Beschluss vom Bundesarbeitsgericht (7. Senat) - 7 ABR 56/11
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. April 2011 - 8 TaBV 90/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Der zu 1. beteiligte Betriebsrat macht geltend, die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin sei verpflichtet, die von ihm verweigerte Zustimmung zur Umgruppierung des Arbeitnehmers P gerichtlich ersetzen zu lassen.
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Die Arbeitgeberin betreibt ein Dienstleistungsunternehmen, das auf dem Gebiet der Beratung im Bereich Unternehmensplanung, EDV und Software sowie Herstellung und Vertrieb von Soft- und Hardwareprodukten aller Art tätig ist. Zum 1. März 2008 übernahm sie einen in D gelegenen Betriebsteil der N S N (künftig: NSN). Die NSN ist Rechtsnachfolgerin der N GmbH. Die Arbeitsverhältnisse der in dem Betriebsteil beschäftigten 102 Mitarbeiter gingen nach § 613a BGB auf die Arbeitgeberin über. Die übernommene Einheit wurde von der Arbeitgeberin als eigenständiger Betrieb unter der Bezeichnung DC D fortgeführt. Für ihn ist der antragstellende Betriebsrat gewählt. Bei der NSN galt im Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs ein Anerkennungstarifvertrag. Sie wandte die Tarifverträge der Metallindustrie in ihrer jeweiligen Fassung an, darunter das Gehaltsrahmenabkommen für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 19. Februar 1975 (künftig: GRA) sowie das für diese Branche geltende Gehaltsabkommen über die Tarifgehälter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 8. Mai 2007 (künftig: GA). Die Arbeitgeberin ist nicht tarifgebunden.
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Zu den von der Arbeitgeberin übernommenen Arbeitnehmern gehörte auch der Mitarbeiter P. Die N GmbH hatte diesen zum 1. November 2005 als Software Design Engineer eingestellt. Im Arbeitsvertrag vom 19. September 2005 war als Vergütung „gemäß des Gehaltsabkommens der Metall- und Elektroindustrie NRW ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von: Tarifgehalt TG 5.2 3.605,39 €“ sowie die Geltung des „Manteltarifvertrags NRW der Metallindustrie“ vereinbart.
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Ab dem 1. Februar 2010 beschäftigte die Arbeitgeberin den Mitarbeiter P als „Senior Designer“ in einem A-Projekt. Wegen dieser Änderung und Veränderungen bei anderen Arbeitnehmern wandte sie sich an den Betriebsrat. Unter dem 6. April 2010 richtete sie - bezogen auf Herrn P - ein mit „Zustimmungsersuchen/Vertragsänderung“ überschriebenes, per E-Mail übersandtes Formular an den Betriebsrat. Der E-Mail war als Anlage die Aufgabenbeschreibung der neuen Tätigkeit als „Senior Designer“ beigefügt. Das Formular „Zustimmungsersuchen/Vertragsänderung“ verfügt über mehrere Spalten. In dem Formular heißt es ua.:
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„...
Alt /old:
Neu /new:
Funktion/Position
Designer
Senior Designer
Business Unit
DC
DC
Projekt + WON/SWON
Proj.: NSN
Proj.: A
Project + WON/SWON
WON/SWON:
WON/SWON:
Direkter Vorgesetzter / Direct Superior
Z
B
Dienstsitz/Location
D
D
Jobgrade/Tarifgruppe
JG: 7
JG: 8
Job grade / Group in collective agreement
TG: 5
TG: 5
Monatsgehalt/ Salary per month:
Grundgehalt / Base pay:
€
€
Feste ERA-Zulage / Fixed ERA bonus:
€
€
Leistungszulage / Perf. bonus:
% = 0,00 €
% = 0,00 €
AT-Zulage / Extra payment:
€
€
Summe / Total:
0,00 €
0,00 €
...“
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Mit E-Mail vom 13. April 2010, die eine Stellungnahme des Betriebsrats zu mehreren personellen Einzelmaßnahmen für A enthielt, teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin ua. Folgendes mit:
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„…
Vorgesehene Vertragsänderungen:
…
R P - Designer -> Senior Designer:
Bitte Gehaltsangaben nachreichen;
TG 5 erachten wir als zu niedrig für die Arbeit als Senior Designer. Wir widersprechen der Eingruppierung und stimmen der Versetzung zu.
...“
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Hierauf antwortete die Arbeitgeberin mit E-Mail vom 11. Mai 2010:
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„…
hier das um das Gehalt ergänzte Template für R.
