Urteil vom Bundesarbeitsgericht (6. Senat) - 6 AZR 190/12
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Januar 2012 - 6 Sa 2159/11 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wartezeitkündigung.
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Die Beklagte stellte den Kläger mit Arbeitsvertrag vom 1. Dezember 2010 als chemisch-technischen Assistenten ein. Sie produziert Arzneimittel zur Krebsbehandlung, die intravenös verabreicht werden. Der Kläger sollte im sog. Reinraumbereich eingesetzt werden. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 5. Dezember 2011 befristet, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit galten, innerhalb derer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden konnte. Gemäß Ziff. 12 des Arbeitsvertrags galten die betrieblichen Regelungen, dh. die vom Arbeitgeber erlassenen allgemeinen Festlegungen oder Weisungen sowie die mit dem Betriebsrat getroffenen Vereinbarungen. Der Kläger hat keine Befristungskontrollklage erhoben.
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Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung am 8. Dezember 2010 teilte der Kläger dem Betriebsarzt mit, er sei HIV-infiziert. Der Kläger ist symptomfrei. Er hat einen GdB von 10. Der Betriebsarzt äußerte in dem für eine Tätigkeit im Reinraum auszufüllenden Formular „Aufnahme von Tätigkeiten im GMP-Bereich“ am 14. Dezember 2010 Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers in diesem Bereich. Das Formular ist Teil der „Standard Operating Procedure“ (SOP) der Beklagten, die der Umsetzung des sog. EG-GMP Leitfadens (Leitfaden der Guten Herstellungspraxis) dient. Dabei handelt es sich um Leitlinien der EU-Kommission, die als Anlage 2 zur Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit zu § 2 Nr. 3 der Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft (Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung - AMWHV) vom 27. Oktober 2006 (BAnz S. 6887) veröffentlicht sind. In Ziff. 2.15 des Leitfadens heißt es:
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„Es sollten Vorkehrungen getroffen werden, die, soweit es praktisch möglich ist, sicherstellen, dass in der Arzneimittelherstellung niemand beschäftigt wird, der an einer ansteckenden Krankheit leidet oder offene Verletzungen an unbedeckten Körperstellen aufweist.“
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In einem Gespräch vom 4. Januar 2011, an dem der Kläger, der Betriebsarzt sowie einer der beiden Geschäftsführer der Beklagten teilnahmen, teilte der Betriebsarzt nach Entbindung von seiner ärztlichen Schweigepflicht mit, der Kläger sei HIV-infiziert. Möglichkeiten zur Beschäftigung des Klägers außerhalb des Reinraumbereichs bestanden nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4. Januar 2011 zum 24. Januar 2011.
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Der Kläger hat geltend gemacht, die angegriffene Kündigung diskriminiere ihn, weil seine HIV-Infektion alleiniger Kündigungsgrund sei. Auch eine symptomlose HIV-Infektion führe zu einer Behinderung. Deswegen stehe ihm auch eine Entschädigung zu. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass seine Infektion eine ansteckende Krankheit iSd. GMP-Leitfadens sei. Unter Berücksichtigung des konkreten Herstellungsprozesses und der konkreten Tätigkeit des Klägers hätte unter keinen Umständen, auch nicht bei Schnitt- oder Nadelstichverletzungen, das HI-Virus auf die von der Beklagten hergestellten Medikamente übertragen werden können. Zum Beweis dafür hat sich der Kläger auf ein Sachverständigengutachten bezogen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt
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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen bis zum Ende der Befristung am 5. Dezember 2011 fortbestanden hat und insbesondere nicht durch die Kündigung vom 4. Januar 2011 beendet worden ist;
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2. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Entschädigung in Geld von bis zu drei Bruttomonatsgehältern (6.600,00 Euro) zu zahlen.
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Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Kündigung aus Gründen der Arbeitssicherheit unumgänglich gewesen sei. Der Kläger leide an einer ansteckenden Krankheit im Sinne ihrer SOP. Das und nicht seine HIV-Infektion sei der Kündigungsgrund gewesen. Ob der Kläger sich in fachärztlicher Behandlung befinde und engmaschig überwacht werde, könne sie nicht überprüfen. Zudem könne der Kläger jederzeit die sichere Behandlung abbrechen, ohne sie informieren zu müssen. Ihre Endabnehmer seien schwerkranke Patienten, so dass sie eine Abwägung zugunsten der Interessen dieser Patienten getroffen habe. Es könne von ihr nicht verlangt werden, sich dem Risiko von Schadensersatzansprüchen, eines drohenden Lizenzverlustes und der Verhängung von Ordnungswidrigkeitsstrafen auszusetzen, um an einem objektiv nicht geeigneten Arbeitnehmer festhalten zu können. Setze sie einen HIV-Positiven in der Medikamentenproduktion ein, komme es zu einer nicht hinnehmbaren Rufschädigung.
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Die Vorinstanzen haben - soweit für die Revision von Interesse - die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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A. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Revision den gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO (vgl. zu diesen Anforderungen BAG 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 11). Sie setzt sich mit beiden das angegriffene Urteil selbstständig tragenden Begründungen ausreichend auseinander.
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I. Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht dahinstehen lassen, ob er behindert sei. Bereits diese Rüge, mit der der Kläger sinngemäß geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe sich mit seiner Begründung den Blick auf den richtigen Prüfungsmaßstab verstellt, stellt das angefochtene Urteil ausreichend in Frage, soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung als wirksam angesehen hat. Ob diese Auffassung materiell-rechtlich zutrifft, ist für die Zulässigkeit der Revision unerheblich.
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II. Die Revision ist auch zulässig, soweit der Kläger seinen Antrag auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG weiter verfolgt. Die Begründetheit dieses Anspruchs hängt im Ausgangspunkt denknotwendig davon ab, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfolgt ist. § 15 Abs. 2 AGG ist eine Rechtsfolgenbestimmung (Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dem Anspruch auf Entschädigung nicht gesondert befasst, sondern nur angenommen, die Beklagte sei nicht zur Entschädigung verpflichtet, weil die Kündigung den Kläger nicht diskriminiere. Vom Rechtsmittelführer kann nicht mehr an Begründung verlangt werden als vom Gericht seinerseits aufgewendet (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 11, BAGE 126, 237). Für die Zulässigkeit der Revision genügt deshalb insoweit bereits die ausreichende Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit der Kündigung (vgl. BAG 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).
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B. Der Senat hat das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) e.V., Berlin, als Beistand des Klägers nach § 23 AGG zugelassen. Der Satzungszweck, das diskriminierungsfreie Zusammenleben ua. durch die kostenlose Unterstützung und Beratung bei Diskriminierungen insbesondere in Gerichtsverfahren zur Durchsetzung des Rechtsschutzes Betroffener zu fördern, genügt der Legaldefinition in § 23 Abs. 1 Satz 1 AGG. Das BUG hat nachgewiesen, dass es die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 AGG erforderliche Mindestanzahl an Mitgliedern hat.
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C. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger werde nicht wegen einer Behinderung benachteiligt. Die für seine Hilfsbegründung, jedenfalls seien die Voraussetzungen des § 8 AGG erfüllt, erforderlichen Tatsachen hat es nicht festgestellt. Dabei hat es insbesondere nicht geprüft, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen einen Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Damit trägt auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht, die Kündigung sei nicht nach § 242 BGB unwirksam. Das Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig. Der Senat kann nicht selbst feststellen, ob die Kündigung gemäß § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam ist, weil der Kläger wegen seiner Behinderung diskriminiert worden ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Der Rechtsstreit war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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I. Eine ordentliche Kündigung, die einen Arbeitnehmer, auf den das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe diskriminiert, ist nach § 134 BGB iVm. § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 AGG unwirksam. § 2 Abs. 4 AGG steht dem nicht entgegen.
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1. Welche Bedeutung der Vorschrift des § 2 Abs. 4 AGG zukommt, nach der „für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz“ gelten, ist umstritten.
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a) Für Kündigungen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, ist diese Frage durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 2008 (- 2 AZR 523/07 - Rn. 34 ff., BAGE 128, 238) geklärt. Bei der Prüfung der Wirksamkeit solcher Kündigungen sind die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und die darin vorgesehenen Rechtfertigungen für unterschiedliche Behandlungen als Konkretisierungen der Sozialwidrigkeit zu beachten (vgl. auch BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 295/12 - Rn. 36; 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 24; 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 15).
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b) Nach wie vor kontrovers wird jedoch beurteilt, wie § 2 Abs. 4 AGG im Hinblick auf Kündigungen, die nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, zu verstehen ist. Einigkeit besteht insoweit nur dahin, dass die Antidiskriminierungsrichtlinien, namentlich die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG), auch einen Schutz vor diskriminierenden Kündigungen gebieten (vgl. EuGH 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 37, Slg. 2006, I-6467) und dass dieser Schutz auch Arbeitnehmer außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes erfasst.
