Urteil vom Bundesarbeitsgericht (9. Senat) - 9 AZR 352/10

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. April 2010 - 12 Sa 1448/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

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Die Klägerin verlangt von der Beklagten, den gesetzlichen Mindesturlaub für die Jahre 2007 und 2008 abzugelten.

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Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1975 als Krankenschwester beschäftigt. Sie verdiente zuletzt in Teilzeit bei einer Fünf-Tage-Woche monatlich 829,86 Euro brutto. Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) an.

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Seit dem 19. Oktober 2006 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete während der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit zum 31. März 2008.

4

Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2009 gegenüber der Beklagten vergeblich die Abgeltung ihres gesetzlichen sowie die Abgeltung der aus dem TV-L folgenden weiteren Urlaubsansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 1.613,62 Euro brutto geltend.

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In § 37 Abs. 1 TV-L heißt es:

        

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.“

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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG in der Rechtssache Schultz-Hoff folge, dass der Anspruch auf Abgeltung des wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs nicht verfallen dürfe. Diese Rechtsfolge ergebe sich ferner aus der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 13 BUrlG.

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Die Klägerin hat zunächst beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.613,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2009 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Nachdem aufgrund der Rechtsprechungsänderung der gesetzliche Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht mehr befristet sei, unterliege der Abgeltungsanspruch den tariflichen Ausschlussfristen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für die Jahre 2007 und 2008 (insgesamt 25 Urlaubstage) in Höhe von 957,50 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Ferner hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu Recht abgewiesen. Der Anspruch ist verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L.

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I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31. März 2008. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 25 Tagen zu. Dieser war nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.

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1. Die Klägerin konnte den ihr zustehenden gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG aus dem Jahr 2007 in Höhe von 20 Urlaubstagen wegen ihrer seit 2006 ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit weder im Jahr 2007 noch im Übertragungszeitraum des Jahres 2008 nehmen. Ferner stand ihr zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch für drei volle Monate (Januar bis März 2008) ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG in Höhe von fünf Urlaubstagen zu.

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2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch wird auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Die seit dem 19. Oktober 2006 bestehende und auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ändert hieran nichts. Denn nach der neueren Senatsrechtsprechung infolge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Mindesturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis abzugelten. Deshalb erlischt der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch auch nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsunfähig ist (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; zuletzt auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17).

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Daher hat die über den gesetzlichen Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG (31. März des jeweiligen Folgejahres) und auch über den tariflichen Übertragungszeitraum des § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L (31. Mai des jeweiligen Folgejahres) hinaus fortbestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung auf die Durchsetzbarkeit und den Fortbestand des Urlaubsabgeltungsanspruchs.

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II. Der daraus folgende Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs für insgesamt 25 Urlaubstage ist nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die dort geregelte Ausschlussfrist von sechs Monaten. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 25. Februar 2009 erfolgte erst nach Ablauf der Ausschlussfrist am 30. September 2008 und damit verspätet.

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1. Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.

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a) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1 TV-L dar. Formulieren Tarifvertragsparteien - wie in der vorliegenden Verfallvorschrift - keine Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 19, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190 ; 21. Februar 1995 - 9 AZR 733/93 - zu I 1 der Gründe). Diese Voraussetzung trifft gleichermaßen auf Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche zu. Sie begründen sich aus dem Arbeitsverhältnis.

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b) Der Umstand, dass die Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt war, hat keine Auswirkung auf die Fälligkeit des Abgeltungsanspruchs. Insbesondere wird der Fälligkeitszeitpunkt nicht - wie in der Surogatstheorie angenommen - bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit hinausgeschoben.

19

aa) Nach § 271 Abs. 1 BGB wird eine Forderung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Dementsprechend wird der Urlaubsabgeltungsanspruch mit seiner Entstehung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119 ). Die Arbeitsunfähigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers ist hierauf ohne Einfluss.

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bb) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt jedenfalls bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (sog. Arbeitszeitrichtlinie) gerichtete reine Geldforderung dar (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119). Deshalb ist der gesetzliche Mindesturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, aaO; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff. mwN, aaO). Zudem bleibt diese Urlaubsabgeltungsforderung in ihrem Bestand unberührt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres bzw. darüber hinaus fortdauert (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, aaO).