…“
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Der E-Mail war das bereits unter dem 6. April 2010 an den Betriebsrat versandte Formular „Zustimmungsersuchen/Vertragsänderung“ beigefügt, allerdings ergänzt um bezifferte Angaben zur Zusammensetzung und Höhe des Gehalts des betroffenen Arbeitnehmers.
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Mit E-Mail vom 28. Mai 2010 bedankte sich der Betriebsrat für die nachträglichen Informationen und erklärte, er nehme die Versetzung positiv zur Kenntnis, sei aber mit der Eingruppierung aufgrund der erhöhten Anforderungen der Stelle nicht einverstanden. Mit Schreiben vom 9. Juni 2010 nahm der Betriebsrat Bezug auf seine Stellungnahmen vom 13. April und 28. Mai 2010 und teilte der Arbeitgeberin unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 13. April 2010 erneut mit, dass er der Versetzung des Mitarbeiters P zustimme, jedoch nicht der Eingruppierung in die Tarifstufe T 5. Er forderte die Arbeitgeberin auf, den Mitarbeiter P in die Gehaltsgruppe T 6 einzugruppieren. Die Arbeitgeberin reagierte nicht.
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Daraufhin hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen. Das Formular vom 6. April 2010 enthalte ein Zustimmungsgesuch der Arbeitgeberin zur Eingruppierung des betroffenen Arbeitnehmers in die Tarifgruppe T 5. Diese Zustimmung habe der Betriebsrat auch fristgerecht mit E-Mail vom 13. April 2010 verweigert. Auf weiteren Schriftverkehr komme es nicht an. Auf das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters P sei das GRA anzuwenden.
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Nachdem der Betriebsrat zunächst eine Verpflichtung der Arbeitgeberin ausgesprochen haben wollte, das Zustimmungsersetzungsverfahren für eine Eingruppierung des Mitarbeiters P in die Tarifgruppe T 6 einzuleiten, hat er im erstinstanzlichen Anhörungstermin seinen Antrag modifiziert und beantragt,
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die Arbeitgeberin zu verpflichten, das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zur Eingruppierung des Mitarbeiters R P einzuleiten.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
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Sie hat geltend gemacht, sie habe keine Eingruppierung von Herrn P vorgenommen. Dazu sei sie auch nicht verpflichtet, da es an einem Vergütungssystem fehle. Art. 9 Abs. 3 GG und Art. 14 Abs. 1 GG stünden einer Pflicht zur weiteren Anwendung einer vor einem Betriebsübergang geltenden Vergütungsordnung entgegen. Jedenfalls gelte die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des betroffenen Mitarbeiters als erteilt, da der Betriebsrat die ab Zugang des Zustimmungsersuchens vom 11. Mai 2010 laufende Wochenfrist versäumt habe.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin war erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin weiterhin das Ziel der Antragsabweisung, während der Betriebsrat die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde begehrt.
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B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Antrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Der Antrag ist zulässig und begründet. Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen.
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I. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem Betriebsrat geht es darum, die Arbeitgeberin zu verpflichten, gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ein Verfahren einzuleiten, das darauf gerichtet ist, die von ihm verweigerte Zustimmung zu der von der Arbeitgeberin beantragten Umgruppierung des Mitarbeiters P in die Tarifgruppe T 5 des GRA gerichtlich ersetzen zu lassen. Entsprechend haben die Vorinstanzen den Antrag auch verstanden.
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II. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat entsprechend § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zur von ihr beabsichtigten Umgruppierung des Mitarbeiters P nach TG 5 des GRA einleitet.
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1. Nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben.
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a) Bei Ein- und Umgruppierungen ist eine „Aufhebung“ im wörtlichen Sinne nicht möglich (BAG 22. März 1983 - 1 ABR 49/81 - zu B II 3 der Gründe, BAGE 42, 121). Denn die Ein- und Umgruppierung ist kein konstitutiver Akt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht (vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 17, BAGE 138, 39). Eine Rechtsansicht kann man zwar aufgeben, aber nicht aufheben. Das bedeutet aber nicht, dass § 101 BetrVG in Fällen der Eingruppierung unanwendbar wäre. Vielmehr ist die Regelung ihrem Sinn und Zweck entsprechend so auszulegen, dass ihr Ziel auch bei Ein- und Umgruppierungen erreicht wird. Daher kann dem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats gemäß § 101 Satz 1 BetrVG die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufgegeben werden (vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 15 f., aaO; 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 107, 338; 22. März 1983 - 1 ABR 49/81 - aaO). Das Verfahren nach § 101 BetrVG dient dabei der Sicherung des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG, nicht jedoch bereits der Klärung, ob die vom Arbeitgeber vorgesehene Ein- oder Umgruppierung richtig ist. Dies wird vielmehr erst im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG geprüft.
