Urteil vom Bundesarbeitsgericht (2. Senat) - 2 AZR 989/11
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Mai 2011 - 8 Sa 364/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
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Der 1968 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit April 1998 bei dem beklagten Landschaftsverband als Gärtner gegen ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.800,00 Euro beschäftigt. Der Kläger ist zu 70 vH in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Seit März 2004 war er Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Dezernat 9 des Beklagten. Er ist anlässlich seiner Einstellung nach dem Gesetz über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen ua. auf die Strafvorschrift § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) hingewiesen worden.
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Am 16. August 2006 führte Herr B - ein Mitarbeiter des Beklagten - ein Personalgespräch mit dem Kläger. Der Kläger zeichnete dieses Gespräch ohne Einwilligung seines Gesprächspartners auf. Im Anschluss daran schnitt er heimlich zwei weitere Personalgespräche mit. Das Aufnahmegerät hatte er sich von einem damaligen Kollegen geliehen. Er gab es diesem, ohne die Mitschnitte gelöscht zu haben, zurück. Der Kollege zeichnete im Mai 2008 ebenfalls drei Gespräche im Betrieb heimlich auf.
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Am 9. Februar 2010 ging beim Beklagten ein Schreiben der Staatsanwaltschaft ein. Diese teilte mit, im Zusammenhang mit einem gegen den betreffenden Kollegen des Klägers geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren seien Audiodateien beschlagnahmt worden. Der Beklagte beantragte Akteneinsicht, die er bis zum 2. März 2010 erhielt. Eine Anhörung der Dateien gestattete die Staatsanwaltschaft nur den von den Aufzeichnungen betroffenen Mitarbeitern. Herr B hörte die Aufzeichnungen am 24. März 2010 an und unterrichtete den Beklagten über deren Inhalt.
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Mit Schreiben vom 25. März 2010 lud der Beklagte den Kläger zu einer Anhörung am 30. März 2010. Der Kläger hielt die Äußerungsfrist für zu kurz bemessen. Der Beklagte räumte ihm daraufhin eine Frist zur Stellungnahme bis zum 6. April 2010, 9:00 Uhr, ein. Der Kläger äußerte sich auch bis zu deren Ablauf nicht.
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Der Beklagte beantragte noch am selben Tag sowohl beim örtlichen Personalrat als auch beim Gesamtpersonalrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Der Personalrat erteilte die Zustimmung mit Schreiben vom 8. April 2010, der Gesamtpersonalrat teilte mit Schreiben gleichen Datums mit, gegen die beabsichtigte Kündigung keine Bedenken zu haben.
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Noch am 6. April 2010 hatte der Beklagte auch die Zustimmung des Integrationsamts zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung beantragt. Sie wurde am 19. April 2010 erteilt.
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Mit Schreiben vom 19. April 2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos.
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Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat gemeint, es fehle der Kündigung an einem wichtigen Grund. Er sei jahrelangem schikanösen Verhalten des Behördenleiters ausgesetzt gewesen. Das Aufnahmegerät habe er zur Abwehr möglicher rechtlicher Eingriffe eingesetzt. Zudem leide er an Diabetes mellitus. Dies führe zu Konzentrationsstörungen. Er sei im August 2006 psychosomatisch erkrankt und nicht in der Lage gewesen, einem Gespräch länger als eine Viertelstunde zu folgen. Die Aufzeichnung habe er auch wegen seiner Konzentrationsstörungen vorgenommen. Den Gesprächsmitschnitt habe er nachträglich abgehört, keine rechtlich relevanten Eingriffe festgestellt und das Gerät dem Kollegen mit der Bitte zurückgegeben, den Inhalt zu löschen. Dazu sei er selbst nicht in der Lage gewesen. Der Kollege habe die Löschung zugesichert, jedoch nicht vorgenommen. Von den Tonbandmitschnitten des Kollegen habe er erst im Nachhinein erfahren und hierüber aus Datenschutzgründen Stillschweigen bewahrt. Der Kollege sei ebenfalls schwerbehindert und er, der Kläger, zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen. Der Kläger hat zudem die Ansicht vertreten, der Beklagte habe die Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB, § 91 Abs. 5 SGB IX nicht gewahrt. Auch sei die Beteiligung des Integrationsamts nicht ordnungsgemäß gewesen. Im Übrigen fehle es an der nach § 96 Abs. 3 SGB IX erforderlichen Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung. Der Kläger hat ferner die Erteilung eines Zwischenzeugnisses sowie seine vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt.
