzt,
14 
1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden
15 
Arbeitnehmer:   
mit der Personalnummer:  
in die Vergütungsgruppe:
A
...
2
A
4
B
4
B
4
B
4
B
4
D
4
D
3
E
5
E
6
F
4
F
4
G
4
H
4
H
3
H
4
K
4
K
4
M
4
O
4
R
3
R
4
S
4
S
4
S
4
S
4
S
4
S
4
S
3
S
4
S
4
T
4
V
4
W
4
W
4
W
4
H
2
M
2
16 
des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird ersetzt.
17 
2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden
18 
Arbeitnehmer:    mit der Personalnummer:    in die Vergütungsgruppe:
Sch
 4
R
19 
des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 ersetzt.
20 
3. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der folgenden
21 
Arbeitnehmerin:     mit der Personalnummer:    in die Vergütungsgruppe:
R
5
22 
des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 wird für den Zeitraum ab dem 01.01.2004 ersetzt.
23 
Der Antragsgegner beantragt,
24 
Zurückweisung der Anträge.
25 
Der Antragsgegner trägt vor bzw. vertritt die Auffassung,
26 
das Anhörungsverfahren gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG sei derzeit nicht abgeschlossen, nachdem die Antragstellerin im Rahmen der Anhörung nicht mitgeteilt habe, welcher der betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich Mitglied welcher Gewerkschaft sei. Hinsichtlich den der IG-Metall zugehörigen Arbeitnehmern sei eine Anwendung der TV-ver.di bereits auf Grund Verstoßes gegen die Koalitionsfreiheit und eines damit verbundenen Eingriff in die Tarifautonomie ausgeschlossen.
27 
Auch könnten die TV-ver.di die TV-Metall bereits mangels Spezialität nicht verdrängen, nachdem die TV-Metall unter Einschluss der Ergänzungs-TV nur für bestimmte Unternehmen Geltung erlangen und damit - wenn auch durch andere Konstruktion - den Charakter eines Firmentarifvertrages besäßen und zugleich als Sonderregelung für Datenverarbeitungsunternehmen anzusehen seien.
28 
Selbst wenn darüber hinaus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich gefolgt würde, sei jedoch vorliegend von einer sogenannten gewillkürten Tarifpluralität auszugehen, die absichtsvoll herbeigeführt worden sei demzufolge die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichtes zur Tarifpluralität keine Anwendung finden könnten. Die einzelvertraglichen Bezugnahmeklauseln könnten schließlich bereits auf Grund der Regelung des § 4 Abs. 3 u. Abs. 4 S. 1 TVG keine Wirkung in Bezug auf die TV-ver.di entfalten und seien darüber hinaus in Ansehung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB unwirksam.
29 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Prozessvertreter nebst jeweiligen Anlagen verwiesen.
II.
30 
1. Die Anträge sind zulässig und begründet.
31 
Die Zustimmung zur Ein-/Umgruppierung der betroffenen Arbeitnehmer war zu ersetzen. Nach abgeschlossenem Anhörungsverfahren hat zwar der Antragsgegner die Zustimmung zur Ein-/Umgruppierung mit zulässiger Begründung verweigert, die Zustimmungsverweigerung ist jedoch unbegründet.
32 
2. Soweit der Antragsgegner die Auffassung vertritt, das Anhörungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG sei noch nicht abgeschlossen, nachdem die Antragstellerin ihm im Rahmen des Anhörungsverfahrens bislang nicht mitgeteilt habe, welche der betroffenen Arbeitnehmer Mitglied welcher Gewerkschaft sei, kann dem nicht gefolgt werden. Ungeachtet dessen, ob und inwieweit die Antragstellerin überhaupt in der Lage ist, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen und bereits aus diesem Grunde eine Mitteilungspflicht ausscheidet, wäre es jedenfalls Aufgabe des Antragsgegners gewesen, die Antragstellerin innerhalb der (verlängerten) Frist auf eine aus seiner Sicht nicht ausreichende Unterrichtung hinzuweisen. Dies folgt aus dem Zweck des § 99 Abs. 3 BetrVG und insbesondere dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, wonach der Arbeitgeber alsbald wissen soll, ob er die geplante Maßnahme durchführen kann oder erst die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht erstreiten muss. Hat daher - wie vorliegend - der Betriebsrat innerhalb der Frist eine unzweifelhaft abschließende Stellungnahme abgegeben, die gerade nicht (zumindestens auch) auf eine aus seiner Sicht unzureichende Unterrichtung hinweist, so kann er sich im Zustimmungsersetzungsverfahren hierauf nicht mehr berufen (BAG v. 14.03.89 -1 ABR 80/87; v. 26.03.91 - 1 ABR 42/90; v. 12.06.03 - 8 ABR 14/02).
