Urteil vom Bundesfinanzhof (9. Senat) - IX R 20/09
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begehrt für sein auf Kreta, Griechenland, gelegenes Haus Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2009. Er ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau ein im Jahr 2002 geborenes gemeinsames Kind. Der Wohnsitz der Familie liegt im Inland; hier erzielt der Kläger auch seine Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als niedergelassener Arzt. Für die in F gelegene, selbst genutzte Eigentumswohnung bezog der Kläger von 2000 bis 2007 Eigenheimzulage und von 2002 bis 2007 Kinderzulage. Zusammen mit den Einkünften seiner Ehefrau wird die Einkunftsgrenze des § 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) in der für den streitbefangenen Zeitraum maßgeblichen Fassung nicht erreicht.
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Im Jahr 2001 erwarb der Kläger ein Grundstück in S auf Kreta, das er in den Jahren 2001 und 2002 mit einem Wohnhaus bebaute. Das Objekt wurde im Jahr 2002 fertig gestellt; die Schlussrechnung datiert vom Dezember 2003. Der Kläger und seine Familie nutzen das Haus mehrere Monate im Jahr, wobei der Kläger in S keiner Berufstätigkeit nachgeht. Im April 2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) für das auf Kreta gelegene Haus unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Januar 2008 C-152/05, Kommission/Deutschland (Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326) Eigenheim- und Kinderzulage ab dem Jahr 2002, wobei er darauf hinwies, dass er für das Objekt in F bis 2007 Eigenheimzulage erhalten habe. Das FA legte den Antrag als Antrag für ein Zweitobjekt aus und lehnte ihn ab. Das Urteil des EuGH C-152/05 gelte nur für Anspruchsberechtigte ohne inländischen Wohnsitz, zu denen der Kläger nicht gehöre. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.
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Während des finanzgerichtlichen Verfahrens legte der Kläger ein Schreiben der Europäischen Kommission vom 19. August 2008 vor, in dem diese u.a. die Auffassung vertrat, dass die Eigenheimzulage für im EU-Ausland gelegene Objekte gewährt werden müsse, wenn für eine inländische Ferien-/Zweitwohnung ebenfalls eine Eigenheimzulage gewährt worden wäre. Der Kläger und das FA erzielten eine tatsächliche Verständigung dahingehend, dass das auf Kreta gelegene Haus nicht in einem Ferien- oder Wochenendhausgebiet errichtet wurde, seine ganzjährige Nutzung gestattet ist und der Kläger das Objekt nur selbst genutzt und auch nicht teilweise vermietet hat.
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Nachdem der Kläger die Klage für das Jahr 2002 wegen Festsetzungsverjährung zurückgenommen und seinen Antrag dahin präzisiert hatte, dass er Kinderzulage erst ab dem Jahr 2008 begehre, gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 1279 veröffentlichten Urteil statt. Nach seinem Tenor finde das Urteil des EuGH C-152/05 auf alle unbeschränkt Steuerpflichtigen Anwendung. Die Versagung der Eigenheimzulage für Steuerpflichtige i.S. von § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stelle mithin eine Beeinträchtigung der im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) verankerten Niederlassungsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit und der allgemeinen Freizügigkeit dar. Diese Freiheiten umfassten auch das Recht jedes Bürgers, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates frei zu bewegen und aufzuhalten. Hieran werde er mittelbar gehindert, wenn an einen ausländischen Zweitwohnsitz ungünstigere Folgen geknüpft würden als an einen inländischen. Dies sei auch die Auffassung der Europäischen Kommission in dem an den Kläger gerichteten Schreiben. Auf eine mögliche Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit komme es deshalb nicht mehr an. Die gebotene gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG führe wegen des Anwendungsvorrangs des EG-Rechts dazu, dass das Tatbestandsmerkmal "im Inland belegen" nicht zu beachten sei. Die Gemeinschaftsrechtslage sei derart eindeutig, dass eine Vorlage an den EuGH nicht erforderlich sei.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf die Verletzung von § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG stützt.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Eigenheimzulage für seine Zweitwohnung auf Kreta.
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1. Die Voraussetzungen der Eigenheimzulage gemäß § 2 EigZulG liegen nicht vor, weil das --im Übrigen förderungsfähige-- Objekt nicht im Inland belegen ist. Es ist europarechtlich nicht geboten, dieses Tatbestandsmerkmal --Belegenheit des Förderungsobjekts im Inland-- unangewendet zu lassen.