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aa) Die Frage ist höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Die Entscheidungen des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 2008 (- 2 AZR 523/07 - Rn. 34, BAGE 128, 238) sowie des Achten Senats vom 22. Oktober 2009 (- 8 AZR 642/08 -) beziehen sich nur auf Kündigungen im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Soweit das Bundesarbeitsgericht vor Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes diskriminierende Kündigungen am Maßstab des § 242 BGB gemessen hat (vgl. BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - für eine auf kulturelle und religiöse Gründe gestützte Arbeitsverweigerung eines Arbeitnehmers, der einer Sinti-Familie angehörte; 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 für eine auf Homosexualität gestützte Kündigung), ist diese Rechtsprechung durch die geänderte Rechtslage überholt.
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bb) Die wohl überwiegende Meinung im Schrifttum nimmt an, die Benachteiligungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie die Beweislastverteilung nach § 22 AGG müssten bei der Prüfung, ob die Kündigung nach den zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242 BGB) unwirksam sei, berücksichtigt werden (KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 17, 19; KR/Griebeling § 1 KSchG Rn. 26a; ErfK/Schlachter 14. Aufl. § 2 AGG Rn. 18; vHH/L/Krause 15. Aufl. § 1 Rn. 238, 242; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 2 Rn. 230; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 62; v. Roetteken AGG Stand März 2011 § 2 Rn. 69; Blessing Rechtsfolgen diskriminierender Kündigungen unter Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes S. 147). Ein Teil des Schrifttums vertritt dabei die Auffassung, die Bestimmungen der Antidiskriminierungsrichtlinien seien bei der Prüfung, ob die Kündigung nach den zivilrechtlichen Generalklauseln unwirksam sei, unmittelbar zu berücksichtigen, die unionsrechtlich geforderte Beweislastverteilung müsse durch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 138 Abs. 2 ZPO gewährleistet werden (APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen J Rn. 71f, 71g; ähnlich Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz 2. Aufl. Rn. 112 ff.).
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cc) Ein anderer Teil des Schrifttums hält § 2 Abs. 4 AGG für unvereinbar mit Unionsrecht. Eine unionsrechtskonforme Auslegung sei wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht möglich, widerspreche aber jedenfalls dem unionsrechtlichen Transparenzgebot (dazu EuGH 10. Mai 2001 - C-144/99 - [Kom-mission/Niederlande] Rn. 17, Slg. 2001, I-3541). § 2 Abs. 4 AGG sei deshalb nicht anwendbar, stattdessen fänden die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unmittelbare Anwendung (Däubler/Bertzbach/Däubler AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 256 ff., 263 mwN).
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dd) Teils wird - mit unterschiedlichen Ansätzen - angenommen, § 2 Abs. 4 AGG erfasse Kündigungen während der Wartezeit und im Kleinbetrieb nicht (HaKo/Mayer 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 147 ff.; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 63; Stein in Wendeling-Schröder AGG § 2 Rn. 48; wohl auch Löwisch in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. Vor § 1 Rn. 28).
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2. Zutreffend ist die letztgenannte Auffassung. § 2 Abs. 4 AGG regelt für Kündigungen nur das Verhältnis zwischen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Kündigungsschutzgesetz sowie den speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Bestimmungen. Die zivilrechtlichen Generalklauseln werden dagegen von § 2 Abs. 4 AGG nicht erfasst. Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes geht insoweit diesen Klauseln vor und verdrängt diese. Ordentliche Kündigungen während der Wartezeit und in Kleinbetrieben sind deshalb unmittelbar am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu messen. Dies ergibt sich aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem Zweck des § 2 Abs. 4 AGG. Der Wortlaut der Bestimmung steht dem nicht entgegen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz regelt allerdings nicht selbst, welche Rechtsfolge eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG unzulässige Benachteiligung hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich erst aus § 134 BGB (vgl. Löwisch in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. Vor § 1 Rn. 25; Düwell jurisPR-ArbR 47/2006 Anm. 6).
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a) Der Gesetzgeber wollte mit § 2 Abs. 4 AGG für Kündigungen nur das Verhältnis zwischen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Kündigungsschutzgesetz sowie den speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Bestimmungen, zu denen die zivilrechtlichen Generalklauseln in §§ 138, 242 BGB nicht gehören, regeln. Das folgt aus der Gesetzgebungsgeschichte.
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aa) § 2 Abs. 4 AGG ist erst während des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. In der vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorgeschlagenen Fassung sollte die Bestimmung wie folgt gefasst werden:
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„Für Kündigungen gelten vorrangig die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes.“
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Damit sollte klargestellt werden, dass die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes unberührt blieben. Der Praxis sollte verdeutlicht werden, dass Rechtsstreite bei Kündigungen auch in Zukunft vorwiegend nach dem Kündigungsschutzgesetz zu entscheiden seien (BT-Drucks. 15/5717 S. 5, 36).
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bb) Wortlaut und Begründung des § 2 Abs. 4 AGG-E griff die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf vom 8. Juni 2006 auf (BT-Drucks. 16/1780 S. 32). Die Empfehlung des Bundesrats zu diesem Entwurf vom 6. Juni 2006 sah vor, § 2 Abs. 4 AGG wie folgt zu fassen (BR-Drucks. 329/1/06 S. 1):
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„Liegt die Benachteiligung in einer Kündigung, finden im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ausschließlich dessen Bestimmungen Anwendung. …“
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Mit dieser Regelung sollte das Verhältnis beider Gesetze (dh. von AGG und KSchG) präzisiert werden. Das mit dieser Vorschrift verbundene Anliegen - Vorrang der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes - komme in der bisherigen Fassung nicht hinreichend klar zum Ausdruck (BR-Drucks. 329/1/06 S. 2).
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cc) Der Rechtsausschuss schlug in seiner Beschlussempfehlung vom 28. Juni 2006 die Gesetz gewordene Fassung vor. In seiner Begründung (BT-Drucks. 16/2022 S. 12) griff er ausdrücklich das Anliegen des Bundesrats auf. Das Verhältnis „beider Gesetze“ (von AGG und KSchG) solle präzisiert werden. Es erscheine sachgerechter, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz Anwendung fänden, weil „diese Regelungen speziell auf Kündigungen zugeschnitten“ seien. Die wesentlichen Bestimmungen des allgemeinen Kündigungsschutzes fänden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie im ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes. Bestimmungen zum besonderen Kündigungsschutz enthielten der Zweite Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes und zB § 9 Abs. 3 MuSchG und §§ 18 f. BEEG.
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b) Aus dieser Entstehungsgeschichte folgt zugleich der Zweck des § 2 Abs. 4 AGG.
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aa) Mit dem Bezug auf die „Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz“ wollte der Gesetzgeber nicht regeln, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz für sämtliche Kündigungen nicht gelten sollte. Es sollte lediglich das Verhältnis von Kündigungsschutzgesetz und Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz „präzisiert“ und das Anliegen des Bundesrats, den Vorrang der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes klarzustellen, aufgegriffen werden. Außerdem sollte den speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Regelungen Anwendungsvorrang zukommen. Die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sollten in diese Bestimmungen eingepasst werden und Kohärenz zwischen dem Antidiskriminierungsrecht des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf der einen und den von § 2 Abs. 4 AGG erfassten Kündigungsschutzbestimmungen auf der anderen Seite hergestellt werden (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 37, 39 f., BAGE 128, 238). Neben das Kündigungsschutzgesetz und die speziell auf Kündigungen zugeschnittenen Vorschriften des allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzes sollte kein „zweites“, durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vermitteltes Kündigungsschutzrecht treten. Eine Sperrwirkung für Kündigungen, für die wie die hier streitbefangene Wartezeitkündigung das Kündigungsschutzgesetz (noch) nicht gilt und für die weder spezielle Kündigungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches wie § 626 und § 613a Abs. 4 BGB noch besondere Kündigungsschutzbestimmungen in Betracht kommen, war nicht bezweckt (vgl. HaKo/Mayer 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 148 f.). Bedeutung kommt § 2 Abs. 4 AGG für solche Kündigungen nur insofern zu, als es zB bei der Anwendbarkeit der Klagefrist des § 4 KSchG und der Rechtsfolgen des § 7 KSchG im Fall ihrer Versäumung bleibt (Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 2 Rn. 38; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 2 Rn. 240).