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Er hat zuletzt beantragt
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1.
festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 19. April 2010 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen und ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen.
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen rechtlichen Gesichtspunkten wirksam. Der Kläger habe am 16. August 2006 heimlich drei dienstliche Gespräche aufgenommen. Aus den Mitschnitten des Kollegen ergebe sich, dass der Kläger auch von dessen Aufzeichnungen am 6., 14. und 21. Mai 2008 gewusst habe. An diesen Gesprächen sei er als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beteiligt gewesen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung vom 19. April 2010 zu Recht als wirksam angesehen (I.). Die Anträge auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses und vorläufige Weiterbeschäftigung sind dem Senat als uneigentliche Hilfsanträge nicht mehr zur Entscheidung angefallen (II.).
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I. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht die außerordentliche, fristlose Kündigung des Beklagten vom 19. April 2010 für wirksam erachtet.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Kündigung habe nicht gem. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung bedurft.
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a) Nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX besitzen die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungsschutz wie ein Mitglied des Betriebs- oder Personalrats. Für die Vertrauenspersonen gilt damit § 15 KSchG iVm. § 103 BetrVG bzw. den maßgeblichen personalvertretungsrechtlichen Vorschriften entsprechend. Dies wird ganz überwiegend dahin verstanden, dass die Vertrauenspersonen ebenfalls nur aus wichtigem Grund und nur mit Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats gekündigt werden können (vgl. BAG 11. Mai 2000 - 2 AZR 276/99 - BAGE 94, 313; 23. Juni 1993 - 2 ABR 58/92 - AP ArbGG 1979 § 83a Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 103 Nr. 34; BVerwG 25. Februar 2004 - 6 P 12.03 - zu II 1 c der Gründe, AP BPersVG § 47 Nr. 4; Kittner/Däubler/Zwanziger-Deinert 8. Aufl. § 15 KSchG Rn. 15 und § 103 BetrVG Rn. 11; Fitting 26. Aufl. § 103 Rn. 6; ErfK/Kiel 12. Aufl. § 15 KSchG Rn. 9; Knittel SGB IX 6. Aufl. § 96 Rn. 42; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 178 Rn. 85; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 3. Aufl. § 96 Rn. 13; Laber ArbRB 2010, 342, 344; APS/Linck 4. Aufl. § 15 KSchG Rn. 59, 60; HaKo/Nägele-Berkner 4. Aufl. § 15 Rn. 31; Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 96 Rn. 5; HWK/Quecke 5. Aufl. § 15 KSchG Rn. 16; Cramer/Ritz/F. Dopatka SGB IX 6. Aufl. § 96 Rn. 8; Thüsing in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 103 Rn. 11; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 15 Rn. 33).