33 
3. Auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer finden die TV-ver.di Anwendung. Die Antragstellerin hat die von ihr beabsichtigte Ein-/Umgruppierung daher auf der Grundlage der zutreffenden Vergütungsordnung vorgenommen, der zufolge die Zustimmungsverweigerung des Antragsgegners nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG unbegründet ist (zum Umfang des Mitbeurteilungsrechtes des Betriebsrates BAG v. 27.01.87 - 1 ABR 66/85).
34 
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Betrieb grundsätzlich nur ein Tarifvertrag tarifrechtlich gelten. Dem spezielleren Tarifvertrag kommt dabei in der Regel der Vorrang zu. Diese Beschränkung auf nur einen tarifrechtlich anwendbaren Tarifvertrag ist in den Fällen der Tarifkonkurrenz (auf das einzelne Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit mehrere Tarifverträge Anwendung) unvermeidbar und wird von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und einigen Landesarbeitsgerichten auch auf die Fälle der Tarifpluralität (Anwendbarkeit mehrerer Tarifverträge kraft Tarifbindung auf verschiedene Arbeitsverhältnisse im Betrieb) übertragen. Dieses Prinzip der Tarifeinheit folgt aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit und verstößt darüber hinaus nicht gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit. Der Kernbereich dieses Grundrechts wird hierdurch nicht berührt, da es jeder Koalition, deren Tarifvertrag durch einen spezielleren Tarifvertrag verdrängt wird, unbenommen bleibt, ebenfalls einen solchen Tarifvertrag abzuschließen (BAG v. 20.03.91 -4 AZR 455/90; v. 22.03.94 -1 ABR 47/93; v. 25.07.01 -10 AZR 599/00; v. 04.12.02 -10 AZR 113/02; v. 04.04.01 -4 AZR 237/00; LAG Niedersachsen v. 11.08.00 -2 Sa 2275/99 letztere beide gerade auch für den Fall der "gewillkürten" Tarifpluralität).
35 
Dieser Rechtsprechung schließt sich das erkennende Gericht an, wenn auch nicht verkannt wird, dass große Teile der Literatur und einige Landesarbeitsgerichte sich gegen diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes wenden (vergl. nur beispielhaft LAG Frankfurt 9. Kammer v. 02.05.03 -9 SaGa 637/03; LAG Frankfurt 16. Kammer v. 14.07.03 -16 Sa 530/02; LAG Niedersachsen 3. Kammer v. 12.11.99 -3 Sa 780/99; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht/Löwisch/Rieble 2. Aufl. § 276 Rdnr. 13 ff; und dort auch Hanau, § 62, Rdnr. 33; Kempen NZA 03, 415; Hanau NZA 03, 128; ErfK/Schaub 2. Aufl. § 4 TVG Rdnr. 113). Gleichwohl überzeugt die durchgängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes die in Fällen der echten Tarifpluralität den Grundsatz der Tarifeinheit zur Anwendung bringt, zumal auch die in Teilen der Literatur angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 28.05.1997 (4 AZR 546/95) insoweit keinen Wertungswiderspruch beinhaltet, da dort kein Fall der Tarifpluralität vorlag (dort traf ein nachwirkender Tarifvertrag mit einem kraft Tarifbindung anwendbaren Tarifvertrag zusammen).
36 
Nach dieser Maßgabe gehen die TV-ver.di den TV-Metall als speziellere Regelung vor. Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes stellen Firmentarifverträge gegenüber Verbandstarifverträge stets die speziellere Regelung dar (vergl. nur BAG vom 24.01.01-4 AZR 655/99; v. 04.04.01 - 4 AZR 237/00) mit der Folge, dass vorliegend die TV-ver.di als Haustarifverträge die TV-Metall als Verbandstarifverträge verdrängen.
37 
Der Umstand, dass die Ergänzungs-TV-Metall sich ihrem Geltungsbereich nach nur auf einzelne bezeichnete Unternehmen beziehen, kann deren rechtliche Einordnung als Verbandstarifverträge nicht verändern. Nachdem schließlich auch kein hinreichender Anhaltspunkt für ein rein willkürliches bzw. rechtsmißbräuchliches Verhalten der Antragstellerin im Rahmen der von ihr durchgeführten Umorganisation/Verschmelzung vorliegt, finden daher die TV-ver.di in tarifrechtlicher Hinsicht als speziellere Regelung auf den Betrieb der Antragstellerin Anwendung.