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bb) Bei ordentlichen Kündigungen, auf die das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet und bei denen der Arbeitnehmer geltend macht, die Kündigung diskriminiere ihn, besteht kein nach diesem Gesetzeszweck zu vermeidender Konflikt zwischen zwei ausdifferenzierten Kündigungsschutzsystemen. Das Kündigungsschutzgesetz verlangt Gründe, die die Kündigung rechtfertigen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 56 sprechen von einer „Positivliste“). Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geht dagegen davon aus, dass Kündigungen grundsätzlich zulässig sind, es sei denn, es liegt eine Diskriminierung vor (Bauer/Göpfert/Krieger aaO sprechen hier von einer „Negativliste“). Für ordentliche Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, auf die keine speziellen Kündigungsverbote Anwendung finden, gilt von vornherein nur eine „Negativliste“: Diese Kündigungen sind grundsätzlich wirksam. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise und nur dann, wenn sie diskriminierend, treu- oder sittenwidrig sind oder gegen höherrangiges Recht verstoßen. Es tritt also nicht neben einen - gänzlich anders strukturierten - Kündigungsschutz ein zweites Schutzsystem mit anderen Parametern, sondern es bleibt bei der „Negativliste“, die um weitere Punkte und vor allem eine abweichende Beweislastverteilung ergänzt wird. Eine „Verzahnung“ des Kündigungsschutzrechts und des Antidiskriminierungsrechts ist in derartigen Konstellationen nicht erforderlich und wird darum auch nicht durchbrochen (aA KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 18).
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c) Der Wortlaut des § 2 Abs. 4 AGG steht diesem aus der Entstehungsgeschichte und dem Gesetzeszweck hergeleiteten Auslegungsergebnis nicht entgegen. Zwar ordnet § 2 Abs. 4 AGG unterschiedslos für alle „Kündigungen“ an, dass für sie ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten. Die Anwendung der Norm ist jedoch hinsichtlich des materiellen Kündigungsschutzes im Wege der teleologischen Reduktion auf Kündigungen, für die das Kündigungsschutzgesetz, speziell auf Kündigungen zugeschnittene Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches oder besondere Kündigungsschutzbestimmungen gelten, zu beschränken. Nur so wird die nach dem Wortlaut zu weit gefasste Bestimmung des § 2 Abs. 4 AGG ihrem Zweck gerecht. Für ordentliche Kündigungen in der Wartezeit und in Kleinbetrieben gelten grundsätzlich keine Bestimmungen des „allgemeinen Kündigungsschutzes“ iSd. § 2 Abs. 4 AGG.
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aa) Die teleologische Reduktion von Vorschriften auch gegen deren Wortlaut gehört zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen und ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BVerfG 30. März 1993 - 1 BvR 1045/89 ua. - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 88, 145). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass andere Indizien deutlich belegen, dass der Sinn der Norm im Text nur unzureichend Ausdruck gefunden hat (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 22/93 - [Kleinbetriebsklausel II] zu B I 5 der Gründe, BVerfGE 97, 186) und die weiteren Auslegungsmethoden die wahre Bedeutung der Norm freilegen (vgl. BVerfG 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72 - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 35, 263). Diese Befugnis des Richters beruht darauf, dass die Auslegung gerade der Ermittlung des im Gesetz objektivierten Willens des Gesetzgebers dient (vgl. BVerfG 4. Juni 2012 - 2 BvL 9/08 ua. - [Dienstbeschädigungsausgleich] Rn. 99, BVerfGE 131, 88).
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bb) Unter „allgemeinem Kündigungsschutz“ wird - entsprechend der Überschrift des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes - im fachbezogenen Sprachgebrauch der Kündigungsschutz nach diesem Abschnitt verstanden (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 49, BAGE 128, 73; 8. Juli 1998 - 7 AZR 245/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 89, 216; HaKo/Mayer 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 147). Zwar hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zu der Gesetz gewordenen Fassung weiter gehend angenommen, die wesentlichen Bestimmungen des allgemeinen Kündigungsschutzes fänden sich auch „im Bürgerlichen Gesetzbuch“ (BT-Drucks. 16/2022 S. 12). Er hat aber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er mit den Bestimmungen des „allgemeinen Kündigungsschutzes“ nur solche Bestimmungen meint, die speziell auf Kündigungen zugeschnitten sind. Das sind im Bürgerlichen Gesetzbuch vor allem §§ 613a, 622 und 626 BGB. Die für den Kündigungsschutz im Kleinbetrieb und in der Wartezeit maßgeblichen zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138 und 242 BGB sind dagegen - wie schon ihre Bezeichnung zeigt - gerade nicht speziell auf Kündigungen zugeschnitten, sondern Auffangtatbestände, die zudem erst unter Berücksichtigung verfassungs- oder unionsrechtlicher Vorgaben (vgl. dazu BAG 24. Januar 2008 - 6 AZR 96/07 - Rn. 27) ihren Bedeutungsgehalt für Kündigungen gewinnen. Deshalb sind nach dem Verständnis des Gesetzgebers die Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB keine „Bestimmungen zum allgemeinen Kündigungsschutz“ iSd. § 2 Abs. 4 AGG (Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 63; HaKo/Mayer aaO).
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cc) Für ordentliche Kündigungen in der Wartezeit und in Kleinbetrieben, für die keine speziell auf Kündigungen zugeschnittene Bestimmungen gelten, war nach dem Verständnis des Gesetzgebers gerade keine Regelung dazu erforderlich, in welchem Verhältnis das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und die auf solche Kündigungen Anwendung findenden Generalklauseln stehen sollten. Soweit § 2 Abs. 4 AGG gleichwohl seinem Wortlaut nach auch solche Kündigungen erfasst, entspricht dies nicht dem Zweck, den der Gesetzgeber mit dieser Norm verfolgte.
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d) Diese Auslegung führt nicht dazu, dass Kündigungen außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes insbesondere wegen der möglichen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG stärker sanktioniert würden als Kündigungen, für die das Kündigungsschutzgesetz gilt (so aber KR/Treber 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 18; Bauer/Thüsing/Schunder NZA 2006, 774, 777). Auch bei Kündigungen, die dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, scheidet eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht von vornherein aus.
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aa) Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte diese Frage zunächst offengelassen (BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 20; 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 16; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 33, BAGE 128, 238; zum Streitstand Wenckebach AuR 2010, 499, 501). Er hatte jedoch schon darauf hingewiesen, dass eine Anwendung des § 15 Abs. 2 AGG neben der Sanktionsfolge der Unwirksamkeit nicht systemwidrig erscheine. Auch Entschädigungen für immaterielle Schäden infolge einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Zusammenhang mit der Erklärung einer unwirksamen Kündigung seien nicht ausgeschlossen (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 16 unter Hinweis auf BAG 24. April 2008 - 8 AZR 347/07 -). Er hatte weiter angenommen, es sei vom Vorliegen eines immateriellen Schadens iSd. § 15 Abs. 2 AGG auszugehen, wenn ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot feststehe (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 74, BAGE 129, 181). Mit Urteil vom 12. Dezember 2013 hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nun einer schwangeren Arbeitnehmerin, der unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz gekündigt worden war, wegen Geschlechtsdiskriminierung einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zuerkannt (- 8 AZR 838/12 - Pressemitteilung Nr. 77/13).
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bb) Nach der Wertung des Gesetzgebers stellen Benachteiligungen wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale regelmäßig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (KR/Treber 10. Aufl. § 15 AGG Rn. 27 mwN; vgl. auch BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Die Sanktion des § 15 Abs. 2 AGG soll im Kern gerade vor solchen Persönlichkeitsrechtsverletzungen schützen (vgl. Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 190; Blessing Rechtsfolgen diskriminierender Kündigungen unter Geltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes S. 173). Die im diskriminierenden Verhalten liegende Persönlichkeitsrechtsverletzung soll als solche unabhängig von der Frage sanktioniert werden, ob nach einer unwirksamen Kündigung das Arbeitsverhältnis fortbesteht (vgl. Blessing aaO S. 193). Ausgehend davon kann allenfalls angenommen werden, die Unwirksamkeit der Kündigung sei eine Naturalrestitution iSd. § 15 Abs. 1 AGG. Die Anwendung des § 15 Abs. 2 AGG kann dagegen nicht mit der Begründung abgelehnt werden, diese Rechtsfolge sei eine hinreichende Sanktion iSd. Antidiskriminierungsrichtlinien (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 54; Wenckebach AuR 2010, 499, 502). Die Unwirksamkeit der Kündigung kann die bei einer Diskriminierung nach der Vorstellung des Gesetzgebers in der Regel vorliegende Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht kompensieren. Dies gilt insbesondere in dem in der Praxis häufig vorkommenden Fall, dass der Arbeitnehmer auch nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt.
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cc) Darüber hinaus kommt bei unwirksamen Abmahnungen oder Versetzungen, die kündigungsrechtlich gesehen mildere Maßnahmen im Vergleich zu einer Kündigung darstellen, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG ohne Weiteres in Betracht (vgl. für die Versetzung BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181), obwohl auch diese Maßnahmen bei Diskriminierungen iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unwirksam sind und Abmahnungen zusätzlich noch aus der Personalakte zu entfernen sind. Dann muss erst recht bei diskriminierenden Kündigungen, die typischerweise tiefer in das Persönlichkeitsrecht eingreifen, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG möglich sein (Wenckebach AuR 2010, 499, 502; Däubler/Bertzbach/Däubler AGG 3. Aufl. § 2 Rn. 262a).