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a) Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-152/05 ist im vorliegenden Fall nicht unmittelbar einschlägig.
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Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich die Rechtskraft eines Urteils des EuGH lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren (EuGH-Urteile vom 12. Juni 2008 C-462/05, Kommission/Portugal, Slg. 2008, I-4183, RandNr. 23; vom 19. Februar 1991 C-281/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-347, RandNr. 14; EuGH-Beschluss vom 28. November 1996 C-277/95 P, Lenz/Kommission, Slg. 1996, I-6109, RandNr. 50, und EuGH-Urteil vom 15. Oktober 2002 C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P, C-251/99 P, C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u.a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, RandNr. 44). Die Rechtskraft eines eine Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats feststellenden Urteils kann daher nicht über die mit der Klage geltend gemachten Beanstandungen hinausgehen, die den Streitgegenstand des Verfahrens bestimmen (vgl. EuGH-Urteil vom 14. Dezember 1982 verb. Rs. 314/81, 315/81, 316/81 und 83/82, Procureur de la Republique/ Waterkeyn, Slg. 1982, 4337, RandNr. 8 ff.).
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Gemessen daran wird der Fall eines unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Inland ungeachtet des Tenors von der Rechtskraft des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-152/05 nicht erfasst. Wie sich aus der im Amtsblatt der Europäischen Union (ABlEU) Nr. C 132 vom 28. Mai 2005, S. 18, veröffentlichten Zusammenfassung der Klage ergibt, war Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens lediglich die von der Kommission angeführte Benachteiligung dreier Gruppen von Personen, nämlich von Staatsbediensteten mit Wohnsitz im Ausland, von Grenzpendlern, deren Einkünfte zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen, und von aus Deutschland kommenden Diplomaten und EU-Beamten, also von Steuerpflichtigen gemäß § 1 Abs. 2 und 3 EStG. Eine fehlende finanzielle Unterstützung des Erwerbs von Zweitwohnsitzen in anderen Mitgliedstaaten war von der Kommission dagegen ausdrücklich nicht beanstandet worden (ABlEU, a.a.O.; a.A. hinsichtlich der Reichweite des Urteils C-152/05 ohne Begründung Brandenberg, Betriebs-Berater 2008, 864, dort unter II. Nr. 8; die Anwendbarkeit des Urteils insgesamt bezweifelnd Gosch, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2008, 151).
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b) Unionsrechtlich ist eine Förderung des Erwerbs von Zweitwohnsitzen nicht geboten. Soweit die Versagung der Eigenheimzulage für das im EU-Ausland gelegene Zweitobjekt Grundfreiheiten des Klägers beschränkt, ist diese Beschränkung gerechtfertigt.
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aa) Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-152/05 ist davon auszugehen, dass der Kläger durch die Versagung der Eigenheimzulage in seinen Grundfreiheiten betroffen ist.
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(1) Auf die in Art. 43 EG (jetzt Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV--) verbürgte Niederlassungsfreiheit kann sich der Kläger allerdings nicht berufen, auch wenn er nach seinem Vortrag die Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit in Griechenland beabsichtigt und das streitbefangene Objekt zu diesem Zweck errichtet hat.
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Zwar haben auch die freien Berufe das Recht, unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit bei Beachtung der jeweiligen Berufsregeln im Gebiet der Union mehr als eine Stätte für die Ausübung ihrer Tätigkeit einzurichten und beizubehalten (vgl. nur EuGH-Urteil vom 12. Juli 1984 Rs. 107/83, Klopp, Slg. 1987, 2971, RandNr. 19). Allerdings kommt eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch das Eigenheimzulagengesetz, auf die sich der Kläger berufen könnte, unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht. Denn an der Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit in Griechenland wird der Kläger nach Lage der Dinge nicht durch Verweigerung einer finanziellen Unterstützung zur Errichtung von Wohnraum gehindert, sondern durch die Nichterteilung der für die ärztliche Tätigkeit nötigen Zulassung seit nunmehr acht Jahren. Fehlen einem Unionsbürger aber die persönlichen Voraussetzungen, in einem anderen Mitgliedstaat in einem reglementierten Bereich tätig zu werden, weil die Ausübung seiner Niederlassungsfreiheit dort in zulässiger Weise beschränkt wird (vgl. hierzu u.a. EuGH-Urteil vom 30. November 1995 C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, RandNr. 35 ff.), kann er eine unionsrechtswidrige Beeinträchtigung dieser Grundfreiheit durch eine nationale Regelung seines Heimatmitgliedstaates schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen.