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b) Zum Teil wird in jüngerer Zeit angenommen, nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX seien § 15 KSchG und § 103 BetrVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass nicht die vorherige Zustimmung des Betriebsrats, sondern die der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sei (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - LAGE SGB IX § 96 Nr. 2 mit zust. Anm. Grimme AiB 2011, 555; Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 96 Rn. 60, 61; Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX § 96 Rn. 10; unklar: DKKW/Bachner BetrVG 13. Aufl. § 103 Rn. 11). Andernfalls werde der Eigenständigkeit dieses Organs nicht ausreichend Rechnung getragen (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - Rn. 58, aaO; Düwell in LPK-SGB IX § 96 Rn. 61). Sinn der maßgeblichen Schutznorm sei es, die Vertretung, die ein Mitglied verlieren solle, selbst über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung entscheiden zu lassen (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - Rn. 61, aaO; Düwell in LPK-SGB IX aaO). Solle einer Vertrauensperson gekündigt werden, so könne der Betriebsrat die Frage, ob der Kündigungsgrund mit ihrer Amtstätigkeit im Zusammenhang stehe, nicht aus eigener Kenntnis beantworten. Hinzu komme, dass in manchen Betrieben zwar eine Schwerbehindertenvertretung, aber kein Betriebsrat vorhanden sei (Düwell in LPK-SGB IX aaO). Sinn und Zweck des in § 103 Abs. 1 BetrVG aufgestellten Zustimmungserfordernisses sei nicht nur der Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers, sondern zu verhindern, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit und in der Kontinuität seiner Amtsführung beeinträchtigt werde. Dieses Ziel sei nur dann effektiv zu erreichen, wenn das jeweils betroffene Gremium selbst - ggf. also die Schwerbehindertenvertretung - über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung entscheide (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - Rn. 61, aaO). Bei der Schwerbehindertenvertretung handele es sich um eine eigenständige Interessenvertretung der von ihr repräsentierten Menschen. Sie habe andere Aufgaben als der Betriebsrat (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - Rn. 66, aaO). Zwischen der Schwerbehindertenvertretung und dem Betriebsrat könne es Auseinandersetzungen über die angemessene Berücksichtigung der Belange schwerbehinderter Menschen geben. Daher sei es allein sachgerecht, in Ausfüllung des in § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX verwandten Rechtsbegriffs „gleiche persönliche Rechtsstellung“ die Schwerbehindertenvertretung und nicht den Betriebsrat über den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Mitglieds entscheiden zu lassen (LAG Hamm 21. Januar 2011 - 13 TaBV 72/10 - Rn. 67, aaO).
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c) Die zuletzt dargestellte Ansicht überzeugt nicht. Zutreffend ist die zuerst genannte Auffassung. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bedarf nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX iVm. § 103 BetrVG bzw. den jeweiligen personalvertretungsrechtlichen Vorschriften der Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats. Der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung bedarf sie nicht.
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aa) Schon nach dem Wortlaut von § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist dieses Verständnis das näher liegende. Die Regelung bestimmt, dass die Vertrauenspersonen die „gleiche persönliche Rechtsstellung“ wie Mitglieder des Betriebs- oder Personalrats besitzen. Sie enthält damit eine Rechtsfolgenverweisung. Es wird der Anwendungsbereich von § 15 KSchG und § 103 BetrVG bzw. den entsprechenden personalvertretungsrechtlichen Regelungen auf die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen erstreckt. Die Bestimmung des § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ordnet dagegen nicht etwa eine „entsprechende Anwendung“ der Regelungen über den Sonderkündigungsschutz für Betriebs- oder Personalratsmitglieder an. Zwar wäre vom Wortsinn wohl auch diese Auslegung noch umfasst: Eine „gleiche“ muss nicht eine „identische“ Rechtsstellung bedeuten. Dennoch legt die Anordnung der „gleichen persönlichen Rechtsstellung“ eine Gleichbehandlung auch in Verfahrensfragen nahe.
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bb) Der Entstehungsgeschichte des Kündigungsschutzes für die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen lassen sich ebenfalls keine eindeutigen Hinweise für die Auslegung entnehmen. Auch sie spricht aber eher für das hier vertretene Verständnis.
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(1) Bei der Einführung des besonderen Kündigungsschutzes für den Vertrauensmann der Schwerbeschädigten im Jahre 1961 ging es zunächst nur um den Ausschluss der ordentlichen Kündigung (vgl. Gröninger SchwbeschG Neubearbeitung 1962 § 13 Anm. 8 Buchst. a). Zu diesem Zeitpunkt bestand der Kündigungsschutz für Betriebs- und Personalratsratsmitglieder allein darin, dass ihnen gegenüber die ordentliche Kündigung - grundsätzlich - ausgeschlossen war (§ 13 KSchG 1951, § 59 Abs. 2 PersVG 1955). Das zusätzliche Zustimmungserfordernis gem. § 103 BetrVG iVm. § 15 KSchG gilt erst seit Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 (BGBl. I S. 13). Im Personalvertretungsrecht wurde es durch § 47 Abs. 1, § 108 Abs. 1 BPersVG 1974 (BGBl. I S. 693) eingeführt.