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dd) § 2 Abs. 4 AGG steht einem solchen Verständnis des § 15 Abs. 2 AGG nicht entgegen. Damit wird nur der Weg beschrieben, auf dem die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in das Kündigungsschutzrecht einzupassen sind. Die Frage, wie Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu sanktionieren sind, ist nicht berührt (vgl. Wenckebach AuR 2010, 499, 502).
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e) Die Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes führt - insbesondere wegen der Beweislastregel des § 22 AGG (vgl. KR/Treber 10. Aufl. § 22 AGG Rn. 6; Däubler/Bertzbach/Bertzbach AGG 3. Aufl. § 22 Rn. 48 mwN) - in Fällen, in denen das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, dazu, dass die Rechtsstellung von Arbeitnehmern bei potentiell diskriminierenden Kündigungen gegenüber der von Arbeitnehmern, bei denen keine Diskriminierung in Betracht kommt, verbessert wird. Dies ist jedoch nur die Konsequenz der Überlagerung des nationalen Kündigungsschutzrechts durch das Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union.
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II. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob der Kläger behindert iSd. § 1 AGG ist, sondern hat dies ausdrücklich offengelassen. Beide Begründungen, mit denen es die Kündigung unabhängig von der Frage der Behinderung des Klägers als wirksam angesehen hat, tragen nicht. Es ist deshalb von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob die symptomlose HIV-Infektion des Klägers eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darstellt.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe den Kläger durch die streitbefangene Kündigung nicht wegen einer etwaigen Behinderung benachteiligt. Mit dieser Begründung durfte es eine Behinderung nicht dahinstehen lassen.
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a) Die Kündigungserklärung als solche knüpft als gestaltende Willenserklärung nicht an die Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG an. Erst die der Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Überlegungen können Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen der Kündigungserklärung und einem Merkmal nach § 1 AGG sein. Dieser Zusammenhang kann sich aus der Kündigungsbegründung oder anderen Umständen ergeben (BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 34). Dabei bedarf es allerdings keiner subjektiven Komponente im Sinne einer Benachteiligungsabsicht. Es reicht aus, wenn eine Anknüpfung der Kündigung an ein Diskriminierungsmerkmal zumindest in Betracht kommt (BAG 22. Oktober 2009 - 8 AZR 642/08 - Rn. 28). Dies ist hier unstreitig der Fall, weil die Beklagte die HIV-Infektion als Ausschlussmerkmal für einen Einsatz im Reinraum ansieht. Auch unberechtigte Stereotypisierungen können zu (unabsichtlichen) Diskriminierungen führen (vgl. Schiek/Schiek AGG § 3 Rn. 16; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 3 Rn. 13). Darauf, ob die Beklagte glaubte, das für sie geltende Regelwerk gebiete die Kündigung, kommt es deshalb entgegen der von ihr vertretenen Auffassung nicht an.
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b) Die Beklagte macht geltend, sie habe dem Kläger allein deshalb gekündigt, weil er an einer ansteckenden Krankheit im Sinne ihrer SOP leide und deshalb die Anforderungen an eine Beschäftigung im Reinraum nicht erfülle, nicht aber, weil er HIV-infiziert sei. Sie hätte genauso gehandelt, wenn der Kläger an Hepatitis B oder C bzw. einer chronischen Hauterkrankung an den Armen, Unterarmen, Händen oder im Gesicht gelitten hätte. Das Landesarbeitsgericht ist dem unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. April 2011 (- 8 AZR 515/10 - Rn. 34) gefolgt. Das ist rechtsfehlerhaft. Die vom Landesarbeitsgericht angeführte Entscheidung betrifft andere Fallkonstellationen als die vorliegende.
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aa) Wäre der Kläger wegen seiner symptomlosen HIV-Infektion behindert, stellte die streitbefangene Kündigung eine unmittelbare Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG in Form einer sog. verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung dar. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium (ansteckende Krankheit) unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund (Behinderung) steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft (vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 23, BAGE 138, 107; vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343; vgl. zu der für die Schwangerschaft klarstellenden Normierung dieser Rechtsfigur in § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 20 f., BAGE 137, 80). Das ist hier der Fall. Kündigungsgrund ist die Unfähigkeit des Klägers, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese nach Auffassung der Beklagten bestehende Unfähigkeit ergab sich allein aus der HIV-Infektion des Klägers. Nach ihrer SOP ist die HIV-Infektion ebenso wie chronische Hauterkrankungen im Bereich der Arme, Unterarme, Hände und Gesicht oder eine chronisch verlaufende Hepatitis B und C ein Ausschlusskriterium für die Tätigkeit im Reinraum (vgl. S. 2 der Beauftragung des Betriebsarztes zur Durchführung von GMP-Untersuchungen vom 1. April 2010). Weitere absolute Ausschlussgründe sieht die SOP nicht vor. Ansteckende Erkrankungen wie Husten und Schnupfen, wiederholtes Erbrechen, Durchfall oder offene Ekzeme sind nach der SOP nur anzeigepflichtig und ziehen, wie die Beklagte selbst vorträgt, nur den vorübergehenden Ausschluss von der Tätigkeit im Reinraum nach sich. Führte bei chronischen Erkrankungen der Ausschluss von bestimmten Teilen des Berufsfelds dazu, dass eine Behinderung iSd. § 1 AGG vorliegt, wäre dies in allen drei in der SOP der Beklagten aufgeführten Fällen anzunehmen. Eine Kündigung, die wegen einer der in der SOP angeführten ansteckenden Krankheiten, die zum dauerhaften Ausschluss von der Tätigkeit im Reinraum führen, erklärt wird, wäre dann in allen drei Fällen wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG erfolgt. Insoweit gilt nichts anderes, als wenn ein Arbeitgeber einer befristet eingestellten Frau kündigt, die wegen ihrer Schwangerschaft während der gesamten Dauer der Befristung einem gesetzlichen Beschäftigungsverbot unterliegt (vgl. EuGH 4. Oktober 2001 - C-109/00 - [Tele Danmark] Rn. 20, 31, Slg. 2001, I-6993), oder wenn er einem Rollstuhlfahrer kündigt, weil die geschuldete Arbeit von einem Rollstuhlfahrer nicht verrichtet werden könne, denn nur Behinderte sind dauerhaft an den Rollstuhl gebunden (vgl. Kamanabrou RdA 2006, 321, 324). In all diesen Fällen beruht die Unfähigkeit, die geschuldete Arbeitsleistung zu erfüllen, letztlich auf einem Diskriminierungsmerkmal.
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bb) Daraus folgt zugleich, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten, die Kündigung beruhe letztlich auf der aus dem Regelwerk der Beklagten folgenden, auf einer ansteckenden Krankheit beruhenden fehlenden Einsetzbarkeit des Klägers und benachteilige diesen deshalb jedenfalls nicht wegen einer etwaigen Behinderung, nicht trägt. Ob tatsächlich der Einsatz des Klägers im Reinraum dauerhaft unmöglich und deshalb die Kündigung wirksam war, ist eine Frage, die ausschließlich auf der Ebene der Rechtfertigung unter Berücksichtigung der Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen zu treffen, zu entscheiden ist, nicht aber bereits die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung von vornherein ausschließt.
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cc) Der Kläger würde gegenüber Personen in einer vergleichbaren Situation benachteiligt (zu diesem Erfordernis BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 29, BAGE 138, 107). Die Feststellung der Vergleichbarkeit der Situation erfordert, dass es außer der anderen Ausprägung des Diskriminierungsmerkmals keine wesentlichen Unterschiede zwischen der benachteiligten und der Vergleichsperson gibt (Schiek/Schiek AGG § 3 Rn. 11). Einem nicht behinderten chemisch-technischen Assistenten in einer sonst mit der Situation des Klägers vergleichbaren Lage wäre nicht gekündigt worden (vgl. in diesem Sinne auch EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 77). Darin liegt der Unterschied zu der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. April 2011 (- 8 AZR 515/10 -). Das Argument der Beklagten, auch einem an einer chronisch verlaufenden Hepatitis B bzw. C oder an einer chronischen Hauterkrankung an den Armen, Unterarmen, Händen oder im Gesicht leidenden Arbeitnehmer hätte sie gekündigt, trägt nicht. Auch diese Arbeitnehmer wären, wie unter Rn. 46 ausgeführt, behindert.
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2. Die Hilfsbegründung des Landesarbeitsgerichts, das Fehlen einer HIV-Infektion stelle eine berufliche Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG dar, greift zu kurz.
