Urteil vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X R 7/08
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrt die Berücksichtigung degressiver Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 1995 geltenden Fassung (EStG) für ein in das Betriebsvermögen eingelegtes Gebäude, während der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lediglich lineare AfA nach § 7 Abs. 4 EStG berücksichtigt hat.
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Der Kläger ist Eigentümer eines Gebäudes, das auf Grund einer Baugenehmigung vom 11. Oktober 1984 umgebaut und erweitert wurde. Es entstand ein neues Gebäude, das im August 1985 fertig gestellt war.
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Einen Anteil von 20,81 % vermietete der Kläger zu fremdgewerblichen Zwecken an eine seinen Namen tragende GmbH; bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zog das FA seit dem 1. September 1985 insoweit degressive AfA in Höhe von 5 % ab. Den anderen Teil des Hauses bewohnte der Kläger selbst; dafür wurden Absetzungen nach § 7b EStG vorgenommen bzw. --nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung-- entsprechende Sonderausgaben abgezogen.
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Zum 1. August 1988 eröffnete der Kläger in dem bis dahin selbst bewohnten Teil des Anwesens ein Gästehaus. Er legte das gesamte Anwesen einschließlich des an die GmbH vermieteten Teils in das Betriebsvermögen ein. Den gewerblichen Gewinn des Gästehauses ermittelte er durch Bestandsvergleich und setzte dabei für das Streitjahr 1995 degressive AfA von 5 % bzw. 52.698 DM nebst AfA für Außenanlagen in Höhe von 513 DM an.
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Das FA berücksichtigte mit Bescheid vom 19. Februar 2001 AfA für das Gebäude von 2 % mit 14.076 DM, wobei es von einem Einlagewert von 697.808 DM ausging, ferner AfA für Außenanlagen, Einrichtungen sowie nach § 82a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), insgesamt AfA von 34.820 DM. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger weiter die Berücksichtigung einer AfA von 5 % begehrte, blieben erfolglos; das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 674 veröffentlicht. Das FG führte aus, nach der Einlage des Gebäudes in das Betriebsvermögen sei die AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG zu bemessen.
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Mit der Revision macht der Kläger geltend, es bestehe kein Grund, die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu versagen. Mit der Einlage eines Wirtschaftsguts beginne unabhängig von dessen vorheriger Nutzung der AfA-Zeitraum neu, so dass ein Wahlrecht zwischen der linearen und der degressiven AfA bestehe, sofern deren Voraussetzungen vorlägen. Das sei der Fall. Der anschaffungsähnliche Vorgang der Einlage sei nicht mit der Anschaffung i.S. von § 7 Abs. 5 EStG gleichzusetzen. Diese habe im Jahre 1985 stattgefunden und ermögliche auch nach Einlage hinsichtlich des bisher fremd vermieteten Gebäudeteils die Fortsetzung und hinsichtlich des bisher eigengenutzten Gebäudeteils den Beginn der degressiven AfA. Die Nutzungsänderung begründe keine Beschränkung auf eine lineare Abschreibung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 2005 IX R 32/03, BFHE 210, 481, BStBl II 2006, 51).
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Der Kläger beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 5. Dezember 2002 hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb dahin zu ändern, dass die AfA von 2 % auf 5 % erhöht und das zu versteuernde Einkommen um 20.935 DM vermindert wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Zwar folge die Finanzverwaltung (H 7.4 der Einkommensteuer-Richtlinien 2007 --EStR--) mittlerweile für Fälle der Nutzungsänderung dem BFH-Urteil in BFHE 210, 481, BStBl II 2006, 51. Es bleibe jedoch dabei, dass nach einer Einlage die weitere AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 oder 2 EStG zu bemessen sei (R 7.4 Abs. 10 Satz 1 Nr. 1 EStR 2005), da im Gegensatz zur bloßen Nutzungsänderung die Einlage regelmäßig zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage führe.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet. Ob dem Kläger für den an die GmbH vermieteten Gebäudeteil dem Grunde nach degressive AfA zusteht, kann der Senat auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Hinsichtlich des bis zur Einlage eigengenutzten Gebäudeteils steht dem Kläger lediglich lineare AfA von 2 % zu, deren Höhe der Senat ebenfalls nicht bestimmen kann, da Feststellungen zur Höhe des Einlagewertes (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG) fehlen. Die Sache wird zurückverwiesen, damit das FG die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
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1. Für das Gebäude, das sich im Streitjahr im Betriebsvermögen des Klägers befand, kommen entweder lineare AfA von 2 % der Bemessungsgrundlage oder aber degressive AfA von 2,5 % der Bemessungsgrundlage in Betracht. Eine AfA von 5 % kann der Kläger in keinem Fall in Anspruch nehmen.
