Urteil vom Bundesarbeitsgericht (7. Senat) - 7 AZR 829/16

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 25. Oktober 2016 - 19 Sa 26/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über eine Zeitgutschrift.

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Der Kläger ist bei dem beklagten Verein, einem Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes, als Rettungssanitäter beschäftigt und nicht freigestelltes Mitglied des Betriebsrats.

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Nach § 12 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden DRK-Reformtarifvertrags in der Fassung des 41. Änderungstarifvertrags (nachfolgend TV) beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durchschnittlich 38,5 Stunden. Für die Berechnung des Durchschnitts ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen. Die regelmäßige Arbeitszeit kann nach § 12 Abs. 6 TV bis zu zwölf Stunden täglich und 45 Stunden wöchentlich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt. Nach § 15 TV steht es dem Arbeitgeber frei, für die Mitarbeiter Arbeitszeitkonten einzurichten, deren Ausgestaltung bei Bestehen eines Betriebsrats durch Betriebsvereinbarung zu erfolgen hat. Der Kläger arbeitet in Arbeitsschichten von zwölf Stunden täglich. Für ihn wird auf der Grundlage von § 15 TV und einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom 1. März 2012 ein Arbeitszeitkonto geführt.

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Im Jahr 2014 nahm der Kläger am 3. Februar, 17. Februar, 17. März, 1. April, 28. April, 2. Juni, 1. Juli, 15. Juli, 1. Oktober und 1. Dezember sowie im Jahr 2015 am 1. April, 15. April, 5. Mai, 1. Juli, 15. Juli und 28. Juli an jeweils achtstündigen Betriebsratssitzungen außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit teil. Für die Teilnahme an diesen Betriebsratssitzungen gewährte der Beklagte dem Kläger jeweils eine Zeitgutschrift von acht Stunden. So verfährt der Beklagte auch bei anderen Betriebsratsmitgliedern. Findet eine achtstündige Betriebsratssitzung während der persönlichen Arbeitszeit eines Betriebsratsmitglieds statt, wird dieses vom Beklagten an dem betreffenden Tag nicht zur weiteren Arbeitsleistung herangezogen, auch wenn das Betriebsratsmitglied in einer zwölfstündigen Schicht arbeitet, da ein sinnvoller Einsatz für die restliche Zeit - etwa in Teilschichten - nicht möglich ist.

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Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger für die genannten 16 Tage, an denen er in den Jahren 2014 und 2015 an Betriebsratssitzungen außerhalb seiner Arbeitszeit teilnahm, eine zusätzliche Zeitgutschrift von jeweils vier Stunden, insgesamt also von weiteren 64 Stunden, geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nach § 37 Abs. 3 BetrVG verpflichtet, seinem Arbeitszeitkonto an Tagen, an denen er außerhalb der Arbeitszeit an achtstündigen Betriebsratssitzungen teilnehme, nicht nur die tatsächlich aufgewendete Zeit von acht Stunden, sondern zwölf Stunden gutzuschreiben. Die nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG geschuldete „entsprechende Arbeitsbefreiung“ erfordere nicht, dass die Betriebsratstätigkeit ihrem zeitlichen Umfang nach deckungsgleich mit dem Freizeitausgleich sei. Geboten sei eine „qualitative“ Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des Umstands, dass seine regelmäßige arbeitstägliche Arbeitszeit inklusive Arbeitsbereitschaft zwölf Stunden betrage. Da während der Dauer der Betriebsratstätigkeit keine Arbeitsbereitschaft anfalle, entspreche eine arbeitstägliche Betriebsratstätigkeit von acht Stunden der im Rettungsdienst durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft ausgedehnten Zwölf-Stunden-Arbeitsschicht. Der geltend gemachte Anspruch folge auch daraus, dass der Beklagte Rettungssanitätern, die während der Arbeitszeit an Betriebsratssitzungen teilnehmen, eine zwölfstündige Zeitgutschrift erteile, ohne dass die jeweiligen Betriebsratsmitglieder nach der Sitzung noch zur Arbeit herangezogen würden. Auch bei der Teilnahme von Rettungssanitätern und Rettungsassistenten an achtstündigen schulischen Fortbildungen werde eine Zeitgutschrift von zwölf Stunden gewährt.

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Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Zeitgutschrift in Höhe von 64 Stunden zu gewähren.