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b) Ein Anspruch des Betriebsrats auf Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG durch den Arbeitgeber setzt in Fällen der Ein- und Umgruppierung eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 19, BAGE 138, 39). Der Arbeitgeber muss außerdem bereits eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen (BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 107, 338) und beim Betriebsrat die Zustimmung zur Ein- oder Umgruppierung beantragt haben. Dieser muss die Zustimmung frist- und formgerecht verweigert haben, da sie andernfalls nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt (vgl. BAG 23. September 2003 - 1 ABR 35/02 - aaO).
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2. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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a) Im Betrieb DC D der Arbeitgeberin gilt eine Vergütungsordnung.
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aa) Eine Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen worden sein (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 20, BAGE 138, 39). Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf den Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Ist das der Fall, ist der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, eine Ein- oder Umgruppierung vorzunehmen und hieran den Betriebsrat zu beteiligen (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 21, aaO unter Fortentwicklung der früheren Rechtsprechung; 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 29, BAGE 139, 332). Wie bei der Änderung einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kommt es auf die kollektive betriebliche Geltung der Vergütungsordnung an (vgl. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 23, aaO). In einem Betrieb können unterschiedliche Vergütungsordnungen jeweils für bestimmte Teile der Belegschaft gelten (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn. 26).
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bb) Im Betrieb DC D der Arbeitgeberin gilt eine solche Vergütungsordnung. Sie bestand bereits bei der NSN vor dem Betriebsteilübergang. Der Betriebsteilübergang hat daran nichts geändert. Ebenso wenig ist die Vergütungsordnung aus anderen Gründen entfallen.
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(1) Bei der NSN bestand eine kollektive betriebliche Vergütungsordnung. Die tarifgebundene NSN wandte auf ihre Arbeitnehmer die tariflichen Regelungen der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens an.
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(2) An der betriebsverfassungsrechtlichen Geltung der Vergütungsordnung änderte sich durch den Betriebsteilübergang nichts.
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(a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil unter Wahrung seiner bisherigen Identität durch Rechtsgeschäft auf einen Betriebserwerber über, tritt dieser betriebsverfassungsrechtlich an die Stelle des früheren Betriebsinhabers. Mit dem vom Betriebsverfassungsgesetz verwandten Begriff des Arbeitgebers wird der jeweilige Inhaber des Betriebs als Organ der Betriebsverfassung bezeichnet. Der neue Betriebsinhaber ist daher zur Fortführung einer im Betrieb bzw. Betriebsteil bestehenden Vergütungsordnung verpflichtet. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Fortführung in einem neuen Betrieb oder als neuer Betrieb fortgeführten Betriebsteil ohne wesentliche Änderung der bestehenden Organisation erfolgt (vgl. BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 22, 25, BAGE 132, 314). Bei dem Übergang eines Betriebsteils folgt dies aus der Wertung des § 21a BetrVG. Mit der Regelung des Übergangsmandats hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass betriebsverfassungsrechtliche Strukturen auch bei einer Betriebsspaltung grundsätzlich weiter gelten sollen. Das erstreckt sich auch auf die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung zur Beachtung der beim Übergang des Betriebsteils in diesem geltenden Vergütungsordnung (zur normativen Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen nach einem Betriebsteilübergang vgl. BAG 18. September 2002 - 1 ABR 54/01 - BAGE 102, 356; Kreft FS Wißmann S. 347, 352 ff.; Fitting 26. Aufl. § 77 Rn. 174 mwN).
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(b) Die Weitergeltung der betrieblichen Vergütungsordnung nach einem Betriebs- oder Betriebsteilübergang verstößt entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin weder gegen Art. 9 Abs. 3 GG noch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die negative Koalitionsfreiheit schützt den Betriebs(teil)erwerber nicht davor, betriebsverfassungsrechtlich bis auf Weiteres an die im Betrieb geltende - sei es auch tarifliche - Vergütungsordnung gebunden zu sein. Dies gilt schon deshalb, weil aus der betriebsverfassungsrechtlichen Pflicht des Arbeitgebers zur Umgruppierung nicht zwingend ein mit der Eingruppierung korrespondierender Anspruch des Arbeitnehmers folgt (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 26, BAGE 138, 39; vgl. auch 18. Oktober 2011 - 1 ABR 25/10 - Rn. 29, BAGE 139, 332). Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Ein Betriebsteilerwerber kann frei entscheiden, ob er den Betriebsteil mit der darin betriebsverfassungsrechtlich geltenden Vergütungsordnung übernehmen will oder nicht.