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a) Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG sind als AfA bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, jährlich 4 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zur vollen Absetzung abzuziehen. Nach Nr. 2 derselben Vorschrift sind bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht erfüllen, jährlich 2 % (bei Fertigstellung nach dem 31. Dezember 1924, Buchst. a) bzw. 2,5 % (bei Fertigstellung vor dem 1. Januar 1925, Buchst. b) abzuziehen (lineare Gebäude-AfA).
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Da der Bauantrag angesichts der Baugenehmigung vom 11. Oktober 1984 vor dem 1. April 1985 gestellt sein muss und das Gebäude nach dem 31. Dezember 1924 fertig gestellt worden ist, wäre nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG lineare AfA in Höhe von 2 % anzusetzen.
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b) Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG können abweichend von Abs. 4 bei im Inland belegenen Gebäuden, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, Beträge in fallenden Staffelsätzen abgezogen werden (degressive Gebäude-AfA).
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Da es sich im Streitfall um ein Gebäude i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG handelt, wären im Rahmen der degressiven AfA die Staffelsätze nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend; diese betragen im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2,5 %, in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % der Bemessungsgrundlage.
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Die Staffelsätze des § 7 Abs. 5 EStG beginnen mit dem Jahr der Fertigstellung. Das Gebäude war im Jahre 1985 fertig gestellt. Der Zeitraum von acht Jahren, für den die Staffelsätze von 5 % gelten, erstreckte sich mithin von 1985 bis 1992. In den darauf folgenden sechs Jahren 1993 bis 1998 --und damit auch im Streitjahr-- stünde dem Kläger im Rahmen einer etwaigen degressiven AfA noch der Satz von 2,5 % zu.
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2. Ob der seit 1985 bis zum Streitjahr an die GmbH vermietete Gebäudeteil 1995 in das Betriebsvermögen eingelegt worden ist, lässt sich im Revisionsverfahren nicht beurteilen. Im Hinblick auf die Firma der GmbH drängt sich die Frage auf, ob die als Vermietung behandelte Überlassung der Räume an die GmbH eine Betriebsaufspaltung darstellte. Zu deren tatsächlichen Voraussetzungen liegen keine Feststellungen vor.
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Sollte eine Betriebsaufspaltung vorgelegen haben, so wären die diesbezüglichen Vermietungseinkünfte bereits im damaligen Zeitraum in gewerbliche Einkünfte des Klägers umzuqualifizieren. Der betreffende Gebäudeteil wäre bereits Betriebsvermögen des Klägers gewesen. Unter diesen Umständen wäre der Kläger verpflichtet, die 1985 begonnene degressive AfA nach Maßgabe der Ausführungen unter II.1.b fortzusetzen.
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Sollte keine Betriebsaufspaltung vorgelegen haben, stünde dem Kläger aus den nachfolgenden Gründen auch für diesen Gebäudeteil seit der Einlage lediglich lineare AfA zu.
