Urteil vom Anwaltsgerichtshof NRW - 1 AGH 33/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine Kosten selbst.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.Der Streitwert wird festgesetzt auf 30.000,00 € (25.000,00 € + 5.000,00 €).
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Tatbestand:
2Der am ##.##.1963 geborene Beigeladene ist seit dem 13.04.1994 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Per Arbeitsvertrag vom 18.09.1995 wurde der Beigeladene bei der B Versicherung (jetzt X Versicherung) als juristischer Sachbearbeiter angestellt. Seit dem 01.07.2001 ist er mit Anstellungsvertrag vom 02.05.2001 Gruppenleiter der Abteilung Firmenkunden-Schaden/Haftpflicht Groß- und Spezialschäden. Er bewertet in dieser Funktion die haftungs- und
3deckungsrechtliche Sachlage von Überlimit-Haftpflichtschäden aus den Bereichen der Produkt-, Umwelt-, Bau und Informationstechnologie sowie aus der Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte, Notare und Patentanwälte. Zum 01.01.2002 wurde er außerdem zum Leitenden Handlungsbevollmächtigten ernannt.
4Aufgrund seiner vorherigen beruflichen Tätigkeit war der Beigeladene durch Bescheid der Klägerin vom 23.12.1994 mit Wirkung ab dem 14.11.1994 von der Versicherungspflicht in der allgemeinen Rentenversicherung befreit worden. Er leistete in der Folgezeit ausschließlich Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NRW. Im Jahr 2014 machte die Klägerin unter Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geltend, dass der Befreiungsbescheid vom 23.12.1994 für die jetzige Tätigkeit des Beigeladenen nicht fortwirke und deshalb Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen seien. Die Arbeitgeberin des Beigeladenen meldete diesen deshalb mit Wirkung zum 01.01.2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung um.
5Mit dem am 23.02.2016 bei der Beklagten eingegangenen Antrag vom 22.02.2016 beantragte der Beigeladene die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt für seine Tätigkeit bei der X Service GmbH. Dem Antrag beigefügt waren der Arbeitsvertrag vom 18.09.1995 mit der Änderung vom 02.05.2001, die Handlungsbevollmächtigung vom 10.12.2001 sowie ein Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 17.03.2016 mit einer Tätigkeitsbeschreibung vom 26.02.2016.
6Die Beklagte hat nach Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 04.05.2016 dem Antrag des Beigeladenen entsprochen und die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet. Die Zulassungsurkunde vom 04.05.2016 ist dem Beigeladenen am 10.05.2016 zugestellt worden.
7Zur Begründung der Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt hat die Beklagte ausgeführt, der Beigeladene sei für seine Arbeitgeberin anwaltlich tätig. Er übe eine fachlich unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeit aus, die den Anforderungen des § 46 Abs.2 - 5 BRAO entspreche. Dies ergebe sich aus dem Nachtrag zu dem Arbeitsvertrag vom 17.03.2016. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2016 verwiesen.
8Die Klägerin hat gegen den ihr am 11.05.2016 zugestellten Zulassungsbescheid Anfechtungsklage erhoben und zugleich gem. § 80 Abs.5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt.
9Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt nicht vorlägen.
10Im Einzelnen macht sie geltend:
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Auf der Grundlage der überreichten Unterlagen könne nicht festgestellt werden, dass eine anwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen das Beschäftigungsverhältnis präge.
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Der Beigeladene sei als Gruppenleiter beschäftigt. Leitungsfunktionen seien regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen weniger fachrechtlich arbeiten würden, sondern überwiegend organisatorische und steuernde Aufgaben wahrnähmen. Diese Annahme werde durch eine Stellenausschreibung der X Insurance Company Ltd für eine/n Gruppenleiter/in Komplexschaden Motorfahrzeuge in C gestützt. Die Stellenbeschreibung setze eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung und Erfahrungen in der Versicherungsbranche voraus, aber keine volljuristische Ausbildung.