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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

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A. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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I. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung des Klageantrags zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

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1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“ bzw. in ein Arbeitszeitkonto Stunden „einzustellen“, ist hinreichend bestimmt, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll (vgl. BAG 28. September 2016 - 7 AZR 248/14 - Rn. 21; 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 14 mwN, BAGE 155, 310). Weist das Arbeitszeitkonto geleistete Mehr- oder Überarbeit aus oder solche Zeiten, die durch Freistellung von der Arbeitspflicht bei Fortzahlung der Vergütung auszugleichen sind, ist der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, wenn sich der Antrag auf eine Gutschrift von solchen Zeiten in einem genau angegebenen Umfang bezieht (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 7 AZR 774/10 - Rn. 17).

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2. Bei einem wörtlichen Verständnis wäre der auf Gewährung einer Zeitgutschrift von 64 Stunden gerichtete Antrag mangels Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Der Wortlaut lässt im Unklaren, an welcher Stelle welches Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll. Insoweit lässt der Antrag aber bei der gebotenen, auf die Ermöglichung einer Sachentscheidung gerichteten Auslegung (vgl. BAG 18. Januar 2017 - 7 AZR 224/15 - Rn. 17 mwN, BAGE 158, 31) den Inhalt der vom Kläger begehrten Entscheidung erkennen. Der Klageantrag ist nach dem Vorbringen des Klägers dahin zu verstehen, dass der Beklagte die Zeitgutschrift auf dem für den Kläger auf der Grundlage von § 15 TV und der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit geführten Arbeitszeitkonto vornehmen und das Konto dadurch berichtigen soll. Die geltend gemachte Gutschrift von 64 Stunden bezieht sich auf die vom Kläger konkret bezeichneten 16 Tage, an denen er außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit an achtstündigen Betriebsratssitzungen teilgenommen hat. Der Beklagte hat nicht behauptet, dass das Zeitkonto an dieser Stelle nicht mehr korrigiert werden kann.

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II. Die Klage ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Zeitgutschrift hat.

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1. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands (zB § 37 Abs. 2 BetrVG) nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss (vgl. BAG 18. Januar 2017 - 7 AZR 224/15 - Rn. 20, BAGE 158, 31; 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - Rn. 17, BAGE 155, 310). Die nachträgliche Gutschrift auf einem Arbeitszeitkonto setzt voraus, dass der Arbeitnehmer Arbeitsstunden erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und diese bisher nicht vergütet und nicht in das Arbeitszeitkonto eingestellt wurden (BAG 18. Januar 2017 - 7 AZR 224/15 - aaO; 29. Juni 2016 - 5 AZR 617/15 - aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Angaben, die ein durch Befreiung von der Arbeitspflicht auszugleichendes Zeitguthaben ausweisen. Auch hinsichtlich dieser Daten hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos und kann bei fehlerhaften Angaben eine Berichtigung verlangen (BAG 15. Februar 2012 - 7 AZR 774/10 - Rn. 20).

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2. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte zusätzlich 64 Stunden als auszugleichende Freizeit in sein Arbeitszeitkonto einstellt.

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a) Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stützen.

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aa) Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG ist die Arbeitsbefreiung vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten. Mitglieder des Betriebsrats erhalten danach weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung. Vielmehr gilt das Lohnausfallprinzip. Dieses wird durch § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht durchbrochen. Der dort geregelte Freizeitausgleich für die außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit betrifft lediglich die Folgen einer aus betriebsbedingten Gründen notwendigen Abweichung von dem Grundsatz, dass Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat (BAG 28. September 2016 - 7 AZR 248/14 - Rn. 37; 28. Mai 2014 - 7 AZR 404/12 - Rn. 20; 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 29 mwN, BAGE 134, 233).

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bb) Danach kann der Kläger vom Beklagten nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG keine Arbeitsbefreiung im Umfang von weiteren 64 Stunden für die Teilnahme an den streitgegenständlichen Betriebsratssitzungen verlangen. Die Betriebsratssitzungen haben jeweils acht Stunden gedauert. Diese acht Stunden hat der Beklagte dem Kläger jeweils gutgeschrieben. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Arbeitsbefreiung im Umfang von jeweils weiteren vier Stunden zu gewähren. Der Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts wegen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erbrachter Betriebsratstätigkeit besteht nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in dem zeitlichen Umfang, in dem das Betriebsratsmitglied außerhalb der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten wahrgenommen hat (BAG 25. August 1999 - 7 AZR 713/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 92, 241; 19. Juli 1977 - 1 AZR 376/74 - zu 2 b der Gründe, BAGE 29, 242; zu § 46 Abs. 2 BPersVG BAG 22. Mai 1986 - 6 AZR 557/85 - zu 3 a der Gründe; Fitting 29. Aufl. § 37 Rn. 98; ErfK/Koch 18. Aufl. BetrVG § 37 Rn. 8; Thüsing in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 37 Rn. 55; Weber GK-BetrVG 11. Aufl. § 37 Rn. 117).