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3. Hinsichtlich des ursprünglich eigengenutzten Gebäudeteils begann für den Kläger mit dem Einlagevorgang im Jahre 1988 eine neue AfA mit einer neuen AfA-Bemessungsgrundlage. Da die (Ursprungs-)Voraussetzungen für die degressive AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG im Einlagejahr 1988 nicht vorlagen, steht dem Kläger seither nur noch lineare AfA zu. Der Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung (so auch Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 7 Rz 160; Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rz F 26; a.A. Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz 495).
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a) Die Einlage ist ein anschaffungsähnlicher Vorgang; sie ist der in § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG genannten Anschaffung gleichzustellen. Nach dieser Vorschrift muss die Anschaffung bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erfolgen; damit ist degressive AfA nach einer Einlage nur möglich, wenn das Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung in ein Betriebsvermögen eingelegt wird. Daran fehlt es. Eine Anknüpfung an den ersten Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang ist nicht mehr möglich, da der nachfolgende anschaffungsähnliche Vorgang das Wirtschaftsgut in eine andere steuerliche Sphäre des Steuerpflichtigen überführt und als neuer selbständiger Absetzungstatbestand zu beurteilen ist.
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b) Die Einlage führt als anschaffungsähnlicher Vorgang zu einer neuen Bemessungsgrundlage in Höhe des Einlagewertes. Das gilt nach dem Senatsurteil vom 20. April 2005 X R 53/04 (BFHE 210, 100, BStBl II 2005, 698) auch dann, wenn, wie hier, die Einlage nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG zum Teilwert, sondern nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a, Satz 2 EStG bewertet wird. Da bei Eröffnung eines Betriebes nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG die Regeln über die Einlagebewertung nach Nr. 5 entsprechend anzuwenden sind, gilt dies auch für den hier vorliegenden Fall der Betriebseröffnung.
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c) Etwas anderes folgt nicht aus dem Urteil in BFHE 210, 481, BStBl II 2006, 51, in dem der BFH nach einer Änderung der Nutzungsverhältnisse an einem Gebäude den Übergang in eine andere degressive AfA-Reihe mit anderen Staffelsätzen für möglich erachtete. Der hier entscheidende anschaffungsähnliche Vorgang fehlte. Andererseits hat der BFH nach einer ebenfalls als anschaffungsähnlich zu qualifizierenden Entnahme mit Beschluss vom 2. Juli 1992 IX B 169/91 (BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 909) degressive AfA für unzulässig gehalten.
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4. Eine abschließende Aussage über die Höhe der AfA im Streitjahr ist dem Senat nicht möglich, da die Bemessungsgrundlage und deren Berechnungsgrundlagen nicht feststehen. Die Feststellungen des FG lassen weder erkennen, wie das FA den der Bemessungsgrundlage zu Grunde gelegten Einlagewert ermittelt, noch wie der Kläger seinen bezifferten Antrag errechnet hat. Die von den Beteiligten angenommenen Zahlen sind rechnerisch nicht nachvollziehbar.
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Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage ist von Folgendem auszugehen: Bemessungsgrundlage ist der Einlagewert zuzüglich nachträglicher Herstellungskosten. Der Einlagewert entspricht nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. a, Satz 2 EStG den fortgeführten Herstellungskosten. Diese errechnen sich aus den bis zur Einlage angefallenen ursprünglichen und nachträglichen Herstellungskosten abzüglich der auf den Zeitraum bis zur Einlage entfallenen AfA.
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Dabei handelt es sich hinsichtlich des vermieteten Gebäudeteils unabhängig davon, ob dem Kläger dafür auch im Streitjahr degressive AfA zusteht, um die tatsächlich in Anspruch genommene degressive AfA von 5 %. Hinsichtlich des vor der Einlage privat genutzten Gebäudeteils sind die über § 7b EStG tatsächlich in Anspruch genommenen AfA-Beträge abzuziehen.
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Referenzen
- EStG § 7 Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung 12x
- § 7b EStG 2x (nicht zugeordnet)
- 2005 IX R 32/03 1x (nicht zugeordnet)
- 1992 IX B 169/91 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 6 Bewertung 2x
- 2005 X R 53/04 1x (nicht zugeordnet)