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Gegenstand der Tätigkeit des Beigeladenen sei nicht die Prüfung von Rechtsfragen. Der Beigeladene prüfe lediglich, ob und ggfs. in welchem Umfang Leistungen aus einem Versicherungsvertrag zu erbringen seien. Hierbei habe er aufgrund umfassender Kodifizierung durch allgemeine und besondere Versicherungsbedingungen allenfalls einen geringen Beurteilungsspielraum.
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Soweit für das Unternehmen (Vergleichs)Verhandlungen zu führen und hierzu Beweise zu würdigen und Prozessrisiken abzuschätzen seien, beurteile der Beigeladene rein wirtschaftliche und nicht rechtliche Fragestellungen. Es gehe daher nicht um die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, sondern nur um das Aushandeln des Umfangs der Schadenregulierung.
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Schließlich sei nicht belegt, dass der Beigeladene fachlich unabhängig und weisungsfrei tätig sei. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass es bei seiner Arbeitgeberin zur Wahrung der einheitlichen Handhabung der allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingungen Regelungswerke für die Bearbeitung der Schadensfälle gebe.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zurückgenommen.
18Sie beantragt nunmehr noch,
19den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2016 aufzuheben.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
23Die Beklagte verteidigt den von ihr erlassenen Bescheid.
24Der Senat hat die Beteiligten persönlich gehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.10.2016 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.
271. Der Bescheid vom 04.05.2016 ist rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Zulassung des Beigeladenen als Syndikusrechtsanwalt gem. §§ 46 a Abs.1 Nr.1 - 3, 46 Abs.2 – 5 BRAO liegen vor. Das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen ist insbesondere durch eine fachlich unabhängige und eigenverantwortlich ausgeübte anwaltliche Tätigkeit, die den Merkmalen des § 46 Abs.3 Nr.1 – 4 BRAO entspricht, geprägt.a) Soweit die Klägerin insgesamt die Ausübung einer fachrechtlichen Tätigkeit durch den Beigeladenen anzweifelt und geltend macht, der Beigeladene übe im Schwerpunkt leitende und steuernde Aufgaben aus, für die in dem Unternehmen seiner Arbeitgeberin keine volljuristische, sondern lediglich eine kaufmännische Ausbildung erforderlich sei, kann sie mit diesem Einwand nicht durchdringen.
28Die Klägerin bezieht sich zur Begründung ihrer Auffassung auf das in einer Stellenausschreibung der X Insurance Company Ltd für eine/n Gruppenleiter/in Komplexschaden Motorfahrzeuge in C genannte Anforderungsprofil. Aus der, auf einen anderen Aufgabenbereich bezogenen Stellenausschreibung eines anderen, im europäischen Ausland ansässigen Unternehmens der X Gruppe ergeben sich keine belastbaren Tatsachen dafür, dass die konkret in Rede stehende Tätigkeit des Beigeladenen ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch von einem Nicht-Volljuristen ausgeübt werden kann.Bereits mit dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 18.09.1995 ist der Beigeladene als „juristischer Sachbearbeiter“ angestellt worden und hat demzufolge Qualifikationen nachgewiesen, die über das Absolvieren einer kaufmännischen Ausbildung hinausgehen. In der Tätigkeitsbeschreibung vom 26.02.2016 bescheinigt die Arbeitgeberin ausdrücklich, dass Voraussetzung für die Tätigkeit des Beigeladenen als Gruppenleiter der Abteilung Firmenkunden-Schaden/Haftpflicht Groß- und Spezialschäden „eine volljuristische Ausbildung sowie tiefgreifende Kenntnisse im Haftungs- und Versicherungsrecht“ Voraussetzungen sind. Der Beigeladene erfüllt die genannten Anforderungen, er ist als Rechtsanwalt zugelassen und berechtigt, die Bezeichnung „Fachanwalt für Versicherungsrecht“ zu führen.
29Dafür, dass das in der Tätigkeitsbeschreibung formulierte Anforderungsprofil nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, gibt es keinen Anhaltspunkt.