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(1) Diese zeitgenaue Betrachtungsweise folgt bereits aus dem Wortlaut des § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Danach hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf „entsprechende“ Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für außerhalb der persönlichen Arbeitszeit wahrgenommene Betriebsratstätigkeit. Der Freizeitausgleich und die Betriebsratstätigkeit haben einander daher zu entsprechen. Da die Vorschrift einen Ausgleich in zeitlicher Hinsicht regelt, muss die Dauer der Arbeitsbefreiung der Dauer der Betriebsratstätigkeit entsprechen. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die durch außerhalb der persönlichen Arbeitszeit wahrgenommene Betriebsratstätigkeit geopferte Freizeit im Umfang von acht Stunden nach den tariflichen oder betriebsüblichen Regelungen unter Einbeziehung von Arbeitsbereitschaft üblicherweise einem zwölfstündigen Arbeitstag entspricht. Der Freizeitausgleichsanspruch besteht der Höhe nach vielmehr unabhängig von der Dauer der üblichen Arbeitszeit und deren vergütungsmäßiger Betrachtung. So sieht § 37 Abs. 3 BetrVG weder eine zeitliche Begrenzung des Freizeitausgleichsanspruchs auf den Umfang der für einen Arbeitstag geschuldeten persönlichen Arbeitszeit vor (BAG 25. August 1999 - 7 AZR 713/97 - zu II 2 der Gründe, BAGE 92, 241) noch kann aus dem Umstand, dass bei Unmöglichkeit einer Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG die aufgewendete Zeit ausnahmsweise wie Mehrarbeit zu vergüten ist, geschlossen werden, dass sich die Arbeitsbefreiung um einen einem Mehrarbeitszuschlag entsprechenden Freizeitzuschlag erhöht (vgl. BAG 19. Juli 1977 - 1 AZR 376/74 - zu 2 b der Gründe, BAGE 29, 242).

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(2) Diese Sichtweise entspricht dem mit § 37 Abs. 3 BetrVG verfolgten Regelungszweck und der gesetzlichen Konzeption der Vergütung eines Betriebsratsmitglieds. § 37 Abs. 3 BetrVG gewährt keinen Anspruch auf Vergütung von Betriebsratstätigkeit, sondern berücksichtigt, dass bei Betriebsratstätigkeit während der Freizeit kein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 37 Abs. 2 BetrVG besteht und schafft dafür einen Ausgleich, und zwar grundsätzlich dergestalt, dass an einem anderen Arbeitstag bezahlte Arbeitsbefreiung in entsprechendem Umfang gewährt wird (BAG 27. Juli 2016 - 7 AZR 255/14 - Rn. 16; 16. Januar 2008 - 7 ABR 71/06 - Rn. 15, BAGE 125, 242). Bei den Ansprüchen nach § 37 Abs. 3 BetrVG handelt es sich im Ergebnis um ein zeitlich verschobenes Arbeitsentgelt für eine sonst in der persönlichen Arbeitszeit anfallende Betriebsratstätigkeit, die nur infolge eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands in die Freizeit verlegt worden ist (BAG 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 29, BAGE 134, 233). Im Übrigen besteht nach der Gesamtkonzeption des Betriebsverfassungsgesetzes jedenfalls grundsätzlich kein Entgeltanspruch für die von Betriebsratsmitgliedern erbrachten Freizeitopfer. Dies folgt insbesondere aus dem in § 37 Abs. 1 BetrVG normierten Ehrenamtsprinzip, den Regelungen in § 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG sowie dem in § 78 Satz 2 BetrVG geregelten Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot (vgl. BAG 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 27, aaO). Mit dem Ehrenamtsprinzip ist es insbesondere nicht vereinbar, dass Betriebsratsmitglieder durch ihre Betriebsratstätigkeit zusätzliche Vergütungsansprüche erwerben (BAG 5. Mai 2010 - 7 AZR 728/08 - Rn. 28, aaO; 12. Dezember 2000 - 9 AZR 508/99 - zu I 2 c aa der Gründe, BAGE 96, 344). Das wäre aber der Fall, wenn das Betriebsratsmitglied für Zeiten, die es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit für Betriebsratstätigkeit aufwendet, einen Freizeitausgleichsanspruch erwerben würde, der über das Ausmaß der tatsächlich für Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeit hinausginge.

