Urteil vom Bundesarbeitsgericht (10. Senat) - 10 AZR 209/11
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2011 - 10 Sa 433/10 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer Funktionszulage für Feuerwehrpersonal.
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Der Kläger ist bei den US-Streitkräften auf dem Flugplatz R als Gruppenleiter bei der Feuerwehr tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) Anwendung.
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Der TV AL II regelt zur Zahlung von Zulagen ua. Folgendes:
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„§ 21
Sonstige Zulagen
1.
Leistungszulagen
…
2.
Funktionszulage
Arbeitnehmer, die eine in den Merkmalen ihrer Lohngruppe/Gehaltsgruppe nicht erfasste besondere Funktion auszuüben haben, oder an die sonstige besondere Anforderungen gestellt werden, können eine Funktionszulage in angemessener Höhe erhalten.“
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Ziffer 11 der Sonderbestimmungen P im Teil I für Feuerwehrpersonal, Werkschutzpersonal und Wachpersonal in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 33 vom 30. April 2009 regelt ergänzend ua. Folgendes:
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„11.
Zu § 21 Sonstige Zulagen
a)
Ziffer 2 (Funktionszulage) wird für Feuerwehrpersonal bei den US-Streitkräften wie folgt ergänzt:
(1)
Feuerwehrpersonal mit entsprechender Ausbildung als Gerätewart erhält für die Ausübung dieser Tätigkeiten eine Funktionszulage in Höhe von 32,59 Euro pro Monat.
(2)
Feuerwehrpersonal mit abgeschlossener US-Gefahrstoffausbildung der Stufe III (certified Hazardous Materials Technician) oder abgeschlossener Ausbildung im Rettungsdienst (certified Rescue Technician) erhält eine Funktionszulage in Höhe von jeweils 54,31 Euro pro Monat.
…
(5)
Treffen mehrere der in den Absätzen (1) bis (3) genannten Zulagen zusammen, so werden sie grundsätzlich nebeneinander gezahlt.“
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Der Kläger erhält eine monatliche Funktionszulage nach Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 1 zum TV AL II für Feuerwehrpersonal mit abgeschlossener US-Gefahrstoffausbildung der Stufe III („certified Hazardous Materials Technician“).
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Der Kläger begehrt Zahlung einer weiteren Funktionszulage. Er verfügt über keine abgeschlossene Ausbildung im Rettungsdienst („certified Rescue Technician“), hat aber 1995 in den USA einen 120-stündigen „Fire Rescue Course“ absolviert. Seit Februar 2010 verfügt er zudem über eine Zertifizierung zum „Rescue Technician - Confined Space“; der zugrunde liegende Kurs ist Teil der Ausbildung zum „certified Rescue Technician“.
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Auf dem Flugplatz R werden 106 Feuerwehrleute beschäftigt, von denen 16 nach den aktuellen US-Vorschriften als „Rescue Technician“ zertifiziert sind. Auf dem Flugplatz S erhalten Feuerwehrleute, die den 120-stündigen „Fire Rescue Course“ absolviert haben, eine Funktionszulage, wenn sie in „Rescue Teams“ eingesetzt werden.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er verfüge aufgrund seiner Fortbildungen über Kenntnisse eines „certified Rescue Technician“. Er werde im Rahmen seiner Tätigkeit auch im Rettungsdienst eingesetzt; im Jahr 2009 hätten bei ca. 1.000 von 2.800 Einsätzen bis zum Eintreffen eines Rettungswagens im Rahmen der Erstversorgung auch Aufgaben des Rettungsdienstes wahrgenommen werden müssen. Da die Beklagte auf dem Flugplatz S Feuerwehrleuten die Zulage ohne Ausbildung zum „certified Rescue Technician“ zahle, sei sie ihm gegenüber an diese Tarifpraxis gebunden.
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Mit dem Leistungsantrag begehrt der Kläger Zahlung der Zulage für den Zeitraum November 2009 bis März 2010.
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Der Kläger hat beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 271,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2010 zu zahlen,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab April 2010 die Funktionszulage für Feuerwehrpersonal mit abgeschlossener Ausbildung im Rettungsdienst nach Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 2 zum TV AL II zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Funktionszulage.
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 2 zum TV AL II, weil er über keine abgeschlossene Ausbildung im Rettungsdienst („certified Rescue Technician“) verfügt. Nur der erfolgreiche Abschluss dieser Ausbildung, nicht aber die Teilnahme an anderen Fortbildungen löst den Anspruch auf die Zulage aus.
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1. Der Wortlaut der Vorschrift, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. BAG 27. Juli 2011 - 10 AZR 484/10 - Rn. 14, ZTR 2011, 676), legt nahe, dass nur der Abschluss der im Klammerzusatz genannten Ausbildung „certified Rescue Technician“ anspruchsbegründend ist. Dabei handelt es sich um die Ausbildung im Rettungsdienst, die nach den Standards der National Fire Protection Association (NFPA) durchgeführt und von den US-Streitkräften zertifiziert wird. Enthält eine Tarifnorm einen Fachbegriff, ohne ihn näher zu erläutern, ist davon auszugehen, dass dieser Begriff in seiner fachtechnischen Bedeutung gelten soll ( vgl. BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 841/09 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Krankenanstalten Nr. 9 ). Anhaltspunkte für ein weitergehendes Verständnis des Klammerzusatzes ergeben sich aus dem Wortlaut nicht.