30Schon wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Großschadensfälle für das Unternehmen ist nachvollziehbar, dass die Arbeitgeberin von dem verantwortlichen Gruppenleiter fundierte Kenntnisse des einschlägigen materiellen Rechts, insb. der Problemkreise Kausalität/Zurechnung; Verjährungsrecht; Verschuldenszurechnung sowie des Prozessrechts (Beweislastverteilung; Beweiswürdigung, Kosten) und des internationalen/grenzüberschreitenden Versicherungsrechts erwartet. Desweiteren entspricht die vertraglich zugesagte Vergütung dem beschriebenen Anforderungsprofil, sie geht in jedem Fall deutlich über die einem kaufmännischen Angestellten üblicherweise geschuldete Entlohnung hinaus.b) Bei der Tätigkeit des Beigeladenen handelt es sich auch um eine anwaltliche Tätigkeit gem. den Voraussetzungen des § 46 Abs.3 Nr.1 – 4 BRAO. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist festzustellen, dass der Beigeladene in Ausübung seiner Tätigkeit Sachverhalte aufklärt, Rechtsfragen prüft und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet (§ 46 Abs.3 Nr.1 BRAO) sowie, dass seine Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insb. durch das selbständige Führen von Verhandlungen, und auf das Verwirklichen von Rechten ausgerichtet ist (§ 46 Abs.3 Nr.4 BRAO).aa) Die Klägerin geht in der Klagebegründung davon aus, dass der Beigeladene entgegen § 46 Abs.3 Nr.1 BRAO lediglich feststehende Sachverhalte bewertet und prüft, in welchem Umfang aus dem Versicherungsvertrag Leistungen zu erbringen sind.Es gibt indes keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tätigkeit des Beigeladenen hierauf beschränkt ist.
31In der Tätigkeitsbeschreibung vom 26.02.2016 ist ausdrücklich ausgeführt, dass dem Beigeladenen die Bewertung der haftungs- und deckungsrechtlichen Sachlage bei Überlimit-Haftpflichtschäden (ab 50.000,00 €) aus den Bereichen Produkt-, Umwelt-, Bau-, Informationstechnologie sowie der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Patentanwälte obliegt. Er schuldet in diesem Zusammenhang die selbständige und eigenverantwortliche Herausarbeitung der jeweiligen rechtlichen Fragestellungen. Dies beinhaltet die Ermittlung des Sachverhaltes, die Beurteilung materieller Rechtsverhältnisse, eventuell bestehender Gesamtschuldverhältnisse sowie die rechtliche Beurteilung von Regressmöglichkeiten.
32Die in der Tätigkeitsbeschreibung festgehaltenen Aufgaben des Beigeladenen, die dieser in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert und dargestellt hat, ohne dass die Klägerin den Angaben entgegengetreten ist, entsprechen nach dem Dafürhalten des Senats ohne weiteres der Realität des Versicherungsgeschäfts. Nachfragen des Versicherers nach Eingang einer Schadenanzeige zum Sachverhalt, insb. zum Schadenshergang, und das Anstellen eigener Ermittlungen entsprechen, soweit es sich nicht um Bagatellfälle handelt, der Regel und gewinnen in Relation zu der wirtschaftlichen Bedeutung des Schadensfalls für den Versicherungsnehmer und das Unternehmen Gewicht.
33Der ermittelte Sachverhalt wird durch den Beigeladenen rechtlich bewertet, dann entscheidet er über das weitere Vorgehen. Er berät den Versicherungsnehmer und den Vorstand des Unternehmens über mögliche Handlungsoptionen wie etwa die Schadensregulierung, die Abwehr von Ansprüchen, über das Führen von Vergleichsverhandlungen, die Beauftragung von Rechtsanwälten zur Prozessführung sowie über die Möglichkeit, Regress- oder Ausgleichsansprüche zu verfolgen.
34Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang einwendet, der Beigeladene habe bei der Prüfung der verschiedenen Handlungsoptionen aufgrund der umfassenden Kodifizierung des Versicherungsvertragsrechts und der Allgemeinen Versicherungsbedingungen allenfalls einen geringen Beurteilungsspielraum, so dass er im Wesentlichen die wirtschaftlichen aber nicht rechtlichen Verhältnisse bewerte, kann der Senat dem nicht folgen.