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(2) Die Regelung über die „gleiche“ Rechtsstellung der Vertrauensleute ist im Wesentlichen unverändert zunächst in das Schwerbehindertengesetz, dort zuletzt in § 26 Abs. 3 SchwbG, und sodann in das Sozialgesetzbuch Band IX übernommen worden. Bei der Reform der Betriebsverfassung 1972 wurden die Konsequenzen des mit § 103 BetrVG eingeführten Zustimmungserfordernisses für den Kündigungsschutz der Schwerbehindertenvertretung nicht erörtert (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. VI/1786 S. 53; Ausschussbericht BT-Drucks. VI/2729 S. 47). Auch sonst lassen sich den Gesetzesmaterialien keine Hinweise darauf entnehmen, welche Bedeutung das für Betriebsratsmitglieder geltende Zustimmungserfordernis für die vorgesehene „gleiche“ kündigungsschutzrechtliche Stellung der Vertrauensleute der Schwerbehinderten haben sollte (vgl. die Entwurfsbegründung von 1973 zu einem Schwerbehindertengesetz, dort noch zu § 19e Abs. 3 des Entwurfs, BT-Drucks. 7/656 S. 32 f.).
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(3) Es gibt deshalb auch keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dem Erfordernis einer Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats bei Betriebs- bzw. Personalratsmitgliedern entspreche es bei den Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen, dass die Schwerbehindertenvertretung zustimmen müsse. Stattdessen hat der Gesetzgeber noch bei Verabschiedung des Sozialgesetzbuchs Band IX im Jahre 2001 an der bisherigen Formulierung festgehalten, obwohl die höchstrichterliche Rechtsprechung stets angenommen hatte, aus ihr folge, dass auch der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen der Betriebs- bzw. Personalrat zustimmen müsse und nicht die Schwerbehindertenvertretung (vgl. BAG 23. Juni 1993 - 2 ABR 58/92 - AP ArbGG 1979 § 83a Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 103 Nr. 34; 11. Mai 2000 - 2 AZR 276/99 - BAGE 94, 313). In der Begründung des Gesetzentwurfs zu den §§ 93 bis 100 SGB IX heißt es lediglich, die Regelungen übertrügen inhaltsgleich die bisherigen §§ 23 bis 29 des Schwerbehindertengesetzes (BT-Drucks. 14/5074 S. 113).
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cc) Sinn und Zweck des besonderen Kündigungsschutzes stehen dem Verständnis der Rechtsprechung nicht entgegen.
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(1) Durch eine Stärkung seiner Stellung sollte die Unabhängigkeit des Vertrauensmanns der Schwerbeschädigten gegenüber dem Arbeitgeber gefördert werden (BT-Drucks. 3/1256 S. 18; BT-Drucks. 3/2701 S. 3). Der Vertrauensmann könne in die Lage kommen, zB aus Anlass der Kündigung eines Schwerbeschädigten eine andere Auffassung einnehmen zu müssen als sein Arbeitgeber (BT-Drucks. 3/1256 aaO). Mögliche Interessenkonflikte im Verhältnis zu Betriebs- oder Personalrat waren nicht Gegenstand der Überlegungen.
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(2) Soweit das Zustimmungserfordernis gem. § 103 BetrVG neben dem Schutz des jeweils betroffenen Amtsträgers auch bezweckt zu verhindern, dass ein demokratisch gewähltes Gremium durch den Verlust einzelner Mitglieder in seiner Funktionsfähigkeit und in der Kontinuität seiner Amtsführung beeinträchtigt wird (vgl. BAG 17. März 2005 - 2 AZR 275/04 - AP BetrVG 1972 § 27 Nr. 6 = EzA BetrVG 2001 § 28 Nr. 1; 4. März 2004 - 2 AZR 147/03 - BAGE 110, 1), ergibt sich daraus nicht, dass nicht dem Betriebs- bzw. Personalrat die Wahrnehmung dieser Interessen auch bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen übertragen sein soll.
