Beschluss vom Bundesfinanzhof (11. Senat) - XI B 47/10

Gründe

1

Die Revision ist nicht --wie von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemacht-- nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen einer Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zuzulassen.

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1. Die Klägerin ist eine 2005 gegründete Private Limited Company mit statuarischem Sitz in X (England, Anm. des Dokumentars). Sie erbrachte im Jahr 2006 (Streitjahr) im Inland an eine Kommanditgesellschaft (KG) Geschäftsbesorgungsleistungen, bestehend in dem Betrieb eines …einzelhandels. Streitig ist, ob die dafür entstandene Umsatzsteuer gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) von der Klägerin --so die Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt)-- oder gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG von der Leistungsempfängerin --so die Auffassung der Klägerin-- geschuldet wird.

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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2006 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfängerin lägen nicht vor. Bei sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers schulde gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer sei. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer sei ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung habe (§ 13b Abs. 4 Satz 1 UStG). Sei es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfülle, schulde der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweise, dass er kein Unternehmer i.S. des Satzes 1 sei (§ 13b Abs. 4 Satz 3 UStG).

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Die Klägerin sei keine im Ausland ansässige Unternehmerin i.S. des § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG. Sie habe in X nur ihren statuarischen Sitz gehabt und dort keinerlei Tätigkeit ausgeübt; ihre gesamte wirtschaftliche Tätigkeit entfaltete sie im Inland, wo sich auch der Ort der Geschäftsleitung befunden habe. Weiter heißt es in dem Urteil: "Ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Klägerin um ein (objektiv) im Inland ansässiges Unternehmen handelt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Leistungsempfängerin möglicherweise Zweifel im Sinne des § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG hinsichtlich der Ansässigkeit der Klägerin im Inland hätte haben müssen. § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG gilt nur für den Fall, dass zweifelhaft ist, ob ein (objektiv) nicht im Inland ansässiger Unternehmer im Inland ansässig ist."

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2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das FG damit nicht von dem BFH-Urteil vom 23. Mai 1990 V R 167/84 (BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095) abgewichen.

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In diesem Urteil, das zu § 51 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1980, der weitgehend ähnlichen Vorgängervorschrift von § 13b UStG, ergangen ist, hat der BFH --wie die Klägerin zutreffend darstellt-- zwar ausgeführt (unter II.1.b der Gründe):

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"Die Haftung besteht somit nicht, wenn der leistende Unternehmer wirklich im Erhebungsgebiet ansässig ist. Wenn es zweifelhaft ist, ob der Leistungsempfänger Werklieferungen oder sonstige Leistungen von einem im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmer erhalten hat, haftet er, falls er zur Einbehaltung und Abführung der ihm berechneten Umsatzsteuer verpflichtet ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Leistungsempfänger an der Ansässigkeit des Unternehmers im Erhebungsgebiet oder an seiner Ansässigkeit außerhalb des Erhebungsgebiets zweifelt. In beiden Fällen ist für den Leistungsempfänger unklar, ob der in den Leistungsaustausch einbezogene Unternehmer im Erhebungsgebiet ansässig ist, weshalb seine Einbehaltungs- und Abführungspflicht eingreift."

8

Die vom Kläger zitierte Textpassage muss aber im Zusammenhang mit dem unmittelbar vorangehenden Satz gesehen werden. Sie lautet dann folgendermaßen: "Wie der Senat in dem Beschluss in BFHE 143, 169 entschieden hat, haftet der Leistungsempfänger indessen nach dem eindeutigen Wortsinn der Ermächtigung nur für die Steuer, die auf Umsätze eines (objektiv) nicht im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmers entfällt. Die Haftung besteht somit nicht, wenn der leistende Unternehmer wirklich im Erhebungsgebiet ansässig ist. ...".

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Steht also --so im Streitfall das FG-- fest, dass der leistende Unternehmer wirklich im Erhebungsgebiet ansässig war, kommt eine Haftung des Leistungsempfängers nicht in Betracht; und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Zweifel hinsichtlich der Ansässigkeit des Leistenden hatte oder hätte haben müssen. "Das ist" --so der BFH in dem Beschluss vom 31. Januar 1985 V B 57/84 (BFHE 143, 169)--- "auch sachgerecht, weil in den Fällen, in denen feststeht, dass der Umsatz von einem im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht worden ist, der Steuergläubiger ohnehin stets das Risiko des Steuereingangs trägt".

10

Das FG ist danach nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen.

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