38 
4. Verdrängen jedoch die TV-ver.di die TV-Metall, so finden die TV-ver.di darüber hinaus auch auf die bei ver.di nicht organisierten Arbeitnehmer Anwendung, deren Arbeitsverhältnis die Bezugnahmeklauseln der Varianten 1 und 2 enthalten. Beide Bezugnahmeklauseln stellen sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes als sogenannte große dynamische Verweisungsklauseln bzw. Tarifwechselklauseln dar. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit können die Parteien des Arbeitsvertrages vereinbaren, dass auf das Arbeitsverhältnis Tarifrecht angewandt werden soll und zwar unabhängig von der Tarifbindung einer oder beider Parteien. Grundsätzlich ist den Parteien die Inbezugnahme einzelner Materien eines Tarifvertrages oder auch vollständiger Tarifverträge, die auch außerhalb des bei Tarifbindung beider Arbeitsvertragsparteien gegebenen zeitlichen, fachlichen und/oder persönlichen Geltungsbereichs liegen können, freigestellt. Es muss aber bestimmbar sein, auf welche Tarifnormen/welchen Tarifvertrag verwiesen wird. Generell lassen sich des Weiteren statische und dynamische Bezugnahmeklauseln unterscheiden. Während statische Klauseln lediglich auf die Inbezugnahme eines bestimmten und genau definierten Tarifvertrages abzielen, kann eine sogenannte große dynamische Verweisung angenommen werden, wenn auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag verwiesen wird. Darüber hinaus wird zwischen deklaratorischen Bezugnahmeklauseln, die lediglich ein Hinweis auf die geltende Rechtslage enthalten und konstitutiven Klauseln, die einen eigenständigen arbeitsvertraglichen Anspruch erzeugen, unterschieden. Welche Art der Gleichstellung/Verweisung gewollt ist, muss durch Auslegung des Arbeitsvertrages ermittelt werden. Da die Arbeitsvertragsparteien im Allgemeinen eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen anstreben, besteht eine Auslegungsregel, dass im Zweifel eine dynamische Verweisung in Form der Gleichstellungsabrede gewollt ist (BAG v. 28.05.97 -4 AZR 663/95; v. 30.08.2000 -4 AZR 581/99; v. 26.09.01 -4 AZR 544/00; v. 27.11.02 - 4 AZR 540/01; v. 19.03.03 - 4 AZR 331/02).
39 
Hinsichtlich der vorliegenden Bezugnahmeklausel Variante 2 ergibt sich bereits aus deren unmittelbaren Wortlaut, dass sich deren Zweck darauf beschränkt, eine möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers zu ersetzen, d. h. ihn einem tarifgebundenen Arbeitnehmer gleichzustellen und damit auch die Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen und die Vereinfachung der Vertragsgestaltung zu erzielen. Gelten aber auf tarifrechtlicher Ebene im Betrieb der Antragstellerin nur die TV-ver.di, kommen diese auch bei den Arbeitnehmern zur Anwendung deren Arbeitsverhältnis die Bezugnahmeklausel Variante 2 enthalten.
40 
Entsprechendes gilt hinsichtlich denjenigen Arbeitnehmern deren Arbeitsverhältnis die Bezugnahmeklausel der Variante 1 beinhalten. Die individualrechtliche Geltung der TV-ver.di folgt hier bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Satzes 3 der Klausel.
41 
5. Die Bezugnahmeklauseln verstoßen auch nicht gegen § 305 c Abs. 2 BGB i. V. m. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB n. F.. Nach der in der Rechtsprechung schon seit längerem anerkannte Unklarheitenregelung gehen Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Arbeitsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Dies setzt tatbestandlich voraus, dass bei der Auslegung eines Formulararbeitsvertrages Zweifel bestehen. Zweifel an der Auslegung der vorliegenden Bezugnahmeklauseln bestehen jedoch nicht, da eine Gleichstellungsabrede der vorliegenden Art lediglich konstitutiv zum Inhalt hat, den Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre er (hinsichtlich dem im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag) tarifgebunden, also seine fehlende Tarifgebundenheit zu ersetzen. Von dieser Zwecksetzung muss aber der Arbeitnehmer bei der mit ihm vereinbaren Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge in dem vom tarifgebundenen Arbeitgeber formulierten Arbeitsvertrag typischerweise ausgehen (BAG v. 19.03.03 - 4 AZR 331/02).
42 
6. Soweit sich der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren darauf beruft, einzelne von ihm im Verfahren benannte Arbeitnehmer seien - die Anwendbarkeit der TV-ver.di aus seiner Sicht unterstellt - nicht zutreffend eingruppiert, ist dieses Vorbringen -ungeachtet der bestehenden Darlegungs- und Feststellungslast - bereits deshalb unbeachtlich, weil dieser Einwand vom Antragsgegner nicht bereits im jeweiligen Zustimmungsverweigerungsschreiben vorgebracht worden ist. Ein Nachschieben von weiteren Zustimmungsverweigerungsgründen im laufenden Zustimmungsersetzungsverfahren ist jedoch ausgeschlossen (BAG v. 23.03.91 - 1 ABR 42/90; BAG v. 03.07.84 - 1 ABR 74/82).
43 
Demzufolge war die begehrte Zustimmung zur Ein-/Umgruppierung der betroffenen Arbeitnehmer antragsgemäß zu ersetzen.
44 
7. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 12 Abs. 5 ArbGG).

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