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a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich der Arbeitgeber, der eine Kündigung darauf stützt, dass er den Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung nicht einsetzen könne, nur dann auf den Rechtfertigungsgrund des § 8 Abs. 1 AGG berufen kann, wenn auch angemessene Vorkehrungen iSd. Art. 5 RL 2000/78/EG iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - UN-Behin-dertenrechtskonvention (UN-BRK) - nicht zu einer Einsatzmöglichkeit führen. Unterlässt der Arbeitgeber die danach gebotenen Vorkehrungen und kann er den Arbeitnehmer deshalb nicht einsetzen, ist dieser Umstand regelmäßig nicht auf die Behinderung des Arbeitnehmers, sondern auf die Untätigkeit des Arbeitgebers zurückzuführen. Die Kündigung ist dann nicht gerechtfertigt (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 66, 68; 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 52, Slg. 2006, I-6467).
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aa) Der Kläger ist mit einem GdB von 10 allenfalls „einfach“ Behinderter. Für diesen Personenkreis ist Art. 5 RL 2000/78/EG, demzufolge der Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen zu ergreifen hat, um Behinderten ua. die Ausübung eines Berufs zu ermöglichen, sofern diese Maßnahmen ihn nicht unverhältnismäßig belasten, nicht in nationales Recht umgesetzt worden (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 34 ff.). Eine vergleichbare Verpflichtung sieht Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i UN-BRK vor, wonach die Vertragsstaaten sicherstellen, dass am Arbeitsplatz angemessene Vorkehrungen (reasonable accommadation) für Menschen mit Behinderungen getroffen werden. Was unter „angemessenen Vorkehrungen“ iSd. UN-BRK zu verstehen ist, ist in Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK festgelegt.
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bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinen Entscheidungen vom 4. Juli 2013 (- C-312/11 - [Kommission/Italien]) und vom 11. April 2013 (- C-335/11 ua. - [Ring]) ausgeführt, dass und wie Art. 5 RL 2000/78/EG nach der Genehmigung der UN-BRK durch den Rat im Namen der Europäischen Gemeinschaft (Beschluss 2010/48/EG vom 26. November 2009 ABl. EU L 23 vom 27. Januar 2010 S. 35) unter Beachtung und in Übereinstimmung mit der UN-BRK auszulegen ist. Der Begriff „angemessene Vorkehrungen“ ist weit zu verstehen und umfasst die Beseitigung der verschiedenen Barrieren, die die volle und wirksame, gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben behindern. Gemeint sind nicht nur materielle, sondern auch organisatorische Maßnahmen, wobei die Aufzählung der möglichen Vorkehrungen im 20. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG nicht abschließend ist (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 53 bis 56). Ob solche Vorkehrungen den jeweiligen Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten, haben die nationalen Gerichte festzustellen, wobei sie insbesondere den damit verbundenen finanziellen und sonstigen Aufwand unter Berücksichtigung der Größe und der Finanzkraft des Arbeitgebers sowie der Möglichkeit, öffentliche Mittel oder andere Unterstützungen in Anspruch zu nehmen, in die Abwägung einzubeziehen haben (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 59 f.). Die Mitgliedstaaten müssen aufgrund von Art. 5 RL 2000/78/EG iVm. Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK die Arbeitgeber verpflichten, die im konkreten Einzelfall jeweils erforderlichen angemessenen Vorkehrungen zu ergreifen. Das bloße Schaffen von Anreiz- und Hilfsmaßnahmen genügt nicht (EuGH 4. Juli 2013 - C-312/11 - [Kommission/Italien] Rn. 60 ff. der franz. Fassung; Beyer/Wocken DB 2013, 2270).
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cc) Die Bestimmungen der UN-BRK sind integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 28 ff.). Dadurch sind sie zugleich Bestandteil des - ggf. unionsrechtskonform auszulegenden - deutschen Rechts. Im Hinblick auf die durch den Gerichtshof der Europäischen Union unter Beachtung der UN-BRK vorgenommene Auslegung des Art. 5 RL 2000/78/EG ist Art. 2 Unterabs. 4 UN-BRK weder unmittelbar anzuwenden (aA v. Roetteken jurisPR-ArbR 33/2013 Anm. 1 unter D; zur unmittelbaren Anwendung von Völkerrecht vgl. Schmahl JuS 2013, 961, 965; Aichele AnwBl. 2011, 727, 728) noch sind §§ 7 und 8 AGG völkerrechtskonform auszulegen. Die Verpflichtung zu angemessenen Vorkehrungen ergibt sich vielmehr bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 241 Abs. 2 BGB aus dieser Bestimmung (vgl. zu dieser Vorschrift BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - BAGE 131, 325; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - BAGE 134, 296; vgl. auch Beyer/Wocken DB 2013, 2270, 2272).
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b) Eine Kündigung eines behinderten Arbeitnehmers wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten ist demnach nur wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht imstande ist, das infolge der Behinderung vorliegende Beschäftigungshindernis durch angemessene Vorkehrungen zu beseitigen (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 57; Däubler/Bertzbach/Brors AGG 3. Aufl. § 8 Rn. 33; KR/Treber 10. Aufl. § 8 AGG Rn. 29; Stiebert/Pötters Anm. EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 30). Dies hat der Arbeitgeber darzulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 43; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 33 f.; Stiebert/Pötters aaO; Däubler/Bertzbach/Brors aaO Rn. 33 f.). Beurteilungsgrundlage für die Rechtfertigungsprüfung ist dabei nicht der ursprüngliche (ausgeschriebene) Arbeitsplatz, sondern der mit verhältnismäßigem Aufwand geänderte Arbeitsplatz. Anderenfalls könnte - wie die Argumentation der Beklagten und des Landesarbeitsgerichts eindrücklich belegen - der Arbeitgeber stets berufsbezogen argumentieren und behinderte Arbeitnehmer berechtigt von der Teilhabe am Berufsleben ausschließen (vgl. Däubler/Bertzbach/Brors aaO Rn. 33; KR/Treber aaO). Genau das will Art. 5 RL 2000/78/EG verhindern, dessen Befolgung im nationalen Recht § 241 Abs. 2 BGB sicherstellt. Kann der Arbeitsplatz mit zumutbaren Anstrengungen angepasst werden, ist der Arbeitnehmer für die geschuldete Tätigkeit geeignet. Auf eine Rechtfertigung nach § 8 AGG kommt es dann grundsätzlich nicht mehr an. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer zwar auf dem zumutbar angepassten Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, aber trotzdem wegen der Behinderung schlechter gestellt wird, zB weil er nicht im Schichtbetrieb eingesetzt wird und deshalb eine Schichtzulage nicht erhält, kann noch eine Rechtfertigung dieser gleichwohl erfolgenden Benachteiligung nach § 8 Abs. 1 AGG in Betracht kommen. Erst in einem solchen Fall muss der Arbeitgeber darlegen, dass und warum gerade im Hinblick auf den angepassten Arbeitsplatz ein berufsbezogener weiterer Grund eine Benachteiligung des Behinderten rechtfertigt (ähnlich Däubler/Bertzbach/Brors aaO).
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III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 561 ZPO).
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1. Die symptomlose HIV-Infektion des Klägers hat eine Behinderung iSd. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zur Folge. Eine Diskriminierung des Klägers durch die angegriffene Kündigung kommt deshalb in Betracht.
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a) Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch - in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) - seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann. Auf einen bestimmten GdB kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32). Ob eine Behinderung vorliegt, ist unter Beachtung dieses Begriffsverständnisses im Einzelfall festzustellen (Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 40), wobei auch zu beachten ist, dass das Verständnis von Behinderung nicht statisch ist (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 37).
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aa) Der Begriff der Behinderung iSd. § 1 AGG entspricht nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 32; BR-Drucks. 329/06 S. 31). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Gesetzgeber hat sich damit für einen modernen Behindertenbegriff entschieden, der an die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anknüpft (BT-Drucks. 14/5074 S. 98; vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 20, BAGE 122, 54). Bei diesem bio-psycho-sozialen Behindertenbegriff wird Behinderung nicht durch die individuelle Funktionsstörung, sondern durch die Beeinträchtigung der (gesellschaftlichen) Teilhabe definiert. Eine Behinderung liegt vor, wenn sich die Beeinträchtigung auf die Partizipation in einem oder mehreren Lebensbereichen auswirkt (BT-Drucks. 14/5074 S. 98). Ob eine Beeinträchtigung relevant ist, ergibt sich demnach erst aus dem Zusammenwirken von behindernden sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) und individueller Gesundheitsstörung (Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 37; Welti DÖV 2013, 795, 797). Eine Gesundheitsstörung kann auch darin liegen, dass die (gesellschaftliche) Teilhabe durch das Verhalten anderer beeinträchtigt wird (Schiek/Welti aaO Rn. 43). Behinderung ist nach diesem Verständnis sowohl persönliche Eigenschaft als auch soziales Verhältnis (Schiek/Welti aaO Rn. 37, vgl. auch v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 159b). Eine Behinderung in diesem Sinne kann demnach auch erst durch das „Behindern“ eines Menschen durch seine Umwelt entstehen.
