Beschluss vom Bundesarbeitsgericht (1. Senat) - 1 ABR 56/14

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. August 2014 - 13 TaBV 92/13 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Versetzung.

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Die beteiligte Arbeitgeberin ist Mitglied im Deutschen Bühnenverein. Sie betreibt ein Theater mit insgesamt etwa 150 Beschäftigten. Dort ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Ihn ersuchte sie mit Schreiben vom 29. Februar 2012 um Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung des Bewerbers C als „Veranstaltungstechniker / Schwerpunkt Beleuchtung“ mit überwiegend künstlerischen Aufgaben. Dieser ist nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung als „Bühnentechniker … überwiegend künstlerisch tätig“. Der Betriebsrat verlangte mit Schreiben vom 7. März 2012 - im Ergebnis ohne Erfolg - weitere Informationen zur auszuübenden Tätigkeit und behielt sich die Zustimmungsverweigerung zur Einstellung vor. Er widersprach der Eingruppierung, weil eine überwiegend künstlerische Tätigkeit nicht vorliege. Daraufhin wurde Herr C zum 26. März 2012 eingestellt.

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Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, bei der Zuweisung der tatsächlichen Tätigkeit an den Arbeitnehmer C handele es sich um eine Versetzung, weil er entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht überwiegend künstlerisch eingesetzt werde.

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Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers C aus dem Arbeitsbereich, in dem er nach dem geschlossenen Arbeitsvertrag überwiegend künstlerisch tätig werden sollte, in den Arbeitsbereich, in dem er nicht überwiegend künstlerisch tätig ist, aufzuheben.

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Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Versetzung liege nicht vor. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers habe sich zu keinem Zeitpunkt geändert.

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Das Arbeitsgericht hat den zunächst gestellten Feststellungsantrag, der Arbeitnehmer sei nicht überwiegend künstlerisch tätig, als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er nunmehr die Aufhebung der Versetzung des Arbeitnehmers verlangt, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

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B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Der Antrag ist unbegründet.

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I. Der Antrag ist nach seinem Wortlaut auf die Aufhebung einer Versetzung eines namentlich benannten Arbeitnehmers gerichtet. Der Betriebsrat wendet sich nicht gegen dessen zwischenzeitlich erfolgte Einstellung, sondern gegen dessen „Versetzung“, weil ihm ein anderer Arbeitsbereich als der vertraglich vereinbarte zugewiesen worden sei.

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II. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. Die Arbeitgeberin hat sich auf den zweitinstanzlich geänderten Antrag rügelos eingelassen. Damit gilt die Zustimmung gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3, § 81 Abs. 3 Satz 2 ArbGG als erteilt.

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III. Der Antrag ist unbegründet. Eine Versetzung des Arbeitnehmers C iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 95 Abs. 3 BetrVG liegt nicht vor.

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1. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne dessen vorherige Zustimmung durchführt, deren Aufhebung verlangen.

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2. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats fehlt es an einer Versetzung des Arbeitnehmers C.

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a) Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. „Arbeitsbereich“ sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist (vgl. BAG 10. Oktober 2012 - 7 ABR 42/11 - Rn. 41 mwN).

14

b) Nach den nicht mit Rügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer „von Beginn seiner Beschäftigung … an bis zuletzt als Veranstaltungstechniker“ eingesetzt worden, „ohne dass sich an seinem Arbeitsbereich im tatsächlichen etwas geändert hat“. Danach wurde dem Arbeitnehmer C seit Aufnahme der Tätigkeit kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen.

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c) Der Einwand des Betriebsrats, er habe aufgrund des Unterrichtungsschreibens der Arbeitgeberin im Rahmen des Zustimmungsverfahrens davon auszugehen können, der Arbeitnehmer sei zu Beginn seiner Tätigkeit tatsächlich überwiegend künstlerisch beschäftigt worden, ist unerheblich.

16

Ungeachtet des Umstands, dass der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 7. März 2012 selbst geltend gemacht hat, er könne bei einer Fachkraft für Veranstaltungstechnik eine überwiegend künstlerische Tätigkeit nicht erkennen, würde eine etwaige unzutreffende Unterrichtung über die vorgesehene Beschäftigung nicht - wie die Rechtsbeschwerde meint - zu einer mit der Einstellung „eine juristische Sekunde“ danach einhergehenden Versetzung führen, weil die „Erstzuweisung“ der Tätigkeit von der im Zustimmungsverfahren mitgeteilten abweicht. Für eine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Zuweisung eines anderen als des zuvor tatsächlich bestehenden Arbeitsbereichs und nicht eine fehlerhafte Information des Betriebsrats über die beabsichtigte Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgebend. Eine solche könnte allenfalls dazu führen, dass eine vom Betriebsrat beschlossene Zustimmung zur Einstellung nicht vorliegt, weil der Arbeitgeber eine andere als die mitgeteilte personelle Maßnahme durchgeführt hat. Gegen eine solche Einstellung kann sich der Betriebsrat nach Maßgabe des § 101 BetrVG wenden und deren Aufhebung verlangen. Das ist aber nicht Ziel seines Antragsbegehrens.

        

    Schmidt    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Schwitzer    

        

    Hann    

                 

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