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(a) Ein möglicher Interessenkonflikt zwischen Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung spricht nicht notwendig für eine Zuständigkeit der Schwerbehindertenvertretung. Zu Interessenkonflikten kann es ebenso gut zwischen der Vertrauensperson und ihrem Stellvertreter kommen. Umgekehrt kann es gerade interessengerecht sein, dem alle Arbeitnehmer vertretenden und typischerweise größeren Gremium des Betriebs- bzw. Personalrats die Verantwortung für die Entscheidung über eine Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Vertrauensperson der Schwerbehinderten zu übertragen. Sollte eine Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sein, müsste darüber das in seiner Stellung unmittelbar selbst betroffene - bei mehreren Stellvertretern erste - stellvertretende Mitglied (vgl. zur Zusammensetzung der Schwerbehindertenvertretung: § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) entscheiden. Die Vertrauensperson wäre nach allgemeinen Grundsätzen rechtlich verhindert.
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(b) Die erforderliche Kenntnis von den Hintergründen der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung kann sich der Betriebsrat sowohl durch eine Anhörung der Vertrauensperson selbst verschaffen als auch durch eine Beteiligung des stellvertretenden Mitglieds gem. § 95 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, § 32 BetrVG an der Sitzung, in welcher über den Zustimmungsantrag beraten wird.
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(c) Der Gesichtspunkt, es solle jeweils das demokratisch gewählte Gremium selbst über die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines seiner Mitglieder entscheiden, rechtfertigt keine andere Auslegung. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX lässt sich gerade nicht hinreichend sicher entnehmen, es habe unter diesem Aspekt das Erfordernis einer Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung und nicht des Betriebs- bzw. Personalrats geregelt werden sollen. Auch für deren Zuständigkeit lassen sich vielmehr gewichtige Gründe anführen. So obliegt dem Betriebs- bzw. Personalrat die Vertretung der Interessen aller Beschäftigten, während die Schwerbehindertenvertretung ausschließlich die Interessen der schwerbehinderten Arbeitnehmer vertritt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen kann aber die Interessen der gesamten Belegschaft betreffen. Auch mag der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen haben, ein doppeltes Zustimmungserfordernis für den Fall zu schaffen, dass eine Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen zugleich Mitglied des Betriebs- oder Personalrats ist.
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(d) Eine Schutzlücke für den Fall, dass in einem Betrieb zwar eine Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen, aber kein Betriebsrat gewählt ist, besteht nicht. Die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung setzt nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraus, dass im Betrieb wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind. Damit ist zugleich die erforderliche Betriebsgröße für die Wahl eines Betriebsrats von gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mindestens fünf Arbeitnehmern erreicht. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass eine Initiative zur Bestellung eines Wahlvorstands für eine Betriebsratswahl allein von den schwerbehinderten Beschäftigten ausgehen kann (vgl. § 17 Abs. 3 und 4, § 17a Nr. 3 und 4 BetrVG). Sollte dennoch kein Betriebsrat gewählt worden sein, ist zu bedenken, ob nicht entsprechend § 103 Abs. 2 BetrVG der Arbeitgeber die Erteilung der Zustimmung zur Kündigung unmittelbar beim Arbeitsgericht beantragen muss - ebenso wie bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Wahlvorstandsmitglieds oder Wahlbewerbers, wenn noch kein Betriebsrat gebildet ist (dazu BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 637/76 - zu C I 1 der Gründe, BAGE 30, 320; 12. August 1976 - 2 AZR 303/75 - BAGE 28, 152). Das gleiche Problem bestünde im Übrigen für die Gegenauffassung, wenn kein stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung gewählt wäre.
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dd) Entscheidend für die zutreffende Auslegung von § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX sind systematische Erwägungen. Den Regelungen der §§ 94 ff. SGB IX insgesamt lässt sich an keiner Stelle ein Hinweis darauf entnehmen, auf die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Vertrauensperson der Schwerbehinderten seien § 103 BetrVG bzw. die entsprechenden personalvertretungsrechtlichen Vorschriften lediglich sinngemäß anzuwenden, sodass ihr nicht der Betriebs- oder Personalrat, sondern die Schwerbehindertenvertretung, dh. praktisch deren - ggf. erstes - stellvertretendes Mitglied, zustimmen müsse. Es gibt schlechthin keinen Anhaltspunkt für die Annahme, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX wolle die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen mit der Anordnung der „gleichen persönlichen Rechtsstellung“ nicht nur gleichsam in die Aufzählung der geschützten Personen in § 15 Abs. 1, Abs. 2 KSchG aufnehmen, sondern kündigungsrechtlich - gerade ungleich diesen - einem eigenständigen Gremium unterstellen. Hinweise gibt es für das Gegenteil.