35Die versicherungsrechtliche Materie ist offenkundig komplex; sie ist Gegenstand
36einer besonderen Fachanwaltschaft und wird an den Obergerichten von Fachsenaten bearbeitet. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Beigeladene bei der Ausübung seiner Tätigkeit prüfen müsse, in welcher Weise die Beteiligten eines Schadenereignisses rechtlich miteinander verbunden sind und wie sich die speziellen vertrags- und versicherungsrechtlichen Regelungen auf das Haftungsverhältnis auswirken. Diese Tätigkeit erfordert nach der Bewertung des Senats tiefgreifende Kenntnisse des Haftungs- und Versicherungsrechts, sie geht in ihrer Komplexität erheblich über die reine Schadensachbearbeitung hinaus.
37bb) Die Tätigkeit des Beigeladenen ist außerdem auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen und auf die Verwirklichung von Rechten ausgerichtet (§ 46 Abs.3 Nr.3 BRAO), da sie die Befugnis des Beigeladenen umfasst, für das Unternehmen Verhandlungen zu führen und Vertragsverhältnisse gestalten zu können (vgl. Träger in Feuerich/Weyland, BRAO, 9.Aufl., zu § 46 BRAO-E, S.363).
38Die dem Beigeladenen obliegende Beurteilung der verschiedenen versicherungsrechtlichen Fallkonstellationen auf der Grundlage des geltenden Rechts und die nachfolgende Bearbeitung des Falls zur Erledigung des Vorgangs erfüllen bei zutreffender Bewertung die Merkmale der Gestaltung von Rechtsverhältnissen und der Verwirklichung von Rechten i.S.d. § 46 Abs.3 Nr.3 BRAO.Der Beigeladene ist gem. der Tätigkeitsbeschreibung berechtigt, für seine Arbeitgeberin Vertragsverhandlungen zu führen, sie im Vertragswege zu verpflichten und Rechte des Unternehmens, etwa durch die Abwehr unberechtigter Ansprüche, zu verwirklichen. Die Tätigkeit des Beigeladenen beschränkt sich nicht, so wie die Klägerin meint, auf das Abstecken des Umfangs der Schadenregulierung. Aus der Tätigkeitsbeschreibung vom 26.02.2016 ergibt sich vielmehr im Einzelnen, dass es Aufgabe des Beigeladenen ist, Verträge auszulegen und eigenverantwortlich Entscheidungen über Deckungszusagen/versagungen zu treffen und zu begründen, die Haftung abzulehnen bzw. zu begründen, Abfindungsvereinbarungen auszuhandeln und Vergleichsverträge (auch im Mehrpersonenverhältnis) abzuschließen sowie für den Vorstand Vergleichs- und Vertragsvorlagen zu erarbeiten.Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass er die in Rede stehenden Aufgaben jeweils auf den konkreten Einzelfall bezogen unter Beachtung der jeweiligen rechtlichen Grundlagen frei erarbeitet und aushandelt und dabei nicht etwa Richtlinien oder Bestimmungen des Unternehmens zurückgreift.Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass der Beigeladene unter Beachtung rein wirtschaftlicher Aspekte lediglich den Umfang der Schadensregulierung aushandelt.