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2. Dies bestätigt die Tarifsystematik. Soweit der TV AL II Klammerzusätze enthält, die ein Tarifbeispiel beschreiben, wird dies durch entsprechende Zusätze („zB“, „oä.“) kenntlich gemacht (vgl. nur § 16 Ziff. 1 Buchst. a (4) und Anhang R I Ziff. 1 Buchst. a und b zu § 35). Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 2 zum TV AL II enthält einen solchen Zusatz nicht. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien abschließend festlegen wollten, welche Ausbildung die Zulage auslöst.
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3. Eine andere Auslegung der Norm würde in der praktischen Anwendung Probleme aufwerfen, weil Unsicherheit bestünde, welche Qualität und welchen Umfang eine Ausbildung im Rettungsdienst haben muss, um den Anspruch zu begründen. Dies stünde im Widerspruch zum erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien, abweichend von der Ermessensvorschrift des § 21 Ziff. 2 TV AL II einen ermessensunabhängigen Anspruch auf eine Funktionszulage zu schaffen.
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II. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 21 Ziff. 2 TV AL II auf Zahlung einer Funktionszulage.
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1. Ein Anspruch auf Zahlung einer Funktionszulage an Feuerwehrpersonal nach dieser Norm ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil Funktionszulagen an Feuerwehrpersonal im Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 2 zum TV AL II ausdrücklich geregelt sind. Nach dem Wortlaut dieser Sonderbestimmung soll § 21 Ziff. 2 TV AL II ergänzt und nicht ersetzt werden. Auch systematisch haben beide Tarifnormen einen anderen Regelungsansatz. Nach Anhang P I Ziff. 11 Buchst. a (2) Alt. 2 zum TV AL II löst der erfolgreiche Abschluss einer Ausbildung den Anspruch aus, während nach § 21 Ziff. 2 TV AL II die Ausübung einer besonderen Tätigkeit erforderlich ist.
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2. Ein Anspruch besteht nicht, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass er eine in den Merkmalen seiner Lohngruppe nicht erfasste besondere Funktion ausübt oder an ihn sonstige besondere Anforderungen gestellt werden. Soweit er als Leiter einer Feuerwehreinsatzgruppe bei Einsätzen mit seinem Team die Erstversorgung bis zum Eintreffen eines Rettungswagens vornimmt, liegt darin eine typische Tätigkeit von Feuerwehrpersonal, die in den Lohngruppen abgebildet ist und keine zusätzlichen Merkmale erfüllt.
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3. Ein Anspruch nach dieser Norm besteht auch nicht deshalb, weil die Beklagte auf dem Flugplatz S den im Rettungsteam eingesetzten Mitarbeitern, die wie der Kläger den 120-stündigen „Fire Rescue Course“, nicht aber die abgeschlossene Ausbildung zum „certified Rescue Technician“ absolviert haben, die Zulage gewährt.
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a) § 21 Ziff. 2 TV AL II ist eine tarifliche Bestimmungsklausel, die Rahmenbedingungen normiert und es dem Bestimmungsberechtigten überlässt, das Ermessen im Einzelfall unter Berücksichtigung der Grundsätze billigen Ermessens auszuüben (BAG 19. Januar 1995 - 6 AZR 545/94 - zu II 2 a und b der Gründe, AP TVAL II § 10 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Bestimmungsklausel Nr. 2).
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b) Es kann dahinstehen, ob das tariflich eingeräumte Ermessen durch Zahlung der Funktionszulage auf dem Flugplatz S an Arbeitnehmer im Rettungsdienst ohne Ausbildung zum „certified Rescue Technician“ eingeschränkt wurde und die Beklagte sich widersprüchlich verhalten und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde, wenn sie auf dem Flugplatz R ohne das Hinzutreten besonderer Umstände andere Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage aufstellen würde (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 198/11 - Rn. 37). Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass ihm eine vergleichbare Tätigkeit übertragen wurde. Die Mitarbeiter auf dem Flugplatz S werden im Rettungsdienst eingesetzt und müssen sämtliche dort anfallende Tätigkeiten ausüben, während der Kläger als Leiter einer Feuerwehreinsatzgruppe im Rahmen der Erstversorgung nur teilweise Aufgaben des Rettungsdienstes wahrnimmt. Auch der Vergleich mit den Mitarbeitern auf dem Flugplatz S ergibt deshalb nicht, dass an die Tätigkeit des Klägers sonstige besondere Anforderungen iSv. § 21 Ziff. 2 TV AL II gestellt werden.
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III. Der Kläger hat danach auch keinen Anspruch aufgrund einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, weil dem Feuerwehrpersonal auf dem Flugplatz S eine Funktionszulage für den Einsatz im Rettungsdienst gezahlt wird. Nach dem Zweck der Funktionszulage, auf den entscheidend abzustellen ist (BAG 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13; 19. April 1995 - 10 AZR 344/94 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 124 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 63), ist der Kläger berechtigterweise von der begünstigenden Maßnahme ausgeschlossen, weil er nicht in einem Rettungsteam beschäftigt wird.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Mikosch
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Referenzen
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