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(1) So ist eine Vertretung der Vertrauensperson durch das stellvertretende Mitglied wegen Betroffenheit in eigener Sache im Gesetz gar nicht vorgesehen. Anders als § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG für die Vertretung eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds durch ein Ersatzmitglied spricht § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht allgemein von „zeitweiliger Verhinderung“, sondern nur von der Verhinderung der Vertrauensperson „durch Abwesenheit oder Wahrnehmung anderer Aufgaben“.
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(2) Eine Zuständigkeit der Schwerbehindertenvertretung, über die Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Vertrauensperson zu entscheiden, würde ersichtlich aus dem Rahmen der ihr sonst übertragenen Aufgaben fallen. Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung bestehen nach § 95 Abs. 1 SGB IX in der Förderung der Eingliederung sowie der Beratung und Unterstützung schwerbehinderter Menschen. Sie hat zwar gem. § 95 Abs. 2 SGB IX Unterrichtungs-, Anhörungs- und Einsichtsrechte sowie nach § 95 Abs. 4 SGB IX, § 32 BetrVG das Recht, beratend an den Sitzungen des Betriebs- oder Personalrats und von dessen Ausschüssen teilzunehmen, und kann ggf. beantragen, einen Beschluss des Betriebs- oder Personalrats auszusetzen. Sie verfügt aber nicht über eigene Mitbestimmungsrechte.
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(3) Im Übrigen fehlte es an einer Bestimmung des Rechtswegs für ein mögliches Zustimmungsersetzungsverfahren des Arbeitgebers. § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG sieht eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen lediglich für „Angelegenheiten aus den §§ 94, 95 und 139“ des SGB IX vor. Angelegenheiten nach § 96 Abs. 3 SGB IX sind nicht genannt.
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d) Danach bedurfte die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers keiner Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung.
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2. Unter Bezugnahme auf das arbeitsgerichtliche Urteil hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, die nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX iVm. § 43 LPVG-NW erforderliche Zustimmung des Personalrats habe bei Ausspruch der Kündigung vorgelegen. Dagegen erhebt der Kläger mit der Revision keine Einwände.
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3. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht entschieden, die außerordentliche Kündigung vom 19. April 2010 beruhe auf einem wichtigen Grund iSv. § 15 Abs. 2 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB.
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a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).
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b) Stützt der Arbeitgeber den wichtigen Grund iSv. § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB bei einem Betriebsratsmitglied auf dessen Verhalten, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Ist einem Betriebsratsmitglied dagegen ausschließlich eine Verletzung seiner Amtspflichten vorzuwerfen, ist nur ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG möglich. Ein Verhalten verletzt ausschließlich Amtspflichten, wenn das Betriebsratsmitglied lediglich „kollektivrechtliche“ Pflichten verletzt hat. Verstößt es sowohl gegen solche als auch gegen eine für alle Arbeitnehmer gleichermaßen geltende vertragliche Pflicht, liegt - jedenfalls auch - eine Vertragspflichtverletzung vor (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 15 f., AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 30 f., AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64). Diese Grundsätze gelten gem. § 96 Abs. 3 SGB IX entsprechend für eine auf Gründe im Verhalten einer Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gestützte außerordentliche Kündigung.