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Entsprechendes gilt, wenn der Kläger --abhängig vom Umfang seiner in Griechenland geplanten Tätigkeit-- anstelle der Niederlassungsfreiheit in der durch Art. 49 EG (jetzt Art. 56 AEUV) verbürgten Dienstleistungsfreiheit betroffen wäre (vgl. zur Abgrenzung von der Niederlassungsfreiheit EuGH-Urteile Gebhard in Slg. 1995, I-4165, RandNr. 27; vom 12. Dezember 1996 C-3/95, Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511, RandNr. 21 f.; Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 43 EGV Rz 12 ff., Art. 49, 50 EGV Rz 13).
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(2) Die Versagung der von dem Kläger begehrten Eigenheimzulage für das parallel zu seinem inländischen Wohnsitz für private Zwecke genutzte Zweitobjekt auf Kreta unterfällt indessen dem Anwendungsbereich von Art. 18 EG (jetzt Art. 21 AEUV).
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Das in Art. 18 EG in allgemeiner Form niedergelegte Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, findet auf diejenigen grenzüberschreitenden Sachverhalte Anwendung, die nicht nach Art. 43 oder Art. 39 EG zu beurteilen sind (vgl. EuGH-Urteile vom 7. September 2006 C-470/04, N, Slg. 2006, I-7409, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2006, 1691, RandNr. 22 f.; vom 11. September 2007 C-76/05, Schwarz, Slg. 2007, I-6849, DStR 2007, 1670, RandNr. 33 ff.). Im Urteil C-152/05 hat der EuGH für die nach § 1 Abs. 2 und 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtigen Personen entschieden, dass Bestimmungen, die einen Angehörigen eines Mitgliedstaats daran hindern oder davon abhalten, seinen Herkunftsstaat zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, eine Beeinträchtigung dieser Freiheit darstellen, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit Anwendung finden (ebenso EuGH-Urteil Schwarz in Slg. 2007, I-6849, DStR 2007, 1670, RandNr. 93). Die Versagung der Eigenheimzulage bei fehlender Inlandsbelegenheit habe eine abschreckende Wirkung für diejenigen, denen das Recht auf Freizügigkeit zustehe und die eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken in einem anderen Mitgliedstaat herstellen oder anschaffen möchten (EuGH-Urteil C-152/05, Kommission/ Deutschland in Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326, RandNrn. 22, 24, 30).
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Diese Argumentation ist im Rahmen der allgemeinen Freizügigkeit auf die Anschaffung oder Herstellung einer Zweitwohnung übertragbar. Indem dem Kläger bei fortbestehender unbeschränkter Steuerpflicht die Eigenheimzulage für seine Zweitwohnung auf Kreta versagt wird, während sie ihm für ein entsprechendes inländisches Objekt zu gewähren wäre, wird er in der Ausübung der ihm nach Art. 18 EG zustehenden Rechte, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten, beschränkt.
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(3) Daneben ist der Kläger auch in der durch Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit betroffen. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist gegenüber den sonstigen Grundfreiheiten nicht grundsätzlich subsidiär. Maßgeblich ist allein, ob eine der betroffenen Freiheiten gegenüber der anderen völlig zweitrangig ist (EuGH-Urteil vom 17. September 2009 C-182/08, Glaxo Wellcome, Slg. 2009, I-8591, RandNr. 36 f.). Ein solches Rangverhältnis lässt sich im vorliegenden Fall für die Kapitalverkehrsfreiheit und die allgemeine Freizügigkeit nicht ausmachen. Nachdem durch die Eigenheimzulage nur Investitionsentscheidungen für eigengenutzten Wohnraum erleichtert werden, für die Förderungsfähigkeit der Kapitalanlage also die Entscheidung für den eigenen Aufenthalt an einem bestimmten Ort mitbestimmend sein muss, sind beide Grundfreiheiten gleichermaßen berührt. Indem nur im Inland belegene Zweitobjekte förderungsfähig sind, ist das Eigenheimzulagengesetz auch geeignet, Gebietsansässige von Investitionen in einem anderen Mitgliedsstaat abzuhalten (vgl. EUGH-Urteil vom 15. Oktober 2009 C-35/08, Grundstücksgemeinschaft Busley und Cibrian, Slg. 2009, I-9807, RandNr. 20)
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bb) Die Beschränkung der genannten Grundfreiheiten ist jedoch gerechtfertigt.