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bb) In seinen Entscheidungen vom 11. April 2013 (- C-335/11 ua. - [Ring]) und vom 4. Juli 2013 (- C-312/11 - [Kommission/Italien]) hat der Gerichtshof der Europäischen Union seine Auslegung des Begriffs der „Behinderung“ iSd. RL 2000/78/EG in Anpassung an Art. 1 Unterabs. 2 UN-BRK modifiziert (zur bisherigen Auslegung siehe EuGH 11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacón Navas] Rn. 37, Slg. 2006, I-6467). Erfasst sind Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sind, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, sofern die körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen langfristig sind. Das schließt einen Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit die vorgenannten Einschränkungen mit sich bringt. Anderenfalls fällt eine Krankheit nicht unter den Begriff der Behinderung iSd. RL 2000/78/EG. Behinderung und Krankheit sind nach wie vor nicht gleichzusetzen (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 41 f., 47, 75).
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cc) Damit haben sich die unionsrechtliche Konzeption und die des nationalen Rechts angenähert. Aus den unterschiedlichen Definitionen ergeben sich jedoch nach wie vor Unterschiede im Begriffsverständnis, die für die vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz Erfassten teils günstiger, teils ungünstiger sind.
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(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den Begriff der Behinderung im Hinblick auf den Anwendungsbereich der RL 2000/78/EG auf Beeinträchtigungen der wirksamen Teilhabe am Berufsleben beschränkt (zur Kritik an dieser Beschränkung siehe Stiebert/Pötters Anm. EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 24 bis 27), während die Behindertenbegriffe des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und der UN-BRK auf die gesellschaftliche Teilhabe abstellen. Darüber hinaus sind nach dem nationalen Verständnis bereits Abweichungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, als langfristig anzusehen, während nach dem Verständnis des Unionsrechts die nationalen Gerichte im Einzelfall entscheiden müssen, wann eine Einschränkung „langfristig“ ist.
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(2) Demgegenüber ist der nationale Behindertenbegriff zulasten der Behinderten enger als das supranationale Begriffsverständnis, soweit er eine Abweichung von dem für das Lebensalter typischen Zustand verlangt, alterstypische Einschränkungen also stets nicht als Behinderung ansieht (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 161 f.; Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 42). Darüber hinaus verlangt der nationale Behindertenbegriff, dass die Beeinträchtigung der Teilhabe bereits eingetreten ist, während es nach dem von der UN-BRK geleiteten unionsrechtlichen Behindertenbegriff bereits ausreicht, dass eine solche Beeinträchtigung eintreten kann.
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dd) Der Behindertenbegriff des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist maßgeblich, soweit das nationale Recht von einem weiteren Behindertenbegriff als das supranationale Recht ausgeht. Im Übrigen ist der Behindertenbegriff des Unionsrechts zugrunde zu legen.
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(1) Die RL 2000/78/EG stellt gemäß Art. 8 Abs. 1 nur Mindestanforderungen auf. Es bleibt daher den Mitgliedstaaten unbenommen, Regelungen einzuführen oder beizubehalten, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger als die Vorschriften der Richtlinie sind. Davon hat die Bundesrepublik Deutschland im genannten Rahmen Gebrauch gemacht (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 161e, 165; Däubler/ Bertzbach/Däubler AGG 3. Aufl. § 1 Rn. 75; aA KR/Treber 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 49; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1. Dezember 2013 AGG § 1 Rn. 7). Der Gesetzgeber des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes hat ausdrücklich auf den weitreichenden Behindertenbegriff in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und in § 3 BGG abgestellt. Ein gesetzgeberisches Versehen ist damit auszuschließen (gegen eine gespaltene Auslegung des Behindertenbegriffs gleichwohl Stiebert/Pötters Anm. EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 33).
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(2) Soweit das nationale Recht hinter dem supranationalen Recht zurückbleibt, ist dagegen der Behindertenbegriff des Unionsrechts zugrunde zu legen (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 161f). Damit reicht es insbesondere aus, dass Beeinträchtigungen eintreten „können“.
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ee) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt ein solches Begriffsverständnis nicht dazu, dass Ursache und Wirkung vertauscht würden, wenn der Umgang des Arbeitgebers mit einer Beeinträchtigung eine Behinderung zur Folge haben kann. Bei der Feststellung, ob eine Behinderung vorliegt, geht es gerade darum, objektive Barrieren zu erkennen, die sich nicht zuletzt im Verhalten des Arbeitgebers manifestieren können.
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ff) Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein so verstandener Behindertenbegriff zu einer „Entgrenzung“ des Begriffs (siehe dazu Stiebert/Pötters Anm. EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 31 S. 27, die darauf hinweisen, dass etwa 40 % der Bevölkerung in Deutschland an Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, Arthrose oder Rheuma leiden; zur Häufigkeit chronischer Krankheiten siehe auch Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 16) führen und dadurch der Schutz für „schwer“ Behinderte sinken kann. Sind alle oder jedenfalls die Mehrzahl der vergleichbaren Personen ebenfalls behindert, droht der Schutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (weitgehend) leer zu laufen (vgl. Pärli/Naguib/Kuratli aaO S. 67). Zumindest ist der Behindertenschutz dann kein Minderheitenschutz mehr, es kommt zu einer Majorisierung der „normal Gesunden“ durch die Behinderten.
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(1) Eine solche mögliche Entgrenzung lässt sich jedoch dadurch einschränken, dass die Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Teilhabe und das Vorliegen einer Benachteiligung wegen dieser nicht pauschal, sondern für die betroffenen Gruppen behinderter Menschen konkret geprüft wird. So kann etwa ein an Diabetes mellitus erkrankter Arbeitnehmer, der „gut eingestellt“ ist, an der gesellschaftlichen Teilhabe so geringfügig beeinträchtigt sein, dass er als nicht behindert anzusehen ist, während ein „schlecht einzustellender“ Diabetiker behindert sein kann. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Personen mit gleichartigen Beeinträchtigungen in verschiedenen Kontexten unterschiedlich in ihrer Teilhabe beeinträchtigt sein können. Ob und welche Barrieren vorliegen, beeinflusst die Annahme einer Behinderung. Die ICF, an deren Definition sich der nationale Behindertenbegriff orientiert, klassifiziert individuelle Behinderungen und berücksichtigt dabei Umweltfaktoren sowohl auf der Ebene des Individuums als auch auf der der Gesellschaft (Welti DÖV 2013, 795, 797; vgl. auch ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 21 f. unter 4.3; Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 68). Wer ungeachtet bestehender Beeinträchtigungen die Möglichkeit hat, gleichberechtigt am Leben in der Gemeinschaft und im Beruf teilzuhaben, ist nicht behindert (v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 159a, 164).
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(2) Der Gefahr übermäßiger Belastung der Arbeitgeber durch einen solchen weiten Behindertenbegriff wird zudem dadurch entgegengewirkt, dass Behinderungen, die sich im Arbeitsverhältnis nicht auswirken, idR weder zu Benachteiligungen noch zu Diskriminierungen von Arbeitnehmern wegen einer Behinderung führen können. Dabei wird allerdings vielfach erst auf der Ebene der angemessenen Vorkehrungen entschieden werden können, ob und wie sich eine Behinderung im Arbeitsleben auswirkt. Dessen ungeachtet hat die Feststellung der Behinderung der Beurteilung, welche Vorkehrungen dem Arbeitgeber im konkreten Fall zumutbar sind, vorauszugehen. Sie sind Folge und nicht Tatbestandsmerkmal einer Behinderung (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 45 f.).
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b) Der Kläger ist aufgrund seiner symptomlosen HIV-Infektion chronisch erkrankt. Diese Beeinträchtigung wirkt sich auf seine Teilhabe sowohl im Leben in der Gemeinschaft als auch in seinem Berufsfeld aus. Er ist deshalb behindert iSd. § 1 AGG. Das gilt so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern (ebenso Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 72 f., 77 f.; Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 43; aA nur bei Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis: Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 1 Rn. 135; v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 164; nur unter Berücksichtigung künftiger Beeinträchtigungen: Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 54; auf den Einzelfall abstellend: Antwort der Bundesregierung BT-Drucks. 17/7283 S. 4 f.).
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aa) Die HIV-Infektion ist unheilbar. Sie hat eine Verminderung der zellulären Immunität und damit einen Immundefekt zur Folge (Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 265. Aufl. Stichwort: HIV-Erkrankung). Diese Abweichung vom allgemein anerkannten Standard des biomedizinischen Zustands (vgl. zu dieser Definition die ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 18 unter 4.1 Ziff. 5) führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion des Körpers iSd. Behindertenbegriffs des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
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bb) Auf den Grund der Behinderung oder ihre Art kommt es nicht an. Auch chronische Krankheiten werden vom Begriffsverständnis der Behinderung iSd. § 1 AGG erfasst. Das setzt allerdings voraus, dass die erforderliche Beeinträchtigung der Teilhabe vorliegt (BT-Drucks. 14/5074 S. 98; v. Roetteken AGG Stand Oktober 2013 § 1 Rn. 164b). Eine chronische Erkrankung, die solche Beeinträchtigungen nicht mit sich bringen kann, führt nicht zu einer Behinderung iSd. § 1 AGG (vgl. für die RL 2000/78/EG EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 42).