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c) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, das Verhalten des Klägers rechtfertige „an sich“ eine außerordentliche Kündigung. Der Kläger hat am 16. August 2006 heimlich ein zwischen ihm und Herrn B geführtes Personalgespräch aufgezeichnet. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an (vgl. § 201 StGB). Maßgeblich ist die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der dem Kläger nach § 241 Abs. 2 BGB obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Beklagten. Dieser hat seine Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch im Hinblick auf die Vertraulichkeit des Wortes zu schützen. Das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen darf - auch im Betrieb - nicht heimlich mitgeschnitten werden. Die Amtspflichten des Klägers als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen waren insoweit ohne Bedeutung. Der Kläger war an dem Gespräch nicht in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson beteiligt. Soweit er am 16. August 2006 zwei weitere Personalgespräche aufgezeichnet hat, an denen er nach dem Vorbringen des Beklagten nunmehr in dieser Eigenschaft beteiligt war, hat er damit jedenfalls auch eine alle Arbeitnehmer treffende Pflicht und erneut nicht ausschließlich seine Amtspflichten verletzt. Dies gilt gleichermaßen, soweit er nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts im Mai 2008 an Aufzeichnungen von Personalgesprächen durch seinen Kollegen beteiligt war.
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d) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die außerordentliche Kündigung sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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aa) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349).
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bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können zu berücksichtigen sein ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04 - zu B II 3 b aa der Gründe , AP BGB § 626 Nr. 191 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 7). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind ( BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33).
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cc) Für die Beurteilung, ob Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber iSv. § 15 Abs. 1, Abs. 2 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigen, ist auf die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen. Ist eine Weiterbeschäftigung bis dahin zumutbar, ist die Kündigung unwirksam (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67).
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dd) Dem Berufungsgericht kommt bei der im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft, ob es Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 29, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349).
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ee) Danach ist die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe seine Pflichten vorsätzlich und schwerwiegend verletzt. Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe seien nicht ersichtlich. Die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die es ihm nicht erlaubt hätten, sich länger als 15 Minuten zu konzentrieren, hätten allenfalls dazu führen können, die Gesprächsteilnehmer um ihr Einverständnis mit einer Aufzeichnung der Gespräche zu bitten oder sich handschriftliche Aufzeichnungen zu machen. Dass der Kläger stattdessen die Gespräche heimlich mitgeschnitten habe, lasse nur den Schluss zu, dass er sie ggf. für eigene Zwecke gegen Mitarbeiter des Beklagten oder gegen diesen selbst habe verwenden wollen. Die Schwere des Vertragsverstoßes mache eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich. Der Kläger habe erkennen müssen, dass sein Verhalten für den Beklagten schon erstmalig nicht hinnehmbar sei. Das Vertrauen in seine Gutwilligkeit, Loyalität und Redlichkeit sei ernsthaft und unwiederbringlich gestört. Dem Kläger sei nicht nur eine einmalige Vertragsverletzung vorzuwerfen. Er habe am 16. August 2006 drei verschiedene Personalgespräche aufgezeichnet und außerdem das Aufzeichnungsgerät mit den Aufnahmen seinem Kollegen ausgehändigt. Darüber hinaus habe er zumindest von zwei heimlichen Aufnahmen, die der Kollege im Mai 2008 gefertigt habe, noch während der Mitschnitte Kenntnis erlangt. Er sei dadurch auch an diesen beteiligt gewesen. Wegen der Schwere der Pflichtverletzungen sei dem Beklagten eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen. Weder die Dauer des Arbeitsverhältnisses noch das Lebensalter des Klägers, die von ihm aufgezeigten persönlichen Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und seine Unterhaltspflichten könnten ein anderes Ergebnis rechtfertigen.
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(2) Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei Begründung des Arbeitsverhältnisses auf die Bestimmung des § 201 StGB ausdrücklich hingewiesen worden ist. Seinen Einwand, er habe das mit ihm geführte Personalgespräch zur Abwehr möglicher rechtlicher Eingriffe mitgeschnitten, durfte das Landesarbeitsgericht mit der zutreffenden Begründung als unbeachtlich ansehen, dass die befürchteten Eingriffe „im Nebulösen“ verblieben seien. Der Kläger erhebt dagegen keine beachtliche Verfahrensrüge. Soweit er geltend macht, er habe von Anfang an eine Kenntnis von den Tonbandmitschnitten seines Kollegen bestritten, ist seine Verfahrensrüge unzulässig. Der Kläger legt nicht dar, an welcher Stelle welchen Schriftsatzes er dies vorgebracht haben will. Die Rüge ist überdies unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Bestreiten des Klägers nicht übergangen, sondern mangels hinreichender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beklagten als unbeachtlich angesehen. Dies hält sich im Rahmen tatrichterlicher Würdigung.