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cc) Mithin ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr befristet. Daher hat der Ablauf des Bezugs- und des Übertragungszeitraums, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, keine Auswirkungen mehr. Zudem geht die geänderte Rechtsprechung davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sofort erfüllbar ist und es gerade nicht erforderlich ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit abzuwarten (vgl. zuletzt BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 12, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Schließlich wird in der Regel eine Forderung gleichzeitig fällig und erfüllbar (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 271 Rn. 1). Dies muss auch für den Abgeltungsanspruch als reinen Geldanspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit gelten. Ansonsten würde ein dauerhaft bis zum Lebensende arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, niemals eine Urlaubsabgeltung erhalten. Dies wäre jedoch nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff nicht mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG vereinbar. Danach soll auch der ausgeschiedene Arbeitnehmer bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit die Möglichkeit haben, in den Genuss einer finanziellen Vergütung zu kommen (vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 56, 62, Slg. 2009, I-179). Deshalb wird der Urlaubsabgeltungsanspruch auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; im Ergebnis so bereits: BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67; Subatzus DB 2009, 510, 512; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 2. Aufl. § 7 Rn. 180) und damit im vorliegenden Fall mit Ablauf des 31. März 2008 fällig.

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2. Der Lauf der Ausschlussfrist wurde auch nicht durch die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin entsprechend § 206 BGB gehemmt.

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a) Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschriften über die Verjährungshemmung grundsätzlich überhaupt entsprechende Anwendung auf Ausschlussfristen finden (ablehnend ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 57; aA Däubler/Zwanziger TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 1097). Denn nach ständiger Rechtsprechung wird zumindest die Regelung des § 206 BGB (§ 203 Abs. 2 BGB aF) zur Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt als allgemeingültiges Rechtsprinzip entsprechend angewandt (vgl. grundlegend BAG 3. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist.

24

b) Doch selbst unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird der Lauf der Ausschlussfrist hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs regelmäßig nicht durch eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gehemmt. An die Annahme höherer Gewalt sind strenge Anforderungen zu stellen. Stets ist Voraussetzung, dass der Berechtigte ohne jedes Eigenverschulden an der Klage gehindert war (BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 4 b dd und ee der Gründe mwN, BAGE 103, 290). Deshalb kann eine Arbeitsunfähigkeit nur dann den Lauf einer Ausschlussfrist hemmen, wenn dem Berechtigten infolge seines Zustands die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich wird (vgl. so bereits zur schweren Erkrankung als möglichen Hemmungsgrund: BGH 13. November 1962 - VI ZR 228/60 - VersR 1963, 93). Das hat die Klägerin nicht behauptet.

25

Schließlich kann auch einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis während der Periode der Arbeitsunfähigkeit ausläuft, normalerweise zugemutet werden, die fällige Urlaubsabgeltung als Zahlungsanspruch von seinem Arbeitgeber zu verlangen und damit die Ausschlussfrist zu wahren. Die Abgeltung eines tatsächlich nicht mehr erfüllbaren Urlaubs lässt sich grundsätzlich jederzeit ohne Schwierigkeiten durchführen (vgl. so bereits die Rechtsprechung des BAG vor Einführung des Surrogatmerkmals der Erfüllbarkeit der fiktiven Freistellung: BAG 3. Februar 1971 - 5 AZR 282/70 - zu B c cc der Gründe, BAGE 23, 184).

26

3. Die hier anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist nicht nach § 13 Abs. 1 BUrlG iVm. § 134 BGB unwirksam, weil sie den Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließt. Die Anwendung von tariflichen Ausschlussfristen für Urlaubsabgeltungsansprüche verstößt auch nicht gegen Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Sie ist insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen vereinbar (vgl. ausführlich BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 22 ff.).

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4. Die Klägerin kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.

28

Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. März 2008) war der Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bereits bekannt und das Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig, sodass die Klägerin zumindest vorsorglich ihren Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber der Beklagten rechtzeitig hätte geltend machen können (vgl. hierzu BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 31).

29

Im Übrigen weist das Landesarbeitsgericht ferner zu Recht darauf hin, gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin spreche bereits, dass ihr durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihr bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte. Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt. So wäre dieser wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums des § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L zum 31. Mai 2008 bzw. zum 31. Mai 2009 erloschen.

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B. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    G. Müller    

        

    W. Schmid    

                 

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