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cc) Der Kläger wird durch seine HIV-Infektion im erforderlichen Maß an der Teilhabe am Leben beeinträchtigt. Unerheblich ist dabei, dass seine Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist. Es genügt, dass er in interpersonellen Beziehungen und bei der Arbeit Stigmatisierungen ausgesetzt sein kann (vgl. ausdrücklich für eine HIV-Infektion ICF Stand Oktober 2005 Einführung S. 24 unter 5.1; vgl. auch Schiek/Welti AGG § 1 Rn. 43). Diese Vorurteile und Stigmatisierungen seiner Umwelt machen ihn zu einem Behinderten iSv. § 1 AGG.
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(1) Die gesellschaftliche Teilhabe auch von symptomlos HIV-Infizierten wird nach wie vor typischerweise durch zahlreiche Stigmatisierungen (zum Begriff des Stigmas Stürmer/Salewski in Beelmann/Jonas Diskriminierung und Toleranz S. 263, 267 f.; vgl. auch Empfehlung 200 der ILO vom 17. Juni 2010 unter I Ziff. 1 Buchst. d) und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt, die auf die Furcht vor einer Infektion zurückzuführen sind, auch wenn die Ausgrenzung in Westeuropa im Rückgang begriffen ist (Stürmer/Salewski aaO S. 264 f., 273; vgl. auch EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 79 ff.; EGMR 10. März 2011 - 2700/10 - [Kiyutin/Russland] Rn. 64). Insbesondere soll HIV-Infizierten signifikant häufig ärztliche Behandlung verweigert werden (Pärli/Naguib/Kuratli Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronischer Krankheit 2012 S. 27), ebenso soll es zu Nachteilen bei Abschlüssen von Versicherungen, speziell Krankenversicherungen, kommen (Stürmer/Salewski aaO S. 273; Pärli/Naguib/Kuratli aaO S. 25). Darüber hinaus soll Vermeidungsverhalten zu beobachten sein, das sich nicht immer sogleich als Ausgrenzung und Diskriminierung erkennen lässt, zB in Form von Diskrepanzen zwischen verbalem und nonverbalem Verhalten (Stürmer/Salewski aaO S. 272 f.). Auch solche Stigmatisierungen und Vorurteile sind benachteiligende gesellschaftliche Kontextfaktoren (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 37 f.; Pärli/Naguib/Kuratli aaO S. 70). Diskriminierung ist letztlich der Endpunkt von Stigmatisierung (vgl. Pärli/Naguib/Kuratli aaO S. 35). Diese nach wie vor fest verwurzelten Vorurteile gegen HIV-Infizierte haben dazu geführt, dass in den Mitgliedstaaten des Europarats eine klare Gesamttendenz erkennbar ist, HIV-Infizierte, wenn nicht durch spezielle Vorschriften, so doch durch die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften, die Schutz vor Diskriminierung etwa wegen Behinderung bieten, vor Ungleichbehandlungen am Arbeitsplatz, insbesondere vor diskriminierenden Kündigungen, zu schützen (EGMR 3. Oktober 2013 - 552/10 - Rn. 39, 82 f. unter Hinweis auf eine in dreißig Mitgliedstaaten des Europarats durchgeführte Vergleichsstudie). Auch die Empfehlung 200 der ILO vom 17. Juni 2010 sieht unter III. Ziff. 3 Buchst. c sowie unter IV. Ziff. 9 bis Ziff. 11 den Schutz vor Diskriminierungen und Kündigungen wegen einer HIV-Infektion vor und strebt unter IV. Ziff. 13 an, dass HIV-Infizierte ihre Arbeit ggf. mit angemessenen Vorkehrungen fortsetzen können.
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(2) Auch im konkreten Fall des Klägers liegen derartige Stigmatisierungen, die HIV-Infizierte erfahren und/oder befürchten, vor. Dies wird eindrücklich dadurch belegt, dass der Kläger über seinen Beistand mitgeteilt hat, er nehme zwar an der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teil, halte sich aber unter den Zuhörern auf, um seine Anonymität zu wahren. Außerdem hat er laut einem bereits während des Instanzenzugs erfolgten Pressebericht (faz.net vom 10. Januar 2012) erklärt, er habe sich entschieden, „im Job“ seine Infektion nicht mehr zu erwähnen. Er arbeite seit Mai (2011) wieder in einer „Medizin-Firma“, auch im Reinraum. Er verweigere Tests und Fragebögen. Gerade diese Reaktion des Klägers, künftig seine HIV-Infektion im Berufsleben zu verschweigen, leistet wiederum Vorurteilen gegenüber HIV-Infizierten Vorschub. So kommt es zu einem sich gegenseitig hochschaukelnden Wechselspiel von Reaktion und Gegenreaktion. Die gegenwärtig noch andauernde Stigmatisierung wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte ausdrücklich geltend macht, die Beschäftigung des Klägers führe zu einer Rufschädigung.
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(3) Darüber hinaus liegt im konkreten Fall des Klägers auch eine Beeinträchtigung im Berufsleben vor, wie der vorliegende Rechtsstreit deutlich macht. Die Beklagte spricht dem Kläger unter Berufung auf das für sie geltende Regelwerk von vornherein die Eignung für den vertraglich geschuldeten Einsatz im Reinraum ab. Dem Kläger als chemisch-technischen Assistenten ist dadurch der Zugang zu einem nicht unerheblichen Teil seines Berufsfeldes verwehrt. Das räumt letztlich auch die Beklagte ein, wenn sie annimmt, der Kläger könne seinen Beruf weiterhin ausüben. Ihm sei lediglich ein Einsatz in der aseptischen Medikamentenherstellung versagt.
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2. Die SOP der Beklagten entbindet diese - anders als sie meint und unterschwellig auch das Landesarbeitsgericht annimmt - nicht von der Pflicht, im zumutbaren Rahmen angemessene Vorkehrungen zur Beschäftigung des behinderten Klägers im Reinraum zu treffen. Entgegen der Annahme der Beklagten steht bisher nicht fest, dass die HIV-Infektion des Klägers mit diesem Regelwerk nicht im Einklang steht bzw. nicht zumindest damit in Einklang zu bringen ist.
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a) Allerdings ist nach dem EG-GMP Leitfaden, auf den Ziff. 5 der SOP verweist, ein System der Qualitätssicherung erforderlich, das der Erreichung des Ziels dient, Patienten keiner Gefahr wegen unzureichender Sicherheit, Qualität oder Wirksamkeit auszusetzen (Kapitel 1 Qualitätsmanagement - Grundsätze). Dieses Sicherungssystem soll sicherstellen, dass Herstellungs- und Prüfverfahren klar spezifiziert sind und die Regeln der Guten Herstellungspraxis beinhalten (Ziff. 1.2 Satz 4 Unterabs. ii des EG-GMP Leitfadens). Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens verlangt, dass Vorkehrungen getroffen werden „sollten“, die, soweit es praktisch möglich ist, sicherstellen, dass in der Arzneimittelherstellung niemand beschäftigt wird, der an einer ansteckenden Krankheit leidet oder offene Verletzungen an unbedeckten Körperstellen aufweist. Diese Vorschrift zwingt - anders als die Beklagte annimmt - den Arzneimittelhersteller nicht dazu, HIV-Infizierte ungeachtet der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der konkreten Produktionsbedingungen und Tätigkeiten des HIV-Infizierten, von einer Tätigkeit im Reinraum auszuschließen. Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens führt die HIV-Infektion nicht als Tatbestand, der eine Tätigkeit im Reinraum absolut und in jedem Fall ausschließt, auf, sondern enthält lediglich eine Generalklausel, die einem HIV-Infizierten den Einsatz im Reinraum abhängig von den Umständen des Einzelfalls verwehrt.
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aa) Auch wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens als Mussvorschrift zu verstehen ist, ist dieser im Rang einer Verordnung stehende Leitfaden unionsrechtskonform, dh. im Hinblick auf § 241 Abs. 2 BGB gesetzeskonform zu interpretieren. Gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/94/EG der Kommission vom 8. Oktober 2003 zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate (RL 2003/94/EG) dient der EG-GMP Leitfaden der Auslegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis. Art. 7 Abs. 5 RL 2003/94/EG, den Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens auslegt, verlangt nur, dass Hygieneprogramme, die den durchzuführenden Tätigkeiten angepasst sind und insbesondere Vorschriften zur Gesundheit des Personals enthalten, erstellt und befolgt werden. Bei Beachtung dieses Anwendungsbefehls, der ausdrücklich auf die durchzuführende und damit konkrete Tätigkeit abstellt, fordert Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens im hier vorliegenden Zusammenhang nur, dass Vorkehrungen zu treffen sind, die - soweit praktisch möglich - sicherstellen, dass die Beschäftigten nicht an einer ansteckenden Krankheit leiden, deren Ansteckungsgefahr sich auf die konkrete Tätigkeit auswirkt. Nur dann, wenn bezogen auf die konkrete Tätigkeit eine Ansteckungs- bzw. Kontaminationsgefahr besteht, soll also eine Tätigkeit des Erkrankten unterbunden werden.