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(3) Das Landesarbeitsgericht hat den Prüfungsmaßstab für die Annahme eines wichtigen Grundes nicht verkannt. Es hat mit Blick auf den Ausschluss der ordentlichen Kündigung gem. § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX, § 15 Abs. 1, Abs. 2 KSchG zu Recht auf die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist abgestellt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht in die Würdigung Pflichtverletzungen des Klägers im Rahmen von Situationen einbezogen hat, in die dieser nur als Vertrauensperson der Schwerbehinderten geraten konnte. In seinem Verhalten liegt zugleich eine Vertragspflichtverletzung. Soweit an den wichtigen Grund in diesem Fall ein „strengerer“ Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67; 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64), durfte das Landesarbeitsgericht die Grenze auch angesichts dessen als überschritten ansehen. Der Kläger hat durch die Aufzeichnung des mit ihm selbst geführten Personalgesprächs seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten ganz ohne Amtsbezug verletzt. Er ist deshalb gerade nicht allein durch die Ausübung seines Amts als Vertrauensperson der Schwerbehinderten in Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten geraten (lediglich die Beachtung dieses Gesichtspunkts im Rahmen der Interessenabwägung ist gemeint, wenn für diese Fälle auf einen „strengeren“ Maßstab verwiesen wird; vgl. dazu BAG 25. Mai 1982 - 7 AZR 155/80 - zu II 1 a der Gründe). Der Kläger hat die Personalgespräche zudem zu eigenen Zwecken und damit nicht einmal im Hinblick auf sein Amt mitgeschnitten.
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(4) Das Landesarbeitsgericht hat den Umstand, dass die vom Kläger selbst getätigten Mitschnitte im Kündigungszeitpunkt schon einige Jahre zurücklagen, nicht entscheidend zu seinen Gunsten gewürdigt. Dies ist angesichts der Schwere und Häufigkeit der Pflichtverletzungen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. In Bezug auf die Aufzeichnung von Personalgesprächen durch einen Kollegen hat das Landesarbeitsgericht dem Kläger nicht nur die Verletzung möglicher - nach dessen Auffassung nicht bestehender - Offenbarungspflicht vorgehalten. Es ist vielmehr mit dem Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, aus dem Inhalt der Aufzeichnungen ergebe sich, dass der Kläger diese bewusst habe geschehen lassen und auch in der Folge nicht unterbunden habe. Das spreche für seine Beteiligung und Komplizenschaft.
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(5) Dem vom Kläger angeführten Arbeitsplatzkonflikt, der Anlass für das Personalgespräch am 16. August 2006 gewesen sei, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht ebenfalls keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Es hat sich durch Bezugnahme auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts die Auffassung zu eigen gemacht, der Kläger habe eine Mitverursachung seines Fehlverhaltens durch den Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ein möglicher Konflikt im Zusammenhang mit einer geplanten Versetzung vermag das Verhalten des Klägers nicht zu entschuldigen. Dass und in welcher Weise der Beklagte etwa in unziemlicher Weise gegen ihn vorgegangen wäre, hat er nicht vorgetragen.
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4. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB iVm. § 91 Abs. 2 SGB IX sei eingehalten. Die Frist hat erst am 6. April 2010 zu laufen begonnen. Sie ist durch die Kündigung vom 19. April 2010 gewahrt. Der Beklagte hat alles Gebotene zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen und hierfür die dem Kläger eingeräumte Stellungnahmefrist auf dessen Wunsch bis zum 6. April 2010 verlängern dürfen.
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5. Die erforderliche Zustimmung des Integrationsamts lag bei Ausspruch der Kündigung vor.
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II. Die Anträge auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses und vorläufige Weiterbeschäftigung sind dem Senat als uneigentliche Hilfsanträge nicht zur Entscheidung angefallen. Letzterer ist überdies nur auf eine Beschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtet; dieser ist mit der Entscheidung über den Feststellungsantrag rechtskräftig abgeschlossen.
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III. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.
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Kreft
Rinck
Rachor
A. Claes
Sieg
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