39c) Die vorbeschriebene anwaltliche Tätigkeit des Beigeladenen prägt das bestehende Beschäftigungsverhältnis.Soweit die Klägerin darauf abgehoben hat, dass der Beigeladene als Gruppenleiter umfänglich organisatorische und steuernde Aufgaben erledige und ein großer Teil der Tätigkeit in der Ausführung der allgemeinen und besonderen Versicherungsbedingen ohne großen juristischen Spielraum bestehe, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei der dem Beigeladenen obliegenden Prüfung der Haftungsfälle um eine originäre juristische und anwaltliche Tätigkeit i.S.d. des § 46 Abs.3 Nr.1 u. 3 BRAO handelt. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.Inwieweit der Beigeladene neben der fachrechtlichen Tätigkeit organisatorische Aufgaben zu erfüllen hat, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert. Der Beigeladene hat ausgeführt, dass er die Personalverantwortung für 16 Mitarbeiter trage. Bereits daraus erschließt sich, dass er zwar Personalführungsaufgaben leisten muss, diese aber gemessen an der Gesamtarbeitszeit nicht wesentlich ins Gewicht fallen und daher die anwaltliche Prägung seiner Tätigkeit nicht in Frage stellen.d) Schließlich sieht der Senat keinen Anhalt dafür, dass der Beigeladene seine anwaltliche Tätigkeit nicht i.S.d. § 46 Abs.4 BRAO unabhängig und eigenverantwortlich ausübt.
40In dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 17.03.2016 ist ausdrücklich vereinbart, dass der Beigeladene die anwaltliche Tätigkeit fachlich unabhängig und eigenverantwortlich ausübt, so dass in fachlichen Angelegenheiten weder ein allgemeines noch ein konkretes Weisungsrecht besteht, während es im Übrigen bei dem Weisungsrecht der Gesellschaft geblieben ist.
41Die Tätigkeitsbeschreibung, die Bestandteil des Arbeitsvertrages ist, lautet zudem unter Zif. II wie folgt: „… Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung ist vertraglich und tatsächlich gewährleitet. [Der Beigeladene] unterliegt keinen allgemeinen und konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage oder eine einzelfallorientierte Rechtsberatung beeinträchtigen. Ihm gegenüber bestehen keine Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen. Er arbeitet fachlich eigenverantwortlich. Er ist im Rahmen der von ihm zu erbringenden Rechtsberatung und – vertretung den Pflichten des anwaltlichen Berufsrechts unterworfen“.
42Damit ist die fachliche Unabhängigkeit arbeitsvertraglich eindeutig vereinbart.
43Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, bei der X Versicherung bestünden verbindliche Vorgaben zur einheitlichen Handhabung der Versicherungsbedingungen, so dass der Beigeladene lediglich gewisse Spielräume nutzen könne, erweist sich dieser Einwand schon aus Rechtsgründen als unerheblich. Die individualvertragliche Vereinbarung der fachlichen Unabhängigkeit geht allgemeinen Regelungen im Unternehmen vor, dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag und der Tätigkeitsbeschreibung, wonach der Beigeladene keinen allgemeinen und konkreten Weisungen unterliegt.Desweiteren gibt es keinen Anhaltpunkt dafür, dass die Tätigkeit des Beigeladenen durch Vorgaben des Unternehmens gesteuert und reglementiert wird. Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es für seinen Tätigkeitsbereich ohnehin keine Regelwerke gebe, nach deren Vorgaben er zu arbeiten habe. Die Klägerin hat auf weitere Nachfrage eingeräumt, ihr Vortrag stütze sich auf Erkenntnisse über die Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen bei anderen Versicherungsunternehmen.
442. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 112 c BRAO, 154 Abs.1, 162 Abs.3 VwGO und §§ 167 VwGO, 708 Nr.11, 711 ZPO. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 194 Abs.2 S.1 u. 2 BRAO.
45Ein Anlass, die Berufung nach §§ 112 c BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht.
46Weder weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§§ 124 a Abs.1 S.1, 124 Abs.2 Nr.2 u. 3 VwGO). Ein Fall der Divergenz nach § 124 Abs.2 Nr.4 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben, weil das Urteil des Senats in den tragenden Gründen nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht.
47Rechtsmittelbelehrung
48Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden.
49Der Antrag ist bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Heßlerstraße 53,59065 Hamm, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen,
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1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Das gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3-7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein nach dem Vorstehenden Vertretungsberechtigter kann sich selbst vertreten; es sei denn, dass die sofortige Vollziehung einer Widerrufsverfügung angeordnet und die aufschiebende Wirkung weder ganz noch teilweise wieder hergestellt worden ist. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
57Die Festsetzung des Streitwerts ist unanfechtbar.
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Referenzen
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