Urteil vom Bundesarbeitsgericht (10. Senat) - 10 AZR 346/10

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Dezember 2009 - 20 Sa 1136/09 - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weiterzahlung der Zulage für Angestellte im Schreibdienst nach den Protokollnotizen Nr. 3 und Nr. 6 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung (zukünftig: Funktionszulage Schreibdienst) und die Berechtigung der Beklagten, allgemeine Entgelterhöhungen auf diese Zulage anzurechnen.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Stiftung seit dem 15. Juni 1994 als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. Die Klägerin erhielt zunächst eine Vergütung nach VergGr. VIII der Anlage 1a zum BAT. Die Parteien schlossen am 27. Februar 1995 mit Wirkung zum 15. Dezember 1994 folgende Nebenabrede:

        

„Eine Zulage nach der Protokollnotiz Nr. 6 zu Teil II Abschnitt N Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT in der am 31. Dezember 1983 geltenden Fassung steht bis zu einer tariflichen Neuregelung nur nach Maßgabe der Nr. 1 des Rundschreibens des Bundesministers des Innern vom 2. September 1986 - D III 1 - 220 254/9 - in seiner jeweiligen Fassung zu.“

3

Das Arbeitsverhältnis wurde zum 1. Oktober 2005 in den TVöD übergeleitet. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin in die VergGr. VII der Anlage 1a zum BAT eingruppiert. In das Vergleichsentgelt ist die Funktionszulage Schreibdienst nicht einbezogen worden. Mit Schreiben vom 28. November 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die bisherige Funktionszulage für Angestellte im Schreibdienst ab 1. Oktober 2005 als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage längstens bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung erhalte. Bei allgemeinen Entgeltanpassungen und sonstigen Entgelterhöhungen werde der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf diese Besitzstandszulage angerechnet. Die Tariferhöhungen zum 1. Januar 2008 und zum 1. Januar 2009 sind sodann jeweils zu einem Drittel auf die Funktionszulage angerechnet worden.

4

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass eine Anrechnung von Tariferhöhungen nicht erfolgen dürfe. Die Kürzung sei rechtswidrig, da kein Widerruf erfolgt sei und ein eventuell erklärter Widerruf nur Wirkung für die Zukunft entfalten könne. Im Übrigen handele es sich bei der Nebenabrede als Allgemeine Geschäftsbedingung um eine überraschende Klausel, die wegen ihrer Intransparenz nicht wirksam sei. Zu einer neuen Entgeltordnung, die auch die Frage der Schreibdienstzulagen regele, sei es bisher tarifvertraglich nicht gekommen. Soweit die Funktionszulage als außertarifliche persönliche Besitzstandszulage gezahlt worden sei, habe sich dies allein auf Mitarbeiter bezogen, die keine ausdrückliche Nebenabrede zum Arbeitsvertrag geschlossen hätten. Im Übrigen handele es sich bei der Kürzung um einen unzulässigen Eingriff in das Vertragsverhältnis. Widerruf und etwaiger Freiwilligkeitsvorbehalt der bisherigen Zahlung würden an § 308 Nr. 4 BGB scheitern.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr die Schreibkräftezulage ab dem 1. Januar 2008 ungekürzt weiterzugewähren.

6

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Das Zulagenversprechen sei befristet gewesen; mit der tarifvertraglichen Neuregelung im Jahr 2005 sei der Anspruch auf Zahlung einer Funktionszulage entfallen. Der BAT sei durch den TVöD umfassend ersetzt worden; eine spezielle Regelung für Angestellte im Schreibdienst enthielten die Regelungen des TVöD nicht mehr. Die Zahlung ab dem 1. Oktober 2005 sei auf neuer Rechtsgrundlage mit der Maßgabe der Anrechnung von Entgelterhöhungen erfolgt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist mangels ausreichender Begründung unzulässig und daher nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen.

9

I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden.

10

Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen (st. Rspr., zB BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 408/05 - Rn. 9). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54; 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).