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(3) Aus der Entscheidung des Senats vom 12. August 2009 (- 7 AZR 218/08 -) ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. Nach dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Arbeitgeberin für durch Betriebsratstätigkeiten erforderliche Reisezeiten außerhalb der Arbeitszeit Freizeitausgleich gewährt und dafür die Grundvergütung einschließlich der Schichtzuschläge gezahlt, nicht aber tarifliche Zeitzuschläge, die angefallen wären, wenn das Betriebsratsmitglied schichtplanmäßig an diesen Tagen gearbeitet hätte. Diese hatte die dortige Klägerin für die Zeit des in Anspruch genommenen Freizeitausgleichs verlangt. Der Senat hat der Klägerin die begehrten Zeitzuschläge zugesprochen und angenommen, dieser stehe für die Dauer des Freizeitausgleichs die Vergütung zu, die sie erhalten hätte, wenn sie dienstplanmäßig gearbeitet hätte. Soweit die tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen nichts Gegenteiliges bestimmten, umfasse dieser Anspruch auch etwaige Zeitzuschläge, wenn der Freizeitausgleich während zuschlagspflichtiger Zeiten gewährt werde (BAG 12. August 2009 - 7 AZR 218/08 - Rn. 13 ff.). Um eine solche Fallkonstellation geht es im Streitfall nicht. Vorliegend ist nicht die Höhe der während des gewährten Freizeitausgleichs zu zahlenden Vergütung streitig, sondern der Umfang des Freizeitausgleichs selbst.

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b) Der geltend gemachte Anspruch kann nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. hierzu BAG 21. Dezember 2017 - 6 AZR 790/16 - Rn. 30 f.; 14. November 2017 - 3 AZR 515/16 - Rn. 22 f.) oder auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG gestützt werden.

24

aa) Dem Kläger werden keine Leistungen vorenthalten, die andere Betriebsratsmitglieder in vergleichbarer Lage erhalten. Der Beklagte gewährt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch anderen Betriebsratsmitgliedern für die Teilnahme an achtstündigen Betriebsratssitzungen außerhalb der Arbeitszeit eine Zeitgutschrift von jeweils acht Stunden. Betriebsratsmitglieder, die wie der Kläger als Rettungssanitäter in Zwölf-Stunden-Schichten tätig sind und denen vom Beklagten für während ihrer Arbeitszeit wahrgenommene achtstündige Betriebsratssitzungen zwölf Stunden auf das Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, ohne dass sie für die restlichen vier Stunden zur Arbeitsleistung herangezogen werden, befinden sich mit dem Kläger nicht in einer vergleichbaren Lage, wenn dieser außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten ausübt. Der Beklagte ist wegen Annahmeverzugs nach § 611 Abs. 1 BGB (seit 1. April 2017: § 611a Abs. 2 BGB) iVm. §§ 615, 293 ff. BGB verpflichtet, diesen Betriebsratsmitgliedern die zusätzlichen vier Stunden im Wege der Zeitgutschrift zu vergüten, wenn er deren Arbeitsleistung nicht in Anspruch nimmt, weil - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - ein sinnvoller Arbeitseinsatz für den außerhalb der Zeit der Betriebsratssitzung verbleibenden Zeitraum von vier Stunden nicht möglich ist. Die Gewährung von Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist hingegen durch Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitsverpflichtung in einem der Dauer der Betriebsratstätigkeit entsprechenden Umfang vorzunehmen. Außerhalb der Arbeitszeit besteht keine Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, Arbeitsleistung über die Zeit der Betriebsratstätigkeit hinaus zu erbringen, auf deren Entgegennahme der Beklagte aus von ihm zu vertretenden Gründen verzichten könnte.

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bb) Der Kläger wird durch die Vorenthaltung des begehrten zusätzlichen Freizeitausgleichs nicht nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässig wegen seiner Betriebsratstätigkeit gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, dass anderen Rettungssanitätern und Rettungsassistenten für die Teilnahme an achtstündigen Schulungsveranstaltungen oder die Verrichtung sonstiger Sonderdienste eine Zeitgutschrift von zwölf Stunden auch dann gewährt wird, wenn die entsprechenden Tätigkeiten diese Zeitdauer nicht erreichen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fallen diese Tätigkeiten immer auch mit der Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer zusammen. Wenn der Beklagte deren Arbeitsleistung über acht Stunden hinaus nicht entgegennimmt, folgt seine Verpflichtung zur Vergütungszahlung insoweit aus § 611 Abs. 1 iVm. §§ 615, 293 ff. BGB, da er sich mit der Annahme der Arbeitsleistung in diesem Umfang im Verzug befindet. Insoweit gilt das Gleiche wie für Betriebsratsmitglieder, die während ihrer Zwölf-Stunden-Schicht zur achtstündigen Betriebsratssitzung herangezogen werden.

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B. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

  M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Busch    

        

    H. Hansen    

                 

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