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Es entspricht ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, zugelassen werden, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist (EuGH-Urteil C-152/05, Kommission/ Deutschland in Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326, RandNr. 26, m.w.N.; EuGH-Urteil vom 11. März 2004 C-9/02, de Lasteyrie du Saillant, Slg. 2004, I-2409, DStR 2004, 551, RandNr. 49).
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Auch wenn die inzwischen ausgelaufene steuerrechtliche Wohnungseigentumsförderung vorrangig der Vermögensbildung und der Altersvorsorge diente, verfolgte der Gesetzgeber mit der Eigenheimzulage zugleich auch wohnungsmarktpolitische, auf die Vermehrung des Wohnungsbestandes gerichtete Zwecke, wie es immer wieder Ziel der Wohnungseigentumsförderung war. Während etwa bei Einführung der Vorläuferregelung des § 10e EStG mit dem Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbst genutzten Wohneigentums vom 15. Mai 1986 (BGBl I 1986, 730) Neu- und Altbauten gleich behandelt wurden (vgl. BTDrucks 10/3633, S. 10), bezweckte die Eigenheimzulage gerade auch die Neubauförderung, wie sich schon daran zeigt, dass das Subventionsniveau bei Erwerb eines Altbaus deutlich geringer war (vgl. BRDrucks 498/95, S. 30; Wacker, EigZulG, 3. Aufl., Vor § 1 Rz 47). Dass der mit der Eigenheimzulage geförderte Wohnungsbau zur Gewährleistung ausreichenden Wohnraums im Inland einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt, ist durch den Generalanwalt in der Rs. C-152/05 ausdrücklich anerkannt und durch den EuGH nicht zurückgewiesen worden (Schlussanträge C-152/02, Slg. 2008, I-39, RandNr. 86; EuGH-Urteil C-152/02, Kommission/Deutschland, Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326 RandNr. 27; vgl. auch EuGH-Urteile vom 26. Oktober 2006 C-345/05, Kommission/Portugal, Slg. 2006, I-10633, RandNr. 35; vom 10. September 2009 C-269/07, Kommission/ Deutschland, DStR 2009, 1954, RandNr. 82; EuGH-Urteil Grundstücksgemeinschaft Busley und Cibrian in Slg. 2009, I-9807, RandNr. 32).
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Eine Zulage für im Ausland belegene Zweitwohnungen ist zur Erreichung dieses Ziels jedoch nicht geeignet. Anders als in den dem Urteil C-152/05 zugrunde liegenden Fallgestaltungen oder in Fällen des Erwerbs einer Zweitwohnung im Inland ist bei einer im Ausland belegenen Zweitwohnung die Entlastung des nationalen Wohnungsmarktes ausgeschlossen. Während Grenzpendler, Diplomaten oder EU-Beamte durch ihre Wohnsitznahme im Ausland die Nachfrage nach Wohnungen in Deutschland senken und der Erwerb einer Zweitwohnung im Inland den Mietwohnungsmarkt entlastet bzw. die Wohnung nach Aufgabe des Zweitwohnsitzes dem Wohnungsmarkt zur Verfügung steht, bleibt die Anschaffung einer zusätzlichen Wohnung im Ausland ohne Auswirkungen auf den nationalen Wohnungsbestand.
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Soweit der EuGH in der Entscheidung Grundstücksgemeinschaft Busley und Cibrian in Slg. 2009, I-9807, RandNr. 32 beanstandet hat, dass die dort zu überprüfende Regelung zur degressiven Absetzung für Abnutzung gemäß § 7 Abs. 5 EStG nicht nach dem regional unterschiedlichen Bedarf differenziere und deshalb zur Förderung des vermehrten Baus von Mietwohnungen ungeeignet sei, lässt sich diese Argumentation auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Denn die Eigenheimzulage kommt nur für die Anschaffung/Herstellung eigengenutzten Wohnraums in Betracht und orientiert sich folglich an dem individuellen Bedarf des Steuerpflichtigen, so dass es anders als bei einer zur Einkünfteerzielung durch Weitervermietung bestimmten Immobilie auf die allgemeine Marktsituation nicht ankommen kann.