11

II. Dem wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

12

Eine Verfahrensrüge hat die Revisionsklägerin nicht erhoben. Hinsichtlich der erhobenen Sachrügen setzt sich die Revisionsbegründung vom 23. Juni 2010 nicht mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander.

13

1. Das Landesarbeitsgericht begründet ausführlich, warum sich aus der getroffenen Nebenabrede kein Anspruch auf Weiterzahlung der Funktionszulage Schreibdienst ergebe. Es nimmt eine Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB im Hinblick auf die vereinbarte auflösende Bedingung vor. Dabei hält es die Klausel für hinreichend transparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verneint eine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Funktionszulage sei tariflich nicht mehr geschuldet gewesen, die Arbeitgeberseite habe die Praxis der Vereinbarung einer außertariflichen Weiterzahlung bereits 1997 eingestellt und die Befristung beziehe sich auf eine tarifliche Neuregelung. Ebenso liege kein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB vor, da ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nicht vorliege. Der Eintritt der Bedingung sei vielmehr vom Willen des Arbeitgebers unabhängig. Das in der Bezugnahme auf die jeweilige Fassung des Rundschreibens des Bundesministers des Innern liegende Vertragsänderungsrecht sei unerheblich, da es sich um eine selbstständige und von der Befristung abtrennbare Regelung handele. Die vereinbarte Bedingung sei eingetreten. Der TVöD iVm. § 5 TVÜ-Bund enthalte hinsichtlich der Funktionszulagen eine Neuregelung, die keinen tariflichen Anspruch vorsehe. Es könne dahinstehen, ob ein Anspruch aufgrund des Schreibens vom 28. November 2005 oder aus betrieblicher Übung entstanden sei. Jedenfalls stehe dieser unter dem Vorbehalt der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen. Dieser Vorbehalt sei wirksam, da ein besonderer Leistungszweck mit der Zulage nicht verbunden sei.

14

2. Die Revisionsbegründung der Klägerin setzt sich mit dem differenziert begründeten Urteil nicht auseinander. Teilweise wiederholt sie lediglich bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, teilweise weist sie lediglich schlagwortartig auf die angebliche Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Entscheidung hin.

15

Zunächst wird die Auffassung vertreten, das Landesarbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, die Nebenabrede sei wirksam auflösend bedingt gewesen und die Bedingung sei eingetreten. Vielmehr „dürfte es sich hierbei um eine Befristung einer Zulagenregelung gehandelt haben“. Eine solche erziele das gleiche Ergebnis wie ein Widerrufsvorbehalt. Welche Folgen sich aus dieser Auffassung ergeben würden, führt die Revision nicht aus. Weiter wird behauptet, das Landesarbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass der Vertragswortlaut der Nebenabrede eindeutig gefasst worden sei. Dabei wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll und was eine aus Sicht der Klägerin zutreffende Auslegung der Klausel ergäbe. Sodann wird dem Landesarbeitsgericht vorgeworfen, es widerspreche dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, indem es fälschlicherweise von einer Trennbarkeit der verschiedenen Klauselbestandteile ausgehe. Auch dies wird nicht begründet und es wird nicht einmal behauptet, dass der zweite Teil der Klausel unwirksam sei. Im letzten Teil der Revisionsbegründung wird lediglich darauf hingewiesen, dass durch die Tarifvertragsparteien nicht sämtliche (welche?) bestehenden Zulagen einer neuen Regelung zugeführt worden seien und dass offen sei, ob es sich um eine bewusste Regelung der Tarifvertragsparteien oder um eine Tariflücke gehandelt habe. Schlussfolgerungen für den konkreten Fall werden nicht gezogen, eine argumentative Auseinandersetzung mit dem Landesarbeitsgericht findet nicht statt. Schließlich wird hinsichtlich „des Anspruchs der Klägerin auf weitere Zahlung der Funktionszulage als außertarifliche Besitzstandszulage“ auf die Ausführungen im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen, ohne auf die anderen Grundannahmen des Landesarbeitsgerichts einzugehen.

16

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Kiel    

        

    Walter Huber    

                 

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen