Urteil vom Bundesarbeitsgericht (1. Senat) - 1 AZR 346/16
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 2. Februar 2015 - 2 Sa 762/14 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Anrechnung einer Tarifentgelterhöhung auf eine übertarifliche Zulage.
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Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Kurier- und Logistikunternehmen, als Airfreight Agent beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien vereinbart, dass „unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit des Mitarbeiters die jeweils für die Gesellschaft kraft Tarifbindung anwendbaren Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung“ gelten. Außerdem heißt es in dem Arbeitsvertrag ua.:
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„Der Mitarbeiter wird in die Lohngruppe 3 des derzeit gültigen Flächentarifvertrages für die Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalens eingruppiert.
Das monatliche tarifliche Bruttoentgelt beträgt € 1.689,20.
…
Die monatliche (übertarifliche) Bruttofirmenzulage beträgt € 793,99. Für diese gilt der Anrechnungsvorbehalt im letzten Absatz dieser Ziffer.
…
Erhält der Mitarbeiter sonstige über- oder außertarifliche Zulagen, so ist die Gesellschaft berechtigt, Tariflohnerhöhungen teilweise oder vollständig auf die Zulage anzurechnen. Anrechenbar sind auch Tariflohnerhöhungen, die aufgrund von Alterssprüngen, Umgruppierungen oder einer tariflichen Arbeitszeitverkürzung entstehen.“
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Das monatliche Tarifentgelt des nach der Lohngruppe (Lg.) 3 des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen (LTV) vergüteten Klägers belief sich zuletzt auf 1.972,53 Euro brutto; die übertarifliche Firmenzulage auf 1.059,27 Euro brutto. Ab dem 1. Januar 2014 zahlte die Beklagte als sog. „Performance Review“ weitere 82,62 Euro brutto monatlich, insgesamt also 3.114,42 Euro brutto.
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Mit im Dezember 2013 beim Arbeitsgericht angebrachter Klage hat der Kläger eine Eingruppierung in Gehaltsgruppe III des Gehaltstarifvertrags für die kaufmännischen und technischen Angestellten in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen (GTV) geltend gemacht und Differenzvergütungsansprüche beansprucht. Nach Klageerhebung teilte ihm die Beklagte mit, dass er - ebenso wie die weiteren nach dem LTV vergüteten Airfreight Agents - ab dem 1. Februar 2014 nach Gehaltsgruppe II GTV vergütet werde. Das monatliche Tarifentgelt des Klägers erhöhte sich dadurch auf 2.290,00 Euro brutto. Den Steigerungsbetrag rechnete die Beklagte in vollem Umfang auf die Zulagen an und zahlte dem Kläger weiter eine monatliche Vergütung iHv. 3.114,42 Euro brutto.
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Mit Klageerweiterung hat sich der Kläger gegen die Anrechnung gewehrt und für Januar 2014 bis einschließlich Juni 2014 die Zahlung der auf eine ungekürzte Zulage iHv. 1.059,27 Euro bezogenen monatlichen Differenzbeträge nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Anrechnung sei unbillig, weil die Beklagte die Tarifsteigerungen bei den betroffenen Airfreight Agents in unterschiedlichem Umfang auf deren jeweilige Zulage angerechnet habe. Auch liege ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Darüber hinaus sei die Anrechnung wegen fehlender Beteiligung des Betriebsrats unwirksam.
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Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.409,10 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 234,85 Euro seit dem 3. Februar 2014, aus 234,85 Euro seit dem 3. März 2014, aus 234,85 Euro seit dem 3. April 2014, aus 234,85 Euro seit dem 3. Mai 2014, aus 234,85 Euro seit dem 3. Juni 2014 und aus 234,85 Euro seit dem 3. Juli 2014 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sei mangels kollektiven Tatbestands ausgeschlossen. Ungeachtet dessen sei der Betriebsrat nicht zu beteiligen gewesen, weil die Anrechnung der Tarifentgeltsteigerung bei den vom LTV in den GTV umgruppierten Airfreight Agents auf deren - in unterschiedlicher Höhe gewährte - übertarifliche Zulagen vollständig und gleichmäßig erfolgt sei.
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Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage - soweit für die Revision noch von Bedeutung - für den Zeitraum Februar bis Juni 2014 iHv. 1.174,25 Euro nebst gestaffelten Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger insoweit die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Der in der Revision noch streitbefangene Anspruch des Klägers folgt nicht aus § 611 Abs. 1 BGB. Der Kläger hat keinen vertraglichen Anspruch auf ungekürzte Weiterzahlung der Zulage. Die Beklagte war berechtigt, die Erhöhung des Tarifentgelts auf die Zulage anzurechnen.
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1. Der Kläger verlangt ausschließlich die ungekürzte Weiterzahlung der übertariflichen Zulage. Er hat seine in die Revisionsinstanz gelangte Forderung nur auf die Bruttofirmenzulage iHv. 1.059,27 Euro und nicht auf die Performance Review iHv. 82,62 Euro bezogen. Ob die Anrechnung bezogen auf letzteren Vergütungsbestandteil zulässig war, fällt dem Senat daher nicht zur Entscheidung an.
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2. Die Anrechnung der Zulage auf das umgruppierungsbedingt erhöhte Tarifentgelt war individualrechtlich zulässig.
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a) Wird ein Entgelt vereinbart, das sich aus einem Tarifentgelt und einer Zulage zusammensetzt, und erweist sich später das Tarifentgelt aus Rechtsgründen - wie hier wegen einer Eingruppierung in Lg. 3 LTV statt Gehaltsgruppe II GTV - als zu niedrig angesetzt, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistung der unverminderten Zulage neben dem erhöhten Tarifentgelt nur in den Fällen, in denen die Zulage als selbständiger, anrechnungsfester Bestandteil der Gesamtvergütung vereinbart ist (vgl. BAG 23. Februar 2016 - 1 AZR 73/14 - Rn. 13 mwN, BAGE 154, 136). Haben die Arbeitsvertragsparteien einen Anrechnungsvorbehalt vereinbart, gilt - sofern wirksam - dieser. Verringert sich durch eine Anrechnung die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht, ist die mit ihr verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand (vgl. BAG 25. Januar 2017 - 4 AZR 517/15 - Rn. 66 mwN).
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b) Vorliegend haben die Parteien arbeitsvertraglich eine Berechtigung der Beklagten vereinbart, Tariflohnerhöhungen - auch solche, die auf einer Umgruppierung beruhen - teilweise oder vollständig auf eine „sonstige über- oder außertarifliche Zulage“ anzurechnen. An der Wirksamkeit dieser Abrede bestehen keine Zweifel. Auch der Kläger macht solche nicht geltend.
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aa) Soweit er sich darauf beruft, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast zur Ausübung der konkreten Anrechnung anlässlich der Umgruppierung nach billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB nicht nachgekommen, verkennt er, dass ein Anrechnungsvorbehalt wie der im Streitfall vereinbarte dem Arbeitgeber grundsätzlich das Recht einräumt, die Zulage bei einer Erhöhung des Tarifentgelts zu kürzen. Eine Anrechnung erfolgt dabei maximal im Umfang der Anhebung der tariflichen Vergütung. Deshalb führt sie nicht zu einer Änderung des Gesamtbruttoverdienstes; es verschiebt sich nur das Verhältnis der tariflichen zu den übertariflichen Entgeltbestandteilen. Eine solche Anrechnung widerspricht nicht billigem Ermessen (vgl. BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 27, BAGE 127, 319).
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bb) Ob die Anrechnung wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unbillig ist, bedarf keiner Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat eine Ungleichbehandlung nicht festgestellt. Soweit der Kläger eine solche gegenüber den Arbeitnehmern beanstandet, die bereits in Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert waren und höhere Zulagen erhielten, bezieht er sich von vornherein auf eine Gruppe mit ihm nicht vergleichbarer Arbeitnehmer. Bei den vergleichbaren, gleichfalls von Lg. 3 LTV in Gehaltsgruppe II GTV umgruppierten Arbeitnehmern steht dagegen fest, dass die jeweiligen Tarifentgeltsteigerungen, ebenso wie beim Kläger, vollständig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet worden sind. Nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts ist „unstreitig, dass bei sämtlichen Mitarbeitern, bei denen eine Umgruppierung vorgenommen wurde, die effektiv gezahlte Gesamtvergütung anlässlich der Umgruppierung nicht erhöht wurde“. Gegen diese auch in den Entscheidungsgründen mögliche (vgl. BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 63, BAGE 147, 172) und den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindende Feststellung hat die Revision keine Rüge erhoben. Eine solche liegt nicht in der Bezugnahme auf die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobene Gehörsrüge (grds. dazu BAG 22. Oktober 2015 - 6 AZR 538/14 - Rn. 21, BAGE 153, 163). Diese bezog sich nicht auf die genannte Feststellung, sondern mit ihr war ein anderer Vortrag als übergangen gerügt worden.
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3. Die Anrechnung ist nicht wegen einer Verletzung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts unwirksam.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung einer Tarifentgelterhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, wenn eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für die Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Eine Anrechnung unterliegt daher nicht der Mitbestimmung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt. Gleiches gilt, wenn die Tarifentgelterhöhung bei allen Arbeitnehmern im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig auf die übertarifliche Zulage angerechnet wird. Rechnet der Arbeitgeber dagegen eine Erhöhung des Tarifentgelts nur teilweise auf die freiwilligen übertariflichen Zulagen an, hat er den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen, da in diesem Fall Raum für eine andere Verteilungsentscheidung verbleibt (BAG 24. Januar 2017 - 1 ABR 6/15 - Rn. 15 mwN). Verletzt der Arbeitgeber bei einer Anrechnung von Tarifsteigerungen auf Zulagen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, hat dies die Unwirksamkeit der Anrechnung zur Folge (BAG 23. Februar 2016 - 1 AZR 73/14 - Rn. 16 mwN, BAGE 154, 136).
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b) Hiernach war die Anrechnung mitbestimmungsfrei.
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aa) Die Anrechnung hat allerdings - entgegen der Auffassung der Beklagten - den für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erforderlichen kollektiven Bezug. Ungeachtet dessen, dass die Beklagte selbst vorgetragen hat, sie habe „bei allen betroffenen … Airfreight Agents, die … in Gehaltsgruppe 2 des Gehaltstarifvertrags umgruppiert wurden, die Tariflohnerhöhung … auf die übertariflichen Zulagen … angerechnet“, besteht ein kollektiver Bezug auch dann, wenn eine Anrechnung nicht im Zusammenhang mit einer allgemeinen Tariferhöhung, sondern aus Anlass von Steigerungen des Tarifentgelts erfolgt, die auf Höher- oder Umgruppierungen einzelner Arbeitnehmer oder ggf. auch nur eines einzelnen Arbeitnehmers beruhen (für die Höhergruppierung BAG 3. Juni 2003 - 1 AZR 314/02 - zu I 2 b der Gründe mwN). Auch in solchen Fällen sind die Strukturformen des Entgelts betroffen, denn mit einer tariflichen Höher- oder Umgruppierung setzt die Anrechnung an der Erfüllung genereller Kriterien an.
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bb) Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG scheidet aber aus, weil aufgrund der Feststellung des Landesarbeitsgerichts bei sämtlichen betroffenen Mitarbeitern von einer vollumfänglichen Anrechnung der Tarifentgeltsteigerungsbeträge auf deren übertarifliche Zulagen auszugehen ist. Ein Verteilungsspielraum, innerhalb dessen der Betriebsrat hätte mitbestimmen können, bestand nicht. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Revision sind unbegründet.
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(1) Dies gilt zunächst für die Auffassung des Klägers, einer Mitbestimmung des Betriebsrats stehe die vollständige Anrechnung des Umgruppierungsgewinns nicht entgegen.
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(a) Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts besteht - trotz Änderung der Verteilungsgrundsätze - kein Mitbestimmungsrecht bei der Anrechnung oder beim Widerruf von Zulagen, wenn für den Arbeitgeber kein Regelungsspielraum zu deren anderweitigen Verteilung verbleibt (BAG GS 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 6 der Gründe, BAGE 69, 134). Daran fehlt es sowohl in den Fällen, in denen die Anrechnung zum vollständigen Wegfall aller Zulagen führt - sog. „tatsächliches Hindernis“ -, als auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Tariflohnerhöhung vollständig auf die Zulagen aller Arbeitnehmer anrechnet - sog. „rechtliches Hindernis“. Das beruht auf dem Gedanken, dass dem Arbeitgeber keine weitere Anrechnungsmöglichkeit bleibt, weil er nicht mehr als die Tariflohnerhöhung anrechnen kann. Der Arbeitnehmer hat wegen der zugrunde liegenden Vereinbarung einen Anspruch darauf, dass ihm nach der Tariflohnerhöhung zumindest die um die Tariflohnerhöhung gekürzte Zulage gezahlt werde. Wenn aber für den Arbeitgeber keine rechtliche (oder tatsächliche) Möglichkeit einer anderweitigen Verteilung besteht, scheidet eine Mitbestimmung des Betriebsrats aus. Gegenteiliges folgt weder aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Senats vom 26. August 2008 (- 1 AZR 354/07 - BAGE 127, 297), in der es um die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Änderung bisher geltender Entlohnungsgrundsätze bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber ging, noch aus der vom Kläger in Bezug genommenen Senatsentscheidung vom 18. Oktober 2011 (- 1 ABR 34/10 -). Nach dieser ist der tarifgebundene Arbeitgeber im Bereich der betrieblichen Lohngestaltung verpflichtet, das tarifliche Entlohnungssystem auch gegenüber nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern anzuwenden, soweit dessen Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen. Beide Fallgestaltungen sind hier nicht einschlägig.
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(b) Demnach mag sich zwar bei den vormals in Lg. 3 LTV eingruppierten Airfreight Agents nach deren Umgruppierung in Gehaltsgruppe II GTV infolge der ihnen im Nominalwert unterschiedlich hoch gewährten Zulagen durch eine vollständige Anrechnung das rechnerische Verhältnis der Zulagen zueinander geändert haben, wie auch die vom Kläger dargelegten Rechenbeispiele zeigen. Ein rechtlicher Spielraum für eine mitbestimmte anderweitige Verteilung der Zulagen bestand aber nicht, weil die Beklagte den zulagenberechtigten Arbeitnehmern die verbleibende Restzulage nicht „entziehen“ kann, um sie (mitbestimmt) umzuverteilen. Der Verweis des Klägers auf andere, bereits in Gehaltsgruppe II GTV eingruppierte Arbeitnehmer mit höheren Zulagen führt zu keiner anderen Beurteilung. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es der Beklagten rechtlich möglich gewesen wäre, mit der in der Anrechnungsentscheidung zum Ausdruck gekommenen Verringerung des Zulagenvolumens neben dem Kläger und den anderen umgruppierten Airfreight Agents, deren Tarifentgelt sich erhöht hat, auch andere Zulagenempfänger zu belasten. Ob dies ggf. anders zu bewerten wäre, wenn die anderen Arbeitnehmern gewährten Zulagen widerruflich ausgestaltet wären und nicht, wie beim Kläger, unter dem Vorbehalt einer Anrechnung anlässlich einer Tariflohnerhöhung stehen, muss nicht entschieden werden (dazu BAG 22. April 1997 - 1 ABR 77/96 - zu B II 2 c aa und bb der Gründe).
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(2) Soweit die Revision unter Verweis auf die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift darauf abhebt, es sei keine vollständige und gleichmäßige Anrechnung der umgruppierungsbedingten Tarifentgeltsteigerung auf die Zulagen erfolgt, widerspricht dies der mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und den Senat bindenden Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass sich bei allen umgruppierten Mitarbeitern die Gesamtvergütung nicht erhöht hat.
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II. Die Beklagte ist ferner nicht nach den sich aus der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ergebenden Grundsätzen verpflichtet, dem Kläger eine ungekürzte Zulage zu zahlen. Soweit die Revision argumentiert, es verbleibe bei einer mitbestimmungswidrig etablierten Zulagenstruktur, wenn ein Arbeitgeber diese durch Anrechnungen unter Missachtung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG einseitig ändere, verkennt sie, dass - ungeachtet der Tarifgebundenheit der Beklagten - die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung keinen Anspruch auf eine Vergütung trägt, deren zugrunde liegenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig eingeführt worden sind (vgl. BAG 24. Januar 2017 - 1 AZR 772/14 - Rn. 44).
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Schmidt
Treber
K. Schmidt
Fritz
N. Schuster
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