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Die in dem an den Kläger gerichteten Schreiben vom August 2008 wiedergegebene Auffassung der Europäischen Kommission, ihm müsse Eigenheimzulage gewährt werden, wenn für inländische Ferien-/Zweitwohnungen ebenfalls eine Eigenheimzulage gewährt worden wäre, ist nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Frage zu stellen, ist sie doch nicht das Ergebnis einer fundierten Auseinandersetzung mit der einschlägigen materiellen Rechtsfrage. Gleiches gilt für das an den Kläger gerichtete Schreiben der Kommission vom 10. August 2010, mit dem sie ihre Auffassung unter Verweis auf das Urteil Grundstücksgemeinschaft Busley und Cibrian in Slg. 2009, I-9807, RandNr. 32 wiederholt. Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass die Kommission in ihrer nach Durchführung des von einer intensiven Beschäftigung mit der Materie geprägten Vorverfahrens erhobenen Klage im Verfahren C-152/05 ausdrücklich davon ausging, dass es "das Gemeinschaftsrecht ... keineswegs [verlange] den Erwerb von Zweitwohnsitzen in anderen Mitgliedstaaten finanziell zu unterstützen" (ABlEU Nr. C 132 vom 28. Mai 2005, S. 18).
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2. Da die Vorentscheidung von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Wegen fehlender Inlandsbelegenheit der Zweitwohnung des Klägers ist die Klage abzuweisen.
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3. Der Senat war nicht zur Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV verpflichtet. Soweit das FG zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, beruht seine Entscheidung nicht auf einer abweichenden Beurteilung derselben unionsrechtlichen Rechtsfrage; vielmehr hat es einen wesentlichen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen. Die Entscheidung des FG verengt sich auf die Feststellung, dass durch die Nichtgewährung der Eigenheimzulage Grundfreiheiten beschränkt werden, versäumt es aber, die in solchen Fällen stets gebotene Prüfung der Rechtfertigung dieser Beschränkung vorzunehmen. Der Senat hat indessen keinen Zweifel, dass das FG --ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH-- zu demselben Ergebnis wie er selbst gekommen wäre, hätte es diesen wesentlichen Gesichtspunkt gesehen und eine vollständige Überprüfung der streitentscheidenden Norm anhand des Unionsrechts vorgenommen (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415). Dass die Kommission während des gerichtlichen Verfahrens in zwei an den Kläger gerichteten Schreiben die europarechtliche Rechtsfrage ohne vertiefte rechtliche Auseinandersetzung im Ergebnis anders beurteilt, vermag eine Verpflichtung zur Vorlage gemäß Art. 267 AEUV ebenfalls nicht zu begründen.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Senat im Beschluss vom 1. Oktober 2009 IX B 124/09 (BFH/NV 2010, 179) entschieden hat, dass die Frage, ob die Begrenzung der Eigenheimzulage auf im Inland belegene Wohnungen auch in Bezug auf Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 1 EStG einen Verstoß gegen die Grundfreiheiten darstelle, rechtlich zweifelhaft sei. Denn diese Entscheidung erging im Rahmen einer summarischen Prüfung in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung und fand ihren Grund allein in dem formalen Befund, dass die einschlägige Frage vom FG im Ergebnis anders als vom Niedersächsischen FG (in EFG 2010, 299) beantwortet wurde und der Bundesfinanzhof dazu noch nicht entschieden hatte. Eine Überprüfung der den unterschiedlichen Ergebnissen zugrunde liegenden Argumentation war damit nicht verbunden. Soweit die Literatur die Rechtsfrage, ob Eigenheimzulage für Zweitwohnungen zu gewähren sei, für ungeklärt hält, beruht diese Beurteilung gleichfalls lediglich auf der Tatsache der im Ergebnis divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen (Kreft, Praxis Internationale Steuerberatung --PISt-- 2009, 282; ders. PISt 2010, 68; Anm. Bozza-Boden, EFG 2010, 302).
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Referenzen
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- EStG § 7 Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung 1x
- EStG § 1 Steuerpflicht 3x
- § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG 2x (nicht zugeordnet)
- 2009 IX B 124/09 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 EigZulG 1x (nicht zugeordnet)