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(3) Hier ist der von der Arbeitgeberin übernommene Betriebsteil ohne organisatorische Veränderungen als eigener Betrieb weitergeführt worden. Die Vergütungsordnung galt daher betriebsverfassungsrechtlich fort.
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(4) Dass die Vergütungsordnung beseitigt oder abgelöst worden wäre, ist nicht ersichtlich. Eine Änderung der fortgeltenden Vergütungsordnung hätte der Zustimmung des Betriebsrats bedurft (vgl. BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 22, 30, BAGE 132, 314; 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 23, BAGE 138, 39). Dass eine solche erfolgt wäre, macht die Arbeitgeberin nicht geltend.
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cc) Aufgrund der Zuweisung einer neuen Tätigkeit an den Arbeitnehmer P war die Arbeitgeberin verpflichtet, eine Umgruppierung vorzunehmen (BAG 6. April 2011 - 7 ABR 136/09 - Rn. 20, BAGE 137, 260). Ob die von ihr gegenüber dem Betriebsrat begehrte Umgruppierung des Mitarbeiters P in TG 5 GRA richtig ist, ist erst im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu klären.
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b) Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch des Betriebsrats gegen die Arbeitgeberin, das gerichtliche Verfahren auf Ersetzung der von ihr beantragten Zustimmung des Arbeitnehmers P zur Umgruppierung in die TG 5 GRA durchzuführen, liegen vor.
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aa) In rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Arbeitgeberin mit ihrem „Zustimmungsersuchen“ vom 6. April 2010 auch die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung in die TG 5 GRA beantragt hatte.
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bb) Mit E-Mail vom 13. April 2010 hat sodann der Betriebsrat die Zustimmung innerhalb einer Woche und damit innerhalb der in § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vorgeschriebenen Frist verweigert. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Schriftform, die auch durch Einhaltung der Textform iSd. § 126b BGB gewahrt ist, hat die E-Mail eingehalten. Sie enthält den Namen des handelnden Betriebsratsmitglieds; der Abschluss der Erklärung ist durch eine Grußformel und die Angabe des Namens eindeutig kenntlich gemacht (vgl. BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 29, 36, BAGE 130, 1). Ebenso hat der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung ausreichend im Sinne der gesetzlichen Regelung begründet, indem er ausgeführt hat, der Betriebsrat erachte die „TG 5 … als zu niedrig für die Arbeit als Senior Designer“. Damit hat der Betriebsrat deutlich gemacht, dass er sich auf den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG - Verstoß gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag - beruft (zu den Anforderungen an die Begründung einer Zustimmungsverweigerung: BAG 10. Oktober 2012 - 7 ABR 42/11 - Rn. 50).
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cc) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin wurde durch die erneute Übersendung des Formulars vom 6. April 2010 unter Ergänzung der Gehaltsangaben für den Mitarbeiter P am 11. Mai 2010 die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht erneut in Lauf gesetzt. Der Betriebsrat hatte bereits mit Schreiben vom 13. April 2010 die Zustimmung zur Eingruppierung endgültig verweigert. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls geboten, wenn die Arbeitgeberin von ihrer ursprünglich angenommenen Eingruppierung Abstand genommen und ein Mitbestimmungsverfahren zu einer eigenständigen, neuen personellen Einzelmaßnahme eingeleitet hätte (vgl. BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 54/03 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 113, 102). Das ist aber nicht der Fall. Der Arbeitgeberin ging es weiterhin um die Eingruppierung des Mitarbeiters P in die TG 5 des GRA. Änderungen des Sachverhalts waren nicht eingetreten. Daher ist das Landesarbeitsgericht auch in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 11. Mai 2010 nicht um einen eigenständigen erneuten Zustimmungsantrag handelte.
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c) Da die Arbeitgeberin eine Umgruppierung vorgenommen, die Zustimmung des Betriebsrats hierzu beantragt und dieser sie wirksam verweigert hat, ist sie verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Dass sie nunmehr die Ansicht vertritt, sie sei betriebsverfassungsrechtlich nicht zu einer Umgruppierung verpflichtet, ändert daran nichts. Es ist auch weder behauptet noch ersichtlich, dass der Arbeitnehmer P nicht mehr in die TG 5 GRA eingruppiert wäre.
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Linsenmaier
Schmidt
Zwanziger
Schiller
Glock
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