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bb) In dieser Auslegung meinen Art. 5 RL 2000/78/EG und Ziff. 2.15 des EG-GMP Leitfadens bezogen auf den vorliegenden Fall letztlich dasselbe: Der Arbeitgeber muss bei einem Behinderten, der an einer ansteckenden Krankheit leidet, die ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um einerseits dem Behinderten eine (leidensgerechte) Tätigkeit zu ermöglichen, andererseits aber Ansteckungsgefahren für Kollegen oder Dritte, insbesondere die Empfänger der erzeugten Arzneimittel, mit der erforderlichen Sicherheit verhindern zu können.
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b) Damit wird von der Beklagten nicht verlangt, sehenden Auges ein messbares, ernsthaftes Risiko einzugehen, mit HI-Viren kontaminierte Präparate in den Verkehr zu bringen und sich damit erheblichen, uU die Existenz des Betriebs gefährdenden Schadensersatzrisiken auszusetzen. Deshalb ist auch ihre unternehmerische Entscheidungsfreiheit nicht in Frage gestellt. Dementsprechend räumt der Kläger ausdrücklich ein, dass sein Einsatz im Reinraum ausgeschlossen sein dürfte, wenn eine Übertragungswahrscheinlichkeit bestehe. Bisher ist aber - und das rügt die Revision mit Recht - weder vorgetragen, geschweige denn festgestellt, dass es überhaupt ein messbares Risiko einer Kontamination gibt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz will gerade solchen, aus bloß diffusen Befürchtungen und der Weigerung des Arbeitgebers, die konkreten Risiken zu ermitteln und mögliche Änderungen der Arbeitsabläufe auch nur in Erwägung zu ziehen, resultierenden Benachteiligungen entgegenwirken. Der Arbeitgeber darf sich, anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, gerade nicht darauf beschränken, ohne konkrete Prüfung der Umstände und Risiken den „sicheren Weg“ zu wählen.
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3. Der Umstand, dass es unstreitig und vom Landesarbeitsgericht festgestellt ist, dass keine anderweitige Einsatzmöglichkeit des Klägers außerhalb des Reinraums bestand, entbindet die Beklagte nicht von der Darlegung, inwieweit keine angemessenen Vorkehrungen getroffen werden konnten, die dem Kläger einen Einsatz auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz im Reinraum ermöglicht hätten.
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IV. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Ob die Klage begründet ist, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat die zur Beurteilung der Wirksamkeit der Wartezeitkündigung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Dies wird es unter Beachtung nachstehender Erwägungen nachzuholen haben.
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1. Die Beklagte hat zu ihren Produkten, den Produktionsbedingungen und der Tätigkeit des Klägers im Reinraum bisher nicht hinreichend konkret vorgetragen. Sie beruft sich im Kern darauf, dass ihr ein noch so geringes Risiko nicht zuzumuten sei, ohne vorzutragen, ob überhaupt ein messbares Risiko bestand, dass es durch den Kläger zu einer Verunreinigung der Produkte der Beklagten mit HI-Viren kommt. Es fehlt somit bereits am erforderlichen Ausgangspunkt für die Prüfung, ob und welche angemessene(n) Vorkehrungen ihr zumutbar sind.
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a) Die Beklagte hat bisher lediglich vorgetragen, sie produziere radioaktive Medikamente für Krebspatienten, die intravenös verabreicht würden. Aus der von ihr vorgelegten Herstellungserlaubnis ergibt sich, dass es sich dabei um Arzneimittel für die Positronen-Emissions-Tomographie mit zwei verschiedenen Wirkstoffen handelt. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, ihre Produkte seien nur zehn Stunden wirksam, so dass eine Überprüfung auf eine mikrobielle oder virale Verunreinigung vor der Anwendung unmöglich sei. Sie fertige im Rahmen einer sog. „aseptischen Herstellung“ und müsse deshalb mit sterilen Materialien arbeiten. Die Produktion des Medikaments, von dem sie mehr als 6,5 Millionen Einheiten im Jahr herstelle, erfordere die Arbeit mit angeschliffenen Hohlkanülen, Glasfläschchen und Aluminiumdeckeln, so dass Schnitt- und Stichverletzungen möglich seien, wobei es denkbar sei, dass diese nicht sofort bemerkt würden. Verletzungen der Arbeitnehmer und Verunreinigungen der Medikamente mit Blut seien möglich.
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b) Zur Tätigkeit des Klägers hat die Beklagte nur vorgetragen, dass er Gefäße, in die das Medikament abgefüllt wird, sowie Produktionskassetten vorzubereiten hatte, die mit sterilen Gläschen mittels Spritzen befüllt und mittels nadelartiger Spikes entlüftet werden.
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2. Das Landesarbeitsgericht wird vor seiner erneuten Entscheidung der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, diesen Vortrag zu substantiieren und insbesondere zur Möglichkeit, angemessene Vorkehrungen hinsichtlich des Einsatzes des Klägers im Reinraum zu treffen, vorzutragen.
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a) Die Beklagte stellt in ihrem Vortrag bisher ausschließlich auf das Risiko ab, Patienten, denen von ihr produzierte Medikamente injiziert werden, könnten sich mit HI-Viren infizieren. Aus dem bisherigen Vortrag ergibt sich jedoch nicht, welche Maßnahmen die Beklagte trifft, wenn es zu den von ihr angesprochenen blutenden Schnitt- oder Stichverletzungen kommt. Eine aseptische Herstellung erscheint in diesen Fällen - unabhängig davon, ob der betroffene Arbeitnehmer an einer ansteckenden Krankheit, insbesondere HIV, leidet - ausgeschlossen. Die fraglichen Medikamente dürften zu vernichten sein.
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b) Erforderlich ist konkreter Vortrag dazu, inwieweit bei blutenden Verletzungen - insbesondere bei den von der Beklagten angesprochenen geringfügigen Verletzungen - oder auf andere Weise konkret und messbar das Risiko besteht, dass es zu (nicht entdeckbaren) Kontaminationen der hergestellten Medikamente kommen kann, und zusätzlich das Risiko besteht, dass ein solchermaßen verunreinigtes Medikament zu einer HIV-Infektion von Patienten führen kann, denen das Medikament injiziert wird. Dabei wird auch darzulegen sein, welches Risiko besteht, dass es überhaupt zu den von der Beklagten genannten (schwach) blutenden Verletzungen kommt, ob und wie dieses Risiko - etwa durch das Tragen von Spezialhandschuhen - ausgeschlossen werden kann, ob es bei bestimmten Tätigkeiten im Reinraum höher ist als bei anderen und - falls ja - ob der Kläger mit anderen als solchen besonders risikobehafteten Tätigkeiten im Reinraum beschäftigt werden konnte.
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3. Nach Maßgabe des ergänzten Vortrags der Beklagten wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen, dh. durch wirksame und praktikable, die Beklagte nicht unverhältnismäßig belastende Maßnahmen, den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Nur wenn das nicht der Fall war, ist die Kündigung wirksam. Bei dieser Prüfung wird es sich die zum Verständnis des Parteivorbringens erforderliche Sachkunde - ggf. auch über den Sachvortrag hinaus (vgl. BGH 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - zu II 3 c der Gründe) - durch ein im Rahmen des Ermessens nach § 144 ZPO anzuordnendes Sachverständigengutachten verschaffen müssen. Sollte es bei seiner Entscheidung auf die Zumutbarkeit der Kosten der von der Beklagten zu veranlassenden Maßnahmen ankommen, wird es neben der Finanzkraft der Beklagten und der Frage, ob sie öffentliche Mittel in Anspruch hätte nehmen können, zu berücksichtigen haben, dass der Kläger erst kurz bei der Beklagten beschäftigt war und diese für seine Behinderung nicht verantwortlich ist. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verlangt nicht, dass die Einstellung und Beschäftigung eines Behinderten für den Arbeitgeber zum „Zuschussgeschäft“ wird (vgl. EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring] Rn. 59 f.; zur Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten bei der Frage der angemessenen Vorkehrungen allgemein vgl. Däubler/ Bertzbach/Brors AGG 3. Aufl. § 8 Rn. 34). Das gilt insbesondere in der Wartezeit.
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V. Ob dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, hängt davon ab, ob die Kündigung wirksam ist.
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Fischermeier
Gallner
Spelge
Reiner Koch
Hoffmann
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